Die Information:
Bericht und Meinung
AUS DEN BUNDESLÄNDERN
NORDRHEIN-WESTFALEN
Werner Figgen leitet Krankenhaus-
Kommission Westfalen-Lippe
Zum Vorsitzenden der Kranken- haus-Kommission der Landschafts- versammlung Westfalen-Lippe ist der sozialdemokratische Landtags- abgeordnete Werner Figgen ge- wählt worden, der auch Vorsitzen- der des Fachausschusses für So- ziales und Gesundheit ist.
Die Krankenhaus-Kommission be- schäftigt sich mit den Neu- und Umbauten an den Krankenhäusern des Landschaftsverbandes Westfa- len-Lippe. Die für 1976 zur Verfü- gung stehenden 48 Millionen DM werden vorwiegend für die Sanie- rung der 15 psychiatrischen Kran- kenhäuser verwendet. LV-WL
BERLIN
Krankenheime umstritten
In Berlin soll schon jetzt damit be- gonnen werden, kleinere, nach dem Krankenhausfinanzierungsge- setz nicht mehr geförderte Kran- kenhäuser in Krankenheime umzu- wandeln, obwohl über die bun- deseinheitliche Rechtsverordnung über bauliche und personelle Min- destanforderungen an Krankenhei- me noch keine Einigung besteht.
Zunächst sollen in Berlin Einrich- tungen mit zusammen etwa 1500
Betten umgestellt werden.
Diese Krankenheime sollen nach einer Erklärung des Gesundheits- senators Erich Pätzold künftig Pa- tienten aufnehmen, die in ihrer häuslichen Umgebung oder im Al- tenheim nicht sachgemäß behan- delt werden können. Das Kranken- heim wird definiert als Einrichtung für die zeitlich unbegrenzte Versor- gung und ärztliche Betreuung Kranker oder Behinderter verschie-
dener Altersgruppen, bei denen die ärztliche Behandlung durch eine aktivierende Pflege unterstützt wird. Die Patienten sollen so be- treut werden, daß sie ein hohes Maß an Selbständigkeit erlangen oder erhalten, zum Beispiel durch Krankengymnastik und Beschäfti- gungstherapie. Der medizinische Charakter des Krankenhauses soll durch eine wohnliche Atmosphäre ersetzt werden. Die Patienten sol- len nach Krankheitszuständen gruppiert werden.
Berliner Ärzte haben jedoch Be- denken gegen die Krankenheime angemeldet. Professor Dr. Inge- borg Falck, Chefärztin der Inneren Abteilung des Städtischen Kran- kenhauses für Chronisch- und Al- terskranke, weist auf die Erfahrung hin, daß der Übergang von der In- tensiv- auf die Akutstation oder von dort auf die Chronische Abteilung oft empfindliche Reaktionen aus- löst. Besonders der Übergang zur Chronischen Abteilung werde als ein „Abschieben in ein Siechen- haus" und als Zeichen einer hoff- nungslosen Prognose empfunden.
Wenn nun noch eine vierte Katego- rie geschaffen werde, bringe dies abermals Probleme mit sich; denn als Patienten für die Krankenheime kämen doch nur solche in Frage, bei denen alle Möglichkeiten der geriatrischen Behandlung ausge- schöpft sind und eine Rehabilita- tion nicht mehr möglich ist. Nach den Erfahrungen von Frau Profes- sor Falck werden die Patienten der Krankenheime nicht mehr die Mit- tel des Krankenhauses zur Linde- rung ihrer Leiden benötigen — aber ihre Leiden werden auch nicht mehr am Fortschreiten gehin- dert werden können. Viele dieser Patienten würden psychiatrisch Kranke sein, die eher in psychiatri- sche Behandlung gehören.
Die umfassende Diagnose von ge- riatrischen Leiden und die Ab- schätzung der Rehabilitationschan- cen erfordern nach Frau Prof. Falck eine lange Beobachtungszeit, ge- riatrische Spezialkenntnisse und gute Teamarbeit. Nun fehle es
aber schon heute in den chroni- schen Abteilungen an ausreichen- der aktivierender Pflege, die be- sonders viel Personal erfordert.
Nach Ansicht von Frau Falck besteht die Gefahr, daß die neuen Krankenheime zu „Einbahn- abteilungen" werden, wo nur im Todesfall wieder ein Platz frei wird.
In den Chronikerabteilungen dage- gen könne bei einem Durch- schnittsalter von 78 Jahren jährlich jeder dritte Patient entlassen wer- den, und mit mehr Mitarbeitern könnte man diese Zahl sogar noch erhöhen.
Der springende Punkt bei dem ganzen Problem seien die Pflege- kräfte. Frau Prof. Falck weist auch darauf hin, daß im Bundesgebiet für solche Einrichtungen die Tätig- keit der Ersatzdienstleistenden zur Verfügung steht, die es in Berlin nicht gibt. zel
SCHLESWIG-HOLSTEIN
Konsum von harten Drogen nimmt zu
Nach Äußerungen von Staatssekre- tär Prof. Dr. med. Fritz Beske nimmt der Konsum von harten Dro- gen wie Heroin in Schleswig-Hol- stein zu, während die Zahl der Konsumenten von Haschisch und Marihuana langsam zurückgeht. Da vor allem bei 15- bis 18jährigen Schülern die Arzneimittelsucht zu- nimmt, appellierte Prof. Beske an die Ärzte, bei der Verschreibung von Arzneimitteln vorsichtig zu sein, wenn längerer Gebrauch zur Ab- hängigkeit führen kann.
Als besonderes Problem stellte der Staatssekretär den steigenden Al- koholmißbrauch heraus; 42 Prozent der Patienten in den Landeskran- kenhäusern Schleswig-Holsteins seien Alkoholkranke. Die Landes- regierung betrachte die Bekämp- fung der Sucht- und Rauschmittel- abhängigkeit als eine ihrer dring- lichsten Aufgaben und habe dafür seit 1972 etwa 6 Millionen DM aus-
gegeben.
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1964 Heft 30