DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Osteodensometrie — eine Standortbestimmung
Der Frühdiagnostik der Osteo- porose wird im Hinblick auf die the- rapeutischen Konsequenzen zuneh- mend höhere Bedeutung zuerkannt.
In diesem Zusammenhang stellen — wegen des bekannten Zusammen- hanges zwischen Bruchfestigkeit und Knochenmineralgehalt — osteodensi- tometrische Untersuchungsverfah- ren einen wichtigen Bestandteil der Osteoporosediagnostik dar. Eine verbreitete Unsicherheit über die Methodenfrage der Knochendichte- messung führte am 22. Februar 1991 zu einer Konsensuskonferenz maß- geblich an Forschung und Entwick- lung im deutschsprachigen Raum be- teiligter Wissenschaftler.
Meßorte mit einem möglichst hohen Spongiosaanteil sind für die Frühdiagnostik der Osteoporose und die Beurteilung des Frakturrisikos von besonderer Bedeutung. Die Messung sollte daher in den Skelett- abschnitten durchgeführt werden, die einen hohen Spongiosaanteil ha- ben und bei Verlust der statischen Kompetenz vermehrt frakturgefähr- det sind. Dies sind in erster Linie Wirbelsäule — mit um den Faktor 20 höherer Kompressionsinstabilität als Extremitätenknochen —, Schenkel- hals, distaler Radius und Tibia. In- wieweit ein Meßort repräsentativ für andere Skelettabschnitte sein kann, ist wegen des regional unterschiedli- chen Verhaltens des kortikalen und des spongiösen Knochens bei Gesun- den und Kranken derzeit noch nicht zu entscheiden.
Die Meßmethoden wurden hin- sichtlich Sensitivität, Selektivität (Spongiosa/Corticalis), Reproduzier- barkeit, Untersuchungszeit und -ko- sten, Verfügbarkeit und Strahlenbe- lastung miteinander verglichen. Bei analoger Sensitivität der Methoden DXA, pQCT und QCT zur Beurtei- lung der Knochenstabilität (Fraktur- risiko) gilt für alle Verfahren zur Zeit in weiten Grenzen komparable Wertigkeit der Aussageinhalte. Da- bei handelt es sich immer um eine Beurteilung der Quantität der Kno- chenmineralien und nicht der Kno- chenqualität. Es gibt daher zur Zeit keine spezielle Empfehlung für oder gegen eines dieser Verfahren, jedoch
werden absehbar SPA und DPA in- folge technischer Weiterentwicklun- gen durch die anderen genannten Methoden ersetzt werden. Entschei- dend für die richtige (Früh-) Diagno- se der Osteoporose ist die kritische Einordnung der Meßergebnisse in die vorliegende klinische Symptoma- tik (Interpretation) und die Empfeh- lung von Verlaufskontrollen in sinn- vollem zeitlichen Abstand. bra
Felsenberg D., M. Fischer, B. Kempers, J.
D. Ringe, P. Rüegsegger: Osteodensito- metrie — eine Standortbestimmung. Ort- hop. Praxis 27: 398-404, 1991.
Prof. Dr. med. M. Fischer, Institut für Nuklearmedizin, Städt. Kliniken Kassel, Mönchebergstraße 41-43, W-3500 Kassel
Immunglobulin bei 11W-infizierten Kindern
Schwere rezidivierende bakteri- elle Infektionen stellen eine Haupt- ursache für Morbidität und Mortali- tät HIV-infizierter Kinder dar. Da intravenöse Gaben von Immunglo- bulinen bakterielle Infektionen bei Patienten mit primärer Immun- schwäche und — in nicht kontrollier- ten Studien — bei HIV—infizierten Kindern verhinderten, untersuchten die Autoren in einer Multicenter—
Studie die Sicherheit und Wirksam- keit bei Kindern mit symptomati- scher HIV-Infektion.
In einer Doppelblindstudie wur- den 372 HIV-infizierte Kinder (mitt- leres Alter 40 Monate) mit klini- schem oder immunologischem Auf- treten einer HIV-Erkrankung rando- misiert mit Immunglobulin (i. v., 400 mg/kg Körpergewicht) oder Plazebo (0,1 Prozent Albumin) alle 28 Tage behandelt. Die Kinder wurden in zwei Gruppen gemäß der CD4 + - Lymphozytenzahl bei Eintritt in die Studie und nach der klinischen CDC-Klassifizierung eingeteilt. Der mittlere Nachuntersuchungszeit- raum betrug 17 Monate.
Bei Kindern jeder Gruppe mit einer CD4 + -Zahl von 0,2 x 10 9/1 (200/ml) oder höher bei Eintritt in die Studie verlängerte eine Behand- lung mit Immunglobulin die Zeit oh-
ne eine schwere Infektion signifi- kant, die geschätzte infektionsfreie Zeit nach 24 Monaten betrug 67 Pro- zent bei Kindern mit Immunglobu- linbehandlung gegenüber 48 Prozent bei Kindern mit Plazebogabe (p = 0,01). Weiterhin war die Immunglo- bulinanwendung assoziiert mit einer Gesamtreduzierung der Anzahl von schweren und leichteren bakteriellen Infektionen (relatives Risiko 0,68; p
= 0,01) und der Anzahl von Kran- kenhauseinweisungen zur Akutver- sorgung (relatives Risiko 0,65, p = 0,03). Diese Vorteile wurden bei Kindern mit einer CD4 + -Zahl unter 200/m1 bei Studienbeginn nicht fest- gestellt. Bei der CDC-Gruppe 1 war zwischen Immunglobulin- und Plaze- bogabe eine Tendenz in Richtung ei- nes Unterschiedes erkennbar: Die infektionsfreie Überlebensrate von 24 Monaten b'etrug bei der Immun- globulingruppe 31 Prozent gegen- über 25 Prozent bei Plazebo (p 0,1)
In der Gruppe 2 lag die Überle- bensrate ohne schwere Infektionen bei 73 Prozent, wenn Immunglobulin gegeben wurde, gegenüber 53 Pro- zent mit Plazebo (p = 0,04). Es gab keinen Zusammenhang zwischen der Mortalität in beiden CDC-Gruppen oder in den CD4 + -Gruppen einer- seits und Behandlung oder Plazebo andererseits. Nebenwirkungen gab es bei weniger als einem Prozent der Infusionen; sie konnten als geringfü- gig angesehen werden.
Die Autoren kommen zu der Schlußfolgerung, daß bei HIV-infi- zierten, symptomatischen Kindern die Behandlung mit Immunglobulin sicher ist und die Zeit ohne schwere Infektion für diejenigen Patienten erhöht, die eine Behandlung begin- nen, wenn ihre CD4 + -Lymphozy- tenzahl noch 200/ml ist. lng
The National Institute of Child Health and Human Development Intravenous Immu- noglobulin Study Group: Intravenous Im- mune Globulin for the Prevention of Bac- terial Infections in Children with Sympto- matic Human Immunodeficiency Virus In- fection. N. Engl. Journ. Med. 325 (1991) 73-80.
Dr. Lynne M. Mofenson; Pediatric, Ad- olescent and Maternal AIDS Branch, Na- tional Institute of Child Health and Hu- man Development, Executive Plaza South, Room 450W, 9000 Rockville Pike, Bethes- da, MD 20892, USA.
Dt. Ärztebl. 88, Heft 45, 7. November 1991 (83) A-3859