A 992 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 19|
11. Mai 2012 gibt, dem schwierigere und komple-xere Aufgaben übertragen werden sollten. Entscheidend dabei ist die Einstellung des Arztes, nicht nur auf die Kompetenzlücken des Mitarbei- ters zu achten, also den Fokus nicht nur auf dessen Schwächen zu legen.
Konkretes Beispiel: Wenn der Arzt eine neue Mitarbeiterin eingestellt
hat, weil sie eine Zusatzausbildung absolviert hat, etwa zur Patienten - beraterin, sie dann jedoch – aus wel- chen Gründen auch immer – nicht oder selten im Patientenkontakt ein- setzt, droht seitens der Mitarbeiterin die Enttäuschung. Gesellen sich wei- tere Unterforderungskriterien hinzu, kann es zum Bore-out kommen.
Wie beim Burn-out gilt: Der Bore-out ist nicht von einem auf
den anderen Tag da, sondern das Ergebnis eines schleichendem Pro- zesses. Darum ist er so schwer zu identifizieren. Gündüz gibt zu be- denken: „Wir Ärzte sollten nun nicht hinter jeder unbefriedigenden Leistung einen Bore-out vermuten, jedoch zur Kenntnis nehmen, das es dieses Phänomen gibt.“
Das Konzept „Fordern und för- dern“ ist ein weiterer prophylakti- scher Ansatz: Indem der Arzt den Leistungsgedanken in seiner Praxis in den Vordergrund rückt, die Mit- arbeiter durch Weiterbildung för- dert, sie aber zugleich fordert und ihnen ab und an komplexe Aufga- ben überträgt, verhindert er Unter- forderung. Gündüz nennt zur Ver- anschaulichung ein gutes Beispiel:
„Wenn der Arzt der Auszubilden- den auch über längere Zeit keine anderen Aufgaben überträgt als Ak- ten ordnen oder E-Mails ausdru- cken, wird sie schnell das Interesse verlieren. Die meisten Menschen wollen gefordert werden – komple- xere Aufgaben sind aus Mitarbeiter- sicht auch ein Beleg dafür, dass der Arzt ihnen etwas zutraut.“
Ein relevantes Führungsinstru- ment dabei ist die Delegationskom- petenz des Arztes: Er darf die Dele- gation nicht als Führungsmethode benutzen, um unliebsame Aufgaben wegzuschieben, sondern als Mög- lichkeit, dem Mitarbeiter Aufgaben zu übertragen, an denen er wach - sen kann. Wenn der Arzt ihn dann überdies dafür lobt und gute Leis- tungen anerkennt, gelingt es, die Balance zwischen Unterforderung und Überforderung herzustellen
und zu halten.
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Niedergelassene Ärzte erhalten häufig Anfra- gen von privaten Versicherungen, die Infor - mationen über den Gesundheitszustand von Patienten benötigen. Anlass dazu können beispielsweise der geplante Abschluss einer privaten Lebensversicherung oder Schadens- ersatzforderungen nach einem Unfall sein.
In diesen Fällen ist zunächst darauf zu ach- ten, dass eine konkrete, auf den Einzelfall bezo- gene Entbindung von der ärztlichen Schweige- pflicht vorliegt. Entspricht es dem Wunsch des Patienten, die Versicherungsanfrage zu beant- worten, handelt es sich hierbei um eine berufli- che Leistung des Arztes, so dass sich die Vergü- tung nach den Vorgaben der Amtlichen Gebüh- renordnung für Ärzte (GOÄ) richtet (§ 1 Absatz 1 GOÄ). Abgesehen von Einzelfällen, in denen eine kurze Bescheinigung oder ein kurzes Zeugnis im Sinne der Nr. 70 GOÄ ausreichend ist, wer- den zumeist Fragebogen zur Beantwortung vor- gelegt, die den Leistungsinhalt eines Krank- heits- und Befundberichts nach der Nr. 75 GOÄ oder einer schriftlichen gutachtlichen Äußerung nach den Nrn. 80 und 85 GOÄ erfüllen. Insoweit ist teilweise strittig, ob es sich lediglich um ei- nen Befundbericht oder um ein entsprechend
höher zu vergütendes Gutachten handelt. Dieser Punkt sollte vor der Beantwortung der Anfrage geklärt werden. Dabei gilt, dass sich ein Krank- heits- und Befundbericht nach der Nr. 75 GOÄ auf die Beschreibung einer zurückliegenden Be- handlung mit Wiedergabe der in den Behand- lungsunterlagen enthaltenen Daten beschränkt.
Eine weitergehende Beurteilung ist – mit Aus- nahme der in der Leistungslegende zur Nr. 75 GOÄ ausdrücklich genannten epikritischen Be- wertung – nicht vorgesehen.
Werden vom Arzt jedoch Auskünfte und me- dizinische Bewertungen erwartet, die über die Darstellung des bisherigen Behandlungsverlaufs hinausgehen, liegt in der Regel eine gutachtliche Äußerung vor. Dies betrifft beispielsweise Fra- gen nach der mittel- bis langfristigen Prognose einer Erkrankung. Ebenso ist die von Unfall- oder Haftpflichtversicherungen häufig gestellte Frage, ob – beziehungsweise in welchem Um- fang – die aktuell vorliegenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen auf ein Unfallge- schehen zurückzuführen sind oder eher auf zum Unfallzeitpunkt bereits bestehenden Vorerkran- kungen beruhen, nur im Rahmen einer gutacht- lichen Stellungnahme zu beantworten. Sofern
die schriftliche gutachtliche Äußerung einen das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand er- fordert, kann für diese Leistung anstelle der Nr. 80 GOÄ die höher bewertete Nr. 85 GOÄ an- gesetzt werden. Die Nr. 85 ist dabei je angefan- gene Stunde Arbeitszeit berechnungsfähig. Von einem das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand kann im Hinblick auf die Bewertungs- relation zwischen der Nr. 80 und der Nr. 85 dann ausgegangen werden, wenn der Zeitauf- wand für das Gutachten mehr als 30 Minuten betragen hat (vgl. Kommentierung nach Brück, Deutscher Ärzte-Verlag). Neben den Nrn. 80 und 85 GOÄ können zusätzlich Schreibgebühren nach der Nr. 95 GOÄ angesetzt werden.
Sofern es einen erheblichen Aufwand erfor- dert, die Versicherungsanfrage zu beantwor- ten, etwa nach langjähriger Behandlung eines Patienten, besteht auch die Möglichkeit, in ei- ner Honorarvereinbarung nach § 2 GOÄ einen höheren Steigerungsfaktor festzulegen. Alter- nativ können auch Kopien der Behandlungsun- terlagen herausgegeben werden, die dann von der Versicherung selbst ausgewertet werden müssen. Als Kopierkosten können die Sätze des Justizvergütungs- und -entschädigungs- gesetzes in Höhe von 50 Cent je Seite heran- gezogen werden. Dipl.-Verw.-Wiss. Martin Ulmer
GOÄ-RATGEBER
Anfragen von privaten Versicherungen: Befundbericht oder Gutachten?
Regelmäßige Mitarbeiter- und Teamgespräche zeigen dem Arzt, ob es im Team jemanden gibt, dem schwierigere und komplexere Aufgaben übertragen werden sollten.
Dr. Anna Martini, Institut für Stimmrhetorik – Coaching und Consulting, Köln