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Archiv "Reform des Gesundheitswesens: Die Meinung der Ärzte" (03.10.1997)

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(1)

Ü

ber die Beantwor- tung der geschlosse- nen Fragen hinaus bestand bei der Leserumfrage die Möglich- keit, zu allen Fragen in freier Form Stellung zu nehmen, eigene Vorschläge mitzutei- len und Kritik zu üben. Hier- von ist durchweg Gebrauch gemacht worden, zum Teil sehr ausführlich. Wir werten dies als Ausdruck des gro- ßen Interesses der Leser des

Deutschen Ärzteblattes an der Weiter- entwicklung des Gesundheitswesens und der Möglichkeit, eigene Ge- danken in die Diskussion von grund- sätzlichen Fragen der Zukunft, insbe- sondere der Gesetzlichen Kranken- versicherung, einzubringen.

Auf die Leserumfrage sind 4 557 auswertbare Fra- gebogen eingegangen. Hier- von enthielten 4 437 Frage- bogen und damit 97 Pro- zent Textangaben, von we- nigen Bemerkungen bis hin zu ausführlichen Darstel- lungen mit der Beifügung mehrerer Textseiten.

Jeder Fragebogen er- hielt eine fortlaufende Refe- renznummer. Die Frei- textantworten jedes Frage- bogens wurden in Daten- satzstruktur in eine Daten- bank eingegeben. Aufgrund der Referenznummer lassen

sich die einzelnen Angaben anonym zusammenführen und auswerten.

Insgesamt wurden 29 340 Text- angaben zu den Fragen gemacht. Ihr Inhalt wurde zu gemeinsamen Wort- stämmen zusammengefaßt und nach

absteigender Häufigkeit ge- ordnet. Dabei wurden Wör- ter, Begriffe und Abkürzun- gen gleichen Inhalts zusam- mengeführt. Das Wort „Ko- sten“ oder „kosten“ zum Beispiel lag in mehr als 160 Verbindungen vor. Wörter wie „Krankenkasse“, „Kran- kenk.“, Krankenkassen“

oder „Krhs.“, „Krankenh.“

und „Krankenhaus“ wurden durch ein Regelwerk so er- faßt, daß ein einheitlich zu verarbeitender Wortschatz wie in ei- nem Lexikon oder Thesaurus ent- stand. Daraus ergab sich eine Cluster- analyse zu den am häufigsten genann- ten Bereichen mit dem Ergebnis, daß sich eine nur relativ kleine Zahl der Begriffe im zweistelligen Prozentbereich bewegt, während viele Begriffe unter ein Prozent der Häufigkeit liegen und damit keine stati- stische Aussagekraft haben, jedoch eine Grundstimmung erkennen lassen. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß es sich nicht um eine repräsentative Stichpro- be handelt. Ausgewertet wurden die Antworten der- jenigen, die sich an der Le- serumfrage beteiligt haben.

Die in der Leserumfrage angesprochenen Themenbe- reiche Rationalisierung, Lei- stungskatalog der Gesetzli- A-2554 (34) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Reform des Gesundheitswesens

Die Meinung der Ärzte

In Heft 36/1997 ist Teil I der Ergebnisse einer Leserumfra- ge erschienen, die das Deutsche Ärzteblatt gemeinsam mit dem Institut für Gesundheits-System-Forschung Kiel in Heft 44/1996 durchgeführt hatte und an der sich mehr als 4 500 Leserinnen und Leser beteiligt haben. Berichtet wurde über die Auswertung der geschlossenen Fragen zum Thema Rationalisierungsreserven; in Teil II (erschienen in Heft 38/1997) wurden die Themen Leistungskatalog, Selbstbe-

teiligung und Rationierung behandelt. Der dritte Teil der Er- gebnisse der Leserumfrage enthält die statistische Auswer- tung der Antworten zu den offenen Fragen der Leserumfra- ge (Freitextangaben). Wegen der Fülle des Materials und der zum Teil bemerkenswerten Ausführungen zu den einzelnen Themen der Leserumfrage beabsichtigt das Institut für Ge- sundheits-System-Forschung, eine gesonderte sozialwissen- schaftliche Auswertung dieser Unterlagen vorzunehmen. DÄ Fritz Beske

Johannes F. Hallauer Jürgen Gerlitz

Axel Olaf Kern Ergebnisse einer Leserumfrage (Teil III und Schluß): Freie Antworten

Tabelle 1

Freitextangaben zur Kur

Vorschlag Nennungen

absolut Prozent Allgemein bei Kuren einsparen,

Kuren ändern 688 31,7

Kur nur bei spezieller Indikation 637 29,3

Kuren reduzieren 292 13,4

Kuren abschaffen 282 13,0

Eigenanteil an Kuren erhöhen 172 7,9

Kuren auf Urlaub anrechnen 64 3,0

Kuren straffen und intensivieren 35 1,6

Kuren vermehrt fördern 3 0,1

Gesamt 2 173 100,0

Grafik

Sperre quartalsweise Doctor-Hopping 6,9%

verhindern 9,4%

Datenspeicherung erweitern 9,1%

abschaffen 8,0%

Mißbrauch abschaffen

10,3% Tourismus abschaffen 25,4%

allgemein ändern 30,9%

Freitextangaben zur Chipkarte

(2)

chen Krankenversicherung (GKV), Selbstbeteiligung und Rationierung haben einen jeweils unterschiedlichen Charakter, einen unterschiedlichen Begriffsinhalt. Diese Unterschiede sind in vielen Freitextangaben nicht oder nur unvollständig berücksichtigt worden. Die Zuordnung zum Thema war am deutlichsten dann,

wenn der jeder Frage zuge- ordnete Raum in dem Fra- gebogen zu kurzen Bemer- kungen genutzt wurde, doch stimmten auch in diesen Fäl- len die Antworten häufig nicht mit dem Themenbe- reich überein. Die Freitexte auf beigefügten Blättern konnten in vielen Fällen kei- nem Themenbereich direkt zugeordnet werden. Die Auswertung der Freitextant- worten trägt diesem Um- stand Rechnung.

Kur

Mit 2 173 Nennungen in den Freitextantworten liegt der Bereich Kur an er- ster Stelle. Das Ergebnis zeigtTabelle 1.

