• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Diskussion um Kuren und „Kuren“" (27.03.1975)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Diskussion um Kuren und „Kuren“" (27.03.1975)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FORUM

Mit Recht bringt der Verfasser der Zuschrift ein paar Passagen, die an das allgemeine Verantwortungsge- fühl appellieren nicht nur der Insti- tutionen, sondern auch des einzel- nen. Eine Reihe anderer Sätze, wenn auch ohne Polemik sorgsam abgegrenzt, führt an den in letzter Zeit wiederholt aufgeworfenen ver- meintlichen Kern des Ganzen her- an. Da werden die Sozialleistungs- träger beschuldigt, Kuren „auf Teufel komm raus" zu bewilligen, nur um den Versicherten einen zweiten Urlaub zu finanzieren. Das geschieht ohne jede Auslese nur zur Selbstdarstellung der Sozial- versicherungsträger, vielleicht noch im Interesse der Kur- und Ba- deorte, die auf Patienten warten oder was sonst noch alles ins Bild geführt wird. Niemand spricht da- von, daß die glossierten Kuren ohne ärztlichen Beistand in keinem Fall zustande kommen, wenigstens dann nicht, wenn Geld aus den Kassen der Sozialversicherungsträ- ger gefordert wird.

Die Rentenversicherung insbeson- dere gewährt seit 1957 bekanntlich in verstärktem Maße Leistungen der Rehabilitation. Dazu gehören in der Mehrzahl die vielfach angegrif- fenen Kuren. Die Vorbedingung zur Erlangung eines Heilverfahrens, wie es volkstümlicherweise immer noch genannt wird, sind im Gesetz genau beschrieben. Danach — und nur danach — richten wir uns. Un- sere Verwaltungsbeamten sind als medizinische Laien nicht in der Lage vom Schreibtisch aus festzu- stellen, ob und inwieweit die Ge- sundheit eines Versicherten so be- einträchtigt ist, daß zu ihrer Erhal- tung, Besserung oder Wiederher-

stellung (das ist die gesetzliche Terminologie) eine Kur in einem Badeort oder in einer Spezialein- richtung durchgeführt werden muß;

sie brauchen dazu den Rat des Sachverständigen. Mindestens seit Paracelsus bildet der Berufsstand der Ärzte den Sachverständigen- kreis für alle Gesundheitsfragen.

Der Rat des Arztes entscheidet Infolgedessen ist bei jedem — ich wiederhole: bei jedem! — Antrag auf eine Heilbehandlungsmaßnah- me die ärztliche Empfehlung des behandelnden Arztes und, soweit es meine Anstalt angeht, das Gut- achten des Vertrauensarztes beige- fügt. In anderen Ländern der Bun- desrepublik Deutschland wird die- ses vertrauensärztliche Gutachten durch gutachtliche Äußerungen freipraktizierender Ärzte ersetzt.

Bei wohl allen Landesversiche- rungsanstalten ist dann nochmals ein Prüfarzt im Hause selbst tätig, der anhand der Akten den Befund auf seine Stichhaltigkeit prüft. Ich gehe doch sicher richtig davon aus, daß alle beteiligten Ärzte bei dem von ihrem Gewissen und ihrer Überzeugung getragenen Vor- schlag nur von den medizinischen Notwendigkeiten ausgehen. Wir spielen also nicht Roulette, indem wir würfeln lassen, welcher Versi- cherte vor seiner Berentung noch nicht in den Genuß einer „Kur" ge- kommen ist, sondern wir handeln nur, wenn wir profunde ärztliche Unterlagen für eine solche Ent- scheidung besitzen.

In dem meine Erwiderung veranlas- senden Beitrag ist nun davon die damit der Ausbildungsforschung

haben sich die verschiedenen Gruppen der Sektion Medizinische Psychologie der HPPS vom Beginn ihrer Arbeiten an gestellt. (Siehe dazu die 1. Nummer der Zeitschrift

„Medizinische Psychologie", wo in mehreren Arbeiten über Lernerfol- ge im Rahmen des Kursprogram- mes Medizinische Psychologie Er- gebnisse berichtet werden.) In der HPPS sind Hochschullehrer verei- nigt, die sich hier entschieden auf Fragen der Ausbildung richten, Aufgaben, die heute an den Uni- versitäten häufig mit linker Hand, neben den lukrativeren Aufgaben der Krankenversorgung und den für die Laufbahn und das Prestige wichtigeren wissenschaft- lichen Arbeiten erledigt werden.

