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Archiv "Medizinische Orientierung? In Bonn geht's langsam voran" (02.08.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

Eine Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung kommt nur langsam voran. Erst im November soll von der „Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen" ein Gremium sachverständiger Wissenschaftler be- rufen werden, das zunächst zwei Jah-

re lang arbeiten soll. Eine genaue Auf- tragsbeschreibung muß überhaupt noch erfolgen und mit allen Beteilig- ten abgestimmt werden. — Nicht alle Probleme lassen sich indes so lange

„vertagen"; aber keinesfalls darf wei- ter nur Flickwerk geleistet werden.

in gesundheitspolitisches Ge- samtkonzept zu erarbeiten, ie dies das Bundesarbeits- ministerium als Aufgabe aller am Gesundheitswesen Beteilig- ten postuliert hat, ist als Grund- lage für eine sinnvolle Struktur- reform in der gesetzlichen Krankenversicherung unbestrit- ten notwendig. Die Betonung liegt dabei auf „Gesamtkon- zept".

Stückwerk gab es in den letzten fünfzehn Jahren übergenug: an- gefangen mit dem mehr als gut- gemeinten Krankenhausfinan- zierungsgesetz 1972, das den bis heute so laut beklagten Ko- stenschub im Krankenhaussek- tor zu Lasten der Krankenkas- sen(-Beitragszahler) auslöste, fortgesetzt mit den Beschnei- dungen vor allem der kassen- ärztlichen Versorgung durch die Kostendämpfungsgesetze der späteren siebziger Jahre, bis hin zum jüngsten Flickwerk an der Kostenstruktur der Sozialversi- cherung (Verschiebebahnhof zwischen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, un- zureichende Neuregelung der Krankenhausfinanzierung und Novellierung der Pflegesatzver- ordnung).

Flickwerk, wenn auch durchaus in der Konsequenz altbekannter Partei-Strategie, wäre es auch, jetzt eine gesetzliche Verände-

Medizinische Orientierung?

In Bonn geht's langsam voran

rung der „Vertragsgrundsätze des kassenärztlichen Gebühren- rechts" in Angriff zu nehmen, wie dies ein Diskussionsentwurf der SPD vorsieht (s. Seite eins dieses Heftes). Als wären der Kassenarzt und das Honorar für ihn und seine Praxis und seine Helfer(innen) die Wurzeln allen Übels! Das längst „gedämpfte"

Honorar, das ohnehin auf eine immer größer werdende Zahl von Kassenarztpraxen verteilt werden muß, gibt längst keinen Vorwand mehr für klassenkämp- ferische Gebärden her.

Zwar stehen auch im Bundesar- beitsministerium Kostenge- sichtspunkte im Vordergrund al- ler Reform-Überlegungen. Die zehn Grundsätze, die der Bun- desarbeitminister der Frühjahrs- sitzung der „Konzertierten Ak-

tion im Gesundheitswesen" zur Vorbereitung eines gesund- heitspolitischen Konzeptes vor- gelegt hatte, waren ja ebenfalls von Kostenprämissen, gar von falschen, ausgegangen. So hat- te das Arbeitsministerium an- fänglich postuliert, daß allein die Beseitigung von Überversor- gung und die Ausschöpfung von

„Wirtschaftlichkeitsreserven"

(die noch gar nicht nachgewie- sen sind) ausreichen würden, bei stabilen Beitragssätzen den medizinischen Fortschritt zu realisieren. Solches Postulat mußte als genauso zweifelhaft erscheinen wie die arbeitsmini- sterielle Unterstellung, die jetzi- gen Ausgaben- und demnach die Aufgaben-Strukturen hätten sich weitgehend „zufällig" ent- wickelt. Aber diese Prämissen konnten inzwischen wohl be- richtigt werden.

In eingehenden Stellungnah- men haben Bundesärztekam- mer und Kassenärztliche Bun- desvereinigung massive Vorbe- halte gegen solche voreinge- nommenen Aussagen formu- liert, aber auch ihre grundsätz- liche Bereitschaft bekundet, bei den anstehenden gesundheits- und sozialpolitischen Entschei- dungen aktiv mitzuarbeiten und weiterhin Verantwortung zu übernehmen. In kurzem Zeitab- stand führten die Repräsentan- ten der Bundesärztekammer Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 31/32 vom 2. August 1985 (9) 2229

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Medizinische Orientierung

(der Präsident Dr. Karsten Vil- mar, der Hauptgeschäftsführer Dr. Heinz-Peter Brauer und der Justitiar Dr. Jürgen Bösche) so- wie der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung (der Vorsitzen- de Professor Dr. Siegfried Häuß- ler, der Zweite Vorsitzende Dr.

Rolf Thier und der Hauptge- schäftsführer Dr. Eckart Fiedler) offene und konstruktive Gesprä- che mit Dr. Norbert Blüm über die Fragen der Kostenentwick- lung und der Strukturverbesse- rung im Gesundheitswesen. In- zwischen wurde auch bei der er- sten vorbereitenden Sitzung für die Herbstberatungen der „Kon- zertierten Aktion im Gesund- heitswesen" die Bereitschaft des Ministeriums erkennbar, ei- ne zweite Fassung der zehn Grundsätze zu erarbeiten. Inso- fern unterscheiden sich diese sehr wohl von den Zehn Gebo- ten...

