Indische Wörter und Sitten Von Paul Thieme-Breslau
1. püjä
Die Erklärung des Wortes püjä verspricht die Lösung
nicht nur eines sprachwissenschafthchen, sondern auch eines
rehgionsgeschichthchen Problems. Im heutigen hinduisti¬
schen religiösen Wortschatz dient es der Benennung der mehr
oder weniger komplizierten, von Darbringungen begleiteten
Verehrung, die man der Gottheit, insbesondere ihrem Bild¬
nis oder Symbol darbringt, steht also für einen zentralen
Begriff des Kultus. Bei dieser Verehrung handelt es sich nun
um eine Form des Gottesdienstes, die aus dem feierlichen
vedischen Opfer, dem yajna, herzuleiten man nicht ohne
weiteres versuchen wird. Oft trägt sie einige primitive, oder
zum mindesten volkstümliche Züge. Nach der Ansicht
St. Konow's beruht sie im Gegensatz zum yajna „auf uralter
Grundlage": Festgabe Hermann Jacobi, S. 263. Wirklich
sicheres über diese Grundlage und wirklich endgültiges über
das Verhältnis von yajna und püjä auszusagen wird aber so¬
lange nicht möglich sein, als die eigentliche, ursprüngliche
Meinung des Wortes püjä und damit der grundsätzliche Sinn
der mit ihm benannten Kulthandlungen nicht zweifelsfrei
festgestellt ist.
Als nächstliegendes Auskunftsmittel in solchem Fall
pflegt man die Etymologie zu betrachten. Aber gerade bei
diesem Wort ist es nicht ganz einfach, eine wahrscheinliche
oder gar überzeugende sprachliche Anknüpfung herzustellen.
Auch die ausführliche Erörterung J. Charpentibr's ,,Über
den Begriff und die Etymologie von püjä" (Festgabe Hermann
Jacobi, S. 276 ff.) hat nicht zu einem befriedigenden Ergebnis
geführt. Und zwar vor allem deshalb nicht, weil Charpentier
es unterlassen hat, den Sinn, den das Wort in der ältesten
uns erreichbaren Überlieferung hat, mit exegetischen Mitteln
festzustellen und von dem so gewonnenen Ergebnis als einer
festen Grundlage zur sprachlichen Deutung vorzustoßen.
Seine Arbeit scheint mir geradezu ein Musterbeispiel dafür,
daß bei der Behandlung eines wortgeschichtlichen Problems
ein bedeutender Aufwand an Gelehrsamkeit und Phantasie
unnütz vertan werden kann — jedenfalls soweit das be¬
sondere ins Auge gefaßte Ziel in Frage kommt —, wenn man
es nicht für nötig hält, sich zunächst einmal ein Bild vom
lebendigen Sprachgebrauch der alten Texte zu machen.
Charpentier redet einer schon früher geäußerten Ver¬
mutung das Wort, der zufolge püjä ein Lehnwort aus einer
dravidischen Sprache wäre, und führt es auf die im Tamil
und Kanaresischen vorkommende Wurzel püfu bzw. püsu
„beschmieren, aufkleben, übermalen" zurück. Nach seiner
Ansicht hätte püjä also zunächst ,, Bemalen mit Farbe",
dann, da dies ein charakteristischer Zug der Verehrung von
Götterbildern ist, ,, Götterverehrung, worship" und schlie߬
lich „Ehrung" bedeutet. Da die Verehrung göttlicher Sym¬
bole durch Bestreichen mit meistens roter Farbe sich nicht
ohne Glaublichkeit aus primitiven religiösen Vorstellungen
herleiten läßt, ergibt sich zugleich eine innere Wahrschein¬
lichkeit für die Entlehnung des Wortes und Begriffes püjä
aus der Sprache und dem Denken der Ureinwohner durch
die Arier.
Allein, so einleuchtend das alles zunächst klingen mag,
die von Charpentier vorausgesetzte, wenn auch — be¬
merkenswerterweise — nicht in klaren Worten formulierte
Bedeutungsentwicklung des Wortes püjä beruht auf reiner
Spekulation und läßt sich tatsächlich mit dem Sprachgebrauch
der ältesten Quellen nicht in Einklang bringen. Mit gutem
Grund stellt das PW. an die Spitze der Bedeutungen, die es
püjä zuschreibt: ,, Ehrenbezeugung, Ehren." Es läßt sich
leicht sehen, daß die Bedeutung ,worship' ihr gegenüber
sekundär ist. Charpentier glaubt den ,, Umstand, daß schon
p. Thibme, Indische Wörter und Sitten 107
Yäska und Pänini püj und püjä in einem Sinn verwenden,
die ihren ursprünghchen [d. h. den von ihm aus dem Begriff
der heutigen püjä erschlossenen] Sinn nicht mehr erraten
läßt", leicht beiseite schieben zu können, ja er benützt ihn
zu einem religionsgeschichtlichen Schluß (a. a. 0., S. 292).
Mir scheint gerade dieser Passus seiner Ausführungen es sehr
deutlich zu machen, daß er sein Gebäude auf fließendem
Sand errichtet hat.
Zwar ist es gewiß kein Schade, wenn wir bei unsrer Unter¬
suchung von der modernen püjä ausgehn. Nur die Frage,
welches man „als das älteste konstitutive Element der püjä
zu betrachten hat" (a. a. 0., S. 285), ist offenbar auf anderem
Wege zu lösen, als auf dem von Charpentier eingeschla¬
genen, der auf ein subjektives Meinen hinausläuft: wovon
wir ,,hier absehen können" und was ,,als charakteristisches
Element hervortritt", kann nicht dem Urteil persönlichen
Gutdünkens unterliegen, sondern muß im Lichte alter Aus¬
sagen — wir sind ja in der glücklichen Lage, eine mehrere
Jahrtausende zurückreichende Überlieferung auswerten zu
können — mit allen verfügbaren Mitteln methodisch fest¬
gestellt werden.
Als die Bestandteile der heutigen „großen" püjä gibt der
Abbe J. A. Dubois, Hindu Manners, p. 149f., an: 1. Avahana.
The evocation of the deity. 2. Asana. A seat is presented to
him to sit on. 3. Swagata. He is asked if he has arrived quite
safely, and if he met with no accident on the way. 4. Padya.
Water is offered to him for washing his feet. 5. Arghya.
Water is presented to him in which flowers, saffron, and
sandalwood powder have been placed. 6. Achamania. Water
is offered that he may wash his mouth and face in the prescri¬
bed fashion. 7. Madhuparka. He is offered in a metal vessel
a beverage composed of honey, sugar, and milk. 8. Snana-
jala. Water for his bath. 9. Bhooshan-abharanasya. He is
presented with clothes, jewels, and ornaments. 10. Gandha.
Sandalwood powder. 11. Akshatas. Grains of rice coloured
with saffron. 12. Pushpa. Flowers. 13. Dhüpa. Incense.
14. Dlpa. A lighted lamp. 15. Neiveddya. This last offering
is composed of cooked rice, fruit, liquefied butter, sugar and
other eatables, and betel. — Before offering these gifts, care
should be taken to sprinkle a little water over them with the
tips of the fingers. The worshippers then prostrate themselves
before the deity.
Daß all das alter Sitte gemäß geschieht zeigt z. B.
Räm. 1. 2. 25 püjayäm äsa tarn devarn pädya-{i)-arg-
hya-(b)-äsana-{2)-vandanaih, pranamya vidhivac cainarn
prstvä caiva nirämayam (3); 1. 14. 27 äcchäditäs te
väsobhih (9) puspair (12) gandhais (10) ca püjitäh,
Kaut, adhik. 14, adhy. 3, Satz 56 (ed. Jolly S. 261, Z. 21 f.) ...
gandha-{lO) -mälyena (9) püjayitvä . . .
Auch über den Sinn dieser Sitte wird uns kein Zweifel
gelassen. Als Ehrungen (vandana) werden Räm. 1. 2. 25
pädya usw. zusammengefaßt; statt Wurzel püj kann arc
,, ehren" gebraucht werden: Räm. 1. 31. 13 arcitarn vividhair
gandhaiv (10) dhüpais (13) cägurugandhibhih; oder püjä
ist Instrument von arc: Räm. 3. 16. 6 navägrayana-{lb)-pü-
jäbhir abhyarcya pitrdevatäh.
Ja, wir dürfen noch einen Schritt weitergehn. Schon die
Darstellung der püjä bei Dubois gibt uns ein Recht dazu.
Unbefangener Betrachtung kann es doch gar nicht entgehn,
daß den verschiedenen Teilen der Handlung ein gemeinsamer
Gedanke zugrunde liegt, der sie zur sinnvollen Einheit macht,
aus der man gar nicht ohne weiteres ein einzelnes Element
herausnehmen kann: Die püjä in der von Dubois ge¬
schilderten Form ist die Ehrung, die dem Gott in
seiner Eigenschaft als bewirtetem Gast zuteil
wird.
Die Ursprünglichkeit dieser Auffassung geht mit aller
wünschenswerten Deutlichkeit — wenn nicht bereits aus
Räm. 1. 2. 25, s. o. — aus alten Verwendungen von püj
hervor :
Kaut. 1. 3. 11 (5. 12) wird unter den Pflichten des sarn-
nyäsin genannt: devatäpitratithipüjä „Ehrung der Götter,
Manen und Gäste"; die Einwohner von Ayodhyä werden
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 109
Räm. 1. 6. 17 als devatätithipäjaka gepriesen, sie folgen
also dem Grundsatz Räm. 2. 28. 14 devatändm pilfnäm ca
kartavyam vidhipürvakam, präptänäm atithlnäm ca ni-
tyasah pratipäjanam. Neben Göttern und Manen ist es
also der Gast, dem die püjä genannte Ehrung zu erzeigen
ist. So ist er püjaniya oder püjanärha: Räm. 1. 52. 14 rä-
jamstvam atithisresthah püjaniyah prayatnatah, 1. 73. 6f.
atha räjä Dasarathah priyätithim upasthitam, drstvä para-
masatkäraih püjanärham apüjayat, 3. 12. 30 püjanlyas
ca mänyas ca bhavän präptah priyätithih.
Wiederum darf gelegentlich statt der Wurzel püj die
Wurzel arc verwendet werden: Räm. 2. 48. 11 priyätithim
iva präptam nainam saksyanty anarcitum (vgl. Odyssee
I 56 f. fetr', ov poi ■d'epig ear', ovö' el xama>v ae&sv eX'&oi, ^elvov är ipfjaai).