31,7 Prozent sind der Auffassung, daß bei Kuren allgemein Einsparungen er- folgen sollten, daß Änderun- gen erforderlich sind. 29,3 Prozent meinen, daß Kuren nur bei speziellen Indikatio- nen wie bei einer Rehabilita- tion durchgeführt werden sollten, und dies nur für wirklich Kranke bei Verzicht auf Vorsorgekuren. 13,4 Prozent sprechen sich dezi- diert dafür aus, den Umfang des Kurwesens überhaupt zu reduzieren, wobei auch auf Kureinrichtungen hingewie- sen wird. 13,0 Prozent dage- gen meinen, daß Kuren in der GKV vollständig abge- schafft werden sollten und Kuren privat zu finanzieren seien. 7,9 Prozent halten es für ausreichend, wenn der Eigenanteil, die Zuzahlung, erhöht würde. Nur drei Ant- worten fordern, Kuren ver-

mehrt zu fördern, wobei als Beispiel Mutter-Kind-Kuren genannt werden.

Arzneimittel

Mit 1 933 Nennungen liegt der Bereich Arzneimittel an zweiter Stel-

le. Das Ergebnis zeigt Tabelle 2. Am häufigsten wird mit 33,9 Prozent ei- ne Positivliste gefordert. 20,5 Pro- zent meinen, daß nur rationale, wis- senschaftlich begründete Arzneimit- tel mit Wirksamkeitsnachweis einge- setzt werden sollten, wobei sich eine Reihe von Bemerkungen gegen die Homöopathie richtet. Eine Negativliste fordern 8,7 Prozent, allgemeine Maß- nahmen zur Einsparung von Arzneimitteln 7,8 Prozent.

Es folgen dann Nennungen mit unter 7 Prozent der Antworten.

Krankenkassen

1 703 Nennungen be- treffen die Krankenkassen (Tabelle 3).

25,0 Prozent fordern ganz allgemein, bei den Krankenkassen zu sparen.

22,2 Prozent meinen, daß das Management und das Personal bei den Kranken- kassen reduziert werden soll- ten. 18,8 Prozent sind der Meinung, daß die Werbung der Krankenkassen einge- schränkt oder verboten wer- den sollte. 12,0 Prozent for- dern die Befreiung der Kran- kenkassen von versiche- rungsfremden Leistungen.

Alle weiteren Nennungen liegen unter 10 Prozent.

Krankenhaus

498 Nennungen betref- fen das Krankenhaus (Tabel- le 4).

Beim Krankenhaus zeigt sich eine Konzentration auf vier Vorschläge. 19,7 Pro- zent fordern allgemein, daß im Krankenhaus rationa- lisiert werden müsse. 16,5 Prozent sind der Meinung, daß nur Ärzte in das Kran- kenhaus einweisen dürfen, damit Selbsteinweisungen durch die Versicherten ver- mieden werden. 15,9 Pro- zent sind der Meinung, daß A-2555 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997 (35)

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Tabelle 2

Freitextangaben zu Arzneimitteln

Vorschlag Nennungen

absolut Prozent

Positivliste 655 33,9

Nur mit Wirksamkeitsnachweis 396 20,5

Negativliste 168 8,7

Allgem. Maßnahmen zur Einsparung 151 7,8

Preise senken 123 6,4

Selbstbeteiligung erhöhen 104 5,4

Zahl der Arzneimittel reduzieren 78 4,0

Individuelle Mengenabgabe 71 3,7

Indikationsgruppen einschränken 29 1,5

Dispensierrecht für Ärzte 25 1,3

Compliance verbessern 24 1,2

Gewinnspanne senken 23 1,2

Mehrwertsteuer senken 20 1,0

Generika-Verschreibungen erhöhen 20 1,0 Alternativarzneimittel ausbauen 13 0,7 Reimporte aus dem Ausland erhöhen 12 0,6

Vorschriften reduzieren 11 0,6

Patientenpaß einführen 10 0,5

Gesamt 1 933 100,0

Tabelle 3

Freitextangaben zu Krankenkassen

Vorschlag Nennungen

absolut Prozent

allgemein Kosten sparen 425 25,0

Management und Personal reduzieren 378 22,2 Werbung einschränken oder verbieten 321 18,8 von versicherungsfremden Leistungen

befreien 205 12,0

Einheitskasse schaffen 135 7,9

Kassenzahl reduzieren 98 5,8

Budget offenlegen 66 3,9

Krankenkassen ganz abschaffen 27 1,6 Kritik an Bauten der Krankenkassen 22 1,3

Prävention verbessern 15 0,9

Medizinischen Dienst einschränken 9 0,5 oberhalb Bemessungsgrenze

nur privat versichern 2 0,1

Gesamt 1 703 100,0

(3)

es Doppeluntersuchungen und Über- lappungen von Untersuchungen gibt, verbunden mit der Forderung, die Diagnostik im Krankenhaus zu redu- zieren. 15,3 Prozent sind der Auffas- sung, daß die Liegezeiten zu hoch sind, verbunden mit der Forderung nach dem Abbau von Fehlbelegun- gen.

Die nächste Gruppe an Nennun- gen liegt unter 10 Prozent bis zu ei- nem Prozent. So fordern 7,6 Prozent die Öffnung des Krankenhauses für ambulante Leistungen und für nieder- gelassene Ärzte. 6,4 Prozent meinen, daß eine Kostenreduktion über eine andere Pflegesatzgestaltung mit Pau- schalen und Budgets zu erreichen sei.

Die Verzahnung ambulant/stationär, die Verzahnung von Krankenhaus und niedergelassener Praxis, so wird es häufig ausgedrückt, fordern 4,2 Prozent. In einem Bettenabbau sehen 3,6 Prozent und in einem Personalab- bau 3,0 Prozent Rationalisierungs- potentiale.

Chipkarte

Ein nicht unbeträchtliches Inter- esse findet die Chipkarte mit 350 Nen- nungen (Grafik).

