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Archiv "Diagnose und Therapie der Gicht: Schlusswort" (21.05.2004)

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Vermeidung von Exazerbationen

Für die klinische Praxis der Therapie und Prophylaxe der Gichtarthritis möchten wir ergänzende Hinweise ge- ben, die aus unserer Erfahrung und Kenntnis der Literatur die Behandlung optimieren.

Eine harnsäuresenkende Therapie durch Urikostatika (Allopurinol) oder Urikosurika (Benzbromaron) verur- sacht ein Ungleichgewicht der Harn- säurehomeostase zwischen Blut und Gewebe. Bei Senkung des Harnsäure- spiegels im Blut wird Harnsäure aus dem Gewebe mobilisiert. Die Phagozy- tose der freigesetzten Harnsäurekristal- le durch Granulozyten kann zu einer in- flammatorischen Reaktion führen und einen Gichtanfall auslösen. Aus die- sen pathophysiologischen Überlegun- gen ergeben sich unmittelbare Konse- quenzen für die Dauertherapie der Hy- perurikämie. Eine harnsäuresenkende Therapie sollte erst dann begonnen werden, wenn die akute Gichtarthritis völlig abgeklungen ist, um eine Exazer- bation der Symptomatik zu vermeiden.

Mit Beginn einer harnsäuresenken- den Therapie kann es bei 10 bis 25 Pro- zent der Patienten zu gehäuften Gicht- attacken kommen (1, 2). Zur Vorbeu- gung dieser Attacken sollte deshalb die Dosis von Allopurinol langsam gestei- gert werden, um einen raschen Abfall des Harnsäurespiegels im Blut zu ver- meiden. Zum anderen werden nicht- steroidale Antirheumatika (NSAR) in niedriger Dosis (zum Beispiel Diclo- fenac zweimal 25 bis 50 mg/Tag) oder Colchizin (zweimal 0,5 mg/Tag) bei Pa- tienten mit normaler Nierenfunktion häufig als Prophylaxe eines Arthritis- rezidivs für drei bis sechs Monate ein- gesetzt. Dieses Konzept kann jedoch im Hinblick auf die potenzielle Toxi- zität von Colchizin und der NSAR nicht uneingeschränkt empfohlen werden.

Die Prophylaxe ist allerdings bei einem Rezidiv der Gichtarthritis zu Beginn der harnsäuresenkenden Therapie sinn- voll (3).

Literatur

1. Fam AG: Alternate urate-lowering drugs and the ma- nagement of hyperuricemia in allopurinol-intolerant patients. Int J Adv Rheumatol 2003; 1: 122–129.

2. Ferraz MB: An evidenz based appraisal of the mana- gement of nontopheous interval gout. J Rheumatol 1995; 22 1618–1619.

3. Terkeltaub RA: Gout. N Engl J Med 2003; 349: 1647–

1655.

Priv.-Doz. Dr. med. Lars Köhler Prof. Dr. med. Henning Zeidler Priv.-Doz. Dr. med. Jens G. Kuipers Medizinische Hochschule Hannover Abteilung Rheumatologie

Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover E-Mail: Koehler.Lars@MH-Hannover.de

