zwei Prozent beziehungsweise über Aus- gabensenkungen finanzieren.
Kritiker warnen davor, dass mit dem Unionskompromiss die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) abhängig vom Wohlwollen des Finanzministeri- ums wird. „Dann wägt der Finanzmini- ster ab, ob es Geld gibt für Panzer oder für die Versorgung der Patienten“, warnt der Vizevorsitzende des Sachverständi- genrates für das Gesundheitswesen, Prof. Dr. Peter Scriba. Auch Bundesärz- tekammer-Präsident Prof. Dr. med. Jörg- Dietrich Hoppe gab kürzlich auf der Me- dica in Düsseldorf zu bedenken, dass die Heranziehung von mehr Steuermitteln dazu führen könnte, dass das durch Beiträge erworbene Recht der Patienten auf eine angemessene Versorgung durch eine Zuteilung von Leistungen durch die Verwaltung ersetzt wird. Die gewerk- schaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung ließ das Unionskonzept vom Internationalen Institut für Empirische Sozialökonomie (INIFES) durchrechnen.Nach dem letzte Woche in Berlin vorgestellten Gutach- ten werden Ehepaare mit nur einem Einkommen durch die Pauschale in der Regel stärker belastet. Besser weg kom- men dagegen Alleinstehende und Ehe- paare, bei denen beide Partner gut ver- dienen. Nach Meinung der INIFES- Fachleute ist das Konzept wenig geeig- net, die Ausgaben in der GKV zu be- grenzen – es sei denn, man spekuliere darauf, die Leistungen bei einer Kopf- pauschalenfinanzierung eher kürzen zu können als im gegenwärtigen System, heißt es in dem Gutachten.
Auf dem CDU-Parteitag blieben derlei Bedenken weitgehend uner- wähnt. Zu den wenigen Kritikern gehörte der ehemalige Bundesarbeits- minister Norbert Blüm.Wie schon beim letzten Parteitag der CDU in Leipzig, fand er deutliche Worte gegen das ge- plante Prämiensystem. Es sei dringend erforderlich, die Ausgaben im Gesund- heitswesen zu begrenzen. Aber weder die rot-grüne Bürgerversicherung noch die Kopfpauschale lösten die Probleme.
Beide gingen nur an das Portemonnaie der Leute. Der Sozialexperte sprach sich gegen einen Systemwechsel aus.
Blüm: „Die bisherige Beitragsfinanzie- rung ist eine kluge Errungenschaft un- seres Sozialstaates und muss erhalten werden.“ Samir Rabbata, Timo Blöß
P O L I T I K
A
A3380 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 5010. Dezember 2004
D
er Pharmakonzern Pfizer hat beim Sozialgericht Berlin Klage gegen die Spitzenverbände der Krankenkassen eingereicht. Damit wehrt sich das Unternehmen gegen deren Beschluss vom 29. Oktober, auch für den noch patentgeschützten Chole- sterinsenker Sortis®einen Festbetrag einzuführen. Wie Pfizer-Sprecherin Herlinde Schneider gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt äußert, beruft sich der Konzern bei seiner Klage auf eine „Innovationsschutzklausel“ im Gesetz, nach der patentgeschützte Arz- neimittel mit verbesserter therapeuti- scher Wirkung von der Festbetragsrege- lung auszunehmen sind. Sortis mit dem Wirkstoff Atorvastatin stelle speziell für übergewichtige Diabetiker sowie für Herzinfarktpatienten einen unver- zichtbaren Fortschritt dar, so Schneider.„Fall“ Sortis hat Tragweite für die gesamte Pharmaindustrie
Mit seinen Aktionen wolle Pfizer nicht nur verhindern, dass Kassenpatienten von Januar an entweder auf ein anderes Statin ausweichen oder aber aus dem eigenen Geldbeutel zuzahlen müssten.
Der „Fall“ Sortis habe vielmehr Trag- weite für die gesamte Industrie, weil es im Kern der Diskussionen um die Frage des gesetzlichen Schutzes von Innova- tionen gehe. „Wir müssen eine öffent- liche Diskussion führen, wer nach wel- chen Regeln darüber befindet, ob ein Medikament eine therapeutische Ver- besserung darstellt und innovativ ist.“
Bisher sei das Verfahren „völlig intrans- parent“, kritisiert der Vorsitzende der Geschäftsführung von Pfizer Deutsch- land, Walter Köbele: „Da entscheiden
Funktionäre hinter verschlossenen Türen, ohne dass sie die wissenschaft- lichen Grundlagen offen legen.“
Diese Einschätzung teilt auch der Bad Homburger Pharmakonzern Altana und hat – ebenfalls beim Sozialgericht Berlin – Klage gegen die Einstufung seines Protonenpumpenhemmers Panto- prazol eingereicht. Das Unternehmen vertritt die Ansicht, dass die therapeu- tische Überlegenheit von Pantozol®, beispielweise eine geringere Zahl an Nebenwirkungen, bei der Festbetrags- gruppenbildung nicht berücksichtigt wurde. Möglicherweise erhalten Pfizer und Altana in den nächsten Tagen Unterstützung. Nach Informationen, die dem DÄ vorliegen, überlegen eine Reihe anderer Pharmahersteller, sich dieser juristischen „Probe aufs Exem- pel“ für patentgeschützte Präparate anzuschließen.
Der „Verunsicherungskampagne“
des Arzneimittelherstellers Pfizer be- gegnen die Spitzenverbände der Kran- kenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) derweil mit einer eigenen Informationsoffensive.
Mit Plakaten und Handzetteln für Arzt- praxen wehren sie sich gegen die Behauptung des Pharmakonzerns, Fest- beträge und qualitativ hochwertige Versorgung würden sich gegenseitig ausschließen. Die hochwertige medizi- nische Versorgung sei in jedem Fall sichergestellt, so die Spitzenverbände und die KBV. Medizinisch vergleichbare Alternativen zu Sortis innerhalb der Festbetragsgrenze und sogar darunter seien verfügbar. Durch die Preisstrate- gien von Pfizer könnten Patienten, die Sortis einnehmen, zusätzliche Kosten von mehr als 200 Euro im Jahr entste- hen, die sie dann aus der eigenen Tasche zahlen müssten.
Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat eine Patienteninformation zur Bewertung von Statinen zusammen- gestellt, die im Internet unter www.
iqwig.de abrufbar ist. Danach gibt es keinen Nachweis dafür, dass Sortis
„Herzinfarkte und Schlaganfälle besser verhindert als andere Statine“ oder ge- ringere Nebenwirkungen habe als Ver- gleichspräparate. Der Wechsel von Sortis zu einem anderen Statin sei unproble- matisch. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn