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Archiv "Schädel-Hirn-Verletzungen: Folgeschäden vermeiden" (28.07.2006)

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ur fünf Prozent der Patienten, die nach einem Unfall wegen einer aku- ten Schädel-Hirn-Verletzung sta- tionär behandelt wurden, erhielten an- schließend eine Neurorehabilitation.

Von ihnen wurde die Hälfte nicht neuro- psychologisch behandelt, obwohl sie an mental-kognitiven Funktionsstörungen litten. Dieses „unverständliche Defizit“

kritisierte Prof. Dr. med. Klaus von Wild, Münster, bei einer Pressekonferenz der ZNS – Hannelore-Kohl-Stiftung für Ver- letzte mit Schäden des Zentralen Nerven- systems anlässlich der Präsentation einer Studie zur Qualität der Versorgung von Schädel-Hirn-Traumata (SHT). Die nach Angaben der ZNS europaweit größte Pilotstudie analysierte die Versorgung von 6 800 Patienten, die zwischen März 2000 und Februar 2001 in Akutkrankenhäusern der Regionen Hannover und Münster aufgenommen wurden. „Die Ergeb- nisse der Hannover-Münster-Studie sind auf ganz Deutschland übertrag- bar“, erklärte Paul Wenzlaff vom Zentrum für Qualität und Manage- ment im Gesundheitswesen.

Schädel-Hirn-Traumata verschie- dener Schweregrade erleiden in Deutschland im Durchschnitt 330 von 100 000 Einwohnern (Schlag- anfall: 250 von 100 000). Während der Schlaganfall hauptsächlich alte Men- schen trifft, ist SHT die Haupttodesursa- che bei den unter 45-Jährigen. Zuneh- mend ist mit 28 Prozent die Zahl der Kin- der und Jugendlichen mit Schädel-Hirn- Verletzungen. Als Risikogruppen gelten auch alte Menschen über 75 Jahre sowie 20- bis 25-Jährige. Im Gegensatz zu fast allen anderen Ländern steht in Deutsch- land nicht mehr der Verkehrsunfall (26 Prozent) an der Spitze der Ursachen für SHT, sondern mit 52,5 Prozent Stürze bei der Arbeit sowie im Haus und in der Frei- zeit – zunehmend auch bei Kleinkindern.

Nach einem Unfall erfolgt bei zwei Dritteln der Betroffenen die Erstver- sorgung innerhalb einer Stunde, stellte die Studie positiv fest. Selbst ein Groß- teil der nur leicht Schädel-Hirn-Ver- letzten gelangt unter Begleitung eines Arztes in dieser Zeit in eine Klinik. Zwi- schen ländlichen Regionen und städ- tisch strukturierten Gebieten gibt es keine wesentlichen Unterschiede. Mehr als 80 Prozent der Patienten erhält be- reits während der ersten Stunde eine ra- diologische bildgebende Diagnostik.Al- lerdings erhielten 82 Prozent der Patien- ten nur ein Röntgenbild des Schädels

„mit mehr als zweifelhafter Aussage- kraft“, kritisierte Prof. Dr. med. Eckhard Rickels, Ulm, Studieninitiator ebenso wie von Wild und Wetzlaff. Notwendig sei oftmals aber eine Computertomo- graphie. Am Unfallort würden neurolo- gische Schäden nur bei 60 Prozent der Betroffenen festgestellt, „mit der Folge, dass eine nachfolgende Verschlechte- rung nicht erkannt werden kann“. Zu- dem würden schwer Schädel-Hirn- Verletzte häufig nicht intubiert, entge- gen den Leitlinien der Arbeitsgemein- schaft der Wissenschaftlichen Medizini- schen Fachgesellschaften. Die Zahl von

einem Prozent aller Schädel-Hirn-Verlet- zungen mit tödlichem Ausgang (hochge- rechnet rund 2 750 pro Jahr) gilt zudem im internationalen Vergleich als zu hoch.

Prof. von Wild kritisierte nachdrück- lich, dass nur 258 der erfassten 5 221 Hirnverletzten (fünf Prozent) nach der Akutbehandlung in Abteilungen für neurologische oder neurochirurgische Frührehabilitation verlegt würden. Dies sei jedoch dringend erforderlich, um Folgeschäden zu vermeiden. „Durch rechtzeitige Weichenstellung können in- zwischen die geschädigten Funktionen so weit wie möglich wiederhergestellt werden, bevor ein Patient vollends aus der Lebensbahn geworfen wird.“ Die meisten Kosten seien schließlich durch Arbeitsausfall bedingt: Sie werden auf 2,5 Milliarden Euro jährlich geschätzt.

Gelinge die Wiederherstellung nicht vollständig, könnten mithilfe der Neu- ropsychologie Ersatzstrategien für die ausgefallenen oder geschädigten Funk- tionen erarbeitet werden. All dies sei durch Frührehabilitation möglich, „sie

muss nur in Anspruch genommen wer- den“. Auch im ambulanten Bereich las- se das Überweisungsverhalten der Ärz- te zu Neuropsychologen zu wünschen übrig, bemängelte von Wild. Fazit der Experten nach Abschluss der Hanno- ver-Münster-Studie: Die medizinische Versorgung Schädel-Hirn-Verletzter ist besser als ihr Ruf, aber die Qualität muss gehoben werden. Petra Bühring

Literatur

Rickels E, von Wild K, Wenzlaff P, Bock WJ: Schädel-Hirn- Verletzung, Epidemiologie und Versorgung, Ergebnisse ei- ner prospektiven Studie. W. Zuckerschwerdt Verlag 2006.

M E D I Z I N R E P O R T

A

A2020 Deutsches ÄrzteblattJg. 103Heft 3028. Juli 2006

Schädel-Hirn-Verletzungen

Folgeschäden vermeiden

Die Qualität der Versorgung von Schädel-Hirn-Verletzten sollte verbessert werden, ergab eine Pilotstudie an 6 800 Patienten.

Mit Plakat- kampagnen will die Hannelore-Kohl- Stiftung darauf aufmerksam machen, wie wichtig das Tragen eines Fahrradhelms gerade für Kinder ist.

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