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(1)Indische Beziehungen eines nordischen Fundes

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(1)

Indische Beziehungen eines nordischen Fundes^).

Von F. Otto Schräder.

Eines der merkwürdigsten Stücke des Nationalmuseums

von Kopenhagen ist der große Silberkessel, der im Jahre

1891 bei Gundestrup im nördhchen Jütland gefunden wurde.

SopHus Mt)LLER hat ihm gleich nach seiner Auffindung im

ersten Bande der Nordiske Fortidsminder eine große Ab¬

handlung gewidmet und ihn dann nochmals in seinem bekann¬

ten, 1898 in deutscher Übersetzung erschienenen Buch „Nor¬

dische Altertumskunde" ziemlich eingehend behandelt. Von

Abhandlungen anderer Gelehrter über den Kessel ist die

jüngste und auch wohl bedeutendste die 1915 im dreißigsten

Bande des Jahrbuches des Kaiserlich Deutschen Archaeolo-

gischen Instituts (S. 1—36) erschienene von Fr. Drkxkl

(Frankfurt a. Main) „Über den Silberkessel von Gundestrup", mit der ganz kürzlich Sophus MtJLLER sich auseinandergesetzt

hat in einem Abschnitt (§ 21) seines Werkes Jernalderens

Kunst i Danmark" (Kjebenhavn 1933)

Der Kessel, von 69 cm Breite und 42 cm Höhe und

einem Gewicht von fast 9 kg, muß kultischen Zwecken

gedient haben, und zwar gehört er, wie ich glaube, in die

Kategorie der von Wolfgang Krause *) so genannten Frucht¬

barkeitskessel gewisser keltischer Sagen, die letzten Endes

offenbar alle auf die sicher schon urindogermanische Sage vom

Verjüngungsbrunnen zurückgehen. Der Kessel ist, wie ihn

1) Vortrag, gehalten am 31. August 1934 auf dem Siebenten

Deutschen Orientalistentage in Bonn, abgesehen von einigen späteren Verbesserungen.

2) Die Kelten (Religionsgeschichtliches Lesebuch, Heft 13), S. 28f.

(2)

186 O- Schräder, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes.

Sophus Müller beschreibt, „in- und auswendig mit zahl¬

reichen Bildern bedeckt, unter denen sich viele nach gleich¬

zeitigen Darstellungen bei den klassischen Völkern und ihren

nächsten Nachbarn bestimmen lassen"; und die Bestimmun¬

gen sind derartig, ,,daß man von einer Kopierung oder doch

wenigstens von einer Nachbildung dessen, was die Verfertiger

des Kessels selbst gesehen hatten, sprechen kann". Wie bei

„allen anderen Bildern aus der Völkerwanderungszeit und den

nächsten auf sie folgenden Jahrhunderten", ist von den

Bildern „alles was sich bestimmen läßt, fremd": teils ,,aus der

klassischen Kunst hergeholt", teils „mit Sicherheit als gallo-

römisch" bestimmbar; „nicht eine einzige Figur läßt sich

nach der späteren nordischen Mythologie erkennen". Es ist

aber, meint S. M., kein Grund zu der Annahme vorhanden,

daß der Kessel nicht im Norden angefertigt sei — „allenfalls

könnte ja ein fremder Arbeiter nach Dänemark gekommen

sein oder ein Nordländer sich eine Zeitlang in Gallien auf¬

gehalten haben" — und er müsse „in die römische Periode

Dänemarks, wahrscheinlich in das 2. Jahrh. (n. Chr.) gesetzt

werden". Man hüte sich „vor einer wilden und ziellosen Jagd

nach Parallelen, die etwa gar bis nach Asien führt". Soweit

Sophus Müller (Nordische Altertumskunde, S. 160—163).

