M E D I Z I N
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A1074 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1515. April 2005
Trinukleotidverlängerungen stellen ei- ne häufige genetische Erkrankungsur- sache dar. Die Bekanntesten sind Poly- glutaminverlängerungen, die eine Rei- he von neurodegenerativen Erkran- kungen, wie zum Beispiel die Chorea Huntington, das FraX-Syndrom und verschiedene spinozerebelläre Ataxien, verursachen.Weit weniger bekannt sind Polyalaninverlängerungen, die beinahe ausschließlich in Genen auftreten, die für Transkriptionsfaktoren kodieren.
Zu den Polyalaninerkrankungen zählen bislang neun kongenitale Entwick- lungsdefekte: Synpolydaktylie Typ II, cleidocraniale Dysplasie, Holoprosen- zephalie Typ 5, Hand-Fuß-Genital-Syn- drom, Blepharophimose-Epikanthus inversus- Ptose-Syndrom, mentale Re- tardierung mit Wachstumshormon- mangel, Partington-Syndrom, angebo-
renes zentrales Hypoventilationssyn- drom und okulopharyngeale Muskeldy- strophie. Versuche an mutierten Protei- nen einiger dieser Syndrome deuten auf einen gemeinsamen Mechanismus für die Erkrankungen mit Polyalaninver- längerungen hin.
Die Polyalaninlängen bei Gesunden variieren zwischen 14 und 20 Alani- nen. Bei Erkrankten erreichen sie Längen zwischen 18 und 29 Alaninen, die im Gegensatz zu den Polygluta- minverlängerungen in der Meiose sta- bil bleiben. Die Anzahl der Alanine korreliert mit der Schwere der Er- krankung. Wissenschaftler fanden nun heraus, dass eine Verlängerung der Alanine ab einer Länge von min- destens sieben Alaninen sukzessive zu Proteinmißfaltung, Degradierung durch Proteasomen und zu einer Bil-
dung von amorphen Aggregaten im Zytoplasma führt. Dadurch wird der normale Transport der Proteine in den Zellkern verhindert, und somit die ei- gentliche Funktion der Transkripti- onsfaktoren gestört. In diesem Zu- sammenhang wurde entdeckt, dass die Hitzeschockproteine Hsp70 und Hsp40 sich an die Aggregate anlagern können, zu einer Reduktion der gebil- deten Aggregate und dadurch zum Anstieg der Proteine im Zellkern führen. Da eine Aktivierung der Hitze- schockproteine durch das Antibioti- kum Geldanamycin erreicht wird, kann eine frühzeitige Anwendung von Geld- anamycin, zumindest in Zellkultur, die gebildeten Aggregate reduzieren. bez Albrecht AN, Kornak U, Böddrich A, Süring K, Robinson P, Stiege AC, Lurz R, Stricker S, Wanker EE, Mundlos S: A molecular pathogenesis for transcription factor associa- ted poly-alanine tract expansions. Human Molecular Ge- netics, 2004; 13: 2351–2359.
Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, Develop- ment and Disease, Ihnestraße 73, 14195 Berlin
Vermutlich gemeinsamer Mechanismus für Erkrankungen mit Polyalaninverlängerungen
Referiert
Derzeit wird empfohlen beim Magenge- schwür die endoskopisch bioptische Diagnostik nach vier bis sechs Wochen noch einmal durchzuführen, um ein Ma- lignom definitiv auszuschließen. Selbst wenn das Ulkus abgeheilt ist, muss man davon ausgehen, dass fünf Prozent der als benigne imponierenden Magenge- schwüre exulzerierte Karzinome sind.
Die Autoren aus Großbritannien be- zweifeln die Sinnhaftigkeit dieser Emp- fehlung, zumal das Magenkarzinom in den letzten 30 Jahren immer seltener geworden ist. Bei einer Analyse von 11 679 Gastroskopien kamen 100 Ma- genkarzinome und 348 benigne Ulzera vor.Von 340 makroskopisch als benigne eingestuften Geschwüren erwiesen sich 15 bei der histologischen Untersuchung als maligne. Im Rahmen der Kontroll- Endoskopie bei 212 Patienten wurde noch ein initial übersehenes Magenkar- zinom entdeckt. Bei einer Rate von ei- nem Karzinom bei 200 Kontrollgastro- skopien muss die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme infrage gestellt werden, zu-
Kontrollgastroskopie bei Ulcus ventriculi unnötig?
mal es sich dabei auch noch häufig um inoperable Tumoren handelt.
Auch bei einer Metaanalyse der ent- sprechenden internationalen Literatur ergab sich eine Relation von einem Kar- zinom auf 120 Kontrollgastroskopien. w
Todd J A, C J Richards, A Dixon et al.: Gastric ulcer and malignancy – is there a need for follow-up endoscopy?
Aliment Pharmacol Ther 2004; 19: 989–991.
Dr. J. A. Todd, Digestive Diseases Centre, University Hos- pitals of Leicester NHS Trust, Leicester, Großbritannien, E-Mail: johnatodd@doctors.org.uk
Kontrollierte Studien zur Adipositas- chirurgie existieren nach wie vor nicht. Schwedische Autoren aus dem Sahlgrenska University Hospital in Göteborg legten jetzt eine Langzeit- verlaufsbeobachtung über zehn Jahre von 1 703 Patienten mit einem Body- mass-Index von durchschnittlich 41 vor (SOS-Studie). Als Kontrollgruppe wurden Patienten herangezogen, die im Hinblick auf 18 Parameter ver- gleichbar waren.
Während es in der Vergleichsgrup- pe nach zwei Jahren zu einer Ge- wichtszunahme um 0,1 Prozent und nach zehn Jahren um 1,6 Prozent kam, verzeichneten die Forscher in dem
operierten Patientenkollektiv eine Gewichtsreduktion nach zwei Jahren von 23,4 Prozent und nach zehn Jah- ren von 16,1 Prozent. Bezüglich Dia- betes, Hypertriglyceridämie und Hy- perurikämie fand man signifikante Unterschiede zugunsten der operier- ten Patienten, wohingegen hinsicht- lich einer Hypercholesterinämie und einem Bluthochdruck kein Unter-
schied bestand. w
Sjöström L, Lindroos A-K, Peltonen M et al.: Lifestyle, diabetes, and cardiovascular risk factors 10 years after bariatric surgery. N Engl J Med 2004; 351: 2683–2693.
Dr. L. Sjöström, SOS Secretariat, Sahlgrenska University Hospital, 41345 Göteborg, Schweden