elche Möglichkeiten bie- ten moderne Kommunika- tions-Technologien für die ärztliche Fortbildung? Wo sind ihre Grenzen? Wie sieht die künftige Ent- wicklung aus? Mit diesen Fragen be- schäftigte sich der 9. Kongreß der Eu- ropäischen Akademie für ärztliche Fortbildung Ende 1997 in Straßburg.
Dabei stellten Vertreter verschiede- ner Länder Europas, Kanadas und der USA ihre Erfahrungen mit neuen Medien zur Diskussion.
Moderne Kommunikationstech- niken zur ärztlichen Fortbildung wer- den bereits vielfach genutzt. In Spani- en betreibt das „Instituto Galenics Servidor de Salud“, das von der Ärz- teschaft einer Region, einer Univer- sität und den Krankenkassen finan- ziert wird, ein Intranet für die Ge- sundheitsberufe, die sich über ein Paßwort einwählen. Angeboten wer- den Lehrgänge für neue Medien, Fernunterricht, der Zugang zum Hochschulnetz sowie in einzelnen Re- gionen Vernetzungen zwischen Kran- kenhäusern und Arztpraxen. Ferner enthält es einen Teledokumentations- Service, über den beispielsweise der Arzneimittelindex abgerufen werden kann. Der Vorteil dieses selbstverwal- teten Netzes: Die Ärzte bleiben unab- hängig auch von staatlichen Stellen.
In Frankreich gestaltet die Ärzte- schaft (Verbände, Ärztekammer, Me- dizinische Fakultäten) die computer- gestützte ärztliche Fortbildung selbst- verantwortlich. Es existiert ein staat- lich zugelassenes geschlossenes Netz im Internet für Ärzte, Pharmazeuten und Pflegepersonal. Das System „Una Descartes“ bietet Fortbildungsinhalte auf Disketten, „Iconotech“ liefert Bil- der, CD-ROM ermöglichen interakti-
ves Lernen. Es stehen personalisierte Bilanzen zur Verfügung, mit denen der Arzt den Ablauf seines berufli- chen Alltags dokumentieren und überprüfen kann.
In Deutschland wird noch weit- gehend traditionelle ärztliche Fortbil- dung betrieben. Telemedizin steht nur wenigen Ärzten zur Verfügung. Der- zeit sind mehr als 200 CD-ROM zu medizinischen Themen von verschie- denen Anbietern und unterschiedli- cher Qualität auf dem Markt. Inner- halb kleiner lokaler Netze existieren Online-Verbindungen und Mail-box- Systeme beispielsweise für Qualitäts- zirkel. Medizinische Verlage oder Universitäten unterhalten Internet- Datenbanken. Vertreten sind im In- ternet die Berufs- und Fachverbän- de, einige Standesorganisationen, die Pharmaindustrie sowie Gesundheits- foren. Probleme bereiten in Deutsch- land noch der Datenschutz, die ungenügende Hardware-Ausstattung der Ärzte sowie teilweise hohe Preise für CD-ROM.
Zukunft: Europaweite Hochleistungsnetze
Auf europäischer Ebene existiert das System Rubis, in dem die Berei- che Medizin, Verwaltung, Transport und Unterricht vertreten sind. Solchen europaweiten Hochleistungsnetzen gehört nach Ansicht der Konferenz- teilnehmer die Zukunft. Ebenfalls in- ternational agiert Eurotransmed, ein Netz von Ärzten für Ärzte, das Ver- bindungen innerhalb Europas sowie nach Nordafrika unterhält. Die In- halte: Ergebnisse medizinisch-wissen- schaftlicher Konferenzen, autodidak-
tische Lernmethoden, Live-Übertra- gungen per Satellit. Pläne zur Weiter- entwicklung des Systems beinhalten unter anderem die Vergabe von „Eu- rocredits“ für die Fortbildung sowie eine schnelle Übertragung von For- schungsergebnissen in die Praxis. Fi- nanziert wird das Netz von Sponsoren.
Es sei jedoch sichergestellt, daß die Ärzte den Inhalt kontrollieren.
Bislang werden die verschiedenen Kommunikationstechniken zur ärztli- chen Fortbildung noch zögerlich ange- wendet. Obwohl eine breitere Nut- zung nach Ansicht der Europäischen Akademie für ärztliche Fortbildung wünschenswert ist, können sie die tra- ditionelle Fortbildung nicht ersetzen, wohl aber sinnvoll ergänzen, wenn sie dem Ziel des Lernens entsprechend kritisch ausgewählt werden. Elektroni- sche Medien bieten dem Arzt neue Möglichkeiten, seinen Fortbildungs- bedarf effektiver zu bewältigen.
Der Nutzen neuer Technologien in der ärztlichen Fortbildung hat je- doch seine Grenzen. Berichtet wurde zum Beispiel über ein gerichtliches Verfahren gegen eine Pharmafirma, der vorgeworfen wurde, Produktin- formationen im Internet manipuliert zu haben. Wissenschaftlichkeit, Ver- traulichkeit, Unabhängigkeit lauteten daher die ethischen Forderungen der Kongreßteilnehmer.
Daneben sind Fragen, wie der Zugang zu vertraulichen Daten gere- gelt oder die Wissenschaftlichkeit be- stimmter Informationen sichergestellt werden kann, noch unbeantwortet.
Die neuen Technologien als Fortbil- dungsinstrument kritisch zu nutzen war ein eindeutiges Plädoyer der Kongreßteilnehmer. Auch wenn sich die Ärzteschaft von der Vorstellung verabschieden müsse, daß sie allein ihre Bildungs- und Informationsmedi- en gestalten könne, müsse sie sich vor Abhängigkeiten hüten und selbst die Analyse des Fortbildungsbedarfs vor- nehmen. Sie dürfe dies nicht admini- strativen Strukturen überlassen.
Die Europäische Akademie für ärztliche Fortbildung hat sich vorge- nommen, europaweit die Maßstäbe für eine kontinuierliche Fortbildung zu harmonisieren sowie ihre Rolle als europäische Informationszentrale für die ärztliche Fortbildung auszu- bauen. Gisela Rieck, Bad Nauheim A-465 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 9, 27. Februar 1998 (33)
T H E M E N D E R Z E I T BLICK INS AUSLAND