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Archiv "Erfahrungsbericht: Gang durch die Hölle" (09.01.2006)

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Kollegin ihr Abitur mit „Eins“

bestanden? Dennoch bleibt mein Grundsatz: Im Kranken- haus bin ich nur Patient. Die Kollegen soll man nicht unnötig aufhalten. Meine Er- fahrung: Trotz oft unzumutba- rer Überlastung wurde ich von Ärzten und Schwestern immer höflich und hilfsbereit betreut. Daher sollten wir ih- nen den Dienst am Nächsten nicht zusätzlich erschweren.

Dr. med. Ewald Behne,Mittlere Trift 8, 33175 Bad Lippspringe

Gang durch die Hölle

Ja, Herr Kollege, da haben Sie, zwar reichlich spät, aber im- merhin, die andere Seite der Medaille kennen gelernt . . . Es ist alles gut und professio- nell gelaufen, wenn auch mit allerlei Inkommoditäten ver- bunden. Sie sind geheilt. Es kann aber ganz anders ausge- hen. Hier eine kleine Kostpro- be aus der Begleitung eines krebskranken Partners: Man erlebt (und bitte schön, dies mit der infausten Prognose als ständigem Begleiter), in ho- hem Bogen aus einer Praxis hinausgeworfen zu werden, weil man es angesichts der of- fenkundig insuffizienten Be- treuung gewagt hat, eine zwei- te Meinung einzuholen. Man erlebt, dass Informationen über klinische Studien an an- deren Instituten vorenthalten werden, weil in der eigenen Klinik der Start einer Studie geplant wird – und erhält als Kommentar zu einer Nachfra- ge, wann es denn endlich los- gehe, die Antwort: „Was wol- len Sie denn, es ist doch ein langsam wachsender Tumor (der Tumor nahm sich leider bei diesem jungen Patienten das Recht heraus zu explodie- ren). Man erlebt anderweitig, dass von einem ärztlichen Kol- legen bei einer klassischen B- Symptomatik aufgrund des neuerlichen Tumorwachstums ausschließlich Homöopathika als Therapie angesetzt werden – nichts wie weg! Man erlebt, dass der Ambulanz-Oberarzt einer renommierten neuro- chirurgischen Klinik eine aku- te metastatisch bedingte

Querschnittlähmung nicht er- kennt, weil grundlegende Fra- gen nicht gestellt und simpel- ste Untersuchungen nicht durchgeführt werden – und wieder wird man unter Belei- digungen hinausgeworfen (die stationäre Aufnahme zur erfolgreichen Operation am selben Tag erfolgte dann auf Umwegen – wie wäre es in dieser Situation wohl einem Patienten ohne ärztliche Be- gleitung ergangen, der sich auf dieses Urteil verlassen hätte?).

Man erlebt an der gleichen Klinik Beschimpfungen durch den Chefarzt, weil man – oh Blasphemie – als Dermatolo- gin (mit einer erklecklichen Anzahl fachübergreifender onkologischer Veröffentli- chungen) sich erdreistet, sich in die Chemotherapie einzu- mischen . . . Man erlebt, dass Therapien aus Furcht vor Aus- einandersetzungen mit Kran- kenkassen verweigert werden, weil „Laborwerte sich bes- sern“ – während gleichzeitig die Schmerzen immer schlim- mer werden und Lähmungen drohen. Oh ja, es gab auch Lichtblicke:

>den Kollegen, der sich in die- ser Situation mutig über alle bürokratischen Hindernisse hinwegsetzte und es wagte, ei- ne hochwirksame, im ersten Anlauf von der Krankenkasse abgelehnte Chemotherapie durchzuführen,

>den fantastischen Strahlen- therapeuten, der Verstehen und Mitfühlen an den Tag leg- te,>die absolut liebevolle Be- treuung in einem Hospiz, die schließlich einen würdevollen Tod im häuslichen Umfeld er- möglichte.

Aber, lieber Herr Kollege, die- se Ereignisse waren in der Minderzahl. Es war ein zwei- jähriger Gang durch die Hölle, in dem uns und vor allem ihm eins immer wieder als Bot- schaft entgegenschlug: „Du bist längst tot.“ Ich kann mich Ihrem Plädoyer nur von gan- zem Herzen und mit heiligem Zorn anschließen. Aber es ist viel, viel schlimmer, als Sie glauben. Bleiben Sie gesund.

Dr. med. Sabine Drechsler, Messerschmittstraße 7, 53125 Bonn Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 1–2⏐⏐9. Januar 2006

A A 35

B R I E F E

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