wirkte Interleukin-1-Rezeptor-Ant- agonist ebenfalls protektiv mit ver- minderter Organschädigung und Le- talität (14).
Aufgrund dieser vielverspre- chenden Befunde überrascht es nicht, daß bereits ein Jahr nach Klo- nierung des Interleukin-1-Rezeptor- Antagonisten Studien zur klinischen Erprobung dieses körpereigenen Proteins geplant werden. Gezielt sol- len dabei solche Erkrankungen un- tersucht werden, an deren Pathoge- nese Interleukin-1 wahrscheinlich beteiligt ist. In den USA haben Stu- dien zur Verträglichkeit und Sicher- heit bei Patienten mit chronischer Polyarthritis begonnen (C. Dinarel- lo, persönliche Mitteilung). Eine wichtige potentielle Therapiegruppe bilden Patienten, die ein Sepsis-Syn- drom oder einen septischen Schock erleiden; hier sind die bisherigen Optionen, therapeutisch in den pa- thogenetischen Ablauf einzugreifen, begrenzt. Aufgrund theoretischer Überlegung könnte beim kritischen Zeitablauf dieser Erkrankung eine Intervention am distalen Ende der
Reaktionskette (Antagonisierung der Interleukin-1-Wirkung) vorteil- haft sein. Sie würde sich mit Inter- vention in früheren Abschnitten der Pathogenese (wie Antibiose, En- dotoxin-Neutralisation, Suppression der Synthese von Tumor-Nekrose- Faktor) ergänzen. Bei aller gebote- nen Vorsicht, tierexperimentelle Er- gebnisse auf den Menschen oder gar auf die klinische Situation zu extra- polieren, läßt sich der Ausgang von therapeutischen Studien mit Span- nung erwarten. Erste Ergebnisse werden vermutlich im Laufe des Jah- res 1992 bekannt werden.
Nach Abfassung dieser Über- sichtsarbeit wurden die Ergebnisse der ersten klinischen Studie mit In- terleukin-1-Rezeptor-Antagonist be- kannt. In einer offenen Studie konn- te die 28-Tage-Mortalität bei hun- dert Patienten mit Sepsis-Syndrom von 44 Prozent auf 16 Prozent gesenkt werden (Fisher et al., Abstract, vorgelegt beim Annual Meeting of The American College of Chest Physicians, San Francisco, 7. November 1991).
Dt. Ärztebl, 89 (1992) A 1 -1952-1957 [Heft 21]
Die Arbeitsgruppe wird durch die Deut- sche Forschungsgemeinschaft unter- stützt. Wir bedanken uns für die Mitarbeit von Bhanu Sinha, Jan Semmler, Tobias Ei- senhut, Francoise Thierfelder und Dr. Jo- chen Moeller. Die Vorlage zur Abbildung 1 wurde freundlicherweise von Prof. J. van der Meer (Nijmegen) zur Verfügung ge- stellt.
Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Stefan Endres Medizinische Klinik, Klinikum Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München
(Arbeitsgruppe Zytokine) Ziemssenstraße 1
W-8000 München 2
Patienten eines
HIV-infizierten Arztes
Vor kurzem wurde eine Über- tragung von HIV auf fünf Patienten durch einen HIV-infizierten Zahn- arzt aus Florida berichtet. Die aktu- ellen Daten weisen darauf hin, daß das Risiko einer HIV-Übertragung durch im Gesundheitswesen Tätige extrem gering ist. Entgegen diesem niedrigen Risiko werden in zuneh- mendem Maße Programme zur Iden- tifizierung von Patienten mit voran- gegangenem Kontakt zu einem HIV- infizierten Beschäftigten in der me- dizinischen Versorgung durchge- führt.
Die Autoren berichten über ihre vor kurzer Zeit durchgeführten Un- tersuchung aller Patienten, die von einem HIV-infizierten Hausarzt ver- sorgt wurden, während eines Zeit- raumes, in dem dieser an einer schweren Dermatitis (an Händen und Unterarmen; Mycobacterium marinum) litt. Nach Durchsicht der
Patientenkartei wurden 336 Patien- ten identifiziert, bei denen dieser Arzt eine oder mehrere Maßnahmen durchgeführt hatte (zum Beispiel di- gitale Untersuchung einer Körper- höhle oder vaginale Entbindung), durch die sie einem erhöhten poten- tiellen Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt waren. Diesen Patienten
wurden HIV-Tests und eine Bera- tung angeboten.
Von den 336 Patienten waren 325 (97 Prozent) HIV-negativ, drei (1 Prozent) lehnten einen Test ab, einer (< 1 Prozent) verstarb vor Feststellung an einer nicht mit einer HIV-Infektion im Zusammenhang stehenden Ursache, und der HIV- Antikörper-Status blieb bei sieben Patienten (2 Prozent) unbekannt.
Die direkten sowie indirekten Ko- sten für das öffentliche Gesundheits- wesen für diese Untersuchung belie-
fen sich auf rund 130 000 Dollar.
Diese Ergebnisse — so die Autoren
— werfen wichtige Fragen hinsicht- lich des HIV-übertragungs-Risikos durch im Gesundheitswesen Tätige und der Zweckmäßigkeit eines HIV- Kontroll-Programms auf, besonders im Hinblick auf die vor kurzem ver- öffentlichten Empfehlungen der Centers for Disease Control. Die Autoren schlagen vor, daß vor Durchführung eines Kontroll-Pro- gramms ein klar identifizierbares Risiko einer Infektionsübertragung vorliegen muß, das wesentlich höher als das Risiko ist, das eine prospekti- ve Beschränkung der Tätigkeit eines im Gesundheitswesen Beschäftigten fordert. lng
Danila, R. V. et al.: A look-back investiga- tion of patients of an HIV-infected physici- an, N. Engl. J. Med. 325 (1991) 1406 — 1411 Dr. Richard N. Danila, Acute Disease Epi- demiology Section, Minnesota Department of Health, 717 SE Delaware St., P. 0. Box 9441, Minneapolis, MN 55440, USA.
Dt. Ärztebl. 89, Heft 21, 22. Mai 1992 (57) A1-1957