Die Information:
Bericht und Meinung
Freizügigkeit nunmehr gesetzlich verankert
Die „EG-Ärzte-Richtlinien" sind am 19. Dezember vergangenen Jahres in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft nach 18monatiger Einführungsfrist ver- bindlich geworden. Für die Bun- desrepublik Deutschland war bis zu diesem Zeitpunkt noch keine gesetzliche Regelung erfolgt.
Diese hatte sich auch nicht als zwingend notwendig erwiesen, da die Obersten Gesundheitsbehör- den der Bundesländer bereits im April 1975 aufgrund von Entschei- dungen des Europäischen Ge- richtshofes beschlossen hatten, Staatsangehörigen der EG-Staa- ten, soweit sie ihre Ausbildung in einem dieser Staaten absolvierten, die Möglichkeit zur freizügigen Berufsausübung gemäß den Richtlinien zu geben.
Durch die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt (Teil I Nr. 57) vom 20. August 1977 wurde die Bundesärzteordnung geändert, und zwar insbesondere in drei Punkten:
> So wird die deutsche Staatsan- gehörigkeit in Zukunft nicht mehr Voraussetzung für die Erteilung der deutschen Approbation als Arzt sein;
> werden die Ausbildungszeug- nisse der EG-Mitgliedsstaaten ge- genseitig anerkannt und
I> eine Bestimmung aufgenom- men, welche die staatliche Geneh- migung zur Erbringung einer ärzt- lichen Dienstleistung in der Bun- desrepublik Deutschland regelt.
Bei der Verabschiedung des Ände- rungsgesetzes sind weder Bun- destag noch Bundesrat der von der Bundesärztekammer vorgetra- genen Anregung gefolgt, nach welcher Ärzte aus EG-Mitglieds- staaten, sofern sie in der Bundes- republik tätig werden wollen, ver- pflichtet werden sollten, die erfor- derlichen Informationen über das in der Bundesrepublik geltende Berufsrecht einzuholen, bevor die Approbation als Arzt erteilt werden
kann. Es wird nun Aufgabe der Länder sein, sicherzustellen, daß in die Bundesrepublik einwan- dernde Ärzte sich über die Ge- sundheits- und Sozial-Vorschrif- ten sowie die geltenden Standes- regeln unterrichten.
Die EG-Ärzte-Richtlinien sind im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT Heft 2/1977, Seite 57 ff. eingehend kommentiert. uer
RCDS gegen Verschulung
des Medizinstudiums
Der Ring Christlich Demokrati- scher Studenten (RCDS) hat davor gewarnt, das Medizinstudium zu einer Medizinschulung und die Medizinischen Fakultäten zu
„Paukanstalten für Prüfungsstoff"
zu degradieren. Diese Gefahr geht nach Ansicht des Studentenver- bandes von einer im Bundesge- sundheitsministerium geplanten Novelle der Approbationsordnung (AO) für Ärzte aus, die u. a. rigide Regelstudienzeiten, die Wieder- einführung von Pflichtvorlesun- gen, aber keine entscheidenden Änderungen beim sogenannten Praktischen Jahr enthält.
Nach einem Hearing im Bundes- gesundheitsministerium zu Fra- gen der Approbationsordnung er- klärte der Sprecher der Bundes- fachtagung Medizin des RCDS, Rudolf Henke: „Die AO-Pläne der Bundesregierung bauen die Aus- bildungsleistung der Medizinfa- kultäten ab. Sie verkehren die ur- sprünglich begrüßenswerten Ziele der Approbationsordnung ins Ge- genteil."
Der RCDS forderte für die Absol- venten des letzten Abschnitts der ärztlichen Ausbildung, des soge- nannten Praktischen Jahres, den Status des studentischen Prakti- kanten einzuführen. Der reine Stu- dentenstatus reiche für eine schrittweise Übernahme ärztlicher Verantwortung rechtlich nicht aus und behindere die Ausbildung. WZ
SCHLESWIG-HOLSTEIN
Mehr Ausbildungsplätze für medizinisch-technische Assistenten
Das Angebot an Ausbildungsmög- lichkeiten für medizinisch-techni- sche Assistentinnen und Assisten- ten der Fachrichtung Labor und Radiologie an der Dr.-Gillmei- ster-Schule in Heide soll erweitert werden. Die Fachschule, die eng mit dem Kreiskrankenhaus zusam- menarbeitet, soll in diesem und im nächsten Jahr je zwölf zusätzliche Ausbildungsplätze erhalten. Ge- genwärtig besuchen 178 Schüler und Schülerinnen die Ausbil- dungsstätte. yn
Beske warnt vor weiterer Belastung
der Krankenversicherung
Vor einer erneuten Umverteilung zu Lasten der Krankenversiche- rung und zugunsten der in Be- drängnis geratenen Rentenversi- cherung hat der Vorsitzende des CDU-Bundesfachausschusses Ge- sundheitspolitik, Staatssekretär Professor Fritz Beske, auf einer Veranstaltung der Bundesapothe- kerkammer in Lübeck-Travemün- de gewarnt.
Trotz aller Warnungen müßten die Krankenversicherungen nach dem
„Kostendämpfungsgesetz" bereits bis 1980 eine zusätzliche 13ela- stung von 32 Milliarden DM zu- gunsten der Rentenversicherung tragen, betonte Beske. Das Netz der sozialen Sicherung in der Bun- desrepublik könne aber nur hal- ten, wenn jeder Teil der Sozialver- sicherung aus sich selbst finan- zierbar bleibt.