Und wiederum sind es die Stichworte, die bei Dubois die
einzelnen Bestandteile der püjä bezeichnen, die auch die
püjä, die dem Gast gezollt wird, näher kennzeichnen. Bei
mehreren ist das ja selbstverständlich. Ihrem Wesen nach
sind pädya usw. Dinge, die dem ankommenden Gast gereicht
werden. Um die Übereinstimmung auch im einzelnen recht
anschaulich zu machen, sei auf folgende Stellen verwiesen:
Räm. 1. 47. 21 püjäm ca paramäm krtvä sopädhyäyah
sabändhavah, pränjalih kusalam prstvä (3) Visvämitram
athäbravlt, 1. 10. 17 gatänäm tu tatah püjämrsiputras cakära
ha: idam arghyam (5) idam pädyam (4) idam mülam
phalam ca (15) nah, 1. 52. 3, 4 upavistäya (2) ca tadä
Visvämiträya dhlmate, yathänyäyam munivarah p hala mü¬
lam (15) upäharat . pratigrhya tu täm püjäm . . ., 1. 52. 16f.
phalamülena (15) bhagavan vidyate yat taväsrame, pädyena-
{i)-äc ama ni yena (6) bhagavaddarsanena ca, sarvathä ca
mahäpräjna püjärhena supüjitah, 2. 1. 46f. samäninäya . . .,
tän vesma nänäbharanair (9) yathärham pratipüjitän,
2.32. 4 ff. tam ägatam vedauidam pränjalih . . . abhicakräma Rä-
ghavah . . ., jätarüpamayair mukhyair angadaih kundalaih
subkaih, sahemasütrair manibhih keyürair valayair api,
anyais caratnairbahubhih (9) Käkutsthahpratyapüjayat, s
3. 12. 31 evam uktvä phalair mülaih (15) puspais (12)
cänyais ca Räghavam, püjayitvä . . . (vgl. 3. 1. 22), 3. 31. 37
tarn svayam püjayitvä tu äsanena-{2)-udakena (4,5,6
oder 8) ca, 3. 35. 40 sa svayam püjayitvä ca bhojanena-
(ib)-udakena (4, 5, 6 oder 8) ca.
Ein Vers wie der letztgenannte macht es deutlich, wie
willkürlich Charpentier verfährt, wenn er meint: „nichts
zwingt uns zu der Annahme, daß gerade dies [das Anbieten
von Speise] dem ursprünglichen Begriff der püjä innewohnt"
(a. a. 0., S. 256), und dann weiterhin so verfährt, als ob er
einen negativen Beweis erbracht hätte.
Wie steht es nun um das, was nach Charpentier a. a. O.
„als das charakteristische Element jeder püjä hervortritt",
nämlich „das Waschen des Gottes . . . mit Wasser oder mit
Honig, Sauermilch, Zuckerlösung usw. und sein Bestreichen
oder Betüpfeln mit gewissen Salben, Pulvern oder ölartigen
Stoffen, die zudem meistens von in die Augen tretender roter
oder gelber Farbe sind"? Offensichtlich lassen sich das Wa¬
schen (Baden)*) usw. aus Sitten herleiten, die bei der An¬
kunft eines hohen Gastes üblich waren. Daß man ihm (nach
dem Bad) Öl und Salben zum Einreiben reicht, würde sich
sowieso annehmen lassen. Um jeden Zweifel an der Alter¬
tümlichkeit auch dieser Gepflogenheit fortzuräumen, ver¬
weise ich beispielshalber auf A V. 9.6.11 yäd ähjanäbhyanja-
ndm ähdraty ajyam evd tät, „wenn er [dem Gaste] Ölung und
Salbung bringt, so ist das Opferbutter." Das Bestreichen
mit öl gehört zum Bad ebenso wie die Darreichung von fri¬
schen Kleidern und Schmuckstücken (Dubois 9). Als ein
Bestandteil des Schmückens hat aber auch das Bestreichen
oder Betüpfeln mit Farben zu gelten:
Während ihres Lebens im Palast war Sitä an angaräga
,,rote Körperfarbe" und raktacandana „rote Sandelpaste"
gewöhnt: Räm. 2. 33. 9 angarägocitäm Sltäm raktacan¬
dana sevinlm; im gleichen Fall befindet sich Räma: 2. 42. 15
1) Dem Badewasser pflegt man, besonders bei feierlichen Gelegen¬
heiten, wohlriechende Stoffe zuzusetzen, vgl. z. B. Räm. 2. 65. 8 liari-
candanasamprktam udakam häncanair ghataih, äninyuti snänaiiksäjnäb ...
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 111
yah sukhenopadhänesu sete candanarüsitah; vgl. auch z. B.
Räm. 2. 78. 5f. . . . kubjä sarväbharanabhüsitä, liptä canda-
nasärena räjavasträni bibhratl, 2. 82. 2 vasträngaräga-
prabhayä dyotitä sä sabhottamä, 3. 38. 27 divyacandana-
digdhängän divyäbharanabhüsitän.
In unserm Zusammenhang besonders bemerkenswert:
Die von Bharadväja mit einem Gelage fürstlich bewirteten
Soldaten Bharata's erstrahlen „gerötet von roter Sandel¬
paste": Räm. 2. 91. 58 raktacandanaräsitäh.
Die Frage, ob man bei gewissen Gelegenheiten gerade
rote oder andere leuchtende Farben um ihrer apotropäischen
Wirkung willen (vgl. hierzu Zachariae, WZKM 17, S. 214)
als Schmuck bevorzugt, hat demnach mit der Verwendung
roter Pulver und Salben bei der püjä gar nichts zu tun. Hier
handelt es sich ursprünglich um nichts anderes als ein ehren¬
des Schmücken des hohen Gastes. Die weiteren Fragen, ob
man bei gewissen kultischen Handlungen rote Farbe auch
in anderer Absicht verwendete, etwa als Ersatz des Blutes,
ob man weiter auch diese unter den Begriff püjä nachträglich
subsummierte, oder auch ob man in die eigentliche püjä
primitive Vorstellungen und Gebräuche hineintrug, sind an
und für sich von hohem Interesse. Ihre endgültige, befriedi¬
gende Beantwortung würde gründliche und sorgfältige Unter¬
suchungen erfordern, die zu führen ich den Kennern der
heutigen Religionen Indiens überlassen muß.
An der Wurzel der püjä liegen jedenfalls keinerlei primitive
Bräuche. Wohl aber mag sie schon seit alter Zeit mehr volks¬
tümlichen Charakters gewesen sein als das feierliche, kostspie¬
lige und nur vom Priester zu zelebrierende Feueropfer. Sie
eignet sich denn besonders zur Verehrung von Gottheiten,
die in den niederen Schichten des religiösen Denkens leben.
An dravidischen Einfluß braucht man dabei nicht gleich zu
denken. Verehrung von Sondergöttern, Gespenster- und
Geisterglaube, Zaubervorstellungen usw. waren ganz gewiß
auch unter den Ariern selbst zu Hause. Im täglichen Leben
haben sie zweifellos von jeher eine bedeutende Rolle gespielt.
Vgl. hierzu R. Pischel, GGA 1894, S. 419 und S. 423 ff.
RV. 6. 75 — ein Nachtragslied — ist dem Preis der
WafTen gewidmet. V. 15 heißt es ausdrücklich : iddm . . .
isvai devyai brhdn nämah ,,hier ist eine hohe Verehrung
für den göttlichen Pfeil"; AV. 1. 19. 2 werden die Pfeile
mit daivlr manusyesavo ,, göttliche Pfeile der Menschen"
apostrophiert; AV. 5. 20, 5. 21 und 6. 126 wird die Kriegs¬
trommel angesungen. 5. 21. 3 wird erwähnt, daß sie mit zer¬
lassener Butter beträufelt wird: äjyenäbhigkäritah; AV.
6. 13. 1 wird den Waffen der Götter, der Könige und der
Hofbesitzer Verehrung dargebracht: ndmo devavadhebhyo
ndmo räjavadhebhyah, dtho ye vlsyänäm vadhas tebhyah . . .;
RV. 6. 47. 26—28 wird der Streitwagen verherrlicht und an¬
gerufen. Man verehrt ihn mit Opferspeise: V. 27 havisä
rdtham yaja, V. 28 deva ratha prdti havyä grbhäya.
Sicherlich hat die Verehrung von Waffen als ,, göttlich"
ihren letzten Ursprung in primitiven „fetischistischen" An¬
schauungen. Zugleich aber ist es unverkennbar, daß sie sich
hier in Formen vollzieht, die dem Dienst der hohen Götter
entstammen, namas, äjya, havis, yaj stehn für Begriffe,
die mit primitiven Kultgebräuchen, mit abergläubischem
Sympathiezauber von Haus aus nichts zu tun haben. Es zeigt
sich also, daß nicht nur magische Praktiken mehr oder weniger
verdunkelt in das hohe Ritual eindringen, sondern auch um¬
gekehrt Elemente des hohen Kultus herabsinken, und alte Fe¬
tische zum Rang der ,, Himmlischen" erhoben werden können.
Wenn im Rämäyana von einem Bogen die Rede ist, der
von allen Königen püjä empfängt: 1. 67. 6 idam dhanuh . . .
püjitam sarvaräjabhih (vgl. 1. 67. 8), oder von den beiden
himmlischen Bogen, die von aller Welt ,, geehrt" werden:
1. 75. 11 ime doe dhanusl sresthe divye lokäbhipüjite, so
stellt sich die dringende Frage, ob wir hier nicht einer ähn¬
lichen Erscheinung gegenüber stehn. Ich glaube, wir müssen
sie unbedingt bejahen. Aus Räm. 1. 31. 12f. tad . . . dhanuh ...
äyägabhütam nrpates tasya vesmani Räghaoa, arcitarn vivi¬
dhair gandhair dhüpais cägurugandhibhih ,, dieser Bogen,
p. Thiemb, Indische Wörter und Sitten 113
zum Gegenstand des Opfers geworden *) im Haus dieses
Königs, geehrt durch verschiedenartige Blumen, Wohl¬
gerüche und aloeduftenden Weihrauch" ergibt sich mit
völliger Deutlichkeit, daß es sich um die Form der Ver¬
ehrung handelt, die ursprünglich dem als Gast bewirteten
Bewohner des Himmels zukam, nicht um einen rohen Zauber.