Dieser Auffassung ist widersprochen worden. Loeschcke hat

den Kessel in das 4. bis 3. Jahrh. vor Chr., Reinach ihn in das

5. bis 6. Jahrh. n. Chr. gesetzt. Jap. Stbenstrup hat in über¬

aus phantastischer Weise buddhistische Motive in ihm ge¬

funden (z. B. von den Selbstaufopferungen des Bodhisattva),

und A. Voss hat in einem interessanten, aber in der Haupt¬

sache nicht überzeugenden Aufsatz die Bilder auf den Mithras-

glauben zu beziehen versucht. Aber Reinach's Hinweis auf

gewisse Beziehungen des Kessels zur pontischen Kunst und

dem von ihm so genannten kelto-skythischen Stil hat weiter¬

gewirkt und Drexel bestimmt, den Kessel den Kelten der

unteren Donau zuzuweisen und dem ersten vorchristlichen

Jahrhundert, nämlich der Zeit des Mithradates Eupator,

dessen freundschaftliche Beziehungen zu jenen Donaukelten

geschichtlich bezeugt sind. Von dort sei der Kessel vermutlich

(3)

F. O. Schräder, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes. 187

durch die Völkerwanderung an seinen nordischen Fundort

gelangt, ind em er die gleiche Straße gezogen sei wie im 6. Jahrh.

n. Chr. die von Südungarn nach Skandinavien zurückkehren¬

den Herulerscharen. Diese Annahme ist nach meinem Dafür¬

halten durch die wenigen Zeilen, die Sophus MtJLLKR gegen

sie geschrieben hat, noch nicht entkräftet worden, und sie

scheint mir die beste Grundlage zu bilden für die von mir

aufzuzeigenden indischen Motive des Kessels. Sollte aber

Sophus Müllkb recht haben und der Kessel tatsächlich „et

provinsiclt romersk Arbeide" sein, so müßte man eben für

jene Motive einen längeren Weg beanspruchen, sei es die

bekannte Donaustraße nach dem Rhein oder den Seeweg

nach Gallien.

Unter den Bildern des Kessels sind nun zwei, nämhch die

Bilder VIII und IX in Müller's Monographie, in denen ich

Beziehungen zu Indien, und zwar ganz verschiedener Art,

erkennen zu können glaube.

1. Betreffs des Bildes Nr. Vlll (unsere Abb. Nr. 1) hat

schon Drexel anmerkungsweise (loc. cit., S. 19) eine solche

Beziehung für möghch erklärt. ,,Es sei angemerkt", sagt er,

„daß in der persisch-indischen Kunst der Nachfolger Abekas

die Darstellung der Göttin ^rl als einer von zwei Elefanten,

die Wasser auf sie gießen, flankierten Hindufrau außerordent¬

lich beliebt ist (Grünwedel, Buddhistische Kunst in Indien

S. 40f.). Die Elefanten nähern sich ihr ganz in der Weise wie

auf dem Kessel. Ein Zusammenhang des Motivs erscheint

nicht ausgeschlossen. Übrigens stellen die Gundestruper Ele¬

fanten nach der Kleinheit ihrer Ohren den indischen Elefanten

dar". Diesen Worten zuzustimmen, verlockt vor allem die

Tatsache, daß in der ganzen Welt, Indien allein ausgenommen,

die Verehrung einer von Elefanten flankierten Göttin un¬

bekannt ist. Sri oder Laksmi, heute als Gemahlin des Gottes

Visnu und als Göttin des Glücks und der Schönheit verehrt,

ist bekanntlich das indische Analogon der Aphrodite anady-

omene, und eben als solche, nämlich als meerentstiegen und

von zwei felefanten mit heiligem Wasser begossen, erscheint

sie in dem uns hier interessierenden vielfach variierten Typus

(4)

188 F- O. Schbadeb, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes.

der Gaja-Laksml oder „Elefanten-Laksmi". Dieser Typus

ist, wie GRüNWEDEusagt, „der älteste aller Hindugötter". Aber

in der ältesten Zeit ist Sri noch nicht die Gemahlin Visnus,

sondern eine selbständige Glücks- und Fruchtbarkeitsgöttin

und allem Anschein nach mehr vom Volke als von der arischen

Oberschicht verehrt — womit es offenbar zusammenhängt,

daß sie im l^gveda noch gar nicht vorkommt. Sie mag in

prähistorischem Zusammenhang stehen mit der großen Göttin

der alten Induskultur und der Magna Mater des westlichen

Orients, aber der Typus der Elefanten-Laksmi kann bis jetzt

nur als der historischen Zeit Indiens angehörig gelten. Daß

gerade diese indische Göttin nach Kleinasien und weiter

gelangen konnte, ist vielleicht nicht so wunderbar. Denn eben

diese Göttin war, wie wir namentlich aus der altbuddhistischen

Literatur wissen, außerordentlich populär, und Darstellungen

der Elefanten-Laksmi finden sich und fanden sich gewiß schon

früh auch auf profanen Gegenständen wie dem im Mün¬

chener Museum für Völkerkunde befindlichen Elfenbeinkamm

(Abb. 2). Und für Drexkl's Theorie könnte dazu vielleicht

noch in Betracht kommen, daß von allen indischen Göttinnen

nur Laksmi denselben sicher uralten Namen führt wie die

im pontischen Reiche des großen Mithradates verehrte Göttin,

nämlich Mä (ein Name, der auch in einem der Namen des

indischen Amor, nämlich Mäpatya „Sohn der Mä", erscheint).

