A-1965
Seite eins
Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 30, 25. Juli 1997 (1)
Private Krankenversicherung/GOÄ
In die vollen
uch wenn zur Zeit keine neuerliche Novelle zur Amtlichen Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) ansteht, prangern die Privaten Kranken- versicherungen und deren Ver- band neuerdings wieder den an- geblich exorbitanten Anstieg bei den Ausgaben/Erstattungsleistun- gen für die ambulante privatärztli- che Behandlung (1996 gegenüber 1995: um rund 8,8 Prozent) an.
Und hier sei noch nicht das „Ende der Fahnenstange“ erreicht. Das ursprünglich vom Bundesverord- nungsgeber bei der 4. Novelle zur GOÄ (in Kraft getreten: 1. Januar 1996) avisierte Gesamtsteige- rungsvolumen von rund 6,5 Pro- zent sei bei weitem überschritten worden. Hier müsse sofort zur Tat geschritten werden, sei es durch den Verordnungsgeber oder die Spitzenverbände (PKV-Verband;
Bundesärztekammer).
Was dagegen eher nur zufällig in den Bilanzen angeführt und im jüngsten Rechenschafts- und Zah- lenbericht des PKV-Verbandes zu lesen ist: Bei den Verwaltungs- und Abschlußkosten wird in die vollen gegangen, ohne Rücksicht auf die Ausgabenexpansion ge- powert. 1996 sind die Verwal- tungskosten auf 1,42 Milliarden DM emporgeschnellt (Vorjahr:
1,207 Milliarden DM). Offenbar weil trotz Kostendämpfungsmaß- nahmen, die sich auch auf die PKV auswirken, der PKV-Markt enger geworden ist, werden die Akquisi- teure mit hohen Abschlußprämien („Kopfprämien“) belohnt: So er- reichten die Abschlußkosten 1996 (Neuabschlüsse von Versicherun- gen und Umstufungen bereits be- stehender Verträge) einen Wert von 2,71 Milliarden DM. Verwal- tungskosten plus Abschlußkosten summa summarum: 4,13 Milliar-
den DM. Peanuts im Vergleich zu den gesamten Aufwendungen der Branche? Diese betrugen 1996 rund 35 Milliarden DM. Die er- statteten Kosten für die ambu- lante Arztbehandlung lagen aber bei 4,49 Milliarden DM. Die Verwaltungs- und Abschlußko- sten entsprechen damit stolzen 88,5 Prozent der Kosten für die ambulante privatärztliche Be- handlung! Die Verwaltungs- und Abschlußkosten sind im vergange- nen Jahr um rund vier Prozent ge- stiegen, die der Verwaltungsko- sten allein um fast 15 Prozent – ein Indiz des verschärften Wettbe- werbs, des Marketing und eine Folge der Pflegeversicherung und der internen Rechnungsprüfungs- aktivitäten? Oder ein Zünder für die Explosion bei den Überschüs- sen und den auf Rekordniveau ge- haltenen Dividenden-Ausschüt- tungen? Dr. Harald Clade
A
ie Qualitätssicherung ärzt- licher Leistungen ist Sa- che der Ärzteschaft. Die Feststellung erscheint banal, doch Krankenkassen und/oder Kran- kenhausträger argumentierten da- gegen nach der Devise: Wer zahlt, schafft auch an.
Der nagelneue § 137 a SGB V erkennt der Bundesärztekammer nunmehr zu, Anforderungen für Qualitätssicherungsmaßnahmen der ärztlichen Berufsausübung im Krankenhaus zu beschließen. Die Umsetzung soll alsdann partner- schaftlich von Bundesärztekam- mer, Krankenkassen und Kran- kenhausträgern verantwortet wer- den. Bereits früher, nämlich in
§ 135 SGB V, wurde der Kas-
senärztlichen Bundesvereinigung übertragen, Richtlinien zur Qua- litätssicherung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung auf- zustellen. Auch hier soll die Um- setzung gemeinschaftlich mit den Krankenkassen erfolgen.
Der Ärzteschaft insgesamt kommt somit eine gewichtige Rol- le zu; sie hat sie selbst jahrelang eingefordert und steht nun vor der Aufgabe, sie überzeugend auszu- füllen. Eine ihrer ersten Aufgaben wird es sein, keine Konkurrenz un- tereinander und zwischen ambu- lanter und stationärer Qualität aufkommen zu lassen. Gegenseiti- ge Abstimmung, soweit die Berei- che sich überlappen, ist vielmehr unumgänglich, wenn die Ärzte-
schaft das Heft in der Hand behal- ten will.
Aufgabe aller Berufsorgani- sationen wird es sein, den Ärzten, die in praxi Qualität sichern sol- len und mit Maßnahmen überzo- gen werden, zu vermitteln, daß hier Sinnvolles geschieht und nicht neue Bürokratie aufge- macht wird.
Die Patienten hegen hohe Er- wartungen an den Leistungsstand der Ärzte und der Medizin. Die Ärzte und ihre Selbstverwaltung tragen, vom Gesetzgeber bekräf- tigt, eine große Verantwortung dafür, daß Medizin auf gleichblei- bend hohem Niveau erbracht wird.
Sie stehen vor einer Bewährungs- probe. Norbert Jachertz