In noch stärkerem Maße als die Waffen des Kriegers
sind die Geräte des Priesters der Neigung unterworfen, zu
selbständigen Gegenständen der Anbetung zu werden. Vor
allem ist es der Opferpfosten (yäpa), der seit ältester Zeit eine
Rolle als „Gott" spielt. Der Dichter von RV. 3. 8 hat ihm
ein eigenes Preislied gewidmet. Er nennt die Opferpfosten
,, Himmlische": V. 6 deväsah. Der Opferpfosten wird mit „gött¬
lichem" Honig") beschmiert: V. 1 anjdnti toäm . . . vänaspate
mädhunä daivyena; es wird ihm der Löffel gereicht: V. 7
yatäsrucah; ,,jung*), schön gekleidet, umgürtet ist er
herbeigekommen": V. 4 yüvä suvasäh pärivita ägät. Auch
hier ist die Form der Verehrung dem hohen Kultus entborgt.
Die gleiche, oder doch eine sehr ähnliche Verehrung wird
im Rämäyana ,püjä' genannt: 1. 14. 27 äcchäditäs te
(yüpäh) väsobhih puspair gandhais ca püjitäh.
Ja, unter demselben Namen treffen wir sie in der schwarzen
Magie. Zu einem bestimmten Zauber soll man 21 Kieselsteine
aufhäufen, Honig und Ghee [ins Feuer] gießen, darauf die
Kieselsteine mit Wohlgerüchen und Bekränzung ,, ehren"
und dann eingraben: Kaut. 14. 3. 56 (261. 21 f.) tato gandha-
mälyena püjayitvä nikhänayet. Wenn irgendwo, dann
müßten hier die primitiven Kennzeichen der ursprünglichen
Form der püjä, wenn es solche gegeben hätte, hervortreten. So
1) Dies dürfte der Sinn von äyägabhüta sein. So auch der Kommen¬
tar: yajaniyadevatäbhütam ity arthah. Die Bedeutung ,, Opfergeschenk" , die das PW. für äyäga aufstellt, ist kaum möglich.
2) Nach Ait. Br. 2. 2. 4 mit zerlassener Butter (äjya).
3) Die Jugend, das heißt das jugendliche Aussehen, ist wohl eine
Folge des Salbens. Vgl. z. B. RV. 10. 85. 43 äjarasdya sdm anaktv aryamd ,,auf daß du (die Braut) nicht alt (d. h. jung) seist, möge dich Aryaman salben". Vgl. Verf., Fremdling im Kgveda, S. 125.
Zeltschrift d. DMO Bd. 93 (Neue Folge Bd. 18) 8
s •
gänzlich unpassend, so deutlich mißbräuchlich ist es ja doch, was
man hier den Kieselsteinen tut! Wie man in Wirklichkeit dazu
kam, erläutert trefflich AV. 10.6.4 hlranyasrag ayäm manih ...
grhe vasatu nö Hithih „Mit Gold bekränzt möge dieser Amu¬
lettstein ... als Gast in unserem Hause weilen".
Auf Grund des bisher angezogenen Materials lassen sich
als Bedeutungen von was ich vorläufig „Wurzel" püj nennen
möchte, aufstellen: „1. [Einen Gast oder Ankömmling] durch
gastliche Aufnahme (Begrüßung, Anbieten eines Sitzes, Fu߬
waschung, Bad, Schmuck, Erfrischungen) ehren, mit Ehr¬
erbietung empfangen, bewirten." 2. „[Einen Gott] als Gast
(in den dem ankommenden Gast gegenüber gebräuchlichen
Formen) ehren." ,,3. [Als göttliche Wesen verehrte Gegen¬
stände: Waffen, Opfergeräte, oder auch Zaubermittel] durch
Blumen, Wohlgerüche, Schmuck usw. (wie Götter) verehren."
Hinzuzufügen ist fürs erste die allgemeine Bedeutung
,, ehren". Sie liegt z. B. vor Pän. 2.1. 61 *) sanmahatparamotta-
motkrstäh püjyamänaih „sat, mahat parama, uttama und
utkrsta werden komponiert mit [Wörtern für Begriffe], die
geehrt werden": einen König, den man ehrt, nennt man also
mahäräja, usw. ; Nir. 3. 18 simho vyäghra iti püjäyäm svä käka
iti kutsäyäm ,er ist ein Löwe', ,er ist ein Tiger' [sagt man],
wenn eine Ehrung [beabsichtigt ist]; ,er ist ein Hund',
,er ist eine Krähe', wenn eine Schmähung"; 12. 7 ekasyä
eva püjanärthe bahuvacanam syät „der Plural [usäsah in RV.
1. 92. la] für die eine [Usas] dürfte gebraucht sein, um [sie]
zu ehren""); Räm. 1. 69. 11 . . . distyä me püjitam kulam,
Räghavaih saha sambandhät „durch eine [glückliche] Fügung
ist mein Haus geehrt auf Grund der Verschwägerung mit
den Raghuiden"; 3. 9. 27 desadharmas tu püjyatäm „die
Sitte des Landes werde geachtet."
1) Dies nebst 2. 1. 62 die deutlichste Stelle für die Bedeutung von püj bei Pänini.
2) Bedeutung 1 darf man erkennen Nir. 5. 14 udakam pu^karam
püjäkaram . . . „puskara ist Wasser: es bewerkstelligt pü/ä (Begrüßung mit Wasser) ..." (pus wird also = püjä gesetzt!).
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 115
Sieht man einmal einen epischen Text — ich wählte
als Beispiel die drei ersten känia des Rämäyana — auf die
Verwendung der Wurzel püj durch, so muß man bald fest¬
stellen, daß die Belege für 1 bei weitem die häufigsten sind.
Zwischen und neben den Verwendungen in der Bedeutung
1 und 2 und dem farblosen „ehren" stehn nun noch einige
Gebrauchsweisen, bei denen etwas zu verweilen nicht ganz
überflüssig ist.
Dem Gast und der Gottheit gesellt sich als Objekt der
püjä insbesondere der Brahmane: Räm. 2. 109. 31 . . .
düijätidevatätithipüjanam ca panthänam ähus tridioasya
santah. Zunächst einmal, insofern er besonders geehrter
Gast ist: 3. 46. 33 dvijätivesena hi tarn drstvä Rävanam
ägatam, sarvair atithisatkäraih püjayäm äsa Maithili (vgl.
3. 47. 2 brähmanas cätithis caiva anukto hi sapeta mäm,
iti dhyätvä . . . Sitä vacanam abravlt). Sodann, insofern er
typischer Gast ist, z. B. als zum Opfer eingeladener rtvij
(z. B. Räm. 1.8.7), oder als bittstellender muni (z. B. 1.18. 55).
Als solcher ist er überhaupt schlechthin püjärha 1. 52.17,
1. 53. 8 oder püjya 3. 8. 5, 2. 24. 29.
Aber werden bei der püjä der Gottheit das Schmücken
und die Darreichung von Speise und Trank als wesentliche
Kennzeichen empfunden, die sich begreiflicherweise schnell
zu einem Ritual entwickeln, hinter dessen Ausführung der
Gedanke der Bewirtung verblaßt, so bei der des Brahmanen
die Ehrerbietung. Sie kann z. B. darin ihren Ausdruck finden,
daß man sich bei seiner Ankunft vom Sitz erhebt (Räm.
2. 5. 24), oder sich höflich von ihm verabschiedet (z. B. 1. 26.
32), oder auch ihn überhaupt ehrerbietig behandelt. Räma
weigert sich, den tödlichen Pfeil gegen Räma Bhärgava zu
entsenden, mit der Begründung: Räm. 1. 76. 6 brähmano
'slti püjyo me.
Ehrerbietung, im besonderen ehrerbietige Begrüßung,
schuldet man nun allen, die ehrwürdig (guru) sind: Räm.
2. 31. 16 dharmajäa gurupüjäyärn dharmas cäpy atulo
mahän, d. h. dem Vater: 1. 77. 21 p itar arn devasamkäsarn
püjayäm äsatus (,, begrüßten ehrfürchtig") tadä, der Mutter:
2. 21. 25 yathaiva räjä püj yas („dem Ehrerbietung zu be¬
zeigenist") te gauravena tathä hy aÄa/w (die Mutter) *), alten
Leuten: 2. 1. 14f. vrddhänärn. pratipüjakah („Ehrer¬
bietung zeigend"), ... sänukroso jitakrodho brähmanapratipüja-
kah, 2. 20. 9 so 'pasyat purusarn tatra vr ddh arn, parama-
püjitam (,,hochgeehrt"), upavistarn grhadväri — vor allem,
wenn sie Freunde des Vaters sind: 3. 14. 4 sa tarn pitrsakharn
matvä püjayäm äsa („begrüßte ehrfurchtsvoll") Räghavah —,
oder den vom königlichen Vater her überkommenen Rat¬
gebern: 2. 101. 13 tad idarn säsvatam pitryarn sarvarn saci-
vamandalarn, püjitam („geehrt, ehrwürdig") purusavyäghra
nätikramitum arhasi, und — gewissermaßen aus doppelter
Veranlassung — dem upädhyäya der Famihe: 2. 100. 9 sa
kaccid brähmano vidvän dharmanityo mahädyutih, Iks-
väkünäm upädhyäya yathävat täta püjyate (,,wird mit
Ehrfurcht behandelt")?
Die Gattin ehrt den Gatten: Räm. 2. 39. 30 ... bhartä-
rarn kä na püjayet. Sie darf ihm keine Verachtung zeigen,
denn der Gatte ist die Gottheit der Frau: 2. 39. 31 . . .
ärye kim avamanyeyarn striyä bhartä hi daivatam. Diese
charakteristische Auffassung veranlaßt es, daß sich in der
Gatten-pü/ä gewisse rituelle Merkmale beobachten lassen.
Hierher gehört es, wenn die Braut die große Zehe ihres Gatten
mit roter Farbe beschmiert (Charpentier, a. a. 0., S. 289).
Nach Ääv. G. S. 1. 24. Iff. hat man ehrende gastliche Auf¬
nahme zu gewähren: den Priestern, die man zur Ausführung
eines Opfers bestellt hat (1), einem Brahmanen, der sein
Studium abgeschlossen hat (snätaka) und sich [mit einer
Bitte] naht (2), dem Lehrer (äcärya)^), Schwiegervater,
Vaters- und Mutterbruder (4) und dem König (3). Zum
letzten Punkt vergleiche man Räm. 1. 52. 14 satkriyärn hi
bhavän etäm praticchatu mayä krtäm, räjarns tvam atithisres-
1) Vgl. Räm. 2.101.21 yäoat pitari dharmajna gauravam loltasatkrte,
tävad dharmakrtäm irestha jananyäm api gauravam.
2) Kaut. 5. 3. 20 (145.23) ...äcäryä vidyävantai ca püjävetanäni (in Ehrengeschenlien bestehender Sold) yathärham labheran erweitert
sozusagen die Vorschrift von Äsv. G. S. 1. 24. 2 und 4.
