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Archiv "Diagnose und Therapie der Gicht: Selbstkontrolle der Harnsäure" (21.05.2004)

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Chirurgische Therapie nicht obsolet

Die Anmerkung, die Tophusverkleine- rung sei obsolet, wird durch die angege- bene Literatur nicht untermauert. Eine solche apodiktische Darstellung im Deutschen Ärzteblatt kann aber schnell zum Standard erhoben werden und in Haftungsprozessen eine Rolle spielen.

Ich stimme der Autorin zu, dass die medikamentöse Therapie in aller Regel einen chirurgischen Eingriff überflüssig macht. Es kann aber nicht geleugnet werden, dass es Patienten gibt, bei denen diese Therapie nicht gelingt, sei es aus Unzuverlässigkeit der Medikamenten- einnahme oder aus anderen Gründen.

Auch diese Patienten kann man nicht im Regen stehen lassen, weil im Ärzteblatt steht, dass die (durchaus wirksame) chir- urgische Therapie obsolet sei.

Priv.-Doz. Dr. med. Bernd Rieck

Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie Städtisches Krankenhaus Hildesheim Weinberg 1, 31134 Hildesheim b.rieck@stk-hildesheim.de

Selbstkontrolle der Harnsäure

Seit Sommer 2000 ist mit dem Mono- meter UA (MEDPRO GmbH, 23923 Lüdersdorf) ein elektrochemisches Kleinanalysesystem auf dem Markt, welches die einfache Bestimmung der Harnsäure aus einem Tropfen Vollblut (zum Beispiel Kapillarblut) ermöglicht.

Solche Systeme werden derzeit vor- rangig zum Screening auf erhöhte Harnsäurewerte eingesetzt (zum Bei- spiel in Apotheken) oder auch zur Akutdiagnostik beim Verdacht auf ei-

nen Gichtanfall in Arztpraxen. Zuneh- mend mehr Patienten berichten uns aber auch, dass sie dieses System zur Harnsäureselbstkontrolle einsetzen.

Hieraus ergibt sich möglicherweise ein neuer Ansatz zum direkten Einbezie- hen des Patienten in die Steuerung sei- ner Therapie, wie es zum Beispiel beim Diabetiker seit Jahren Standard ist.

Seit Frühjahr 2003 ist ein Nachfolge- system auf dem Markt (Glucofast duo, IMCARMED GmbH, 07318 Saalfeld), welches neben der Harnsäurebestim- mung mit einem elektrochemischen Sensor (identisch zum Monometer UA) auch die Glucosebestimmung nach dem selben Grundprinzip in einem Gerät er- möglicht.

Dr. med. Andreas Müller

Medizinisch-Wissenschaftliche Abteilung IMCARMED GmbH

Sonneberger Straße 1, 07318 Saalfeld E-Mail: mueller@imcarmed.de

Diuretika-induzierte Hyperurikämie

Eine Frage allerdings blieb unbeant- wortet: Unter diuretischer Therapie (wegen Herz- oder Niereninsuffizienz) findet man bei asymptomatischen Pati- enten laborchemisch oft höhere Serum- harnsäurespiegel als bei Patienten mit akuten Gichtanfällen.

Wie soll man sich therapeutisch in diesen Fällen verhalten? Reflexmäßig tendiert man dazu bei Harnsäurewer- ten größer 9 mg/dL Allopurinol pro- phylaktisch zu verordnen. Da ich durch den Artikel in Bezug auf die Nebenwir- kungen von Allopurinol sensibilisiert wurde, möchte ich fragen, welche Stra- tegie die Autoren bei der Diuretika-in- duzierten Hyperurikämie vorschlagen.

Dr. med. Eberhard Backus Aachener Straße 566 50226 Frechen

Atypische Frühstadien konsequent behandeln

Mit eindrucksvollen Bildern werden die typischen Prädilektionsstellen in den Endstadien der klassischen Gicht illustriert; es wird mit Recht Früher-

kennung sowie Früh- und Dauerbe- handlung gefordert, um Gelenkschä- den vorzubeugen. Diese wären ver- meidbar, wenn Gicht im Frühstadium erkannt und konsequent behandelt würde. Aber dann ist sie oft atypisch lokalisiert, zum Beispiel im Rücken, im Hand- oder Hüftgelenk, und sie wird als Lumbago, Arthrose oder Osteoporose fehlbehandelt.

Gicht lässt sich nicht durch einmalige Harnsäurebestimmung ausschließen, weil die Obergrenze für normale Se- rumharnsäure mit 6,0 mg/dL oft zu hoch angegeben wird und weil Harnsäure- spitzen, die zu Ablagerungen im Gewe- be führen, bei normaler Nierenfunktion schnell normalisiert werden, also kaum zu erfassen sind.

