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Wie rottet man die Hausärzte aus?

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Academic year: 2022

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MARKUS B. DENGER

Schon vor über 30 Jahren hat man festgestellt, dass das Zahlen- verhältnis Hausärzte zu Spezialisten ungünstig ist. Auch die Schaffung des Titels Allgemeinmedizin brachte nicht die erhoffte Änderung. Damals sah man als Student während des ganzen Studiums keinen Haus- arzt, geschweige denn eine Hausarztpraxis. Es fehlte somit an Vorbil- dern.

In der Weiterbildungwa - ren neben Chirurgie und Innerer Medizin auch ein Jahr Gynäko- logie/Geburtshilfe und/oder Pä diatrie obligatorisch. Für Letzteres fand man praktisch keine Weiterbildungsstellen für künftige Hausärzte. Diese Obligato- rien wurden später abgeschafft. Parallel dazu nahm die Nachfrage nach gynäko- logisch-geburtshilflichen Leistungen bei den Hausärzten zumindest in den Städ- ten und Agglomerationen ab. Auch die Nachfrage nach pädiatrischen Leistun- gen ging etwas zurück. Dies war der Beginn, aber leider nicht das Ende der Einengung des Spektrums der Allge- meinmedizin. Weiter am Verschwinden sind: Kleinchirurgie und Unfallbehand- lung generell (Reflex: Unfall = Spital - behandlung), das Labor (Tarifsenkung!) und möglicherweise in naher Zukunft das Röntgen.

Ein grosses Problem ist der Tarmed. Als ich in der GRAT-Zeit erfuhr, dass die Chirurgen geschulte Verhandler in den Ring schickten, schrieb ich einen be- sorgten Brief an den damaligen Präsi- denten der SGAM. Dieser antwortete, unsere Miliz-Verhandler seien sehr gut und hätten die Sache voll im Griff. Das Resultat dieser Selbstüberschätzung ist bekannt. Übrigens: Nachdem die Ra- diologen festgestellt hatten, dass ihre Tarmed-Positionen zu tief seien, wurde der Röntgentarif in kurzer Zeit revi- diert. Warum war ein analoges Vor ge - hen bei den Hausärzten nicht möglich?

Ist es wirklich unmöglich, die hausärzt- liche Leistung so zu bezahlen, dass ein adäquates Einkommen ohne selbstaus- beuterische Arbeitszeit erreichbar ist?

Kürzlich hat ein junger Allgemeinprak- tiker in der Ärztezeitung aufgelistet, wie viel Gelddie geforderten Diplome kosten. Eindrücklich und möglicher- weise auch abschreckend: FMH-Titel, Fähigkeitsausweise für Labor, dosis - intensives Röntgen, Psychosomatik und weitere.

Gegen massiven Widerstandder Ordi- narien haben die Allgemeinmediziner erreicht, dass die Fakultäten nolens volens Institute für Hausarztmedizin einrichten mussten, eigentlich eine gute Sache, aber wahrscheinlich zirka zehn Jahre zu spät. Neben spannender, praxisrelevanter Forschung vermitteln sie den Studenten die Hausarztmedizin (respektive was davon noch übrig ist) theoretisch und praktisch (Einzeltuto- rate). Die Einzeltutoriate erhalten von den Studenten jeweils Bestnoten. Trotz- dem (oder wegen dieses Einblickes in die heutige Hausarztmedizin?) ziehen

nur 10 Prozent der Staatsexamensab- solventen eine allgemeinmedizinische Weiterbildung in Betracht.

Die Hausärzte sind mit Sicherheit die heterogenste Gruppe unter den prakti- zierenden Ärzten. Somit bilden auch ihre Kosten alles andere als eine gauss- sche Verteilung. Deshalb und weil die Morbidität der Patienten nicht berück- sichtigt wird, riskiert der Hausarzt mehr als die (homogen teuren) Spezia- listen ein sogenanntes Wirtschaftlich- keitsverfahren. Nach meiner Beobach- tung trifft ein solches vor allem Ärzte mit besonders hohem Engagement, weil diese die sehr teuren polymorbiden Patienten anziehen. Ausserdem trifft es die Einzelkämpfer (in der Gruppen- praxis verteilen sich die Patienten und deren Kosten auf Grund der Teilpensen und vielleicht auch ein bisschen gesteu- ert auf mehrere Ärzte …).

Ein weiterer Beweis, dass die Ausrot- tung des Hausarztes Programm ist, zeigt sich darin, dass in den Zeitungen wieder über an Fachhochschulen aus- gebildete Barfusshausärzte berichtet wird.

Der neue Name «Allgemeine Innere Medizin» ist meines Erachtens eine Missgeburt, da er sehr einschränkt:

Kleinchirurgie, Unfälle, Pädiatrie, Fa- milienmedizin und andere hausärztli- che Tätigkeiten werden vom Publikum kaum damit identifiziert. Tatsache ist allerdings, dass die hausärztliche Tätig- keit in meiner Beobachtungsperiode immer internistischer und damit immer geriatrischer geworden ist.

Sollte die Managed-Care-Vorlage vom Volk angenommen werden, bin ich sehr neugierig, aus welchem Hut die Politiker – die die Ausrottung der Hausärzte tole- riert, wenn nicht sogar gefördert haben – die vielen notwendigen zusätzlichen Hausärzte hervorzaubern werden. ❖ Markus B. Denger

Wie rottet man die Hausärzte aus?

Gedanken zu den Ursachen des Hausärztemangels FORUM

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ARS MEDICI 5 2012

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