Mit der indischen Vorlage haben möglicherweise auch etwas

zu tun die beiden keltischen Sonnen- oder Zeiträder, die im

Kcsselbilde unterhalb der Elefanten zu den Seiten der Göttin

angebracht sind; denn an den ungefähr entsprechenden

Stellen hat die Sri des östlichen Tores von Sanchi zwei

Kränze*).

Kaum der Erwähnung bedarf, daß das Kesselbild nicht

die indische Göttin darstellen soll; es ist selbstverständlich

1) Dass diese 6ri, wie Foucheb annimmt (M6moires conc. l'Asie

Orientale, I, p. 132f.), in Wahrheit Mäyä, die Mutter Buddhas, und nicht die Gaja-La]{8inl, sondern ihr Prototyp ist, vermag ich nicht zu glauben,

wenn F. auch darin recht haben mag, daß die Elefanten zuerst mit

Häriti, der buddhistischen Göttin der Fülle, aufgetreten sind.

(5)

F. O. ScBBABEB, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes. 189

eine keltische Göttin, der hier zur Erhöhung ihrer Majestät

nach indischer Vorlage die Elefanten beigegeben worden sind.

Gegen die Notwendigkeit, das Kesselbild mit Indien in

Verbindung zu bringen, ließe sich nun freilich anführen, daß

im ägäischen Kulturkreise das Bild einer Göttin vorkommt,

die von zwei zu ibr aufbhckenden Löwen flankiert ist*).

Es handelt sich aber hier um eine stehend, nicht sitzend, und

auch sonst völhg anders dargestellte Göttin und eben nicht

um Elefanten ; und spätere Bilder der (sitzenden oder stehen¬

den) Magna Mater, in denen die Löwen ihr zugewandt er¬

scheinen, gibt es meines Wissens nicht*). Dennoch würde ich

mit weniger Zuversicht von einer indischen Vorlage des Kessel¬

bildes sprechen, besäße der Kessel nicht außerdem ein Bild

einer von Tieren umgebenen männlichen Gottheit, das gleich¬

falls nach Indien weist, wenn auch nach dem prähistorischen

Indien. Es tritt hier ein Zusammenhang zutage, de/ in seiner

Rätselhaftigkeit einer Überbrückung von Jahrtausenden und

Tausenden von Meilen erinnert an die kürzlich erwiesene

Ähnlichkeit der Schriftzeichen des alten Indusvolkes mit den¬

jenigen der Osterinsel.

2. Das Kesselbild Nr. IX (Abb. 3) zeigt, wenn wir — mit

welchem Recht, wird man sehen — die vier Phantasietiere

rechts außer Betracht lassen, einen von vier Tieren umgebenen

Gott mit Hirschgeweih, der in der rechten Hand einen großen

Ring trägt und mit der linken eine große Schlange hält. Der

Ring ist der gallische Torques, ein gewöhnlich als Halsschmuck

dienender Ring aus gewundenem Metall und mit Pufferenden ;

und diese drei Attribute: Hirschgeweih, Torques und Schlange

mit Widderkopf beweisen, daß wir hier den gallischen Gott

Cernunnos vor uns haben — einer der großen Götter der

1) S. die Abbildung 67 (auch 66) im „Bilderatlas zur Religions¬

geschichte", hrsg. von Hans Haas, 7. Lieferung (1925). Ich verdanke diesen Hinweis, wie auch den weiter unten auf das hohe Hirschgeweih

des Cernunnos im Altarbild von Vendeuvres, Herm Kollegen Kabl

Clemkn.

2) Von den gallischen Altertümern kommt dem Kesselbilde am

nächsten die Epona zwischen Pferdegruppen; s. Bilderatlas, Lief. 17,

Abb. 65.