Werden die vom Inhalt her wohl identischen Forderungen nach Ab- schaffung beziehungsweise Vermei- dung von Tourismus, Mißbrauch und Doctor-Hopping zusammengefaßt, dann sind es 45,1 Prozent, die mei- nen, daß in dieser Beziehung Hand- lungsbedarf besteht. 30,9 Prozent fordern allgemein eine Änderung des Chipkartensystems. 8,0 Prozent plä- dieren für die Abschaffung der Chip- karte. 9,1 Prozent sind der Meinung,

daß mehr Daten auf der Chipkarte ge- speichert werden sollten, und 6,9 Prozent fordern, daß auch mit einer Chipkarte nur quartalsweise ein Arzt- wechsel erlaubt ist.

Differenzierte Vorschläge aus dem Leserkreis

Differenzierter müssen die Frei- textangaben zu definierten Leistungen der Gesetzlichen Krankenversiche- rung gesehen wer-

den, die nur in Be- zug zur Fragestel- lung erläutert wer- den können. Ta- belle 5zeigt weite- re häufig genannte Leistungen mit insgesamt 1 154 Nennungen.

Die Frage 6

„Sehen Sie Ratio- nalisierungspoten- tiale . . .“ (es folg- ten Leistungsbe- reiche, die anzu- kreuzen waren, mit der Möglich- keit zu ergänzen- den Bemerkun- gen) und Frage 7

„Haben Sie kon- krete Rationali- sierungsvorschlä- ge?“ können zu- sammen betrach- tet werden. 99mal

wurde die Massage genannt, 7mal die Osteodensitometrie, 19mal die Sono- graphie, 51mal Krankentransporte und Taxikosten, 18mal Krankengym- nastik und 11mal Fango.

Die Fragen 8 und 9 lauteten:

„Sind Sie der Meinung, daß es Versi- cherungsleistungen in der Gesetzli- chen Krankenversicherung gibt, die aus dem Leistungskatalog herausge- nommen werden können?“ und

„Welche Leistungen sind dies nach Ihrer Meinung? (zum Beispiel Zahn- ersatz, Hilfsmittel, ,umstrittene‘ Arz- neimittel, Knochendichtemessung, Beschränkung der Zahl von Ultra- schalluntersuchungen bei Schwanger- schaft, Vorsorgekuren, versicherungs-

fremde Leistungen – gegebenenfalls welche, u. ä.)“. Frage 9 wurde mit 571 Nennungen beantwortet. 232mal wurde angegeben, daß Massagen aus dem Leistungskatalog der Gesetzli- chen Krankenversicherung herausge- nommen werden können. Es folgen mit 196 Nennungen die Osteoden- sitometrie, mit 93 Nennungen die Sonographie, dann etwa gleich mit 21 und 20 Nennungen Fango und Kran- kengymnastik und schließlich mit 9 Nennungen Krankentransporte, Taxi- kosten.

Auf die Frage 12 „In welchen Bereichen sollte die Selbstbeteiligung des Versicherten erhöht werden?

Stärkere Selbstbeteiligung bei schon heute mit Selbstbeteiligung versehe- nen Leistungen (zum Beispiel Re- A-2556 (36) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Tabelle 4

Freitextangaben zum Krankenhaus

Vorschlag Nennungen

absolut Prozent

Rationalisieren 98 19,7

Einweisung nur durch Fachärzte 82 16,5

Diagnostik reduzieren 79 15,9

Liegezeiten und Fehlbelegung abbauen 76 15,3 Öffnung für ambulante Leistungen 38 7,6

Pflegesatzgestaltung 32 6,4

Verzahnung ambulant/stationär 21 4,2

Bettenabbau 18 3,6

Personalabbau 15 3,0

Allgemein im Krankenhaus einsparen 13 2,6

rationelle Behandlung 11 2,2

Reduktion der Zahl der Krankenhäuser 5 1,0 Konzentration von Großgeräten 4 0,8

Arbeitszeitregelung 4 0,8

Ausstattung reduzieren 1 0,2

mehr Kontrollen 1 0,2

Gesamt 498 100,0

Tabelle 5

Freitextangaben zu definierten Leistungen

Vorschlag Nennungen

Frage 6 Frage 7 Frage 9 Frage 12 Frage 14

Massage 18 81 232 155 19

Osteodensitometrie – 7 196 17 14

Sonographie – 19 93 24 8

Krankentransporte, Taxikosten 11 40 9 72 6

Krankengymnastik 5 13 20 45 4

Fango 5 6 21 14 –

Gesamt 39 166 571 327 51

(4)

zeptgebühr, Zahnersatz, Brille, Kran- kenhausaufenthalt), auch Einbezie- hung von Leistungen, die bisher ohne Selbstbeteiligung sind. Welche sind dies Ihrer Meinung nach?“ gab es 327 Nennungen.

Auch hier standen im Vorder- grund die Massagen mit 155 Nen- nungen, gefolgt von Krankentrans- porten, Taxikosten mit 72 Nennun- gen, Krankengymnastik (45), Sono- graphie (24), Osteodensitometrie (17) und Fango (14).

Auf Frage 14 schließlich „Wenn Sie Kriterien für eine Rationierung von Gesundheitsleistungen festlegen sollten, welche Kriterien würden Sie wählen?“ wurden in einem nur gerin- gen Umfang Leistungen genannt, die vor einer Rationierung – Ratio- nierung wurde in der Leserumfrage als Zuteilung von lebenswichtigen medizinischen Gütern und Dienstlei- stungen definiert – nicht mehr ge- währt werden sollten: Massagen mit 19, Osteodensitometrie mit 14, Sono- graphie mit 8, Krankentransporte, Taxikosten mit 6 und Krankengym- nastik mit 4 Nennungen.

Abschließend soll darauf hinge- wiesen werden, daß zu den in diesem Abschnitt aufgeführten Fragestellun- gen 294 Nennungen zu In-vitro-Ferti- lisation und Fertilitätsbehandlungen, 243 Nennungen zum Schwanger- schaftsabbruch als GKV-Leistung und 140 Nennungen zum Thema Pille und Schwangerschaftsverhütung als GKV- Leistung vorliegen mit dem Trend, diese Leistungen aus dem Leistungs- katalog der GKV herauszunehmen.

Auch diese Angaben sollen einer so- zialmedizinischen Analyse unterzo- gen werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-2554–2558 [Heft 40]

Anschrift der Verfasser

Prof. Dr. med. Fritz Beske, MPH Dr. med. Johannes F. Hallauer Jürgen Gerlitz, Arzt

Axel Olaf Kern, Dipl.-Volkswirt, Dipl.-Betriebswirt (BA)

Institut für Gesundheits-System- Forschung Kiel

Weimarer Straße 8 24106 Kiel

A-2558 (38) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997

1952 konstituierte sich die Arz- neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in der weitge- hend noch heute bestehenden Orga- nisationsform (Grafik).