Das vor wenigen Jahren mit der neuen Approbationsordnung völlig neu geschaffene Lehrfach Medizi- nische Psychologie ist in vieler Hinsicht noch mit neuen Inhalten und Erfahrungen zu erfüllen, und die gegenwärtigen Lehr- und Lern- ziele sowie die Gegenstands- und Prüfungskataloge sind einer fort- laufenden Revision und Ergänzung bedürftig, wie sie auch schon im Gange ist.

Dazu bedürfen wir auch der sach- lichen Kritik von außen, allerdings einer, die uns nicht sogleich der Ideologie und der Indoktrinierung verdächtigt.

Für die „Ständige Konferenz der Hochschullehrer für Psychosomati k-Psychotherapie Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie":

Professor

Dr. phil. Dieter Beckmann Professor

Dr. med. Walter Bräutigam Professor

Dr. med. Johannes Siegrist 69 Heidelberg 1

Voßstraße 2

Diskussion

um Kuren und „Kuren"

Zu einem Leserbrief von Dr. med. Eckhard Schierwagen in Heft 39/1974

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 13 vom 27. März 1975 907

(2)

DIE GLOSSE

Schwindel

Was Leser Dr. Eckart Schierwa- gen (dessen Zuschrift die oben- stehende Reaktion ausgelöst hat) monierte, nämlich ärgerliche Ver- öffentlichungen zum Thema Ku- ren, findet sich in der Zeitschrift

„Bild und Funk" (Nr. 28/1974) bestätigt. Der Text — von uns etwas gekürzt — spricht für sich; unter der Überschrift „Ur- laub auf Kosten der Kranken- kasse" rät das Blatt:

„Sie würden gerne in Urlaub fahren, haben aber nicht das nötige Geld dafür? Dann verbin- den Sie doch Kur mit Urlaub.

Das geht. Denn wer gesetzlich krankenversichert ist, hat alle zwei Jahre Anspruch auf einen Kuraufenthalt. Seit kurzem auch im Ausland, wenn der Kurort staatlich anerkannt ist — wie Ischia oder Abano Terme in Ita- lien oder Eforie in Rumänien. Ihr Arzt verschreibt die Kur, die

Kasse muß sie genehmigen. Das macht sie meist gerne. Denn Untersuchungen ergaben, daß die Krankmeldungen bei Kurer- holten um 80 Prozent zurückge- hen und die Behandlungskosten sinken ... Unser Tip: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, er kennt die richtigen Kurorte."

Kommentiert Dr. F. Weinhold aus Leutkirch, der uns den Aus- schnitt zusandte: Es sei eine Unverschämtheit, mit welchen Methoden hier der Patient zum Beschwindeln seiner Kasse auf- gefordert werde. Schließlich gehe es in dem Text letztlich ja nicht um die Gesundheit, son- dern um einen fingierten „Kur- laub" mangels Urlaubsgeld. — Ein weiterer Kommentar ejüb- rigt sich wohl. Übrigens: erst kürzlich stand ähnliches wie in

„Bild und Funk" auch in der ADAC-Mitgliederzeitschrift „Mo- torwelt" ... NJ Spektrum der Woche

Aufsätze - Notizen Kuren und „Kuren"

Rede, daß man den Arzt aus einem unleidlichen Entscheidungszwang befreien müsse, etwa dadurch, daß jeder bittende Mensch einen zwei- ten Urlaub gewährt bekommt, für den er Gestaltungsrichtlinien er- hält. Ich habe eine besorgte Frage:

„Wer befreit den Arzt von seinem unleidlichen Entscheidungszwang, ob er operieren soll oder nicht?"

Bis jetzt bin ich immer davon aus- gegangen, daß der Zwang zur Ent- scheidung gerade das Kriterium solcher Berufsgruppen darstellt, die sich zu den Führungsschichten rechnen. Ich bin zwar nur ein Schreiber: meine Funktion zwingt mich aber täglich Entscheidungen zu treffen, die oftmals über Wohl und Wehe von Gesuchstellern ent- scheiden, die sehr wohl in die Le- bensumstände von Versicherten wie der Mitarbeiter eingreifen kön- nen, sie u. U. einschneidend verän-

dern. Aber ich habe bis jetzt noch niemanden getroffen, freilich auch nicht gesucht, der mich aus die- sem Entscheidungszwang befreien soll. Vor der Entscheidung sich drücken heißt doch nur, keine Ver- antwortung übernehmen wollen.