(6)

190 F. O. Schräder, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes.

Gallier, vielleicht ihr größter Gott; denn in einer Inschrift

einer dacischen Kolonie erscheint sein Name (in der Genitiv¬

form) als Jovis Cerneni*). Genau so wie auf dem Kesselbild

dargestellt ist er sonst nirgends gefunden worden. In einem der

bekanntesten Bilder, dem des Museums von Cluny, ist er

bärtig und trägt zwei kurze, oben schwach gespaltene Hörner

mit je einem großen Torques daran. Das hohe, voll entwickelte

Hirschgeweih (s. Bilderatlas zur Religionsgeschichte, Lief. 17,

Abb. 35) hat er selten. Er erscheint auch stehend"), ist aber

in der Regel mit gekreuzten Beinen sitzend dargestellt,

manchmal genau in der paryanka-Sitzart der Inder, wie auch

andere gallische Gottheiten und in Übereinstimmung mit dem,

was Strabo und Diodor von den Galliern berichtet haben :

daß sie nämlich auf dem Boden zu sitzen pflegten. Von den

vier Tieren ist das links oben schwer zu bestimmen, wahr¬

scheinlich ein Stier; die anderen drei sind gut erkennbar als

Hirsch, Löwe und Wolf. Ich bitte nun, für die Vergleichung

mit dem jetzt zu besprechenden indischen Gegenstück zu

diesem Bilde sechs Punkte bemerken zu wohen, nämlich:

1. der Gott ist gehörnt; 2. er sitzt mit gekreuzten Beinen;

3. er ist von vier Tieren umgeben , 4. er trägt das gleiche Geweih

wie das Tier links unten neben ihm; 5. nur eines der vier

Tiere, nämlich das rechts oben, kehrt dem Gott den Rücken

zu; 6. bei dem zweifelhaften Tier links oben zeigen die Hörner

eine Art Schlitz oder Hohlraum.

Das indische Gegenstück (Abb. 4) ist ein in Sir John

Marshall's großem Werke „Mohenjo-daro and the Indus

Civilization" abgebildetes sog. Siegel (seal) (PI. XII, Nr. 7),

jedoch in unserem Bilde mit Vertauschung von rechts und

links der Marshall' sehen Abbildung reproduziert, d. h. so

wie es gefunden worden ist: als Stempel. Es ist trotz der Ver¬

größerung unvermeidlicherweise nicht sehr deutlich, aber

die Übereinstimmung mit den von mir hervorgehobenen

Zügen des Kesselbildes wird man unschwer erkennen können :

auch hier ein gehörnter Gott; auch hier die in Indien übliche

1) Grande Encyclopedic, s. v. Cernunnos.

2) So bei Reinach, Bronzes Fig. rös de la Gaule Romaine, p. 194.

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(9)

F. O. ScHBADKB, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes. 191

Art des Sitzens mit gekreuzten Beinen; auch hier vier Tiere,

zwei zu jeder Seite des Gottes; auch hier Übereinstimmung

der Hörner des Gottes — in diesem FaUe Büffel-, nicht Hirsch¬

hörner — mit denen des hnks unten befindlichen Tieres; und

auch hier rechts oben das einzige dem Gotte den Rücken

zukehrende Tier, in diesem Falle ein Elefant, nicht ein Löwe;

und endlich 6. scheint es immerhin möglich, daß die Ohren

des links oben abgebildeten Rhinozeros in ihrer unverhältnis¬

mäßigen Größe und nur umrißartigen Andeutung die selt¬

samen Hörner des entsprechenden Tieres in dem Kesselbilde

hervorgerufen haben. Diese Darstellung der Ohren des Rhino¬

zeros, die alle Indusbilder dieses Tieres charakterisieren, ist,

nebenbei bemerkt, ganz kürzlich von einem bedeutenden

amerikanischen Archaeologen bei seinen mesopotamischen

Ausgrabungen wiedergefunden und als wichtiges Merkmal

für die Zeitbestimmung der Induskultur erkannt worden*).