In einem Konsensuspapier zur Vorbereitung der Konstitution der Kommission wurden von dem Ge- schäftsführer der Arzneimittelkom- mission der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und dem Vorsit- zenden der Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Ärztekammern (Vor- läufer der Bundesärztekammer) und des Präsidiums des Deutschen Ärzte- tages folgende „Richtlinien“ als bin- dend angesehen:

„Absolute Wahrung des Interesses der Kranken und rein sachliche Ge-

sichtspunkte bei der Beurteilung von Arzneimitteln, insbesondere die Fern- haltung gewisser mit den Forderungen ärztlicher Ethik nicht vereinbarer in- dustrieller, wirtschaftlicher, politischer und Standeseinflüsse.“

Unter dem Vorsitz von Prof. Dr.

Dr. Werner Koll und später Prof. Dr.

Reinhard Aschenbrenner begann die Kommission in den 60er und 70er Jah- ren zunehmend Einfluß auch auf die arzneimittelpolitische Entwicklung der Bundesrepublik zu nehmen.

Systematische Risikoerfassung

Die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) ge- hört zu den traditionellen Aufgaben der AkdÄ. Im Jahresbericht von 1958

1947/1997: Bundesärztekammer im Wandel (XIII)

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Bruno Müller-Oerlinghausen Karl-Heinz Munter

Qualitätssicherung in der Arzneitherapie

B U N D E S A R Z T E K A M M E R. .

Vorstand der Bundesärztekammer

Geschäftsstelle AkdÄ 1 Geschäftsführer

11 Mitarbeiter Statut

u. a. Berufung von ordentlichen Mitgliedern

wählt Vorstand AkdÄ (Fachvorgesetzter der Geschäftsstelle)

40 ordentliche Mitglieder der AkdÄ

etwa 100 außerordentliche Mitglieder der AkdÄ Arbeitsgruppen Therapieempfehlungen AusschußUAW- ÄAAS AVP-

Ausschuß Geschäftsordnung

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)

(Fachausschuß der Bundesärztekammer)

Arzneimittel-Informationsdienst e.V.

(wirtschaftlicher Träger der Geschäftsstelle) Grafik

(5)

wurde die gesamte Ärzteschaft aufge- fordert, UAW an ihre Arzneimittel- kommission zu berichten, um sie da- mit auch ihren Kollegen durch Veröf- fentlichung im Deutschen Ärzteblatt zugänglich zu machen. Voll in Gang kam die spontane Berichtserfassung zu UAW leider erst durch die sich in den folgenden Jahren ereignende Contergan-Katastrophe. Die Be- richtszahl stieg in den folgenden Jah- ren an. 1986 lagen der AkdÄ 50 000 Berichte vor, 1991 waren es mehr als 110 000 Berichte.

Mit dem Inkrafttreten des 2.

Arzneimittelgesetzes im Jahre 1978,

auf dessen Gestaltung die AkdÄ er- heblichen Einfluß nahm, nicht zuletzt durch die Aktivitäten des Berliner Pharmakologen und Kommissions- mitgliedes Prof. Dr. Hans Herken, hatte das damalige Bundesgesund- heitsamt (BGA) – das heutige Bun- desinstitut für Arzneimittel und Me- dizinprodukte (BfArM) – den gesetz- lichen Auftrag erhalten, Risiken, die bei der Anwendung von Arzneimit- teln auftreten, zentral zu erfassen und auszuwerten. Bis zum Jahre 1991 er- faßte die AkdÄ, neben den direkt von den Ärzten gemeldeten UAW, auch die von den pharmazeutischen Unternehmen geschickten Berichte.

Die pharmazeutischen Unternehmer waren aufgrund eines Vereinbarungs- kodexes des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie ver-

pflichtet, ihre Berichte aus dem Spontanmeldesystem nicht nur den Bundesoberbehörden, sondern auch der AkdÄ zu melden. Im gegenseiti- gen Einverständnis wurde die Rege- lung 1991 aufgehoben, so daß die AkdÄ seither nur noch die direkt von den Ärzten – aufgrund deren Verpflichtung nach der Berufsord- nung für Ärzte – gemeldeten UAW- Berichte sammelt, auswertet und kommentiert.

Seit Beginn des Jahres 1995 wer- den ihr im Gegenzug vom BfArM alle der Bundesoberbehörde zur Kenntnis gebrachten UAW-Falldaten zugelei- tet. Diese Informationen werden mit- tels des Systems „Phoenix“, einer Ei- genentwicklung der AkdÄ, verwaltet und ausgewertet. Damit verfügt die AkdÄ für ihre wissenschaftlichen Ar- beiten im Zusammenhang mit un- erwünschten Arzneimittelwirkungen jetzt über das gesamte UAW-Da- tenmaterial der Bundesrepublik Deutschland.

Berufsordnung der deutschen Ärzte

Unter dem maßgeblichen Ein- fluß der AkdÄ wurde eine Vereinba- rung getroffen, die im Rahmen der Musterberufsordnung den deutschen Arzt in § 30 Abs. 7 verpflichtet, „ihm aus seiner Verordnungstätigkeit be- kannt werdende unerwünschte Arznei- mittelwirkungen der Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzte- schaft mitzuteilen.“In der kürzlich auf dem Deutschen Ärztetag 1997 in Ei- senach verabschiedeten Musterbe- rufsordnung findet sich diese Ver- pflichtung in § 6.

