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Archiv "Der idiopathische Hörsturz: Kritische Anmerkungen" (06.07.1989)

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1 Hörsturz

durch Atlas-Blockierung

Mit großem Interesse habe ich Ihre Ausführungen über den „Idio- pathischen Hörsturz" gelesen. For- mal stimme ich Ihrer Definition von

„idiopathisch" zu als pathogenetisch nicht erklärbar, inhaltlich sogar Ihrer Vermutung, daß diese Hörsturz- Form vaskulärer Genese ist. Ich ver- misse aber den Hinweis auf Hörsturz durch mögliche zervikale Genese, wie sie bei Bewegungsstörung der Kopfgelenke der HWS, für gewöhn- lich durch fixierte Fehlstellung des Atlas, zustande kommt

Als chirotherapeutisch tätiger Arzt habe ich seit Jahren mehrfach monatlich, gelegentlich sogar mehr- fach wöchentlich Hörsturz-Patien- ten, bei denen der Befund einer At- las-Blockierung zu erheben und die Folge „Hörsturz" durch chirothera- peutische Maßnahmen, mobilisie- rend oder manipulierend, zu beseiti- gen ist. Der positive therapeutische Effekt tritt dabei teilweise schon nach Sekunden oder Minuten auf, teilweise nach Stunden, einmal total, dann wieder nur teilweise. Auch ich sehe eine Erfolgsabhängigkeit von der Zeitdauer ab Hörsturzeintritt.

Der gelegentlich bei Atlas-Blok- kierung allein bestehende Schwindel sieht eine noch größere Erfolgsrate;

kommt der Hörsturz mit Schwindel bei Atlas-Blockierung vor, gelingt es manchmal, nur den einen Partner günstig zu beeinflussen, dann aber wieder beide Störungen gleichzeitig zu beseitigen. Natürlich bin ich seit- her im argen Zweifel über den noso- logischen Wert und die Häufigkeit der Diagnose „Morbus MeniUe".

Lassen Sie mich abschließend meinen pathogenetischen Erklä- rungsversuch des zervikalen Hör- sturzes darlegen: Die Irritation der Arteria vertebralis bei ihrem Durch- tritt durch das Foramen transversari-

um bei Atlasfehlstellung führt zur Ir- ritation auch der Arteria labyrinthii der gleichen Seite. Damit aber wird die Funktion des stato-akustischen Organes getroffen, die Folge ist ent- weder eine Alarmreaktion mit Tinni- tus oder eine defizitäre Reaktion mit Hörsturz, vom oben erwähnten Schwindel einmal hier abgesehen.

Erkennen, Deuten und Behan- deln des Hörsturzes sind sicher jähr- lich für Tausende von Patienten von entscheidender Bedeutung, ich wäre daher an einer breiten Diskussion der Problematik interessiert.

Dr. med. Egon Frölich Internist

Leitender Arzt der Rheintal-Klinik Thürachstraße 10 7812 Bad Krozingen

Schlußwort

Mit Kollegen Priebe stimme ich überein, daß die Anwendung der Hy- droethylstärke und des niedermole- kularen Dextran die wichtigste Rolle bei der Therapie des Hörsturzes spielt. Von der Gabe von Acetylsali- cylsäure wurde wegen der Beeinflus- sung der Blutgerinnung und wegen der Magenunverträglichkeit abgese- hen, weil bei der Therapie des Hör- sturzes oberstes Prinzip bleibt, den Patienten keinem nicht unbedingt erforderlichen Risiko auszusetzen.

Dagegen haben tierexperimentelle Arbeiten einen positiven Einfluß ei- niger durchblutungsfördernder Me- dikamente (unter anderem auch des erwähnten Naftidrofuryls) auf das Innenohr gezeigt. Mit dem „mysti- schen" (Priebe) Gingko biloba habe ich nicht therapiert und es deshalb auch weder erwähnt noch empfoh- len.

Nach dem bisher vorliegenden Schrifttum kommt es nach Therapie- beginn innerhalb der ersten Woche nach dem Hörsturz zu einer Restitu-

tio in 90 Prozent der Fälle. Ange- nommen wird von einigen Autoren, daß in über der Hälfte der Fälle Spontanremissionen eintreten. Aus dieser Relation glaube ich es vertre- ten zu können zu schreiben: „Nicht zuletzt auch aus forensischen Grün- den ist eine Therapie geboten".