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 117
thah püjaniyah prayatnatah. Auf diesem Weg wird der
König gleich dem Brahmanen püjya (Räm. 3. 40. 14) oder
püjaniya (3. 1. 19) „ein zu ehrender" schlechthin.
Doch ist das Motiv der Ehrung ein klein wenig verschieden.
Zwar ist der König an und für sich „ehrwürdig" (guru), aber
nicht vor seinem Fluch fürchtet man sich, wie es beim Brah¬
manen geschieht (Räm. 3. 47. 2), sondern vor seiner Strafe;
man ehrt ihn, nicht weil er heilige Kräfte besitzt, sondern
weil er mächtig, gerecht und gnädig ist: Räm. 3.1. 18f. dhar¬
ma pälo janasyäsya sar any as ca mahäyasäh, püjanlyas ca
mänyas ca räjä dandadharo guruh, 3. 40. 13f. ausnyarn
tathä vikramarn ca saumyarn dandarri prasannatäm,
dhärayanti mahätmäno räjänah . . . tasmät sarväso avasthäsu
mänyäh püj yäs ca nityadä. Seine Gerechtigkeit, begleitet
von richtiger Zumessung von Zorn und Gnade, ist geradezu
Bedingung dafür, daß er „geehrt, respektiert" wird: 3. 33. 21
nayanäbhyärn prasupto vä jägarti nayacaksusä, vyakta-
krodhaprasädas ca sa räjä püjyate janaih. Kaut. 1. 4. 13
(6. 5) yathärhadandah püjyah.
Die püjä, die man den Göttern als Verehrung darbringt,
kann man auf ihre Behausungen übertragen: Räm. 1. 77. 12 f.
mangaläläpanair homaih sobhitäh ksaumaväsasah, de-
vatäyatanäny äsu saroäs täh pratyapüjayan; diejenige,
die man den Asketen als Ehrerbietung erzeigt, auf ihre
Einsiedeleien: 1. 48. 15 äsramo divyasarnkäsah surair api
supüjitah. Kaut. 13. 5. 14 (252. 16) sarvadevatäsrama-
püjanarn ca ... kärayet^). Ein göttliches Wesen „ehrt"
1) Räm. 1. 48. 10 tärn drstvä munaydht, sarve Janakasya purim
subhäm, sädhu sädhv iti iarnsanto Mithiläm samapüjayan handelt
es sich weniger um ehrerbietige als beifällige Begrüßung. Vgl.
hierzu 1. 8.10 tatah sädhv iti tad väkyam brähmanäh pratyapüjayan („begrüßten beifällig, lobten"), 1. 12. 20, 2. 76. 12, 3. 20. 5 usw., und
1. 26. 27 sädhu sädhv iti Käkutstham suräs cäpy abhipüjayan („be¬
grüßten beifällig, beglückwünschten"), 1. 34. 19, 1. 49. 20, 3. 26. 16 usw.
Pänini 1. 4. 94 suh püjäyäm heißt wohl „su [ist ein karmapravacaniya]
wenn ein Lob [ausgedrückt ist]". Danach Nir. 3. 21 astir abhipüjitah svastiti „ein gelobtes Sein [heißt] ,svasti'". — Daß ein geographischer
Begriff nicht ohne weiteres Objekt von püj im allgemeinen Sinn von
einen Ort schon dadurch, daß es sich dort zeigt. So würde
man Räm. 3. 1. 4 [täpasäsramamandalam] püjitam copanrt-
tam ca nityam apsarasäm ganaih am passendsten übertragen :
,,die Menge der Waldeinsiedeleien, ständig beehrt und als
Tanzplatz benutzt von Scharen von Apsarasen." Das Adjektiv
mantrapüjita in dem Ausdruck mantrino mantrapüjitäh Räm.
2.113.2 erklärt der Kommentar durch ,, geehrt als Entscheider
bei der Überlegung schwieriger Geschäfte." Ich halte das für
wenig einleuchtend und würde die Deutung: ,,die mantra-
Kenner (gemeint sind Vasistha, Vämadeva und Jäbäli), die von
den (als göttliche Wesen vorgestellten) mantras beehrt werden
(indem sie sich ihnen zeigen)" jedenfalls in Erwägung ziehen.
Da es zur Ehrung des Gastes und dann zur Ehrung über¬
haupt gehört, daß man den Geehrten schmückt, mag ein
Wort für ,, ehren" gelegentlich gebraucht werden, wo wir
,, schmücken" sagen würden: Räm. 2. 3. 13 antahpurasya
dväräni sarvasya nagarasya ca candanasragbhir arcyantärn
(mögen geschmückt werden) dhüpais ca ghränahäribhih.
So auch, und nicht etwa weil sie ursprünglich ,,mit Farbe be¬
schmieren" oder dgl. bedeutet hat, die Wurzel püj: 2. 26.16 ...
hasti . . . srimän saroalaksanapüjitah.
Ganz allgemein gesprochen dient die Ehrung der Be¬
friedigung des Ankömmlings, man trachtet seine Wünsche
zu erfüllen: Räm. 2. 70. 6 dütän uväca Bharatah kämaih
sarnpratipüjya tän, 1. 77. 9f. pravivesa grham räjä . . .,
nananda svajanai räjä grhe kämaih supüjitah (vgl. 2. 84. 18
äsarnse sväsitä senä vatsyaty enärn vibhävarim, arcito
vividhaih kämaih svah sasainyo gamisyasi). So wird der
Gast erfreut: 1. 69. 18 uväsa paramaprito Janakenäbhi-
püjitah.
Nur ein leichter Schritt führt von hier zu der Erweiterung :
„jemanden [durch Gewährung von Wünschen] zufriedenstellen,
erfreuen" : Kaut. 9. 3. 37 (210. 23) . . . pratipannam (den, der
„ehren" sein kann, lelirt Pataiijali I, S. 105, Z. 8f. . . . Gälavagrahanam
tasya püjärtham desagrahanam ca kirtyartham ,,. . . für den ge¬
schieht die Erwähnung von Gälava[in Pän. 6. 3. 61], um [ihn] zu ehren,
und die Erwähnung des Landes [in 4. 1. 160], um [es] zu rühmen.
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 119
seine Einwilligung gegeben hat) istäbhipräyaih püjayet,
1. 13. 15f. (15. 12) tustän bhüyah^) püjayet . atustän ...
prasädayet^), Räm. 2. 18. 22 esa mahyam varam dattvä
purä mäm abhipüjya ca, sa pascät tapyate räjä, 1. 24. 22ff.
tato desasya suprito var arn prädäd anuttamam . . . desasya
püjärn tärn, drstvä krtärn Sakrena ... Zu värtt. 3 zu Pän.
4. 1. 163: vrddhasya ca püjäyäm ,,[Es hätte gelehrt werden
müssen, daß der technische Name yuvan] auch einem Alten
[gegeben wird], wenn püjä [beabsichtigt ist]", stellt Patafi¬
jali (S. 265, Z. 24) die Frage: kä punar iha püjä „Was aber
ist hierbei püjä?" und gibt folgende Antwort: yuvatvam loka
Ipsitarn püjety upacaryate . tatrabhavanto yuvatvenopacarya-
mänäh pritä bhavanti „Ala bei den Leuten erwünscht
wird Junggenanntwerden als püjä (Zufriedenstellung, Er¬
freuung) betrachtet. Die Ehrwürdigen freuen sich, wenn
sie als jung (als den Namen yuvan tragend) behandelt wer¬
den." Wenn Yäska, Nir. 10. 16 zu RV. 4. 57. 2d rtäsya nah
pdtayo mrlayantu bemerkt, daß die Handlung des Verbums
mrdayati entweder „Mitleid" oder „püjä" ausdrückt: mrla-
yatir upadayäkarmä püjäkarmä vä, dann werden wir den
Sinn der zweiten Möglichkeit wohl so verstehn müssen, daß
mrlayantu = püjayantu = „mögen [durch Gewährung unserer
Wünsche] erfreuen" zu setzen ist.
Aus der Bedeutung ,, [einen lieben Gast (Räm. 1. 73. 6f.,
3. 12. 30 usw.), einen Freund (1. 11. 16f.)]') gastlich ehren.
1) So Shama Sastry, 2. Auflage, S. 23, Z. 12. Jolly liest mit M.
statt bhüyah : arthamänäbhhyäm. Ich ziehe die oben gegebene Lesung
als die etwas schwierigere und, wenn richtig verstanden (,,Die zu¬
friedenen soll e,r noch mehr zufriedenstellen"), bezeichnendere vor. Die
von Jolly gegebene mag aus Kaut. 1. 11. 29 (13. 1) stammen.
2) Die Entsprechung: püjayet — prasädayet mag man zur Beleuch¬
tung von Räm. 2. 25. 20 nrmämsabhojanä raudrä ye cänye sarvajätiyäh,
mä ca tvärn himsisufi putra mayä sarnpüjitäs tv iha anziehen. Daß die
püjä überhaupt ursprünglich apotropäischen Charakter gehabt
habe, wird man aus solchem gelegentlichen, wohl verständlichen Ge¬
danken nicht schließen wollen.
3) Vgl. Pär. G. S. 1. 3. 1 $ad arghyä bhavanti : äcäryah ... pri- yah • • ■ I'I.
bewillkommnen" leitet sich ab die Verwendung von
abhipüjita im Sinne von „willkommen, erwünscht": Räm.
1. 52. 22 yasya yasya yathäkämam sai rasesv abhipüjitam
tat sarvarn . . . abhivarsa „was jedem immer je nach Wunsch
unter den sechs Geschmacksarten willkommen ist, das
alles ströme zu . . ."*).
Das PW., das die Beziehung von püjä zur gastlichen
Aufnahme nicht hervorhebt, gibt für püjayati die Bedeutun¬
gen ,, Ehrfurcht bezeigen, ehren, mit Achtung behandeln,
mit Ehren empfangen", wogegen eben nur einzuwenden wäre,
daß die letztgenannte Bedeutung an die erste Stelle gehört.
Ebenso sollte „begrüßen" als erste Bedeutung von prati -\-
püjayati stehn. Einwandfrei ist die Angabe unter ahhi +
püjayati ,, Jemand ehrenvoll empfangen, — begrüßen, ehren,
beloben." Jedenfalls glaube ich, daß die obigen Erörterungen
genügen, es wahrscheinlich zu machen, daß es sich bei der
püjä ursprünglich um ,, Gastehrung" handelt, und daß sich
von diesem Ausgangspunkt aus die anderen Verwendungen
leicht verstehen lassen. In den meisten Fällen brauchen wir
gar nicht theoretisch zu entwickeln, sondern können die
Zwischenstufen zwischen Haupt- und Nebenbedeutungen,
den Übergang von engerer zu freierer Gebrauchsweise den
Aussagen der Texte selbst ablesen.