Dreißig Jahre nach Beginn unserer Überernährung mit Fleischeiweiß ist die durch Gicht verursachte Morbi- dität stark angestiegen. Bei allen rezidivierenden Schmerzzuständen im Bewegungsapparat sollte deshalb zu- erst an Gicht gedacht werden, zumal sie sich erfolgreicher beeinflussen läs- st als alle anderen Gelenkerkrankun- gen. Gicht lässt sich schwierig aus- schließen, nur wenn wiederholte Bestimmungen der Serumharnsäure un- ter 4,0 mg/dL liegen. Ein erhöhtes Krankheitsrisiko besteht bei Stress, Übergewicht, viel Alkohol, Leberschä- den und nach Unterkühlung (besonders im Sommer).

In der Praxis lassen sich Frühstadi- en durch eine probatorische Behand- lung erfassen: Drei bis fünf Wochen lang sollten eine purinarme Ernäh- rung, kein Alkohol, reichlich Flüssig- keit, Wärmeanwendung sowie ein- schleichend ein- bis zweimal täglich 300 mg Allopurinol zur Absenkung des Harnsäurespiegels auf Werte un- ter 3,0 mg/dL (osmotische Sogwir- kung) verordnet werden. Wenn die Beschwerden – abgesehen von reakti- vem Schmerz in den ersten Tagen – während der Probetherapie nachlas- sen, ist das Vorliegen einer Gicht sehr wahrscheinlich. Damit ist auch die In- dikation zu einer Dauertherapie be- ziehungsweise lebenslänglichen Risi- koprophylaxe gegeben.

Prof. Dr. med. Eckart Sturm Ziegelhofstraße 30

26121 Oldenburg M E D I Z I N

A

A1518 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2121. Mai 2004

zu dem Beitrag

Diagnose und Therapie der Gicht

von

Prof. Dr. med. Ursula Gresser in Heft 44/2003

DISKUSSION

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Vermeidung von Exazerbationen

Für die klinische Praxis der Therapie und Prophylaxe der Gichtarthritis möchten wir ergänzende Hinweise ge- ben, die aus unserer Erfahrung und Kenntnis der Literatur die Behandlung optimieren.

Eine harnsäuresenkende Therapie durch Urikostatika (Allopurinol) oder Urikosurika (Benzbromaron) verur- sacht ein Ungleichgewicht der Harn- säurehomeostase zwischen Blut und Gewebe. Bei Senkung des Harnsäure- spiegels im Blut wird Harnsäure aus dem Gewebe mobilisiert. Die Phagozy- tose der freigesetzten Harnsäurekristal- le durch Granulozyten kann zu einer in- flammatorischen Reaktion führen und einen Gichtanfall auslösen. Aus die- sen pathophysiologischen Überlegun- gen ergeben sich unmittelbare Konse- quenzen für die Dauertherapie der Hy- perurikämie. Eine harnsäuresenkende Therapie sollte erst dann begonnen werden, wenn die akute Gichtarthritis völlig abgeklungen ist, um eine Exazer- bation der Symptomatik zu vermeiden.

Mit Beginn einer harnsäuresenken- den Therapie kann es bei 10 bis 25 Pro- zent der Patienten zu gehäuften Gicht- attacken kommen (1, 2). Zur Vorbeu- gung dieser Attacken sollte deshalb die Dosis von Allopurinol langsam gestei- gert werden, um einen raschen Abfall des Harnsäurespiegels im Blut zu ver- meiden. Zum anderen werden nicht- steroidale Antirheumatika (NSAR) in niedriger Dosis (zum Beispiel Diclo- fenac zweimal 25 bis 50 mg/Tag) oder Colchizin (zweimal 0,5 mg/Tag) bei Pa- tienten mit normaler Nierenfunktion häufig als Prophylaxe eines Arthritis- rezidivs für drei bis sechs Monate ein- gesetzt. Dieses Konzept kann jedoch im Hinblick auf die potenzielle Toxi- zität von Colchizin und der NSAR nicht uneingeschränkt empfohlen werden.

Die Prophylaxe ist allerdings bei einem Rezidiv der Gichtarthritis zu Beginn der harnsäuresenkenden Therapie sinn- voll (3).

Literatur

1. Fam AG: Alternate urate-lowering drugs and the ma- nagement of hyperuricemia in allopurinol-intolerant patients. Int J Adv Rheumatol 2003; 1: 122–129.

2. Ferraz MB: An evidenz based appraisal of the mana- gement of nontopheous interval gout. J Rheumatol 1995; 22 1618–1619.

3. Terkeltaub RA: Gout. N Engl J Med 2003; 349: 1647–

1655.