Die stationäre Aufnahme habe ich vor allem dann empfohlen, wenn ein ambulanter Versuch mit durch- blutungsfördernden Mitteln unter- nommen wurde und nicht innerhalb von zwei bis drei Tagen zum Erfolg geführt hat. Der vorteilhafte Effekt, den Patienten aus dem überfordern- den Alltag herauszunehmen und zur Ruhe kommen zu lassen, hat sich zu- dem bewährt, falls der Hörsturz nach Angaben des Patienten nach psychi- schen Belastungen oder einer Stress- Situation aufgetreten ist. Ich hatte bisher keine Veranlassung, Procain bei der bei einigen Patienten durch- geführten Stellatumblockade gegen ein anderes Lokalanästhetikum aus- zuwechseln.

Kollege Frölich macht zurecht auf Hörstörungen aufmerksam, die ihre Ursache in Veränderungen der Halswirbelsäule haben. Zervikalbe- dingte Schwerhörigkeiten, auf die in der Arbeit hingewiesen wurde, sind, da sie eine diagnostizierbare Ursa- che haben, streng genommen keine

„idiopathischen Hörstürze" mehr.

Der Versuch einer therapeutischen Beeinflussung durch Chiropraxis ist sinnvoll, sofern eine Atlasblockie- rung vorliegt. Häufiger als zervikal bedingte Hörstörungen tritt nach meinen Erfahrungen allerdings zer- vikal bedingter Schwindel auf.

Professor Dr. med.

Hans-Georg Boenninghaus Universitäts-HNO-Klinik Heidelberg

Im Neuenheimer Feld 400 6900 Heidelberg 1

2 Kritische Anmerkungen

Zu dem Artikel erscheint mir ei- ne kritische Stellungnahme von pharmakologischer und angiologi- scher Seite erforderlich; denn eine Therapie aus „forensischen Grün- den" mit sogenannten durchblu- tungsfördernden Stoffen, wie hier

Der idiopathische Hörsturz

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. 1 -1.-G. Boenninghaus in Heft 45/1988

A-2012 (58) Dt. Ärztebl. 86, Heft 27, 6. Juli 1989

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aufgeführt, Naftidrofuryl, oder auch das von anderen HNO-Kliniken in einem anderen Behandlungsschema angewandte mystische Gingko bilo- ba, hält einer therapeutischen Kritik doch wohl nicht stand.

Nur die Anwendung von Hydro- xyethylstärke und niedermolekula- rem Dextran könnte eine rationale Grundlage haben, wobei die Acetyl- salicylsäure sogar vergessen worden ist.

Eine „psychologische stationäre Behandlung" ist eine eigenartige Aufnahmeindikation bei dieser Er-

Pneumonien

Chlamydia pneumoniae Beim Lesen des o. g. Beitrages ist mir aufgefallen, daß eine wichti- ge Erregergruppe, insbesondere im Kindes- und Jugendalter bedeutsam, so gut wie nicht besprochen und nur als Fußnote beziehungsweise unter

„weitere Erreger" genannt ist: die Chlamydien. Die Bedeutung der Chlamydien auch als Krankheitser- reger in unseren Breiten wird erst in den letzten Jahren langsam erkannt.

So spielt Chlamydia trachomatis als einer der häufigsten sexuell übertra- genen Erreger in der Gynäkologie heute eine der wichtigsten Rollen bei aszendierenden Infektionen im Genitalbereich.

Inzwischen zeigt sich jedoch, daß auch andere Chlamydien wie

„Chlamydia pneumoniae", wie diese wohl bald heißen werden (bisher TWAR), mit zu den häufigsten Erre- gern leichter bis subklinischer Pneu- monien im Kindes- und Jugendalter gehören. Der schwierige Erreger- nachweis und die bisher noch nicht allzu spezifische Serologie bei nur geringer klinischer Symptomatik sind die Gründe für die bis heute zu ge- ringe Beachtung dieser Erreger. We- gen ihres chronischen und schlei-

krankung, da die Therapie ohne Schwierigkeiten ambulant durchge- führt werden kann.