Ein völlig zwingender Beweis, daß die Bedeutung „Gast¬
ehrung" älter ist als die Bedeutung ,, Ehrung", ist freilich
erst dann erbracht, wenn sich für püjä „Gastehrung" auch
eine bestätigende Etymologie fmden läßt, wenn es uns gelingt
„den wortzeugenden Eindruck wieder lebendig zu machen",
wie W. Schulze einmal (Kleine Schriften, S. 117) die Aufgabe
des Etymologen formuliert hat.
Im Gegensatz zu Charpentier, der „für püjä an arischen
1) Der präsentische Sinn des Partizips und die Konstruktion mit
dem Genetiv im Einklang mit Pän. 3. 2. 188 (vartamäne 123 ArtaJ 187)
matibuddhipüjärlhebtiyah. und 2. 3. 67 (fOftAi 50 kartrkarmariob 65)
ktasya ca vartamäne.
p. Thiemb, Indische Wörter und Sitten 121
Ursprung nicht denken kann" (a. a. 0., S. 284), bin ich der
Meinung, daß ein solcher als höchstwahrscheinlich zu gelten
hat. Der Begriff trägt nichts ,, Unarisches" in sich, nichts
was man mit einem Wort der eigenen Sprache nicht hätte
benennen können. Im Gegenteil. Ausdrucksweisen wie Räm.
1. 10.15 karisye ... püjäm ... vidhipürvakam (,,so, daß die
Vorschrift befolgt ist"), 1. 13. 2 nyäyatah (,,der Regel ent¬
sprechend") pratipüjya, 1. 49. 22 püjäm . . . vidhivat (,,wie
es die Vorschrift verlangt") präpya (vgl. 3. 35. 39 sa .. . samä-
gamya vidhivat tena . . . arcitah, 3. 74. 7 pädyam äcamanlyarn
ca sarvarn prädäd yathävidhi), 2. 56. 17 . . . püjayäm äsa
dharmavit (,,als ein den dharma kennender"), 1. 50. 7f. . . .
arghyam ädäya satvaram . . . Visvämiträya dharmena dadau
dharmapuraskrtam, pratigrhya tu täm püjäm, allein
schon zeigen sehr deutlich, daß man die püjä als die Erfül¬
lung einer Regel brahmanischer Sitte auffaßte.
Daran tat man auch durchaus recht. Der schon angezo¬
gene Passus ÄSv. G. S. 1. 24. Iff. gibt, um nun irgendein
Beispiel zu nennen, verhältnismäßig genaue Vorschriften
über den gastlichen Empfang. Sowohl die Angaben über
die Personen, denen er gewährt werden soll (s. o. S. 116),
als auch über seine einzelnen Bestandteile (ħv. G. S. 1. 24. 7:
vistara, pädya, arghya, äcamaniya, madhuparka, go) stimmen
aufs beste mit dem überein, was sich von der püjä feststellen
läßt.
Der Abschnitt des G. S. beginnt mit den Worten: rtvijo
vrtvä madhuparkam äharet ,,Wenn er die Opferpriester
gewählt hat, bringe er ihnen die Honigmischung." In der
Tat nimmt die Darreichung der Honigmischung, wie aus
1. 24. 7 ff., wo sie nochmals genannt wird, hervorgeht, in der
zeitlichen Abfolge nicht den ersten Platz ein. Sie folgt auf
die Anbietung des Sitzes und die Reinigung. Offenbar aber
wird sie als besonders charakteristisch empfunden und des¬
halb gewissermaßen in der Überschrift genannt. Ääv. G. S.
1. 24. 1 . . . madhuparkam äharet könnte man geradezu um¬
schreiben: ,,Er möge die [aus den in 7 genannten Teilen be¬
stehende] Gastehrung erweisen" = „püjärn kuryät", oder
noch genauer: „püjäm upäharet" (vgl. Räm. 1. 51. 5 upäharat püjäm).
Sollte nicht die Darreichung des Mischtranks die Rolle
des „wortzeugenden Eindrucks" bei Schafiung des Wortes
püjä „gastliche Begrüßung" gespielt haben und püjä auf
dieselbe Wurzel wie -parka zurückgehn?
parka gehört zu Wurzel pre „mischen", die im RV. das
Präsens prnakti, Plural prncati, im AV. auch thematisch
*pfncati(lmp. prnca AV. 9. 4. 23, Part. Präs. pfncati 18. 4. 50)
bildet.
Wie man zu Präsensstämmen auf -aya, zu präsentischen
Perfekten, zu reduplizierten Präsentien und einigen ,, Wurzeln"
des von Pän. 3. 1. 35 fT. geschilderten Aussehens periphra-
stische Formen des Typus janayäm akar (nur Schwarzer YV. :
Verf., Pänini and the Veda, S. 15), cakära, vidärn kuroantu,
bibhayäm cakära, bibharäm cakära, käsärn cakre usw. bildet,
so lassen sich auch zum Präsensstamm pfhca- Formen wie
*prncäm akar, *prncärn, karotu, *prncäm cakära, cakre als
möglich voraussetzen. Von einem *prncäm aber darf man
annehmen, daß es volkssprachlich über die Zwischenstufen
*puncäm, *purpjäm, *pujjäm zu püjäm wurde, wenn es auch
eine Parallele für die hier vorausgesetzte Entwicklung inner-
vokalischen nc in den uns bekannten Dialekten nicht gibt.
Ich kann mir jedenfalls nicht denken, daß man diese kleine
Schwierigkeit, die ja höchstwahrscheinlich lediglich durch
unsere Unkenntnis alter und mannigfaltiger Dialekte bedingt
ist, als ernstliches Hindernis betrachten wird.
Aufs beste zu der hier vorgetragenen Vermutung stimmt
es, daß püjä am öftesten als Objekt der Wurzel kr erscheint.
Aus dem seinem Ursprung nach periphrastischen püjäm kr
,,[jmdm.] die Mischung machen" hat man später ein Nomen
püjä „Gastehrung" abstrahiert und dazu dann weiterhin ein
Denominativum püjayati ,, begrüßen, ehren", wozu püjana
(bei Pänini stets Adjektiv), geschaffen.
Eine formelle Analogie bietet cintä und sein Denominati¬
vum cintayati. Denn cintä muß in ähnlicher Weise wie püjä
auf *prncärn kr auf cintäm kr zurückgehn. Dies seinerseits
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 123
muß, wie *prncäm kr auf pfncati, auf einem Präsens *cintati
beruhen, welches zwar nicht erhalten ist, sich aber aus aw.
cinat- (belegt durch den Konjunktiv tina&ämaide Vr. 12. 4
mit falschem & für t, wie es nicht selten vorkommt) erschließen
läßt: *cintati : aw. cinat- wie z. B. ved. vindäti : aw. vinad-
(vlnastl Y. 31, 15 usw.).
Gänzlich erwartungsgemäß ist es auch, daß das Wort
püjä volkssprachliche Lautgestalt zeigt. Nicht der Brahmane,
sondern der Hausherr oder die Hausherrin (z. B. Räm. 1. 51. 5)
empfängt den Gast, nicht der Brahmane ahein, sondern über¬
haupt Gläubige, auch Frauen (z. B. Räm. 2. 20. 14; 19, 1. 77.
12f., 2. 24. 28f.), erweisen den Himmlischen die püjä; und nicht
nur die Gottheiten des hohen, sondern auch gerade die des
niederen Kultus empfangen sie (s. o. S. lllff.).
So ruhen denn der feierliche yajna, dessen immer verwickel¬
ter sich gestaltende Ausführung den Eingeweihten, die ein
schwieriges Studium absolvieren müssen, überlassen wird,
und die püjä, für die im einfachsten Fall eine Handvoll
Blumen und ein Schälchen Wasser genügt, entgegen der
eingangs erwähnten Ansicht St. Konow's auf der gleichen
Grundlage: dem Gedanken der Bewirtung der eingeladenen
Gottheit. Wenn z. B. AV. 9. 6 die einzelnen Phasen der
gastlichen Aufnahme mit solchen des Opfers in mystischer
Weise gleichgesetzt werden, wenn es z. B. Manu 3. 70 heißt:
nryajno Hithipüjanam ,,die Ehrung des Gastes ist das
Opfer, das man Menschen bringt", so wird damit im Grunde
nur ein Zusammenhang künstlich und unvollkommen wieder¬
hergestellt, der durch den ursprünglichen Sinn des yajna und
der püjä tatsächlich gegeben ist. Dieser ursprüngliche Sinn
ist beim yajha, der gänzlich in den Bann priesterlichen
Denkens geriet, bezeichnenderweise viel eher und entschie¬
dener in den Hintergrund getreten und hat der Auffassung
vom Opfer als einer mit geheimnisvoller Kraft geladenen
Zauberhandlung Platz gemacht, während noch die Form der
heutigen püjä den eigentlichen Inhalt recht deutlich verrät.
2. satkr
Das PW. gibt als Bedeutung b von satkr: „Jemandem
(acc.) Ehre bezeigen, insbes. einen Ankömmling freundlich
aufnehmen, ehrenvoll bewirten" *). Auf das gleiche Verbum
bezieht sich Pänini, wenn er lehrt, daß sat im Sinne der Ehr¬
erbietung (ädara) Präverb (upasarga und gati) ist: 1. 4. 63
ädaränädarayoh sadasati. Es ist also Synonym von püj (vor
allem in profaner Verwendung).
OfTenbar durch die Auffassung des ,, Präverbs" sat als
des präsentischen Partizipialstammes von as veranlaßt,
erkennt das PW. noch eine Bedeutung a an: „in die gehörige
Ordnung bringen, zurechtlegen, zurechtmachen, aufputzen,
schmücken." Eine kritische Durchmusterung der hierfür
angeführten Belegstellen zeigt jedoch, daß es sich dabei ent¬
weder um die Bedeutung b handelt, oder um Sonderverwen¬
dungen, die sich aus ihr ableiten lassen, nicht aber um eine
ursprüngliche Bedeutung, die ihr zugrunde liegt.