Die AkdÄ als Stufenplan- beteiligte – und ein schwarzer Tag in der Geschichte der AkdÄ

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittel- rechts vom 24. August 1976 – fortge- schrieben in seinen Folgegesetzen – ist die AkdÄ Stufenplanbeteiligte gemäß §§ 62 und 63 AMG. Sie arbei- tet mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

(BfArM), der zuständigen Bundes- oberbehörde, in allen Fragen der Arzneimittelsicherheit eng zusam- men. Ein grelles Licht auf die bislang existente gesetzliche Situation in Sa- chen Arzneimittelsicherheit warf freilich das am 20. November 1995 er- gangene Urteil des OVG Münster, das eine einstweilige Verfügung zu- gunsten der Firma Knoll bestätigte und der AkdÄ untersagte, die Ärzte- schaft über Sicherheitsaspekte aus laufenden, unter Umständen auch öf- fentlichen (!) Stufenplanverfahren zu informieren. Auch wenn einzelne Hersteller versuchten, daraus für sich Kapital zu schlagen, so hat die breite – auch parlamentarische – Diskussion zu diesem „Maulkorburteil“ doch ins öffentliche Bewußtsein gebracht, daß offenbar auf dem Gebiet der Arznei- mittelsicherheit nicht nur neue Akti- vitäten zur Schaffung von „Pharma- kovigilanzzentren“ et cetera nötig sind, sondern auch eine Änderung gesetzlicher Grundlagen, um die Ärz- te ungehindert informieren zu kön- nen (3).

Ärzteausschuß

Arzneimittelsicherheit

Ein spezieller „Ärzteausschuß Arzneimittelsicherheit (ÄAAS)“, dessen Mitglieder vom Vorstand der Arzneimittelkommission berufen werden, berät aufgrund zweier Ver- einbarungen (1987/1996) das BfArM in regelmäßigen Sitzungen.

Die Rolle der AkdÄ bei der

„Gesundheitsreform“

Seit Anfang der 80er Jahre wurde die AkdÄ im Rahmen der Entwick- lung von Steuerungsinstrumenten zur Kostendämpfung im Gesundheitswe- sen zunehmend mit medizinisch-wis- senschaftlichen Begutachtungsaufga- ben betraut. Die Preisvergleichsliste zu Beginn der 80er Jahre wurde aus- schließlich von der Arzneimittelkom- mission erarbeitet. Bei der Umset- zung der Festbetragsregelung ab 1989 war es die AkdÄ, die aufgrund ihrer gutachterlichen Tätigkeit die Festbe- tragsgruppenbildung, insbesondere der Stufen 2 und 3, auf eine wissen- A-2559 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997 (39)

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

Tabelle

Phoenix-Berichtsauswertung

Gesamt- AkdÄ- In % zu berichte Berichte Gesamt

1990 15 630 1 736 11,1 1991 12 538 1 531 12,2 1992 14 590 1 525 10,5 1993 18 641 1 534 8,2 1994 15 022 1 514 10,1 1995 8 431 1 653 19,6 1996 8 010 1 354 16,9 Übersicht über UAW-Berichte (Stand 1. August 1997)

(6)

schaftlich tragfähige und damit auch juristisch vertretbare Basis stellte.

Nur dadurch war es möglich, die Festbetragsregelung trotz erheblicher Widerstände umzusetzen und Ein- sparungen für die gesetzliche Kran- kenversicherung in Milliardenhöhe zu realisieren.

Dennoch wurde gerade bei die- ser Aufgabe deutlich, „daß es in der Medizin unterschiedliche Ebenen gibt.

Molekulare, therapeutische, soziale und ökonomische Ebenen z. B. haben – obwohl in der Hierarchie aufeinan- der aufbauend – weitgehend eigene Gesetzlichkeiten. Klassifikations- und Wertesysteme, z. B. der molekularen oder therapeutischen Ebene, sind primär nicht zur Lösung ökonomisch bedeutsamer Alternativentscheidun- gen konstruiert“(1).

Neue Ära:

„Therapieempfehlungen“

Zu Beginn des Jahres 1996 wur- den die ersten „Therapieempfehlun- gen“ der AkdÄ herausgegeben, die sich mit der Behandlung von Fett- stoffwechselstörungen befaßten und von einem breiten wissenschaftlichen Konsens getragen sind. Damit hat für die Arzneimittelkommission eine neue Ära begonnen. Mit den bereits publizierten und den noch folgenden Therapieempfehlungen definiert die AkdÄ den aktuellen Stand der wis- senschaftlichen Erkenntnis zur Phar- makotherapie auf dem jeweiligen In- dikationsgebiet. Sie definiert damit zugleich die Grundlage und den

„Sollwert“ für alle Qualitätssiche- rungsaktivitäten in diesem Bereich.

Neben einer verbesserten Patienten- versorgung wird diese verantwor- tungsvolle Arbeit der Arzneimittel- kommission mittelfristig über eine Vermeidung therapeutischer Irrwege zu einer adäquaten Nutzung der be- schränkten Ressourcen und damit auch zur Kostensenkung im Gesund- heitswesen beitragen. Denn eine ra- tionale, das heißt zweckmäßige Arz- neitherapie wird schlußendlich auch immer eine ausreichende und wirt- schaftliche sein. In einem Grundsatz- papier wurde die Position der AkdÄ innerhalb der aktuellen und oft kon- troversen Diskussion „Standards für

A-2560 (40) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

Entwicklung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft 1911

Gründung der Arzneimittelkommission des Deutschen Kongresses für Innere Medizin (später: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin), auf Anregung des Göttinger Pharmakologen Wolfgang Heubner und des Internisten Adolf Schmidt.

Zielsetzung:

„. . . ob nicht der Kongreß von sich aus Maßregeln ergreifen könnte, um dem im- mer unerträglicher um sich greifenden Unwesen in der Produktion und vor allem auch in der Anpreisung neuer Arzneipräparate einen Damm zu setzen.“

1912

Erste Arzneimittelliste des Deutschen Kongresses für Innere Medizin; beste- hend aus 3 Abschnitten: positiv – negativ – zweifelhaft beurteilte Arzneispezia- litäten.

1923

Gründung einer „Gemeinsamen Arzneimittelkommission“ der Ärzte und Krankenkassen.

1925

Erste Auflage der Arzneiverordnungen der „Deutschen Arzneimittelkommissi- on“ bei Urban & Schwarzenberg, Berlin.