Ist Novocain (Procain) als Para- stoff nicht wegen neuentwickelter Lokalanästetika obsolet? Die hohe Anzahl von Spontanremissionen bei dieser Erkrankung sollte nicht durch polypragmatische Interventionen ge- stört werden.

Dr. med. P. Priebe Internist

Hauptstraße 89 7560 Gaggenau

chenden Verlaufes, welcher über Wochen und Monate gehen kann, sind Folgeschäden durch Chlamy- dieninfektionen gar nicht so selten, wobei die Primärinfektion häufig nicht erkannt wurde.

Bei einer Chlamydiendurchseu- chung der Bevölkerung von 40 bis 50 Prozent kann die Chlamydieninfek- tion auch bei uns kein so seltenes Er- eignis sein. Dabei ist ein Teil der nachgewiesenen Antikörper Folge der sexuell übertragenen Chlamydia- trachomatis-Infektion, bei der Mehr- zahl der Betroffenen wahrscheinlich eher Folge einer Chlamydia-pneu- moniae-Pneumonie. Eine stärkere Beachtung von Chlamydia pneumo- niae erscheint mir daher für die Zu- kunft wichtig und notwendig.

Es ist nicht auszuschließen, daß ein Teil der als Mykoplasmen-Pneu- monien angesehenen Krankheitsver- läufe durch Chlamydien verursacht wurden, da Chlamydien wie auch Mykoplasmen durch Tetrazykline, Erythromycin oder Quinolone eben- falls behandelbar sind.

Prof. Dr. med. Eiko E. Petersen Frauenklinik am Klinikum der Universität Freiburg Hugstetter Straße 55 7800 Freiburg i. Br.

Schlußwort

Die Chlamydien-Spezies Chla- mydia psittaci und Chlamydia tracho- matis sowie die — neu beschriebene und als Unterform von C. psittaci ein- zuordnende — sogenannte TWAR- Gruppe verursachen Pneumonien in unterschiedlicher Häufigkeit.

Die oft auch eine extrapulmona- le Organmanifestation zeigende Psit- takose ist im Vergleich zu anderen ätiologisch begründeten Pneumonie- formen eher selten zu beobachten:

im Zeitraum zwischen 1975 bis 1977 wurden in den USA 263 serologisch gesicherte Psittakosefälle gemeldet, in England wird jährlich von über 300 Erkrankungen berichtet; in der Bundesrepublik erstellte Morbidi- tätsstatistiken weisen aus, daß bis zu drei Prozent aller ursächlich geklär- ten Pneumonien auf C. psittaci bezo- gen werden können. In 8 bis 30 Pro- zent der Fälle ist eine Expositon ge- genüber Vögeln nicht zu sichern, so daß andererseits mit einer gewissen

„Dunkelziffer-Zahl" zu rechnen ist — da bei anamnestisch fehlendem Kon- takt zu Vögeln diagnostische Maß- nahmen unterlassen werden.

C. trachomatis kann sowohl bei Säuglingen als auch bei Erwachse- nen schwer verlaufende Pneumonien verursachen. Die Inzidenz ist unbe- kannt; die Angaben schwanken zwi- schen sehr selten und einer Rate von 25 Prozent bei ausgedehnten Säug- lingspneumonien. Die bedeutende Rolle der TWAR-Gruppe als Pneu- monieerreger wird mehr und mehr erkannt, so daß Herrn Petersen zu- zustimmen ist, wenn er sie mit zu den häufigsten Erregern leichter bis sub- klinischer Pneumonien im Kindes- und Jugendalter zählen will. Zudem wurden auch schwer verlaufende TWAR-Pneumonien bei älteren Er- wachsenen beschrieben. Spekulatio- nen über die Inzidenz lassen sich aus epidemiologischen Studien ableiten, die bei Erwachsenen mit ambulant er- worbenen Pneumonien in 10 bis 21

Prozent serologisch eine akute TWAR-Infektion aufdecken können!

Prof. Dr. med. Volker Schulz Abt. Innere Medizin — Pneumologie Thoraxklinik der LVA Baden Amalienstr. 5 • 6900 Heidelberg 1

Zu dem im Rahmen der Serie „Erkrankungen der Lunge" erschienenen Beitrag von

Prof. Dr. med. Volker Schulz in Heft 5/1989

Dt. Ärztebl. 86, Heft 27, 6. Juli 1989 (59) A-2013

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