Ehe er in den Wald zieht, beauftragt Räma den Laks¬
mana, Waffen zu holen: Räm. 2. 31. 31 satkrtya nihitam
sarvarn etad äcäryasadmani, sa tvam^) äyudham ädäya
ksipram ävraja Laksmana. Was hier mit satkrtya gemeint ist,
ergibt sich mit Deutlichkeit aus 2.31.33 tad divy am räjasär-
dülah satkj'tam mälyabhüsitam, Rämäya darsayäm äsa
Saumitrih sarvarn äyudham. Den Waffen wird Ehrerbietung
erwiesen, weil sie himmlisch, d.h. göttlich sind. Statt
satkrtya und satkrtam könnte es ohne weiteres püjayitvä,
püjitam oder arcayitvä, arcitarn heißen: oben S. 112 f.
In anderen Fällen irrt sich das PW. hinsichtlich der
Konstruktion. In Räm. 2. 70. 19 tasmai hastyuttamäms
citrän kambalän ajinäni ca, satkrtya Kekayo räjä Bharatäya
dhanarn dadau ist nicht hasty uttamän sondern tasmai . . .
1) Die Sonderbedeutung ,, Jemandem die letzte Ehre erweisen (durch Verbrennung des Leichnams usw.)" bietet eine interessante Paraülele zu der für lat. sepelire vorauszusetzenden (W. Schulze, Kleine Schriften, S. 474) Bedeutungsentwicklung.
2) Andere Lesart: sarvarn.
p. Thiemb, Indische Wörter und Sitten 125
dadau mit satkrtya zu verbinden: „ihm, dem Bharata, gab
König Kekaya, indem er [ihn] ehrte, herrhche Elephanten
usw.". Analog ist zu beurteilen Manu 3. 99 sampräptäya to
atithaye pradadyäd äsanodake, annam caiva yathäsakti
satkrtya vidhipürvakam ,,dem angekommenen Gaste
möge er geben Sitz und Wasser, und ebenso Speise nach
Vermögen nachdem er [ihn] so, daß die Vorschrift befolgt
ist, geehrt hat (indem er ehrt), 3. 96 bhiksäm apy udapä-
trarn vä satkrtya vidhipürvakam, vedatattvärthaviduse
brähmanäyopapädayet, vgl. z. B. Räm. 2. 3. 14f. pra-
sastam annam . . ., satkrtya dvijamukhyänärn svah pra-
bkäte pradiyatäm, 3. 7. 24. . . subham . . . annam . . .,
täbhyärn susatkrtya dadau mahätmä, 1.13.14 dätavyam
annarn vidhivat satkrtya na tu lllayä (nicht ohne Ehr-
erbietungi)), sarve varnä yathä püjärn präpnuvanti su-
satkrtäh (vgl. 1. 13. 33 avajnayä na dätavyarn kasyacil
lllayäpi vä), Kaut. 9. 4. 18 (212. 15) satkrtya väsmai bhü-
mirn däsyämi"). Manu 9. 129 dadau sa . . ., somäya
räjne satkrtya prltätmäsaptavirnsatim. AK.3AAisatkrty-
älarnkrtäm kanyärn yo dadäti sa kükudah „kükuda heißt, wer
Ehrerbietung erwiesen habend ein Mädchen im Schmuck
[in die Ehe] gibt" geht schönstens zusammen mit Räm.
1. 9. 13f. änäyya tu mahlpäla Rsyasrngarn susatkrtam . . .,
prayaccha kanyärn Säntärn vai vidhinä susamähitah.
Wir dürfen satkr in diesem Zusammenhang sogar in ganz
bezeichnendem Sinn („ehrenvoll bewirten") verstehn: Pär.
G. S. 3. 1 ist der vaivähya ,, Hochzeiter, Schwiegersohn, der
zur Begehung der Hochzeit in das Haus des Schwiegervaters
kommt" unter den sechs Personen genannt, die mit dem
argha zu empfangen sind (vgl. auch Stenzler, Päraskara,
Übersetzung zum a. 0.).
Gelegentlich ist satkr tatsächlich mit einem Dingobjekt
zu denken. Yäjü. 1. 31 krtägnikäryo bhunjlta vägyato
1) Vgl. Räm. 1. 62. 13 säbhimänam . . . salllam idam abruvan.
2) R. Shamasastry: ,, having improved his lands, I shall return
them to him", aber richtig J. J. Meyer: ,,Ich werde ihm das Land als Ehrung schenken."
9
gurvanujnayä, äposänakriyäpürvam satkrtyännam akut-
sayan. Die Mitäksarä erklärt satkrtya mit sampüjya. Und
warum soll sie eigentlich nicht recht haben? satkrtya und
akutsayan gehören ja ofTenbar ebenso zusammen wie etwa
satkrtya und na ... lllayä in Räm. 1. 3. 14 (s. o.). Also:
„er möge mit Ehrerbietung die Speise essen, nicht [sie]
scheltend." Nach Pän. 1. 4. 63 dürfte man paraphrasieren :
ädaram krtvä, was aber auch heißen könnte: ,,mit Sorgfalt,
mit Bedacht." Es ist nun durchaus möglich, daß in unserem
Zusammenhang der Begriff der ,, Ehrerbietung" ebenfalls in
diesem verdünnten Sinn zu fassen ist. Das Subjekt des
Verbums satkr ist in Räm. 1. 9. 14 als susamähita „wohl
gesammelt, aufmerksam" charakterisiert. Unserm Yäjü.-
Vers mag man gegenüberstellen Manu 2. 53 upasprsya dvijo
nityam annam adyät samähitah. Für gesichert halte ich die
hier mögliche Bedeutung „mit Sorgfalt, mit Bedacht" in
Mah. Bhär. 12. 133. 2 (C. 12. 4816) tasmät samjanayet kosam
satkrtya paripälayet „er möge mit Sorgfalt aufbewahren."
An und für sich käme sie auch für Räm. 2. 31. 31 satkrtya
nihitam sarvam etad (äyudham) äcäryasadmani in Betracht,
wenn eben nicht 2. 31. 33 eine emphatischere Auffassung
anriete (s. o. S. 124).
Eine Gruppe für sich dürften die folgenden Wendungen
bieten: Räm. 2. 117. 6 svayam ätithyam ädisya sarvam asya
susatkftam, MBh. 5. 192. 18 tasmai Päncälako räjä gäm
arghyarn ca susatkrtam, präpayäm äsa. Manu 3. 264 jhä-
tibhyah satkftarn dattvä bändhavän apibhojayet. Kullüka er¬
klärt satkftarn dattvä mit püjäpürvakam annarn dattvä ,,auf
Ehrung folgende [sc] Speise gegeben habend." Ich glaube,
man wird ihm zustimmen müssen: annarn satkrtya dä (s. o.
S. 125) und satkrtam (annam) dä sehen aus wie synomyme
Ausdrücke. Wir hätten dann für diese Fälle*) ein satkrta
1) Hierher zu rechnen ist wohl auch der vom PW. unter satkrta n.
,, ehrenvoller Empfang" aufgeführte einzige Beleg Mark. P. 34. 32
gurünäm äs an arn deyam abhyutthänädisatkrtam „den Ehrwürdigen
ist ein mit in Sicherheben usw. bestehender Ehrung angebotener
Sitz zu geben".
p. Thibme, Indische Wörter und Sitten 127
,, geehrt, d.h. von Ehrung begleitet, mit Ehrung dar¬
geboten" anzuerkennen.
Wem das zu tun nicht zusagt, muß satkrta ,, geehrt" hier
entweder wie prasasta ,, gepriesen, preislich" (Räm. 2. 3. 14
prasastam annam) oder wie abhipüjita ,, willkommen, er¬
wünscht" (Räm. 1. 52. 22, s. o. S. 120) auffassen. Bei der
Interpretation von Mah. Bhär. 5. 8. 9 (C. 5. 180) tatra mälyäni
märnsäni bhaksyam peyam ca satkrtam wird man diese
Auffassung vielleicht ernsthafter in Erwägung ziehen.
satkrta ,, geschmückt (mit)" schließlich ist analog zu er¬
klären wie das Passiv von arc und püj im gleichen Sinn:
oben S. 118.
Was satkr wirklich heißt, steht demnach im PW. unter b
zu lesen. Mit dieser Feststellung aber geraten wir in den
gleichen Zweifel, den uns püjä bereitete, nämlich ob die
allgemeine Bedeutung ,,Ehre bezeigen", oder die besondere
,, ehrenvoll bewirten" als älter anzusehen. Auch diesmal
müssen wir von der grammatischen Analyse die endgültige
Lösung erwarten.
Die Auflösung sat + kr „Gutes tun" ergibt freilich nichts.
Sie läßt die allgemeine wie besondere Bedeutung im Grunde
unerklärt und wirft uns auf Vermutungen zurück, wie das
Element des ,, Ehrens" überhaupt in die Verbalhandlung
eindringen, ja dazu kommen konnte, sie gänzlich zu be¬
herrschen*).
Eine andere Möghchkeit, die zunächst ein wenig ferner liegt
und deshalb, so viel ich sehe, noch gar nicht in Erwägung ge¬
zogen worden ist, hat aber von vornherein den gleichen An¬
spruch, aufmerksam geprüft zu werden: sat- kann die
schwache Ablautform des Stammes sadas ,,Sitz" : *sats > sat-,
darstellen. Solche Formen von -os-Stämmen kommen als
1) Räm. 2. 39. 20 asatyah . . . satatam satkrtäh priyaih, bhar-
täram nänumanyante . . . striyah enthält vielleicht ein beabsichtigtes Wortspiel, asatyah , .schlecht" und satkrtäh priyaih , .geehrt, erfreut
durch angenehme Dinge (Geschenke usw.)" korrespondieren nur in
ihrer Lautgestalt.
Vorderglieder von Komposita bekanntlich auch sonst vor:
mandhätf aus *manz- zu manas, sdtpati aus *sats- zu sddas
„Wohnsitz" (Wackernagel, Grammatik II. 1 § 22c), und
z. B. ßXaa(prjfielv aus *ßkaf - zu *ßXaßoe; (Wackernagel, KZ 33,
S. 43, Grammatik I § 69)*).
Damit wären wir auf eine Urbedeutung: ,, einen Sitz
bereiten" geführt, die sich nun leicht und schlagend als
Grundlage der Bedeutung ,, ehrenvoll bewirten" erklären
läßt. Das Anbieten eines Sitzes ist charakteristischer Be¬
standteil ehrender Aufnahme — wofür zahlreiche Belege in
den voraufgehenden Erörterungen zu finden sind —, ebenso
wie das Bereiten der Honigmischung, sat + kr und püjäm
kr sind also nicht nur in ihrer tatsächlichen Ver¬
wendung, sondern auch ihrem Ursprung nach ver¬
wandt: sie benennen dieselbe zusammengesetzte
Handlung, indem sie je einen ihrer charakteristi¬
schen Bestandteile in das Blickfeld rücken, ihn
,,zum Symbol des Ganzen erheben" (H. Brinkmann, Zeitschr.
f. Deutschkunde 47, S. 606, zitiert bei W. Havers, Glotta 25,
S. 105). Vergleichen läßt sich auch der Gebrauch von udakam
kr, eigentlich „Wasser bereiten" = „[einem Toten] durch die
Wasserspende Ehre erweisen" = „Totenzeremonien voUziehn"
(z. B. Manu 5. 88 udakam'^) kuryät), und pali patisanthäram
karoti ,,Hinbreitung [eines Sitzes] machen" = „ehrenvoll
empfangen, bewillkommnen, Freundschaft schließen".