Priv.-Doz. Dr. med. Lars Köhler Prof. Dr. med. Henning Zeidler Priv.-Doz. Dr. med. Jens G. Kuipers Medizinische Hochschule Hannover Abteilung Rheumatologie

Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover E-Mail: Koehler.Lars@MH-Hannover.de

Schlusswort

Für den Hinweis, dass man zu Beginn ei- ner harnsäuresenkenden Dauertherapie einschleichend dosieren sollte, um eine abrupte Senkung der Harnsäure mit dem Risiko, einen akuten Gichtanfall zu pro- vozieren, zu vermeiden, bedanke ich mich. Ich kann dies nur unterstützen, ebenso wie die Empfehlung, eine erstma- lige harnsäuresenkende Dauertherapie erst nach dem völligen Abklingen einer akuten Gichtarthritis zu beginnen. Wenn man dies beachtet, wird der Patient in der Regel nicht unter vermehrten Gichtan- fällen in den ersten Therapiemonaten lei- den. Die Anfallsprophylaxe, zum Bei- spiel mit Colchicin, wird in der wissen- schaftlichen Literatur unterschiedlich bewertet, der Nutzen ist umstritten, und ich verzichte bei meinen Patienten da- rauf. Die Erfahrungen von Herrn Kolle- gen Sturm kann ich bestätigen, die Gicht kann chamäleonartig und in den unter- schiedlichsten Formen auftreten. Das Wichtigste ist, dass man an die Gicht denkt. Die vorgeschlagene probatorische Behandlung geht etwas weit und ist in der heutigen Zeit wohl nur selten praktikabel. Andere Methoden zur Dia- gnostik sind zuverlässiger. Die Hyperuri- kämie bei Patienten mit Niereninsuffizi- enz und/oder Diuretikatherapie ist ein besonderes Problem, und ich danke Herrn Kollegen Backus für seine Frage.

Das Auftreten einer Gicht beruht auf zwei Faktoren: der Hyperurikämie und einer genetischen Veranlagung. Ohne diese genetische Veranlagung treten Gichtanfälle auch bei hohen Harnsäure- werten nur selten auf. Das heißt, dass man bei Niereninsuffizienz und/oder Di- uretikatherapie höhere Harnsäurewerte hinnehmen kann, ohne für den Patienten Schaden fürchten zu müssen. Insbeson-

dere bei Niereninsuffizienz sollte man mit Allopurinol zurückhaltend sein, gün- stiger wäre hier das Kombinationspräpa- rat aus 100 mg Allopurinol und 20 mg Benzbromaron oder ein Benzbromaron- Monopräparat. Auf jeden Fall muss bei jeder Allopurinol-Therapie in Abhängig- keit von der Kreatininclearance und eventuellen Begleitmedikationen die zulässige Höchstdosis nach Roter Liste beziehungsweise Beipackzettel ermittelt werden. Seit der Entwicklung wirksamer harnsäuresenkender Medikamente für die Gicht ist die chirurgische Therapie nur noch für Notfälle (zum Beispiel aku- te Nervenkompression durch einen To- phus) indiziert. Selbst größte Tophi las- sen sich medikamentös auflösen, und das an dieser Stelle von Uratkristallen durch- setzte Gewebe stellt sich wieder her.

Scheinbar irreversibel zerstörte Gelenke gewinnen ihre Form und Funktion wie- der. Die Gicht ist eine systemische, den ganzen Körper betreffende Erkrankung, und insbesondere bei Patienten mit feh- lender Krankheitseinsicht und unzuver- lässiger Medikamenteneinnahme gibt es bei der Gicht keine Indikation zur Ge- websentfernung. Herr Rieck hat insofern recht, als eine Tophusverkleinerung bei akuter Nervenkompression, was aller- dings extrem selten ist, in Haftungspro- zessen als gerechtfertigt eingestuft wer- den kann. Die Harnsäurebestimmung durch den Patienten kann durchaus sinn- voll sein. Die Behandlung der Gicht muss lebenslang erfolgen. Wenn der Patient korrekt diagnostiziert und medika- mentös eingestellt ist, könnte man durch die Selbstbestimmung der Harnsäure Arztbesuche und Kosten sparen. Dabei würde es – je nach Patient – genügen, wenn die Harnsäurewerte alle ein bis zwei Wochen gemessen und dokumen- tiert würden. So kann der Arzt bei der nächsten Konsultation auf einen Blick sehen, ob die Medikamentendosis den Lebensumständen des Patienten ent- spricht. Ich danke Herrn Müller für den Hinweis, der in Zeiten von Praxisgebühr und knappen Kassen eine interessante Möglichkeit der Kosteneinsparung auf- zeigt.

Prof. Dr. med. Ursula Gresser

Praxisklinik für Ambulante Operationen und Innere Medizin Tegernseer Landstraße 8, 82054 Sauerlach bei München E-Mail: gresser.holzheimer@t-online.de

www.praxisklinik-sauerlach.de M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2121. Mai 2004 AA1519

Referenzen

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