Noch eine siebente, wenn auch möglicherweise rein zufällige

Übereinstimmung darf vielleicht erwähnt werden, nämlich

die der zwischen dem Elefanten und dem Tiger sichtbaren

Homo-Hieroglyphe mit dem Männchen, das etwas rechts von

der entsprechenden Stelle des Kesselbildes auf dem Delphin

reitet. Ferner ist noch zu bemerken, daß der indische Gott

zwar keinen Ring mit der Hand trägt, wohl aber mehrere

große Ringe nebst vielen kleinen an den Armen, und daß er,

wie der keltische, auch einen Leibgurt hat. Sein Gesicht da¬

gegen unterscheidet sich stark von dem des Kesselbildes:

eher als ein menschliches scheint es mir ein tierisches, etwa

das eines Tigers zu sein. Daß der Gott dreigesichtig ist, wie

Sir John Marshall behauptet, kann ich nicht finden, ist auch

für seine Identifizierung mit Siva nicht nötig, da der drei-

gesichtige Siva in der Hindukunst selten und spät ist. Der

nasenartige Vorsprung an beiden Seiten des Gesichtes könnte

eine Haarsträhne sein, vielleicht mit der kleinen kegelförmigen

Goldkappe, die zu den Schmucksachen Mohenjo-daros gehört

1) H. Frankpobt, The Indus Civilization and the Near East, S. 3

(im Bande VII der Leydener „Annual Bibliography of Indian A.rchae«

olog}'". 1934).

ZeltKhrUt d. D.U.O. Nene Folge Bd. Zm (Bd. 88) M

(10)

192 F- O- ScHRADBB, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes.

und noch heute in Indien ebenso, an einer Haarsträhne

befestigt, getragen wird*).

Kann nun wohl eine so weitgehende Übereinstimmung

der beiden Bilder wie die von mir aufgezeigte für zufällig

erklärt werden? Gewiß, der Zufall bringt erstaunliche Dinge

zuwege, weihrscheinlich auf archäologischem nicht minder

als auf linguistischem Gebiet. Aber selbst, wenn auch nur die

Übereinstimmungen 4 und 5 vorlägen — gleiches Geweih des

Gottes mit dem des Tieres links unten; Rückenstellung des

Tieres rechts oben — würde ich mich nicht entschließen

können, diese für zufällig zu halten. Es ist aber natürlich so

gut wie ausgeschlossen, daß der uns vorliegende indische

Stempel in genau der gleichen Form und als mit Inschrift

versehener Stempel auch dem Hersteller des Kesselbildes

vorgelegen habe. Vielmehr sind Zwischenglieder anzu¬

nehmen, von denen eines dem keltischen Künstler in die

Hände gefallen ist. Zwischen Mithradates und den Donau¬

kelten gingen Gesandtschaften hin und her, und unter den

Geschenken, die diese brachten, könnte ein Gegenstand mit

dem Bilde des indischen Gottes gewesen sein. Wie dieser

Gott ins pontische Reich gelangen konnte, ist auch nicht

schwer sich vorzustellen. Wir wissen ja jetzt, daß Handels¬

beziehungen zwischen Mohenjo-daro und Mesopotamien tat¬

sächlich bestanden; und auf das frühzeitige Vordringen der

mesopotamischen Kultur nach Kleinasien hat kürzlich wieder

Eckhard Unger hingewiesen"). Den Weg über Persien

scheint mir aber auch der hochgehaltene Torques des Kessel¬

bildes zu verraten. Denn so in die Höhe gehalten statt von

der Hand herabhängend kommt er zwar auf einer gallischen

Münze (s. Anm. 1) aber auch in der achämenidischen Kunst

vor'). Man könnte freihch auch an den indischen Rosenkranz

1) S. bei Mabshall vol. II, p. 519 u. III, pl. CXLVIII, und vgl.

(für die Haarsträhne) die im „Bilderatlas zur Religionsgescnichte", Lief.

17, als Nr. 39 abgebildete gallische Münze.

2) In „Forschungen und Fortschritte", Bd. X, S. 231/2: „Naram- Sin von Akkad in Armenien".

3) S. das in der Revue Archeologique von 1880 auf S. 5 abgebildete

(11)

F. O. Schbadeb, Indische Beziehungen eines nordischen Fundes. 193

in vielen Darstellungen des Gottes Brahmä denken*). Aber

bei den Indern ist auch wiederum der hochstehende Rosen¬

kranz fremden Einflusses verdächtig, weil im Gegensatz zum

steifen Torques die aus lose aufgereihten Kügelchen bestehen¬

de japamälä gar nicht so gehalten werden kann.