1932

5. Auflage der „Arzneiverordnungen“. Zitat des damaligen Schriftleiters des Deutschen Ärzteblattes:

„Gerade gegenüber den widerstreitenden Interessen, die auf dem Gebiet des Arz- neimittelwesens nun einmal bestehen, muß als Hauptvorzug des Buches seine Ur- heberschaft und die Art seiner Entstehung hervorgehoben werden . . . Bei der Flut von Arzneipräparaten, die sich immerfort noch vermehrt, bedarf der Arzt einer gewissen Führung, um sich leicht und schnell über die bewährten Mittel, ihre Zu- sammensetzung, pharmakologische Wirkung, Anwendungsweise, Dosierung und Wirtschaftlichkeit zu orientieren.“

1934

Der Reichsarbeitsminister setzt alle Arzneiverordnungsbücher für die kas- senärztliche Verordnung außer Kraft und ersetzt sie durch den „Regelbetrag“.

1952

Konstituierende Sitzung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzte- schaft, mit Prof. Heubner als Vorsitzenden. Aufbau der neuen Geschäftsstelle in Göttingen.

1958

Erste Aufforderung an die deutsche Ärzteschaft, unerwünschte Arzneimittel- wirkungen an die Kommission zu melden.

1963

Herausgabe des 1. Meldebogens für unerwünschte Arzneimittelwirkungen.

1966

Teilnahme an der Pilotstudie des internationalen Meldesystems der WHO für unerwünschte Arzneimittelwirkungen als Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland.

1970

Gründungsmitglied des internationalen Meldesystems der WHO für uner- wünschte Arzneimittelwirkungen in Genf als Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland.

1973

Umzug der Geschäftsstelle nach Heidelberg.

Gegenwärtiges und zukünftiges Leistungsspektrum

für die Ärzteschaft und für die Öffentlichkeit

(7)

Standards“ erstmals detailliert darge- stellt (2).

Die Spannweite des Dienstlei- stungsspektrums der AkdÄ reicht von der allgemeinen Beratung der Gremien der ärztlichen Selbstverwal- tung über die Beratung der Bundes- oberbehörden in Fragen der Arznei- mittelsicherheit, die unabhängig pu- blizierte Information zu Fragen der Arzneimitteltherapie und -sicherheit, die Erarbeitung beziehungsweise Publikation von konsensgetragenen

„Therapiempfehlungen“ bis hin zu ärztlicher Fortbildung und kollegialer Individualberatung in Fragen der Pharmakotherapie.

Im einzelnen werden folgende Leistungen erbracht:

1. Beratung und Unterstüt- zung der BÄK, KBV und der Landesärztekammern

Unabhängige Beratung in allen wissenschaftlichen Fragen, die das Arzneimittelwesenbetreffen; auch für

„europäische“ Themenbereiche.

Unterstützung des BÄK-Vor- standes in dessen Meinungsbildung zu arzneimittelpolitischenFragen.

Selbstverständlich werden auch einzelne Vertragsärzte in aktuellen Therapiefragen beraten.

2. Arzneimittelsicherheit

Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arz- neimittelwirkungen (UAW).

2.1. Individueller Beratungsservice

Zu einer Vielzahl von UAW- Meldungen werden Stellungnahmen durch die Geschäftsstelle der AkdÄ erarbeitet, in besonders schwerwie- genden Fällen werden Stellungnah- men von Fachmitgliedern der Kom- mission eingeholt.

In dringenden Fällen erfolgt auch eine telefonische Kontaktaufnahme zur persönlichen Beratung.Dieser di- rekte Kontakt von Ärzten in Praxis und Klinik mit den Ärzten in der Ge- schäftsstelle der AkdÄ gewährleistet absolute Vertraulichkeit. Insgesamt A-2561 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997 (41)

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

1974

Erstherausgabe des Informationsbulletins „Arzneiverordnung in der Praxis“, welches sich an Kollegen/Kolleginnen in Praxis und Klinik und an die Studie- renden wendet.

1976

Umzug der Geschäftsstelle der AkdÄ von Heidelberg nach Köln.

Aufbau einer elektronischen Datenverarbeitung zur Speicherung und Bearbei- tung von Nebenwirkungsmeldungen. Kontinuierliche Weiterentwicklung der Datenbank.

1978

Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechtes (AMG).

Das Bundesgesundheitsamt erhält den gesetzlichen Auftrag, Risiken, die bei der Anwendung von Arzneimitteln auftreten, zentral zu erfassen und auszuwer- ten. Jeder Hersteller eines Arzneimittels wird verpflichtet, der zuständigen Bun- desoberbehörde unverzüglich jeden ihm bekannt gewordenen Fall einer Neben- oder Wechselwirkung mit anderen Mitteln anzuzeigen. Die Bundesoberbehör- de soll mit Stellen zusammenarbeiten, die entsprechende Melderegister führen (z. B. AkdÄ).

1980

Medizinisch-wissenschaftliche Begutachtungsaufgaben im Rahmen der Erar- beitung der Preisvergleichslisten.

1981

Gründung des Ausschusses für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW- Ausschuß). Interdisziplinär zusammengesetztes medizinisch-wissenschaftliches Gremium zur Bewertung von Verdachtsfällen zu unerwünschten Arzneimittel- wirkungen.

1987

Vereinbarung zwischen Bundesärztekammer und Bundesgesundheitsamt (BGA) über die Zusammenarbeit zwischen AkdÄ und BGA zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit.

1987

Konstituierende Sitzung des Ausschusses „Arzneimittelsicherheit“ mit dem Bundesgesundheitsamt im Rahmen der o. g. Vereinbarung.

1989

Medizinisch-wissenschaftliche Begutachtungsaufgaben im Rahmen der Festbe- tragsgruppenbildung.

1993

Inkrafttreten des 1. Statuts der AkdÄ, in dem die Aufgaben der AkdÄ, die Zu- sammensetzung und das Berufungsverfahren der Mitglieder geregelt werden.

1995

Implementierung der UAW-Datenbank „Phoenix“ in der Geschäftsstelle der AkdÄ.

1996

Inkrafttreten der Nachfolgevereinbarung zwischen Bundesärztekammer und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, welche die Vereinba- rung von 1987 ablöst.

Herausgabe der 1. Therapieempfehlung der AkdÄ zum Thema Fettstoffwech- selstörungen.

Implementierung des Arzneimittel-Informationsdienstes (AID) – Fax-Service in der Geschäftsstelle der AkdÄ.

Urteil des OVG Münster gegen die AkdÄ betreffend „Cordichin“.

1997

Angebot eines Jahresabonnements für Arzneiverordnung in der Praxis (AVP) und Therapieempfehlungen (TE).

