KLINISCHE STUDIEN
Die American Society of Clinical Oncology greift die international geführte Debatte über rele- vante Endpunkte in klinischen Studien auf (DÄ 15/2014: „Klinische Studien in der Onkologie:
,Die Messlatte sollte höher liegen‘“von Nicola Siegmund-Schultze).
Kontinuierliche Entwicklung
. . . Die Forderungen des Expertengremi- ums sind sicher klar und nachvollziehbar, und auch in der klinischen Onkologie Ge- genstand der wissenschaftlichen Ausein - andersetzung. Dennoch: Bei der Mehrzahl der Tumorentitäten, einschließlich des hier (auch) angesprochenen metastasierten ko- lorektalen Karzinoms, hat in den vergan- genen Jahren eine kontinuierliche Ent- wicklung in kleinen Schritten stattgefun- den, die aber in der Summe ebenfalls eine deutlich und klinisch hoch relevante Ver- besserung der Überlebenswahrscheinlich- keit gezeigt hat. So konnte das berichtete mediane Überleben sowohl in (belastba-
ren) Tumorregistern als auch in klinischen Studien seit dem Beginn der 90er Jah- re mehr als verdoppelt werden. Die Ursa- chen dafür sind vielfältig – und bestehen vor allem in den sukzessiven, wenn auch quantitativ geringeren Verbesserungen der Therapieeffektivität (die zum Beispiel durch die Verbesserung des progressions- freien Überlebens, PFS, definiert wurde), in der Abfolge mehrerer Therapielinien (mit jeweiliger Verbesserung des PFS) und den resezierenden-ablativen Verfah- ren. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber, dass diese Verbesserung stattgefun- den hat und den Patienten zugutekommt – ohne dass diese vielen kleinen Schritte und Verbesserungen an sich – oder kaum – den in diesem Statement angesproche- nen Kriterien genügt hätten. Wäre strikt zum Beispiel nur die Verbesserung des Gesamtüberlebens für jeden Einzelschritt als relevant angesehen worden, stünden wir mehr oder minder noch auf dem Stand der 90er Jahre. Insofern ist gerade bei Tu- morentitäten, die durch eine große Hetero-
genität der Therapiemöglichkeiten, lange Therapie- und Überlebenszeiten und feh- lende biomarkergetriebene Sprunginnova- tionen, mit einer sehr relevanten Verbesse- rung eines Schritts, gekennzeichnet sind – und das trifft auf die weit überwiegende Mehrheit aller Neoplasien zu – eine sorg- fältige Abwägung zu treffen, ob die ver- meintlich wertlosen kleineren, kürzeren
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B R I E F E
Endpunkte und sukzessiven Verbesserun- gen nicht zu einer Gesamtverbesserung beitragen und die Grundlagen für weitere, dann deutlichere Verbesserungen bilden.
Diese Diskussion muss in sachlicher Art und Weise zusammen mit den klinischen Onkologen und den Fachgesellschaften geführt werden und darf nicht auf die strikte Methodik beziehungsweise die Re- gularien eines Health Technology Assess- ments beschränkt bleiben.
Prof. Dr. med. Dirk Arnold, Klinik für Tumorbiologie der Universität Freiburg im Breisgau, 79106 Freiburg
KOMMENTAR
RR über der Armarterie gemessen reicht heute nicht mehr aus, um alle Formen der Hypertonie in jedem Alter ausreichend genau zu charakte- risieren (DÄ 13/2014: „Blutdruckmessung mit- tels Pulswellenanalyse: RR reicht nicht mehr“
von Martin Middeke).
Contergangeschädigte benachteiligt
. . . Zusätzlich versagt diese Messmethode bei gliedmaßengeschädigten Patienten häufig völlig. So bereitet eine korrekte Messung des Blutdrucks nach Riva-Rocci bei Contergangeschädigten mit verkürzten oberen Gliedmaßen häufig sehr große Probleme, und die Validität der erzielten Messergebnisse ist völlig unsicher.
Auf den Internetseiten der Conterganstif- tung (http://www.conterganstiftung.de/in formationen/medizinische_beitraege.htm) finden sich medizinische Beiträge, die mögliche Auswege bei der Blutdruckmes- sung von Gliedmaßengeschädigten für den interessierten (oder frustrierten) Kollegen bereitstellen.
Die Implementierung eines Pulswellen- messverfahrens, welches unabhängig von der vorliegenden Anatomie korrekte Werte liefert, wäre im Sinne gliedmaßengeschä- digter Patienten sehr wichtig.
Derzeit hat diese Gruppe von Behinderten (und das betrifft nicht nur etwa 2 500 Con- tergangeschädigte mit geschädigten Ar- men, sondern alle Menschen mit Schäden der oberen Extremität) keinen Zugang zu einer einfachen, validen, unblutigen und im Idealfall selbst durchführbaren Blut- druckmessung. Das vielleicht wichtigste Werkzeug zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse ist ihnen verwehrt.
Dr. med. Jan Schulte-Hillen, Klinik St. Anna, CH-6006 Luzern
A 1012 Deutsches Ärzteblatt