In der wachsenden Zahl der Apo- theken (400 Neueröffnungen pro Jahr) bei sinkender Bevölkerungs- zahl sieht Beske ein gesundheits- politisches Problem. Hier werfe sich die Frage auf, ob das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, AUS DEN BUNDESLÄNDERN NACHRICHTEN
2358 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 6. Oktober 1977
BLÜTENLESE
Hammers
Rußland-Handel
„Das Medizinstudium ist die beste Vorbildung für jeden Be- ruf, gleich ob Hotelportier oder Generaldirektor", sagte uns jungen Studenten der greise Chirurg August Bier. Recht hat er.
In den Direktionsräumen des zweieinhalb Milliarden Dollar schweren Erdölkonzerns Occi- dental Petroleum Corporation an New Yorks Madison Avenue residiert als Chairman, Presi- dent and Chief Executive Offi- cer der „Oxy" (so lautet das Börsenkürzel des Konzerns) Dr.
med. Armand Hammer, Jahr- gang 1898. Dieser ehemalige Kollege ist der Promotor des US-amerikanischen Osthan- dels.
Erst vor wenigen Wochen hat er es darin wieder zu einem Mil- liardenabschlu ß gebracht.
Hammers Werk ist zum Beispiel ein Chemiekombinat bei Kuiby- schew, ein Riesen-Handels- und Ausstellungszentrum in Moskau. Sein besonderes Inter- esse gilt der Ausbeutung des sibirischen Erdgases. Als Kolle- ge a. D. Hammer in die „Oxy"
eintrat, war sie eine unbedeu- tende Firma. Heute zählt sie zu den wichtigsten ölkratzem der Welt. Hammers Abkommen mit der Sowjetunion sind perfekt;
also reelle, gute Geschäfte. Das regt zum Nachdenken an, auch zum au ßergeschäftlichen Nach- denken (über Ostpolitik . .).
In Hammers Direktionszimmmer prangen unübersehbar Bilder mit Widmungen von Chru- schtschow und Breschnew. „Im Gegensatz zu Chruschtschow habe ich Lenin persönlich ge- kannt", bemerkt wie nebenher unser ehemaliger Kollege. Er
kam 1921 erstmals nach Ruß- land. Er blieb bis 1930, aber nicht als Arzt, denn die Medizin diente ihm lediglich als eine nützliche Vorbildung. Er wirkte als Fabrikant und als privatka- pitalistischer Konzessionär für amerikanische Firmen in der Zeit der „Neuen ökonomischen Politik" (NEP). Als Stalins Schreckensherrschaft anhub, rettete er sich „wohlbepackt"
(Heinrich Heine) mit einem „or- dentlichen Gewinn" — so lautet die firmenoffizielle Biographie.
1961 kehrte er an die Stätten seiner jugendlichen Erfolge zu- rück. Seitdem ist er mehrmals im Jahr in der UdSSR anzutref- fen. Und die Russen erwiesen sich als treu und anhänglich. In den fast 60 Jahren der Sowjet- herrschaft haben sie tatsäch- lich alle Abkommen peinlich eingehalten. Als 1941 deutsche Panzer in Rußland einbrachen, stießen sie auf lange Güterzü- ge, die unentwegt Getreide in das angreifende Deutschland karrten .
Kollege (a. D.) Hammer hebt mit Stolz hervor, daß ihm in Mos- kau immer die Suite des Hotel National zur Verfügung gestellt wird, die früher Lenin bewohnt hat, jener Lenin, der gesagt hat, daß die Kapitalisten den Strick liefern, an dem sie aufgehängt werden. Die meisten Prophe- tien Lenins haben sich nicht er- füllt. Ob die Sache mit dem Strick zutrifft?
Was hat die Geschichte eines geldmächtigen Erdölkonzerns mit dem DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT zu tun? Erinnern wir uns der „Bierworte. Das Studium der Medizin ist die beste Vorbil- dung für jeden Beruf. Also, weg mit dem Numerus clausus! Es muß doch nicht jeder, der das Staatsexamen bestanden hat, gleich Arzt werden! Dr. Fleiß
Die Information:
Bericht und Meinung
das die Niederlassungsfreiheit der Apotheker festlegte, nicht über- prüft werden müsse. Die Gefahr sei groß, daß sich verstärkt Apo- theker aus dem EG-Raum in der Bundesrepublik niederlassen und das Problem noch verschärfen. yn
BADEN-WÜRTTEMBERG
Ulmer Klinik
nimmt Studiengang
„Zahnmedizin" auf
Das Land Baden-Württemberg plant, an der Universität Ulm ein Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde einzurichten. Zu- nächst sollen jährlich 60 Studien- anfänger im Studiengang Zahn- medizin aufgenommen werden können. Der Ministerrat hat Ende August 1977 diesen Studiengang mit Beginn des Studienjahres 1977/80 genehmigt.
Die Fächer der Vorklinik sind be- reits so weit ausgebaut, daß der Hauptstudiengang für Zahnmedi- zinstudenten bald aufgenommen werden kann. Da die Mittel des Landes für das Klinikbaupro- gramm auf Jahre hinaus bereits gebunden sind, ist für Ulm kein eigener Zahnklinikbau geplant;
bei den bereits im Bau befindli- chen Hörsaalgebäuden sind die Planungen allerdings darauf abge- stellt worden, daß bereits in Kürze die vier Kernfächer der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde mit je- weils einer Abteilung eingerichtet werden können. Die Bettenabtei- lung der Kieferchirurgie soll im be- nachbarten Bundeswehrkranken- haus untergebracht werden, das in Kürze fertiggestellt sein wird. Ver- handlungen sind zwischen dem Land, der Universität und dem Bund bereits aufgenommen wor- den, um diesen erstmals beschrit- tenen Weg zu ebnen. In der End- ausbaustufe soll die Universität Ulm 3000 Human- und zusätzlich 400 Zahnmedizinstudenten auf- nehmen. Gegenwärtig studieren 1800 Medizinstudenten in Ulm. HC
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