Der Gott von Mohenjo-daro ist von Sir John Marshall

wahrscheinlich mit Recht für einen Vorläufer des Gottes

Siva erklärt worden. Daß der Dreizack des letzteren sich aus

des ersteren Hörnern und Kopfbedeckung entwickelt habe,

klingt phantastisch, wird aber plausibel durch die zangen¬

artige Form des Dreizacks in vielen Siva-Darstellungen. Die

Kopfbedeckung erinnert stark an den calathus des gallischen

sog. Hades wie des Zeus Serapis"). Zusammen mit Cernunnos

abgebildet ist in einem Falle das Sonnenrad, in einem anderen

die Stiermaske gefunden worden, und man hat hierin eine

Spur seiner ursprünghchen Identität mit dem Zeus von Kreta

zu erkennen geglaubt»). Es scheint sich hier die Möglichkeit

aufzutun, daß ein unbekanntes Bild des letzteren zwischen

dem indischen und dem gallischen Gott steht. Anderseits

braucht der indische Gott nicht autochthon zu sein, sondern

könnte (wenn auch nicht notwendig mit denselben Tieren)

auf ein mesopotamisches Urbild zurückgehen.

Basrelief. Daselbst auch eine Äußerung Bertrands über die von ihm

vermutete kultische Rolle des TorquEs im alten Persien.

1) Vgl. z. B. den holzgeschnitzten Brahmä des Mus6e Guimet.

(Glasenapp, Heilige Stätten Indiens, Tafel 18); ferner Gopinatha Rao, Elements of Hindu Iconography, vol. II, pl. CXLII und die im gleichen Bande abgebildete Sadäsivamürti (pl. CXIII, fig. 1).

2) Vgl. Codbcellb-Senedil, Les Dieux Gaulois d'apräs les monu¬

ments figures (Paris 1910), S. 103—109.

3) Encyclopaedia of Religion and Ethics, vol. XII, S. 453.

Von den folgenden Abbildungen sind Nr. 1 und 3 dem Werke

„Nordische Altertumskunde" von Sophus Mdlleb entnommen; Nr. 2

ist eine vom Museum für Völkerkunde zu München freundlichst zur

Verfügung gestellte Photographie des dort befindlichen Originals und

Nr, 4 eine vom Verleger, Herm Abthub Pbobsthain, gütigst gestattete

Wiedei^abe der Abb. Nr. 17 auf Tafel XII des Werkes von Sir John

Marshall, „Mohenjo-daro and the Indus Civilization".

(12)

„Tafsho Shinshu Daizokyo" oder kurz

„Taishö Issaikyö^'.

Von T. Matsumoto.

Ich brauche nicht hervorzuheben, welche Bedeutung

diese Ausgabe für die Wissenschaft hat. Nicht nur die Er¬

forscher des Buddhismus sind an ihr interessiert, sondern viel

weitere Kreise der Orientalisten im allgemeinen. Diese Aus-

g£ibe in 100 Bänden wird in kurzem vollendet sein. Es sei mir

als Mitarbeiter gestattet, hier kurz einige Erklärungen über

Form und Inhalt zu geben. Das Werk zerfällt in zwei Ab¬

teilungen: Die eigentliche Ausgabe des Tripitaka, in 85 Bän¬

den, und der Bilder-Atlas in 12 Bänden. Dazu kommen noch

drei Indexbände.

A. Die Ausgabe der Texte.

Es handelt sich um eine neue Ausgabe des Tripitaka in

Chinesisch. Die Texte sind neu kollationiert, revidiert, er¬

gänzt und neu geordnet. Dazu kommt eine große Zahl von

Originalabhandlungen chinesischer, koreanischer und japa¬

nischer Autoren. Die Herausgeber sind Prof. J. Takakusu

von der Kaiserlichen Universität zu Tokyo, Mitglied der

Kaiserlichen Akademie daselbst, und der am 26. Januar 1933

verstorbene Prof. K. Watanabe von der Taisho-Universität

zu Tokyo.

Die hier in dieser Ausgabe veröffentlichten Werke um¬

fassen 3053 Textnummern, die aus insgesamt 11970 Faszikeln

besteht. Es handelt sich dabei um chinesische Übersetzungen

aus dem Sanskrit, Päli und anderen indischen Dialekten,

ferner um Originalabhandlungen, die in China, Korea und

Abbildung

Abb. 35) hat er selten. Er erscheint auch stehend"), ist aber

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