Auch die Konstruktion von satkr mit dem Akkusativ
kann dieser Erklärung nicht im Wege stehn. Sie ist nämlich
gar nicht so häufig, wie das PW. vermuten läßt. Ausdrucks¬
weisen wie Räm. (Gorresio) 3. 37. 35 pakslndram satkarisyämi
kommen zwar gelegentlich vor, sind aber keineswegs typisch.
Die einzige aktive Form in lebendigem, häufigem Gebrauch
1) Nicht ein Wurzelnomen *äs (Uhlenbeck), sondern der verkürzte
Stamm von asas n. ,,Sitz" ist Vorderglied in äspadam. dsas ist belegt
in sväsalsysthd RV. 10. 13. 2, aus dem man* fälschlich ein *äsd m.
,,Sitz" (vgl. Neisser, Zum Wörterbuch I, S. 155) herausanalysiert.
2) Kullüka: udakam ili pürakapirtdasodaSaäräddhädisakalapre- takftyopalak^antam.
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 129
ist satkrtya. Das „Objekt" ist dabei in der Regel gar nicht
eigens ausgedrückt (Typus: Am. K. 3. 1. 14 satkrtya ...
kanyärn . . . dadäti, oben S. 21), oder dem direkten oder in¬
direkten Objekt des Verbum fmitum zu entnehmen (Typus:
Räm. 1. 13. 21 samänayasva satkrtya . . . mänavän,
2. 70. 19 satkrtya . . . Bharatäya dadau, 2. 3. 15 satkrtya
düijamukhyänäm . . . pradiyatäm). Wir können also die
Form ebensowohl intransitiv übersetzen: ,, Ehrerbietung er¬
wiesen habend, mit Ehrerbietung."
Die Verwendung des sogenannten ,, passiven" Partizips
auf -ta im Sinne von ,, geehrt" beweist natürlich nichts für
ursprünglich transitiven Charakter des aktiven Verbs. Die
Form auf -ta wird ja eigentlich nur ,, einem Nomen beige¬
sellt, um anzuzeigen, daß die Handlung des Verbums an ihm
zur Erscheinung gekommen ist" (Delbrück, Altindische
Syntax, S. 382). So ist denn satkrta der, dem die Gastehrung
erwiesen, aber auch das, was mit Ehrerbietung dargeboten
worden ist (oben S. 126 f.). Die letztere Bedeutung würde tat¬
sächlich kaum erklärbar sein, wenn satkr wirklich von An¬
beginn als Transitivum mit dem Akk. der Person gebraucht
worden wäre.
Wohl verständlich aber ist es, daß zu satkrta „geehrt"
nachträglich ein transitives Aktiv in Gebrauch kam, wobei
selbstverständlich der Einfluß nahestehender oder geradezu
synonymer Verben wie mänayati, arcayati, püjayati mitwirkte.
3. Pali pannäkära
Während im Pali ,,5" stets panca heißt, gebraucht man
für 15, 25 und 50 auch eine Nebenform panna : pannarasa,
pannavisati; pannuvlsam, pannäsa: Geiger, Pali §48, Rhys
Davids-Stede, Pali-English Dictionary s. v. panca. Die
gleichen und ähnliche Formen begegnen in der A. Mägh.
und J. Mäh.: Pischel, Präkrit-Sprachen § 273. Eine ent¬
sprechende Nebenform des von mir oben S. 122 rekonstruier¬
ten *prncä könnte pannä lauten. Ich glaube, sie in dem Aus¬
druck pali pannäkära nachweisen zu können.
Zeitsohrllt d. DMG Bd. 93 (Neuo Folge Bd. 18) 9
9 *
Nach dem Pah-Enghsh Dictionary s. v. panna heißt
pannäkära freihch: 'state or condition of writing' i. e. object
of writing; that which is connected or sent with a letter,
a special message, donation, present, gift. Ich darf aber wohl
darauf verzichten, eine ausführliche Begründung dafür zu
geben, weshalb ich die hier vorausgesetzte Entwicklung von
,, State or condition of writing" zu „gift" nur als ein semasio-
logisches Verlegenheitsprodukt unwahrscheinlichster Art zu
betrachten vermag. Allzu deutlich ist es ja doch, daß weder
panna „Blatt, Brief" noch äkära „Gestalt" in dem Wort
enthalten sein kann.
Als Ubersetzung für pannäkära läßt sich — wenigstens
vorläufig, d. h. solange die feineren Begriffsschattierungen noch nicht festgestellt sind — überall ,, Geschenk" einsetzen.
Diese Bedeutung kann an und für sich schon ohne weiteres
auf einer ursprünglicheren ,, Ehrung [die in einem Geschenk
besteht]" beruhen. Vgl. z. B. Jät. VI. 349. 11 paniitassa
satasahassena püjärn käresi „mit Hunderttausend [Geld¬
stücken] ehrte er den P." = „er machte ihm ein Ehren¬
geschenk von Hunderttausend"; Jät. VI. 353. 7f. marn sattahi
ratanehi püjessati; Jät. VI. 363. 15 Mahäsattarn dhanena
püjento. Ja, als ,, Ehrengeschenk" stellt sich offenbar der
pannäkära eigentlich dar, sei es, daß er dem König als Audienz¬
geschenk gebracht: Jät. III. 319. 7f. ath' assa tasmirn khane
pannäkäratthäya mätulungarn äharirnsu „nun brachte man
ihm (dem König) in diesem Augenblick eine Zitrone als
Ehrengeschenk (= skrt. püjärtham), Jät. II. 166. 4ff., VI.
390. 13 ff.; oder jemandem als Hochzeitsgeschenk geschickt:
Jät. VI. 368. 8f. räjä Bodhisattassa sahassamülarn pannäkärarn
pesesi (= sahassena püjärn käresi Jät. VI. 349. 11) . . . sakala-
nagaraväsino pannäkäre pahinirnsu; oder einem Freund, den
man für seinen Sohn um die Tochter bittet, als Werbungs¬
gabe geboten: Jät. IV. 316. 15, Dh. P. Co. 1. 182. 4; oder aber
einem Freund, zu dem man nicht mit leeren Händen kommen
möchte, als Besuchsgabe mitgebracht wird: Jät. III. 10. .4ff.
Will man pannäkära aus *prncäkära entstanden sein
lassen, wird man nach Spuren einer noch bezeichnenderen
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 131
Bedeutung „[in einer Gabe bestehende] Ehrung für den
Gast, Begrüßungsgabe" suchen. Als solche sehe ich die
folgenden Gebrauchsweisen des Wortes an: Dh. P. Co. III.
292. 18 ff. . . . evam eva idha katakalyänam . . . imam lokam
kitvä paralokam gatam dasavidhadibbapannäkäram ädäya . . i
paccuggantvä devatä abhinandanti ,, ebenso (wie Verwandte
einen von der Reise zurückgekehrten begrüßen) begrüßen
die Gottheiten einen, der hier Gutes getan hat, . . . wenn er
diese Welt verlassen hat und nach jener Welt gekommen ist,
indem sie ihm . . . mit den zehnfachen himmlischen Be¬
grüßungsgaben entgegengehen*)", Jät. III. 3. 13f. räjäno
bhayena täsam nagaram pavisitum na denti. pannäkärarn
peseivä bähiren" eva vasäpenti „aus Furcht pflegten ihnen die
Könige nicht zu erlauben, die Stadt zu betreten. Sie schickten
ihnen eine Begrüßungsgabe und ließen sie außerhalb näch¬
tigen", Dh. P. Co. I. 392. 6 ff. Migärasetthl . . . 'ägaV amkä'
ti säsanam pahini. Dhananjayasetthl bahurn pannäkärarn
pesetvä dhitarä saddhirn mantesi : 'amma sasuro kira te . . .
ägato, tassa katarageharn patijaggitabbarn ,,M. . . . schickte
einen Brief: ,Wir sind angekommen.' Dh. sandte eine reiche
Begrüßungsgabe und überlegte mit seiner Tochter: ,Dein
Schwiegervater ist ... gekommen. Welches Haus soll für
ihn besorgt werden?'"
Dh. P. Co. II. 78ff. wird von dem Laienbruder Citta
erzählt, wie er sich aufmacht, den Buddha zu sehen. Auf
dem Wege sorgen Gottheiten für ihn und seine zahlreichen
Begleiter, indem sie am Ende einer jeden Tagesreise mit einer
Lagerstätte und Speise und Trank aufwarten. Schließlich
hat er so viele Vorräte, daß er die von Göttern und Menschen
herbeigebrachten Ehrengeschenke abweisen muß: S. 79.18
devatähi c'eva manussehi ca abhihatapannäkäram vissajjento
oa agamäsi. Für seine Ankunft prophezeit der Buddha einen
Blumenregen. Als die Einwohner von Sävatthi davon hören,
1) Vgl. hierzu Kausitaki-Up. 1. 4 tarn (den in den Himmel ge¬
langten Toten) panca äatäny apsarasärn pratiyanti iatarn cürnahastäfi,
satam väsohastäh, Satarn phalahastäh, Satam ähjanahastäh, satam mä-
lyahastäh.
9»
stellen sie sich mit Ehrengeschenken auf beiden Seiten
des Weges auf: S. 80. 9f. pannäkärarn ädäya maggassa
ubhosu passesu attharnsu. Solche Ehrengeschenke [parinä-
kära) von Göttern und Menschen empfängt Gitta wieder,
als er davon zieht: S. 81. IVff. In der Gäthä (Dh. P. 303),
deren Erläuterung unsere Geschichte dient, heißt es: Sad-
dho . .. yarn yani padesarn bhajati tattha tatth' eva püjito „Ein
Frommer ... empfängt püjä, wohin er immer kommt."