(8)

werden mehrere tausend Vorgänge pro Jahr bearbeitet.

2.2 Informationen zur UAW aus Datenbanken:

Auswertungssystem „Phoenix“

In Kooperation mit dem Bun- desinstitut für Arzneimittel und Me- dizinprodukte (BfArM) entstand eine Datenbankmit fast 100 000 UAW-Be- richten. Die wissenschaftlichen Infor- mationen und Erkenntnisse aus die- ser Datenbank werden ausgewertet

und der Ärzteschaft regelmäßig durch Publikationen im Deutschen Ärzte- blatt, durch das Bulletin „Arzneiver- ordnung in der Praxis“ (AVP), über das Buch „Arzneiverordnungen“ so- wie im Rahmen von Symposien und Fortbildungsveranstaltungen vermit- telt. Diese Daten stellen außerdem die Grundlage für ein in Vorbereitung befindliches Kompendium der Arz- neimittelnebenwirkungen dar, das von Mitgliedern der Geschäftsstelle und dem Vorsitzenden der Kommissi- on herausgegeben wird.

Um die Auswertung einer so großen Zahl von Berichten zu Arznei- mittelrisiken sicherstellen zu können, wurde von der Arzneimittelkommis-

sion der deutschen Ärzteschaft, wie einleitend erwähnt, eigens ein Pro- grammsystem mit dem Namen

„Phoenix“ entwickelt. Dieses besitzt nicht nur arzneimittel-, wirkstoff- oder nebenwirkungsbezogene Such- funktionen, sondern ermöglicht auch, komplexe Auswertungen in Form von Grafiken oder statistischen Über- sichtslisten zu erstellen.

Durch die ABDA-Datenbank, die in der Geschäftsstelle der AkdÄ über ein eigens dafür entwickeltes Einlese- und Update-System in die

Form einer relationalen Datenbank gebracht wird, stehen zusätzliche In- formationen zu deutschen und inter- nationalen Fertigarzneimitteln wie zum Beispiel Darreichungsform, Her- steller, Indikation, ATC-Code (Ana- tomical Therapeutic Chemical Classi- fication Index der WHO), In- haltsstoffen, Angaben zu Packungs- größen, Festbeträgen und Preisen so- wie chemischen und pharma- kologischen Eigenschaften der In- haltsstoffe zur Verfügung.

2.3 UAW-Ausschuß

In dem von der AkdÄ eingesetz- ten Ausschuß kommen Experten aus

allen Fachrichtungen zusammen, um konkrete Arzneimittelsicherheitspro- bleme zu diskutieren und Stellung- nahmen zu erarbeiten, die entweder als Bekanntgabe im Deutschen Ärz- teblatt oder im Bulletin „Arzneiver- ordnung in der Praxis“ (AVP) publi- ziert werden beziehungsweise in die Arbeit des oben genannten Ärzte- ausschusses „Arzneimittelsicherheit“

beim BfArM eingehen.

3. Mitteilungen, Bekannt- machungen und Rückrufe

Die Arzneimittelkommission in- formiert die Ärzte kontinuierlich – im Rahmen der Bekanntgaben der Bun- desärztekammer durch Mitteilungen und Bekanntmachungen im Deut- schen Ärzteblatt über aktuelle Fragen der Arzneimittelsicherheit. Seit 1994 erfolgen im Einvernehmen mit den Verbänden der pharmazeutischen In- dustrie im Deutschen Ärzteblatt Chargenrückrufe. Dabei bewertet die AkdÄ die Herstellerangaben auf dem von ihr entwickelten Formblatt für Chargenrückrufe und klärt die genau- en Umstände und Hintergründe des Rückrufes mit dem Hersteller ab, be- vor sie eine standardisierte Mitteilung an das Deutsche Ärzteblatt weiter- gibt. Außerdem wurde mit dem BfArM vereinbart, die Stufenplanbe- scheide des Bundesinstitutes in einer gekürzten, von juristischem Ballast befreiten Form an die Ärzteschaft weiterzugeben.

4. Veröffentlichungen als Hilfe zu optimierter Arzneitherapie

Durch eine Vielzahl von Veröf- fentlichungen sowie das kontinuierli- che Angebot von aktuellen Informa- tionen zum Themenbereich Arznei- mittel stellt die AkdÄ der Ärzteschaft eine Basis für die rationale, sichere und wirtschaftliche Pharmakothera- pie zur Verfügung. Der unabhängige und wissenschaftliche Charakter der Informationen versteht sich als Bei- trag zur Qualitätssicherung in der Arzneimitteltherapie.

Seit 1925 erscheint das Buch

„Arzneiverordnungen“, 1997 bereits A-2562 (42) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

Bisher sind in dieser Serie erschienen:

Thomas Gerst: Föderal oder zentral? – Der kurze Traum von einer bundeseinheitlichen ärztlichen Selbstverwaltung (Heft 38/1996)

Gerhard Vogt: Arzt im Krankenhaus (Heft 45/1996)

Hedda Heuser-Schreiber: Ärztinnen in Deutschland – Fakten, Beobachtungen, Perspektiven (Heft 1–2/1997)

J. F. Volrad Deneke: Körperschaften und Verbände – streitbare Verwandte (Heft 4/1997)

Klaus-Ditmar Bachmann, Brigitte Heerklotz: Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer (Heft 10/1997)

Marilene Schleicher: Die ärztliche Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland (Heft 14/1997) Jürgen W. Bösche: Die Reichsärztekammer im Lichte von Gesetzgebung und Rechtsprechung der Bun- desrepublik Deutschland (Heft 21/1997)

Horst Dieter Schirmer: Ärzte und Sozialversicherung (I) – Der Weg zum Kassenarztrecht (Heft 26/1997)

Horst Dieter Schirmer: Ärzte und Sozialversicherung (II) – Der Weg zum Kassenarztrecht (Heft 27/1997)

Franz Carl Loch, P. Erwin Odenbach: Fortbildung in Freiheit – Gestern und heute: Eine Hauptaufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung (Heft 33/1997)

Franz Carl Loch, Wolfgang Loris: Der saarländische Sonderweg (Heft 38/1997)

Jörg-Dietrich Hoppe: Die Weiterbildungsordnung – Von der Schilderordnung zum integralen Bestand- teil der Bildung im Arztberuf (Heft 39/1997)

(9)

in der 18. Auflage. Zu circa 780 emp- fohlenen Wirkstoffen werden indika- tionsbezogen detaillierte Hinweise zur sicheren Anwendung gegeben.

