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er Bedarf an effektiven und gleichzeitig für Arzt und Patienten unkom- pliziert anwendbaren Maß- nahmen zur Prävention und Therapie von thrombotischen Komplikationen ist hoch und wird nicht zuletzt aufgrund steigender Lebenserwartung und vermehrtem Einsatz in- terventioneller Verfahren in Zukunft noch weiter zuneh- men. Situationen mit über- durchschnittlichem Risiko sind – besonders im höheren Le- bensalter – unter anderem Vor- hofflimmern (transischämi- sche Attacken und Schlagan- fälle) und orthopädische Ope- rationen (tiefe Bein-/Becken- Venenthrombosen als Aus- löser von Lungenembolien oder chronisch venöser In- suffizienz).Zur Antikoagulation stan- den für den breiten klinischen Einsatz bisher vorrangig zwei Substanzgruppen zur Verfü- gung. Doch sowohl die Gly- kosaminoglykane (unfraktio- niertes/niedermolekulares He- parin) als auch die Vitamin- K-Antagonisten (Phenpro- coumon und Warfarin) wei- sen zum Teil erhebliche Limi- tationen bei der Anwendung auf. Ein generelles Manko der Heparine ist für Prof. Sylvia
Haas (München) die Notwen- digkeit der parenteralen An- wendung und ihre allein auf das freie, nicht aber fibringe- bundene, Thrombin gerichte- te Wirksamkeit. Bezüglich des
„Handlings“ biete das nieder- molekulare Heparin Vorteile gegenüber dem Standardhe- parin, weil die Bioverfügbar- keit stabiler sei und damit das aufwendige Monitoring entfalle. Vitamin-K-Antago- nisten werden zwar oral ap- pliziert, haben dafür aber an- dere Nachteile wie unter an- derem das schmale therapeu- tische Fenster, die „träge“
Steuerbarkeit der Behand- lung, die interindividuell sehr variable Kinetik sowie das nicht unerhebliche Interakti- onsrisiko mit einer potenziel- len Komedikation.
Einen deutlichen Fortschritt verspricht sich Haas von Xi- melagatran. Dabei handelt es sich um einen direkten Throm- bininhibitor, der im Gegen- satz zum „Reserveantikoagu- lans“ Hirudin oral verfügbar ist. Die Zulassung wird im Laufe des Jahres erwartet.
Ximelagatran ist ein trypsin- resistentes Prodrug, das un- abhängig vom gastrointesti- nalen Füllungszustand resor- biert und nach Übertritt in
die Darmwand zum aktiven Metaboliten Melagatran kon- vertiert wird. Eine weitere Biotransformation findet nicht statt, sondern die Ausschei- dung erfolgt unverändert über die Niere (80 Prozent) bezie- hungsweise über den bilären Kreislauf.
Melagatran, ein vergleichs- weise kleines Molekül, bin- de mit hoher Affinität und Selektivität an das aktive Zentrum von sowohl freiem
als auch fibringebundenem Thrombin. Dadurch wird nicht nur die Bildung neuer, son- dern auch die Progression be- reits bestehender Gerinnsel gehemmt. Das schnelle An- und Abfluten mit maximalen Plasmaspiegeln nach etwa 90 Minuten und einer Eliminati- onshalbwertszeit von drei bis vier Stunden erleichtere das antikoagulative Management, erläuterte Dr. Stefan Busch (Wedel). Weitere Vorteile sei- en die lineare Dosiswirkungs- beziehung, das breite thera- peutische Fenster und die sta- bile Pharmakokinetik, die ei- ne fixe Dosierung unabhängig vom Körpergewicht erlaube.
Sicherheit,Wirksamkeit und die vielfältigen Einsatzmög- lichkeiten von Ximelagatran konnte bei mehr als 15 000 Patienten belegt werden. Ne- ben den weitgehend ab- geschlossenen Studien zur Thromboseprophylaxe bei or- thopädischen Eingriffen so- wie zur Therapie/Rezidiv- prophylaxe thromboemboli- scher Erkrankungen laufen noch Untersuchungen zur Prävention von vorhofflim- mernbedingten Schlaganfäl- len sowie zum Akutmanage- ment bei koronaren Syndro- men. Gabriele Blaeser-Kiel
Medien-Workshop „Ximelagatran – der erste orale direkte Thrombininhibitor“ der AstraZeneca GmbH in Wedel
V A R I A
A
A1012 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1511. April 2003
Thrombosen
Neue Dimension der Antikoagulation
Unternehmen
´ TabelleC´
Anforderungen an ein ideales Antikoagulans (nach Busch)
Ximelagatran Vitamin-K- unfraktioniertes niedermolekulares Antagonisten Heparin Heparin
oral applizierbar ! !
fixe Dosierung ! !
schneller Wirk-On/Off ! ! !
stabile Bioverfügbarkeit ! !
kein Routinemonitoring ! !
keine Arzneimittelinteraktionen ! ! !
keine Nahrungsmittelinteraktionen ! ! !
kein Thrombozytopenierisiko ! !
Inhibition auch von fibringebundenem Thrombin !
„Time is brain“ beim akuten ischämischen Insult
Das Motto „time is brain“ weist auf die Bedeutung des Zeit- fensters beim akuten ischämischen Insult hin: Je früher eine Thrombolyse einsetzt, desto ausgeprägter ist der gehirnpro- tektive Effekt. Ansonsten muss mit bleibenden Behinderun- gen gerechnet werden – was nach sechs Monaten bei der Hälfte der Patienten der Fall ist. Die Indikation für die throm- bolytische Therapie beim Schlaganfall ist deshalb auf drei Stunden nach dem Ereignis begrenzt.
Studien mit 2 700 Patienten haben gezeigt, dass sich die spätere Lebensqualität der Betroffenen auch durch die Ga- be des rekombinanten Plasminogen-Inhibitors Alteplase positiv beeinflussen lässt. Deshalb hat das Präparat Acti- lyse®(Boehringer Ingelheim) von der Europäischen Kom- mission jetzt die Zulassung zur Therapie des akuten Schlag- anfalls erhalten. Actilyse darf jedoch nur von Ärzten mit Erfahrung in neurologischer Intensivmedizin eingesetzt
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