Der Buddha erzählt schließlich, wie derselbe Gitta einst, in
einem früheren Dasein, einem Mönch Speise gebracht und
ihn mit einer Blumenspende geehrt hat und dann den Wunsch
ausspricht: S. 83. 5 ff. yathä me ayarn rasapindapäto puppha-
püjäya saddhirn cittarn tosesi evarn nibbattanibbattatthäne
pannäkärasahassäni ädäya ägantvä mayharn cittarn tosentu . . .
,,Wie dieser mein Napf mit wohlschmeckenden Almosen¬
speisen samt der Blumen-/? ü/ä den Sinn erfreut hat, so möge
man in allen künftigen Existenzen meinen Sinn erfreuen,
indem man zu mir kommt mit tausendfachen pannäkäras."
Ich glaube, daß nach der Feststellung der Bedeutung von
pannäkära als ,, Ehrung für den Gast, Begrüßungsgabe;
Ehrengeschenk" und nach dem, was ich oben über die
Bedeutung von püjä bemerkt habe, schließlich auch unter
Berücksichtigung der soeben mehrfach angedeuteten Berüh¬
rung der beiden Begriffe, man an der Gleichung *prncä =
püjä = pannäf-käraj nicht zweifeln darf.
4. mandate, pinda, pandita usw.
Das Singularparadigma des Präsens zu mrnjata RV.
9. 24. lc = 9. 65. 26c „reinigten sich" würde lauten: *mrnje,
*mrnkse, *mTrnste. Unerträglich ist solche Disharmonie der
Formen im Sanskrit nicht, aber doch wohl unerwünscht.
Kaum zufällig also sind die Belege des «-Infix-Präsens der
Wurzel mrj recht dünn gesät: Whitney, Roots, verzeichnet
nur noch mrnajäni GB., mrnjyät SB. Ganz ohne irgendeine
Spur zu hinterlassen ist freilich, wenn ich richtig sehe, das
genannte Paradigma nicht verschwunden. Nach einem Laut-
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 133
gesetz, dessen Wirkung ich im folgenden nachweisen möchte,
wurde in irgendeinem alten volkssprachlichen Idiom -mst-
zwischen Vokalen zu -n^i-*), *mrmste demnach zu *manie.
Ein *manie „reibt sich ab, reinigt sich, schmückt sich"
konnte nun durch ein in das System der Präsensbildungen
besser passendes mandate ersetzt werden — ebenso wie z. B.
ühe durch ühate: Wackernagel, KZ 41, S. 309, *seve durch
sevate: Wackernagel, KZ 61, S. 202 (vgl. auch Verf., Plus¬
quamperfektum im Veda, S. 43 ff.) —, das zugleich die Grund¬
lage eines bequemen Paradigmas: man<}e, mandase, mandate
usw. ,, schmückt sich" abzugeben geeignet war. Dieses drang
nun wieder ins Sanskrit, man schuf dazu ein Aktiv maniati,
ein Kausativ maniayati und ein Verbale maniana. Die Wurzel
mani ist meines Wissens zuerst belegt bei Pänini 3. 2. 151 und
im Dhätupätha, sie ist häufig im Epos.
Vergebliche, weil in zu weite Ferne schweifende, Phantasie
hat man nach meiner Überzeugung auf die Erklärung von
pinia m. „Kloß, Klumpen" verwendet. Die Zusammen¬
stellung mit germ, flint hat Lidän, Studien zur altindischen
und vergleichenden Sprachgeschichte, S. 19 Anm. 1, mit
Recht abgelehnt. Sein eigener Vorschlag, das Wort mit lat.
puls, pultis ,,Brei" usw. zu kombinieren (a.a.O. S. 87f.),
befriedigt nicht mehr. Charakteristisch für den Kloß ist nicht
der Zweck, dem er dient, noch auch das Material, aus dem er
besteht (vgl. z. B. mämsapinia Pataüjah, Mahäbhäsya I,
S. 38 Z. 26, mrtpinia a. a. 0. III, S. 56 Z. 8, suvarnapinia
a. a. 0. I, S. 7 Z. 16, lomapinia Jätaka III, S. 542 Z. 3).
Da das Wort im RV. nur einmal, in einem jungen Lied
(1. 162. 19), vorkommt, ist es von vornherein wahrscheinlich,
daß wir es mit einer Entlehnung aus einer Volkssprache zu
tun haben. Nach dem oben formuherten Gesetz könnte es
also auf *piTnsta zurückgehn. *pimsta läßt sich nun leicht als
1) Vgl. die ähnliche Behandlung von -mstr- in damsträ > pali däthä, datthä (Geiger, Pali § 58). Hier schwand vor der um einen Konsonanten schwereren Gruppe zunächst der Nasal mit Ersatzdehnung. Als Zwischen¬
stufe zwischen -rnst- und -nd- hat man wohl mt, nt (nth) anzusetzen.
Zur Erweichung einer Tenuis nach Nasal vgl. Geiger, a. a. O. § 61.
Partizip zu pis „formen" verstehen, wir haben nur anzu¬
nehmen, daß der Nasal des Präsens pimsati als ein Element
der Wurzel empfunden und daher verschleppt wurde*). Daraus
mit substantivierender Akzentzurückziehung pinia ,,der Ge¬
formte". Passender kann man den Kloß oder Klumpen kaum
benennen: Patanjali, Mahäbhäsya 1, S. 7 Z. 12f. mrt kayäcid
äkrtyä yuktä pindo bhavati ,,Lehm, wenn mit einer bestimmten
Form versehen, wird ein Kloß (Klumpen)", Z. 14 tathä
suvarnam kayäcid äkrtyä yuktam pindo bhavati. Der Fleisch¬
klumpen heißt auch pesl (SB. 5. 8, Epos), dessen Zugehörig¬
keit zu pis ich nicht zu beweisen brauche, mämsapinda und
pesi sind geradezu Synonyma: von dem Schakal, der einen
Fleischklumpen im Maule trug (Jätaka III, S. 222 Z. 20
mamsapindam mukhenädäya), ihn aber fallen ließ, um nach
einem Fisch zu springen (a. a. 0. Z. 22 f. mukhena gahitamamsa-
pindam chaddctvä macchatthäya pakkhandi), und schließlich
weder Fleisch noch Fisch bekam (a. a. 0. Z. 26 n'eva mamsam
na maccham labhi), heißt es im Vers (Gäthä 126, a. a. O.
S. 223 Z. 16): jino macchah ca pes in ca. Nebeneinanderstellen
darf man vielleicht auch RV. 1. 161 10b mämsdm ekah
pimsati „der eine formt") das Fleisch" und 1. 162. 19cd yä
te gätränäm rtutha krnömi tatä piniänäm prä juhomy agndu
„So viele deiner [des geschlachteten Pferdes] Körperteile ich
in richtiger Reihenfolge behandele, so viele der Klöße opfere
ich ins Feuer." Denn offenbar ist ja krnomi ein abschwächen¬
der, verhüllender Ausdruck etwa für pimsämi ,, forme, schneide
zurecht" und der eigentliche Sinn des Verses die Deutung der
,, geformten" = ,,zurechtgeschnittenen" Glieder als ,, Ge¬
formte" = ,, Manenklöße" für die Seele des Pferdes. Nach
Geldner, Übersetzung, wäre allerdings gemeint: ,,zu jedem
1) Bildbar wäre ein Partizip *pimsta auch zu pis [pinasti] ,, mahlen".
Die Bedeutung aber macht es unmöglich, pinda und pis zu verknüpfen, was ich wegen Päli- English Dictionary s. v. pinda eigens bemerke.
2) Im besonderen Zusammenhang soviel wie ,, schneidet zurecht"
(vgl. AV 5. 19. 5, 12. 5. 36). pisita n. S. und Ep. ,, rohes Fleischstück"
nebst pisitääana Ep. ,, rohes Fleisch fressend" zeigt aber, daß die Vor¬
stellung des Schneidens nicht wesentliches Element der Bedeutung ist.
p. Thieme, Indische Wörter und Sitten 135
geopferten Tierstück gehört ein Reiskloß", und schlüssig
widerlegen läßt sich diese Auffassung wohl nicht.
Die Herleitung von pinia aus *pimsta halte ich für genug¬
sam gesichert, um noch einen Schritt weiter zu wagen.
Konnte man zu pimsati ein Partizip *pinista bilden, so zu
*mrmste ein *mrmsta, das ich in mania ,, glatt geschoren",
eigentlich „abgerieben, glatt gemacht: shaved" wiedererken¬
nen möchte, muniaka ,, Balken" wäre eigentlich ,,der ge¬
glättete, glatte, d. h. der Äste und Rinde beraubte [Baum¬
stamm]". Den Gedanken an Verwandtschaft mit äp,ßXvg
„stumpf" (Neisser, BB 19, S. 143) oder äp,aldvva> „zerstören",
russ. moliti „verschneiden" usw. (Lidän, Studien, S. 88f.)
wird man der Möglichkeit, munia in einer indischen Wort¬
sippe unterzubringen, gern opfern.
Ein Küchenausdruck wie pinia ist mania m. n., das ich
gleichfalls auf *mrmsta zurückführe. Die Bedeutung ,,Rahm
[der Milch]" läßt sich aus „der (das) Glatte" leicht erklären.
Ausdrücke wie surämania ,,der vorzüglichste Teil {sära) des
Likörs" würden naheliegender Übertragung zu danken sein.
,,Der Glatte" ist aber auch ein passender Name des
Frosches: mania (späte Lexikographen), maniüka, welch
letzteres mit einem Suffix -üka gebildet ist, das auch sonst in
Tieradjektiven und -namen erscheint (ülüka RV, dandasuka
YV. „beißwütig" (von Schlangen), Ep. m. ,, Schlange",
bhallüka m. kl. (neben bhalla) „Bär"), und dessen Gestalt
wohl volkssprachlichen Charakters ist (vgl. J. Bloch, L'Indo-
Arien, p. III und 14). Das Vorkommen des Wortes im RV.
schließt die Annahme einer Entlehnung aus der Volkssprache
nicht aus (vgl. hierüber zuletzt Wackernagel, KZ. 61, S. 202).
Die Verteilung der Belege auf durchweg junge Lieder (7. 103
passim: Anhangslied [vgl. Oldenberg, Noten]; 9.112.4:
Anhang [vgl. Oldenberg, Noten], volkstümlichen Klanges;
10. 166. 5; 10. 16. 14) legt sie geradezu nahe.
karbu : karburä ,, gefleckt" wie päniu : paniurd ,,gelb,
gelblich" (vgl. Wh. Schulze, Kleine Schriften, S. 124 Anm. 1).
Sucht man nach einem Gegenstück zu karbüra ,,Name einer
Pflanze", spät (vgl. auch kharjura : kharjüra ,, Silber"), so