Natürlich können Entscheidungen fehlerhaft sein, aber auf diesem Prüfstand stehen nicht nur Ärzte.

Ich meine, bei aller berechtigten Kritik an Einzelfällen, die aber we- gen der Mängel im menschlichen Können im Hinblick auf die abge- forderte Entscheidung liegen, kann man doch das Ganze nicht einfach mit unbelegten, nur aus der Pole- mik geborenen Äußerungen schachmatt setzen wollen. Wenn ein allgemeinpraktizierender Arzt schon den zweiten Urlaub fordert, dann wäre es doch beinahe richtig, diesen zweiten Urlaub, der ja auch

finanziert sein will, zwar nicht alle Jahre, aber in gewissen zeitlichen Abständen jedem Versicherten zu- gute kommen zu lassen und nicht nur denen, die einen Antrag stel- len. Daß eine solche Lösung ihre Tücken hätte, weil sie der Nume- rierung der Menschen weiter Vor- schub leistet, soll nur am Rande erwähnt sein, aber das wäre im- merhin ein Vorschlag, über den man sich vielleicht unterhalten und dessen praktische Gestaltung ein- mal entwickelt werden könnte. Die Kassandrarufe aus ärztlichen Krei- sen wegen der vergeudeten Mittel für die Rehabilitation sind Eigento- re, Eigentore für den Berufsstand, dem man selbst angehört und bei dem man den begutachtenden Kol- legen offensichtlich weder die be- ruflichen Kenntnisse im Zusam- menhang mit dem Leistungskata- log der Sozialversicherung noch die notwendige Standfestigkeit ge- genüber unbegründeten Wünschen zutraut. Dann wäre aber dringend eine entsprechende Schulung im eigenen Haus notwendig und nicht weiter Schmutz an die Fenster- scheiben der Leistungsträger zu werfen.

Manfred Beck

Vorsitzender der Geschäftsführung der LVA Baden

75 Karlsruhe 1 Gartenstraße 105

Briefe an die Redaktion

SOZIOLOGIE

Verwundert über fachliche Zuständig- keit und Terminologie in Sachen Ge- sundheit zeigt sich ein Leser:

Kompetent (?)

Krankheit und Gesundheit, was ist das überhaupt? Wenn Sie das nicht wissen sollten, besuchen Sie den angekündigten Kursus eines Diplom-Volkswirts im Winterse- mester 74/75 der Volkshochschule Hannover: „Medizinsoziologie — soziologische Aspekte von Krank-

908 Heft 13 vom 27. März 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Übrigens ist in Kittsee der berühmte Geiger Josef Joachim geboren, befreun- det mit Johannes Brahms und Berater für die Kaden- zen für das Violinkonzert von Brahms, befreundet

Staatssekretär Peter Gau- weiler vom bayerischen Innen- ministerium, der die Melde- pflicht für Aids-Kranke und Un- tersuchungen nicht nur an den Grenzen, sondern auch zum

Wenn man auch gegen diese rech- nerischen Vergleiche wegen der in den Vergleichsjahren unterschied- lich zusammengesetzten Stich- proben Bedenken haben kann, so wird jedoch

Berücksichtigt man lich zur Routineauswertung von die unterschiedliche Zahl der mit- Rezeptdaten im Rahmen des ge- versicherten Familienangehörigen meinsam von Krankenkassen, von

Wenn Transparenz, dann nur, wenn sichergestellt ist, daß diese nicht mit Mehrarbeit und Mehrko- sten für uns und die KVen (die wir ja auch bezahlen) verbunden ist, hierin weiß

Wer etwas ganz Ausgefal- lenes sucht, wird auf einer 180 Quadratkilometer gro- ßen Ranch Cowboy: harte Mitarbeit beim Vieheintrei- ben und Einfangen der Kälber wird erwartet,

Die stationären Kurpatienten tra- gen demgegenüber zwar nur zirka fünf Prozent der Kurko- sten selbst, wehren sich ver- ständlicherweise aber den- noch gegen eine

Ärzte müssen nach einer fehlge- schlagenen Abtreibung we- gen sozialer Indikation unter Umständen keinen Scha- densersatz für den Unterhalt des ungewollten Kindes zah- len..