Schlusswort

Für den Hinweis, dass man zu Beginn ei- ner harnsäuresenkenden Dauertherapie einschleichend dosieren sollte, um eine abrupte Senkung der Harnsäure mit dem Risiko, einen akuten Gichtanfall zu pro- vozieren, zu vermeiden, bedanke ich mich. Ich kann dies nur unterstützen, ebenso wie die Empfehlung, eine erstma- lige harnsäuresenkende Dauertherapie erst nach dem völligen Abklingen einer akuten Gichtarthritis zu beginnen. Wenn man dies beachtet, wird der Patient in der Regel nicht unter vermehrten Gichtan- fällen in den ersten Therapiemonaten lei- den. Die Anfallsprophylaxe, zum Bei- spiel mit Colchicin, wird in der wissen- schaftlichen Literatur unterschiedlich bewertet, der Nutzen ist umstritten, und ich verzichte bei meinen Patienten da- rauf. Die Erfahrungen von Herrn Kolle- gen Sturm kann ich bestätigen, die Gicht kann chamäleonartig und in den unter- schiedlichsten Formen auftreten. Das Wichtigste ist, dass man an die Gicht denkt. Die vorgeschlagene probatorische Behandlung geht etwas weit und ist in der heutigen Zeit wohl nur selten praktikabel. Andere Methoden zur Dia- gnostik sind zuverlässiger. Die Hyperuri- kämie bei Patienten mit Niereninsuffizi- enz und/oder Diuretikatherapie ist ein besonderes Problem, und ich danke Herrn Kollegen Backus für seine Frage.

Das Auftreten einer Gicht beruht auf zwei Faktoren: der Hyperurikämie und einer genetischen Veranlagung. Ohne diese genetische Veranlagung treten Gichtanfälle auch bei hohen Harnsäure- werten nur selten auf. Das heißt, dass man bei Niereninsuffizienz und/oder Di- uretikatherapie höhere Harnsäurewerte hinnehmen kann, ohne für den Patienten Schaden fürchten zu müssen. Insbeson-

dere bei Niereninsuffizienz sollte man mit Allopurinol zurückhaltend sein, gün- stiger wäre hier das Kombinationspräpa- rat aus 100 mg Allopurinol und 20 mg Benzbromaron oder ein Benzbromaron- Monopräparat. Auf jeden Fall muss bei jeder Allopurinol-Therapie in Abhängig- keit von der Kreatininclearance und eventuellen Begleitmedikationen die zulässige Höchstdosis nach Roter Liste beziehungsweise Beipackzettel ermittelt werden. Seit der Entwicklung wirksamer harnsäuresenkender Medikamente für die Gicht ist die chirurgische Therapie nur noch für Notfälle (zum Beispiel aku- te Nervenkompression durch einen To- phus) indiziert. Selbst größte Tophi las- sen sich medikamentös auflösen, und das an dieser Stelle von Uratkristallen durch- setzte Gewebe stellt sich wieder her.

Scheinbar irreversibel zerstörte Gelenke gewinnen ihre Form und Funktion wie- der. Die Gicht ist eine systemische, den ganzen Körper betreffende Erkrankung, und insbesondere bei Patienten mit feh- lender Krankheitseinsicht und unzuver- lässiger Medikamenteneinnahme gibt es bei der Gicht keine Indikation zur Ge- websentfernung. Herr Rieck hat insofern recht, als eine Tophusverkleinerung bei akuter Nervenkompression, was aller- dings extrem selten ist, in Haftungspro- zessen als gerechtfertigt eingestuft wer- den kann. Die Harnsäurebestimmung durch den Patienten kann durchaus sinn- voll sein. Die Behandlung der Gicht muss lebenslang erfolgen. Wenn der Patient korrekt diagnostiziert und medika- mentös eingestellt ist, könnte man durch die Selbstbestimmung der Harnsäure Arztbesuche und Kosten sparen. Dabei würde es – je nach Patient – genügen, wenn die Harnsäurewerte alle ein bis zwei Wochen gemessen und dokumen- tiert würden. So kann der Arzt bei der nächsten Konsultation auf einen Blick sehen, ob die Medikamentendosis den Lebensumständen des Patienten ent- spricht. Ich danke Herrn Müller für den Hinweis, der in Zeiten von Praxisgebühr und knappen Kassen eine interessante Möglichkeit der Kosteneinsparung auf- zeigt.

Prof. Dr. med. Ursula Gresser

Praxisklinik für Ambulante Operationen und Innere Medizin Tegernseer Landstraße 8, 82054 Sauerlach bei München E-Mail: gresser.holzheimer@t-online.de

www.praxisklinik-sauerlach.de M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2121. Mai 2004 AA1519

Referenzen

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