Der Pharmakologe Paul Trende- lenburg schrieb 1929 in seinem Buch

„Grundlagen der allgemeinen und speziellen Arzneiverordnung“:

„Den Ärzten, die an eine ökono- mische Rezeptverschreibung gebunden sind, sei dringend empfohlen, sich an das von der Deutschen Arzneimittel- kommission herausgegebene Deutsche Arzneiverordungsbuch zu halten.“

Seit 1974 werden in dem mehr- mals im Jahr herausgegebenen Bulle- tin „Arzneiverordnung in der Praxis“

(AVP) aktuelle Themen aus den Be- reichen der Arzneimitteltherapie und -sicherheit zusammengefaßt.

Mit den „Therapieempfehlun- gen“als Sonderheft der AVP werden in regelmäßiger Folge unabhängige Empfehlungen zur Pharmakothera- pie für ausgewählte Indikationen vor- gelegt (siehe oben).

Seit Beginn des Jahres 1997 wer- den „Arzneiverordnung in der Pra- xis“ (AVP) und Therapieempfehlun- gen (TE) im Rahmen eines Abon- nements distribuiert. Gegen eine Schutzgebühr von 58 DM können sich Ärzte für ein Jahr aktuelle und strikt unabhängige Arzneimittelinformatio- nen sichern. Auskunft zu dem Abon- nement erteilt die Geschäftsstelle der AkdÄ in Köln.

In den Richtlinien des Bundes- ausschusses der Ärzte und Kranken- kassen über die Verordnung von Arz- neimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlini- en/AMR) vom 31. August 1993 wird empfohlen, „insbesondere die von der Arzneimittelkommission der deut- schen Ärzteschaft erstellten und in

„Arzneiverordnung in der Praxis“ ver- öffentlichten Therapieempfehlungen in der jeweils aktuellen Fassung zu berücksichtigen.“

5. Arzneimittel-

informationsdienst (AID)

Über einen Fax-Service können die deutschen Ärzte seit 1996 unter den beiden Fax-Nummern (02 21) 40 04-5 10 und -5 11 Informationen zu ausgewählten und aktuellen Themen

sowie wichtige AVP-Publikationen abrufen. Besonders Informationen, die schnell die Ärzte erreichen müs- sen, können über diesen Fax-Service angeboten werden. Pressemitteilun- gen der AkdÄ ergänzen das Informa- tionsangebot.

6. Patientenbroschüren

In Ergänzung zu den Therapie- empfehlungen für Ärzte bietet die AkdÄ in Zusammenarbeit mit ande- ren Institutionen zukünftig auch Krankheits- und Therapieinforma- tionen für Patienten an, die Gesund- heitsbewußtsein und Compliance der Patienten fördern sollen.

7. Symposien und Fort- bildungsveranstaltungen

Im Rahmen der Erarbeitung von medizinischem Konsens über die Pharmakotherapie ausgewählter In- dikationsgebiete veranstaltet die Arz- neimittelkommission der deutschen Ärzteschaft seit einigen Jahren eine Reihe von Symposien beziehungswei- se Konsensuskonferenzen, so unter anderem:

– das jährlich stattfindende Therapie- Symposium, in dem auch die „Thera- pieempfehlungen“ zu ausgewählten Indikationen diskutiert werden, – das Symposium „Aktuelle Arznei- therapie“ im Rahmen des Interdiszi- plinären Forums der Bundesärzte- kammer „Fortschritt und Fortbildung in der Medizin“

– sowie zahlreiche Fortbildungsver- anstaltungen in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern der Bundeslän- der.

8. Realisierung der Festbetragsregelung

Im Rahmen des Anhörungsver- fahrens zur Festbetragsregelung nach § 35 Abs. 2 SGB V nimmt die AkdÄ Stellung zu den Vorschlägen des Arbeitsausschusses Arzneimit- tel-Richtlinien des Bundesausschus- ses der Ärzte und Krankenkassen.

Die Kommission übernimmt dabei die Aufgabe der medizinisch-wissen-

schaftlichen Validierung der Arznei- stoffgruppenbildung in den einzel- nen Stufen der Festbetragsrege- lung. Sie bewertet die Vergleichbar- keit von unterschiedlichen Darrei- chungsformen bei gleichem Arznei- stoff (Stufe I) sowie die pharma- kotherapeutische Vergleichbarkeit unterschiedlicher Arzneistoffe in ei- nem Indikationsgebiet (Stufe II und III).

9. Zusammenarbeit mit Institutionen

In Erfüllung ihrer Aufgaben ar- beitet die AkdÄ mit zahlreichen na- tionalen und internationalen Organi- sationen zusammen, wie zum Beispiel mit:

– dem Bundesinstitut für Arzneimit- tel und Medizinprodukte (BfArM) – dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – dem Bundesministerium für Ge- sundheit (BMG)

– den einzelnen wissenschaftlich-me- dizinischen Fachgesellschaften – den Verbänden der pharmazeuti- schen Industrie

– der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker

– der Arzneimittelkommission Zahn- ärzte

– der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-2558–2563 [Heft 40]

Literatur

1. Lasek R: Ökonomische und medizinische Realität. Zur Umsetzung der Festbetrags- regelung in der Praxis. Gesellschaftspoliti- sche Kommentare – Sonderausgabe 3/1991, 254–256.

2. Lasek R, Müller-Oerlinghausen B: Thera- pieempfehlungen der Arzneimittelkommis- sion der deutschen Ärzteschaft. Zeitschr für ärztl Fortbildung und Qualitätssicherung, 1997; 91: 375–383.

3. Deutsch E: Arzneimittelkritik durch Arz- neimittelkommissionen. Versicherungs- recht 1997; 48: 389–394.

Anschriften der Verfasser Prof. Dr. med.

Bruno Müller-Oerlinghausen Dr. med. Karl-Heinz Munter Aachener Straße 233–237 50931 Köln

A-2563 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997 (43)

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

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A-2564 (0) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 40, 3. Oktober 1997

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