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Archiv "Alkoholsucht: Hausärzte in der Schlüsselrolle" (20.06.2014)

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A 1136 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 25

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20. Juni 2014

W

enn Schnaps und Bier schleichend wichtiger als Arbeit und Familie werden, schau- en Freunde und Angehörige häufig hilflos zu. Denn es ist gar nicht so einfach, jemanden auf seinen Alko- holkonsum anzusprechen. Ärzte sind da keine Ausnahme. Dabei soll jeder zehnte Patient, der die Praxis eines niedergelassenen Arztes auf- sucht, Alkohol missbrauchen oder abhängig sein. „Vielen Ärzten fällt es schwer, das Erstgespräch zu füh- ren, häufig aus Angst, die Arzt-Pa- tienten-Beziehung empfindlich zu schädigen“, sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, beim 4. Akti- va Symposiums für eine aktive Al- koholtherapie in Berlin.

Alkoholabhängigkeit bei Er- wachsenen gehört zu den häufigsten Suchterkrankungen in Deutschland.

Die Zahl der Alkoholabhängigen ist innerhalb weniger Jahre deutlich ge- stiegen. Inzwischen sind 1,8 Millio- nen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren alkoholabhängig, 2006 wa- ren es noch 1,3 Millionen. Weitere 1,6 Millionen Erwachsene trinken sehr viel, gelten aber nach den offi- ziellen Kriterien nicht als abhängig.

Handlungswissen fehlt

„Hausärzten kommt bei der Be- handlung von Patienten mit Alko- holproblemen eine Schlüsselrolle zu“, betonte Weigeldt. Denn Unter- suchungen zufolge hätten etwa 70 Prozent der Menschen mit Alkohol- problemen mindestens einmal im Jahr Kontakt zu einem Hausarzt.

„Da Hausärzte den Patienten und seine Umgebung in vielen Fällen gut kennen und eine langjährige Vertrauensbeziehung aufgebaut ha- ben, haben sie gute Chancen riskan- ten Alkoholkonsum frühzeitig zu erkennen“, sagte Weigeldt. In den seltensten Fällen würden Patienten aber ihre Alkoholprobleme direkt ansprechen. Oft würden nur unspe- zifische Beschwerden wie Schlaflo- sigkeit vorgetragen.

Allerdings fühlen sich nur 43 Prozent der Hausärzte für die Arbeit mit sogenannten Risikotrinkern adäquat trainiert und ausgebildet.

Das ergab eine Befragung der Tech- nischen Universität Dresden unter

Hausärzten und psychiatrisch täti- gen Fachärzten in Sachsen und Rheinland-Pfalz. Noch weniger Hausärzte, nämlich 34 Prozent, ga- ben an, für die Arbeit mit Alkohol- abhängigen gut ausgebildet zu sein.

Bei Fachärzten waren es immerhin 78 beziehungsweise 74 Prozent.

Folgerichtig halten 89 Prozent der Hausärzte und 94 Prozent der Fach- ärzte eine regelmäßige Weiterbil- dung und Schulung im Bereich Sucht und motivierender Ge- sprächsführung für eher wichtig bis sehr wichtig. Vielen Hausärzten (77 Prozent) fehlt schlicht jedoch die Zeit, sich den Betroffenen ausgie- big zu widmen. An der Wirksam-

keit der etablierten Suchttherapien zweifelten außerdem 23 Prozent der Hausärzte. Bei den Fachärzten sind es acht Prozent. Jeder zweite Allge- meinmediziner beklagte fehlende klare Leitlinien und Behandlungs- konzepte.

S3-Leitlinie kommt

Mit einer neuen S3-Leitlinie

„Screening, Diagnostik und Be- handlung alkoholbezogener Störun- gen“ soll nun Abhilfe geschaffen werden. „Damit soll eine qualitativ hochwertige Orientierungs- und Entscheidungshilfe zum Screening, der Diagnostik und Therapie von alkoholbezogenen Erkrankungen vorgelegt werden“, berichtete Prof.

Dr. med. Thomas Hillemacher, Lei- tender Oberarzt und stellvertreten- der Direktor der Klinik für Psychia- trie, Sozialpsychiatrie und Psycho- therapie. Im Februar 2014 fand die letzte der insgesamt fünf Konsen- suskonferenzen statt, bei der die Empfehlungen mit Vertretern von 50 Fachgesellschaften, Berufs-, Be- troffenen- und Angehörigenverbän- den diskutiert, abgestimmt und be- schlossen wurden. Im Sommer soll die S3-Leitlinie fertiggestellt und veröffentlicht werden.

Das Problem des missbräuchlichen Alkoholkonsums und der Abhängig- keit ist mittlerweile so groß, dass die Reduktion von Alkoholsucht vor ei- nem Jahr zum nächsten nationalen Gesundheitsziel erklärt wurde, sagte Dr. jur. Rainer Hess, der dem Aus- schuss gesundheitsziele.de bei der Gesellschaft für Versicherungswis- senschaft und -gestaltung (GVG) vor- steht. Die Plattform gesundheitszie- le.de, deren Aufgabe es ist, gesund- heitspolitische Akteure zusammenzu- bringen, hat seit ihrer Gründung im Jahr 2000 sieben nationale Gesund- heitsziele entwickelt, unter anderem zum Diabetes mellitus Typ 2, Brust- krebs und zu depressiven Erkrankun- gen. Beim Kooperationsverbund en- gagieren sich laut Hess mehr als 120 Organisationen des deutschen Ge- sundheitswesens aus Politik in Bund, Ländern und Kommunen, Selbstver- waltungsorganisationen, Fachverbän- den, Patienten- und Selbsthilfeorgani- sationen und Wissenschaft.

Eugenie Ankowitsch

ALKOHOLSUCHT

Hausärzte in der Schlüsselrolle

Hausärzten kommt bei der Früherkennung von Alkoholproblemen eine bedeutende Rolle zu. Viele von ihnen fühlen sich dafür aber nicht adäquat ausgebildet.

Foto: Fotolia/kmiragaya

T H E M E N D E R Z E I T

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