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Archiv "Aktuelle Kulturnotizen" (05.03.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Runter von der Couch TERMINE

• Fortsetzung von Seite 637

Einschätzung der Lage. Bewe- gen sich auch die Verhältnisse nicht, so bewegt sich doch das Ziel. Die Schwierigkeiten mit der Umwelt vermindern sich, ohne daß die Umwelt sich ändert. So- weit kein Unterschied, ob man nun beim Philosophen sitzt oder beim Psychoanalytiker liegt. Der Patient will etwas loswerden und etwas anderes dafür gewin- nen. Wenn das gelingt, dann droht die Melancholie der Erfül- lung. („Omne animal post coi- tum triste praeter gallum qui cantat.") Ein Psychoanalytiker- witz erzählt von einem Tele- gramm eines Kurierten an sei- nen Analytiker: „I am happy — what now?" Der Patient war der Mensch, der etwas „hat" — nach der Kur hat er es nicht mehr. Die neurotische Verzerrung ist korri- giert, Klärung der Lage war aber gar nicht gefragt. Doch sie ist passiert. Kur ohne Klärung ist ja auch nicht möglich, die Klärung ist die Kur. Die Hälfte der Patien- ten Dr. Achenbachs hatte vorher Erfahrungen mit Therapie ge- macht, die Hälfte der Hälfte war damit nicht zufrieden.

Es zeigt sich nun, daß Abwesen- heit von Hemmungen und Stö- rungen nicht das Lebensglück ist. Der nächste Schritt: statt nar- zißtischer Beschäftigung mit sich selbst Vermittlung von In- teresse. Das inter-esse nach au- ßen richten. „Keiner kennt sich selbst, der seine Zeit nicht kennt". Dr. Achenbach „stinkt"

der Psychomarkt, er verachtet

„hausgemachte" Leiden, zu viele werden heutzutage „pathologi- siert". Der homo psychologicus soll zum homo philosophicus werden. Vorbild Sokrates, selbst- verständlich. „Sokratie" nannte Novalis die Kunst, „von jedem ge- gebenen Orte aus den Stand der Wahrheit zu finden und so die Ver- hältnisse des Gegebenen zur Wahrheit zu bestimmen".

Auch unter den Stoikern und Epikureern waren lebensbera-

tende Philosophen. Freilich ging inzwischen der Glaube verloren, es gebe ein „richtiges" Leben, zu dem man sich anleiten lassen könne. Die Philosophie hat kein Rezept mehr. Achenbach erin- nert an eine berühmte Praktike- rin: Scheherazade. Sie analy- sierte nicht den berühmten Se- xualverbrecher, der in „Tau- sendundeine Nacht" als „der größte König unserer Zeit" figu- riert, sondern sie erzählt ihm Geschichten.

Vor vier Jahren hat Achenbach in Bergisch Gladbach das „Insti- tut für philosophische Praxis"

gegründet, seit drei Jahren ist es flankiert von einer gemeinnützi- gen „Gesellschaft". Unter den Zielen nennt die Satzung koope- rierende Zusammenarbeit mit Ärzten, um „Menschen neben der medizinischen Betreuung und Behandlung auf dem Wege des offenen, freien, vernünfti- gen Gesprächs Hilfe zuteil wer- den zu lassen". Der Verein hat 35 fördernde und 55 ordentliche Mitglieder, darunter „reguläre", die studierte oder studierende Philosophen sein müssen und

„praktizierende" Mitglieder.

Noch hat keiner der Studieren- den die Ausbildung zum Prakti- zierenden zu Ende gebracht.

Das „Ende" bestimme der Ler- nende selber. Bedingung sind Promotion und eigene Unter- werfung unter den „vivifizieren- den" Gesprächsprozeß, analog zur „Lehranalyse".

Es gibt mehr als zweihundertar- beitslose „Philosophen" in der Bundesrepublik. Wer von denen meint, „das mach' ich auch", dem rät Achenbach dringend ab. Die philosophische Praxis soll sich zwar ausbreiten, aber

„Mode" soll sie nicht werden.

„Das wäre der sichere Tod."

Denken auf Krankenschein?

Daran denkt der Denker zu- letzt.

Anschrift des Verfassers:

Hans Daiber

Hausacker 17, 5064 Rösrath

Aktuelle Kulturnotizen

Konzerte und Kurse der Interna- tionalen Bachakademie Stutt- gart— Für dasJahr 1986 bietet die Stuttgarter Bachakademie wie- der zahlreiche Konzerte, Musik- Kurse und -Seminare für interes- sierte Laien und Profis an. Jah- resprogramm und Informatio- nen bei: Internationale Bachaka- demie, Johann-Sebastian-Bach:

Platz, 7000 Stuttgart 1, Telefon 07 11/61 92 10. IB Robert Lebeck in Wolfsburg

—Bis zum 13. April sind in der Städtischen Galerie Wolfsburg Fotos des bekannten Stern-Fo- tografen Robert Lebeck unter dem Titel „Augenzeuge, 30 Jah- re Zeitgeschichte" zu sehen. SG Kunst und Renaissance der Go- tik in Nürnberg und New York

—Sehenswert für New-York-Rei- sende wird eine Ausstellung des Metropolitanmuseums of Art vom 8. April bis 22. Juni sein:

Das Germanische Nationalmu- seum, Nürnberg, zeigt zusam- men mit dem New Yorker Mu- seum Meisterwerke der Kunst und des Kunstgewerbes aus der Blütezeit der Stadt Nürnberg. Es ist gelungen, für diese histori- sche „Mammut-Schau", die an- schließend vom 24. Juli bis 28.

September auch in Nürnberg zu sehen sein wird, dreihundert wertvolle Objekte aus Kirchen, Museen und Sammlungen Euro- pas und der USA zu vereinen.

Höhepunkte der Ausstellung sind zahlreiche Werke aus der Dürerzeit. NM Weinauktion in der Pfalz — Am 13. März werden im Auktions- Zentrum „Henry's" in Mutter- stadt bei Ludwigshafen Weinra- ritäten sowie alte Weinbrände aus allen Weinbaugebieten der Welt versteigert. Nähere Infor- mationen sind zu erhalten bei:

Henry's Auktionshaus, An der Fohlenweide 30, 6704 Mutter- stadt, Telefon 06234/80110. HA

640 (80) Heft 10 vom 5. März 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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