Teuflische Absichten wollte man mit fried- lichem Händedruck einstmals verbergen
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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
FEUILLETON
Händereichen Händeringen
Das gegenseitige Händereichen ist bei uns zur gewohnten All- tagshandlung geworden. Wer aber weiß heute noch, daß Furcht und Argwohn dafür die Ursachen gewesen sind. Das Händegeben reicht in eine Zeit zurück, in der gegenseitiges Mißtrauen den obersten Stellen- wert einnahm, denn es konnte lebenserhaltend sein. Aus der Einstellung gegenseitigen Miß- trauens, aber auch aus der Emp- findung der Furcht vor einer ag- gressiven Reaktionsweise des
(Be-)„Gegners" kam es zu einer Vorsichtsmaßnahme: Die Män- ner trugen ständig Waffen bei sich. Der Mensch der Vorzeit die Keule, die in der späteren Zeit- folge vom Dolch, dem Schwert und schließlich von Feuerwaffen abgelöst wurde.
Die Begegnung mit einem Frem- den gab daher unvermittelt zu Mißtrauen und Besorgnis Anlaß.
Man hatte „auf der Hut" zu sein, denn keiner kannte die Absicht des anderen. So blieb die Mög- lichkeit, einander im großen Bo- gen auszuweichen, sich den
Weg mit Waffengewalt freizu- kämpfen, die Flucht zu ergreifen oder einander zu begegnen. Bei friedlicher Absicht legten beide die Waffen nieder und näherten sich mit sichtbar offener Waffen- hand. Da die meisten Waffen mit der rechten Hand geführt wur- den, wurde diese Waffenhand auch die Begrüßungshand. Da- bei war es wichtig, die leere Hand schon vor der näheren Be- gegnung deutlich zu zeigen. Zur Bekräftigung der friedlichen oder gar freundschaftlichen Ab- sichten reichte man sich zusätz- lich die Hände. Noch aber herrschte das gegenseitige Mißtrauen und aus diesem Grund ergiff man die Hand des anderen so fest, daß dieser nicht
in der Lage war, unvermittelt ei- ne heimlich bei sich geführte Waffe zu ergreifen. Der herzhaf- te Händedruck war daher an- fänglich keinesfalls ein Zeichen der Freundschaft, wie wir das heute empfinden. Oft aber hö- ren wir auch in der Gegenwart noch die Aufforderung, die Hand ordentlich, nämlich fest zu geben, obwohl dafür keine Not- wendigkeit mehr besteht. Nur unterschwellig drückt sich in dieser Aufforderung noch die ursprüngliche Bedeutung des Händereichens aus.
Karl Zinnburg
Aktuelle Kulturnotizen
Welt-Volkstanz-Festival in Bay- ern — Vom 6. bis zum 11. August tanzt die Welt in Bayern. über hundert Tanzgruppen aus 35 Nationen nehmen an diesem Festival teil. In München und weiteren vierzehn Orten werden die Teilnehmer auftreten. Infor- mationen bei: International so- ciety of the friends of folkdance, Tucherpark 7, 8000 München 80, Telefon: 0 89/39 00 84-86. IS Nofret in Hildesheim — Bis zum 4. November ist die Ausstellung
„Nofret — Die Schöne" im Hil- desheimer Roemer und Peli- zaeus-Museum, der letzten Sta- tion ihrer Deutschland-Tournee.
Für Hildesheim sind noch Expo- nate aus Museen in Europa und USA hinzugekommen, so daß dort jetzt die umfangreichste je- mals gezeigte Schau pharaoni- scher Kunst zu sehen ist. RP Internationales Musikfest in Stuttgart — Vom 14. bis zum 22.
September findet als offizieller Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zum europäischen Jahr der Musik in Stuttgart ein internationales Musikfest mit Konzerten, einem musikwissen- schaftlichen Kongreß sowie der Ausstellung „300 Jahre Johann Sebastian Bach" statt. Nähere Informationen bei: Internatio- nale Bachakademie Stuttgart,
Johann-Sebastian-Bach-Platz, 7000 Stuttgart 1, Telefon:
07 11/6 19 21-0. IB Hundert Jahre Kunst im Katalog
— Zu der von der Stadt Ingelheim und dem Weiterbildungszen- trum der Firma Boehringer In- gelheim organisierten Ausstel- lung „100 Jahre Kunst in Deutschland 1885-1985" ist ein umfangreicher Katalog erschie- nen, der gegen Rechnung (ge- bunden 35 DM, ungebunden 28 DM) erhältlich ist bei: Internatio- nale Tage, c/o Boehringer Ingel- heim KG, 6507 Ingelheim. BI Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 31/32 vom 2. August 1985 (63) 2273