Die Entwicklung

medizinischer Orientierungs- daten ist Thema Nr. 1

Auch darin scheint nun Einigkeit zu bestehen, daß „bei Maßnah- men der Kostendämpfung künf- tig verstärkt medizinische Orien- tierungsdaten und medizinische

Prioritäten berücksichtigt wer- den müssen". So hieß es in ei- ner gemeinsamen Erklärung des Bundesarbeitsministeriums und der Bundesärztekammer. Und so hat der Vorbereitungsaus- schuß für die nächste „Konzer- tierte Aktion im Gesundheitswe- sen" als ersten Tagesordnungs- punkt nach einem Überblick über die Ausgabenentwicklung in der gesetzlichen Krankenver- sicherung die „Entwicklung me- dizinischer Orientierungsdaten"

vorgesehen. Überhaupt: Dieses Thema soll den Schwerpunkt der Herbstsitzung bilden. Eine Arbeitsgruppe der KBV einer- seits und der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversi- cherung andererseits ist unter Hinzuziehung von Vertretern des Wissenschaftlichen Instituts

der Ortskrankenkassen (WIdO) und des kassenärztlichen Zen- tralinstitutes (Zi) mit der Vorbe- reitung beschäftigt.

Die Erarbeitung medizinischer Orientierungsdaten für die Wei- terentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung wird schwerpunktartig auch von der Sachverständigenkommission erwartet, die der Bundesarbeits- minister durch die „Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen"

installiert sehen möchte, ande- renfalls er selbst sachverständi- ge Wissenschaftler berufen wer- de. Es wird indes sehr auf die Beschreibung des Gutachten- auftrags ankommen, ob ein sol- ches Gremium in angemessener Zeit ausreichend Daten für eine bessere quantitative und quali- tative Orientierung erarbeiten kann.

Nicht alle Probleme lassen sich einfach vertagen, bis das Sach- verständigengremium, das zu- nächst für zwei Jahre die Arbeit aufnehmen soll, zu Ergebnissen gelangt ist, die schließlich der

„Konzertierten Aktion" Ent- scheidungen ermöglichen könn- ten. So hat der Bundesarbeits- minister bei seinem jüngsten Gespräch mit den Repräsentan- ten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seine be- reits im Frühjahr gegebene Zu- sage bekräftigt, geeignete Maß- nahmen für die Bewältigung ei- ner „Überversorgung" in der kassenärztlichen Versorgung einzuleiten, verbunden mit der Absicht, das Erfordernis der Fortdauer einer Vorbereitungs- zeit für die kassenärztliche Tä- tigkeit über 1988 hinaus zu prü- fen.

Auch die „Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen", die am 18. November 1985 zu ihrer 17.

Sitzung zusammentreten wird, kann nicht nur auf das erst zu schaffende Gremium bauen. Al- so sollen im Herbst weitere Ein- zelfragen des Gesundheitswe- sens abgeklärt werden:

Der Tagesordnungspunkt 2 wird sich mit „Abbau und Umstruktu- rierung von Krankenhausbet- ten" befassen. Da bisherige Um- frageergebnisse, insbesondere über den vorgenommen Abbau von Krankenhausbetten bezie- hungsweise deren „Umwid- mung" in Pflegebetten, auf- grund der unterschiedlichen Ausgangslagen noch kein stati- stisch verwertbares Material er- geben haben, sind der Bundes- arbeitsminister und die Bundes- länder (unter Einbeziehung der Gesundheitsministerkonferenz) aufgefordert worden, weiteres statistisches Material zur Verfü- gung zu stellen. Die Analyse soll unterscheiden zwischen Akut- und Langzeitkrankenhäusern sowie Kur- und Spezialkliniken.

Insbesondere soll der Bedarf an Pflegebetten ermittelt werden.

Des weiteren soll sich die Kon- zertierte Aktion mit der Abgren- zung beziehungsweise Verzah- nung von ambulanter und statio- närer Versorgung befassen. Da- bei sollen insbesondere die Nutzung von Großgeräten und die Verordnung von Medika- menten bei stationärer und am- bulanter Behandlung angespro- chen werden.

Wie steht's mit den

Kassenkosten für „soziale"

Schwangerschaftsabbrüche?

Schließlich geht es auch um das Thema „Abbau versicherungs- fremder Leistungen in der ge- setzlichen Krankenversiche- rung". Hierbei soll erörtert wer- den, ob und in welchem Umfang

krankenversicherungsfremde Leistungen entfallen könnten und welches Finanzvolumen da- durch gegebenenfalls einge- spart würde. Beispielsweise handelt es sich dabei um die Überprüfung der Krankenkas- sen-Leistungen bei Mutter- schaft, Sterbegeld, Erstattung von Fahrgeld, nicht zuletzt um den Schwangerschaftsabbruch bei sozialer Indikation. EB 2230 (10) Heft 31/32 vom 2. August 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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