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Archiv "Keine Therapie vor der Diagnose!" (10.11.1977)

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(1)

KONGRESS-NACHRICHTEN

Die Füße der Diabetiker

Viel zu selten wird an die Spät- komplikationen an den Füßen von meistens schlecht eingestell- ten Zuckerkranken gedacht.

(Professor Dr. H. Sauer, Klinik für Diabeteskranke, Bad Oeynhau- sen). Es handelt sich um die Fol- gen der diabetischen Mikro- und Makroangiopathie, der Neuropa- thie und der Infektionen, die durch Hyperglykämien gefördert werden: ausgedehnte superinfi- zierte Pilzinfekte zwischen den Zehen, Nekrosen an den Fußsoh- len im Gefolge von infizierten Blasen, neuropathische Kno- chennekrosen (wie bei Tabes) im Tarsal- und Metatarsalbereich sowie infizierte Hautkeratosen.

Aufgrund der Neuropathie spü- ren das die Zuckerkranken eben- sowenig wie mechanische oder thermische Verletzungen. Des- halb muß man die Füße bei der Untersuchung von Diabetikern regelmäßig inspizieren, auch wenn der Patient nichts sagt. WP

(4. Internationaler Seminarkongreß der Deutschen Gesellschaft für medizinische Diagnostik, Juli/August 1977, Montreux)

Frühsynovektomie bei Polyarthritis

Mit der Entfernung der Pars syn- ovialis der Gelenkkapsel und der Sehnenscheiden wird der chroni- schen Polyarthritis die Masse des krankmachenden Gewebes ent- zogen (Dr. W. Laschner, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Baumann, Alexanderstraße, Stuttgart). Deshalb so früh wie möglich operieren. Synovekto- mie ist eine der wirksamsten Maßnamen der Basistherapie. Sie hat einen mechanischen immun- suppressiven Effekt. — Vorausset- zungen: es muß sich mit absolu- ter Sicherheit um eine chroni- sche Polyarthritis handeln. Die Zeitspanne der primären Spon- tanremission von drei bis sechs Monaten läßt man tunlichst ver-

streichen (falls nicht schon Pro- gression vorliegt). Dann sollte man mit dem Eingriff aber nicht mehr zögern, mit dem im Krank- heitsstadium 1 zahlreiche Heilun- gen erzielt werden. — Auch die sogenannte Spätsynovektomie hat ihren Sinn. Dann sind aller- dings Knorpel und gar Knochen meistens schon lädiert. Dauerer- folge sind entsprechend seltener.

— Eine Synovektomie kann theo- retisch an allen Gelenken durch- geführt werden. Die Sehnen- scheidensynovialis nicht verges- sen! Praktisch stehen die Eingrif- fe an Knie-, Fuß-, Hand-, Finger- gelenken im Vordergrund. WP

(4. Internationaler Seminarkongreß der Deutschen Gesellschaft für Diagnostik, Ju- li/August 1977, Montreux)

Ovarialkarzinom in Israel

In der Zeit von 1960 bis 1971 wur- den in Israel 1659 primäre Ova- rialkarzinome diagnostiziert (17,2 auf 100 000 Frauen über 15 Jahre). 75 Prozent der Patienten befanden sich in dem Alter zwi- schen 45 und 74 Jahren. Es zeigt sich, daß das Vorkommen bei Frauen europäischer und ameri- kanischer Abstammung dreimal so hoch war, als bei Frauen asia- tischer und afrikanischer Ab- stammung. In 85 Prozent konnte die Diagnose erst im fortgeschrit- tenen Stadium gemacht werden.

Nur bei 15 Prozent lag ein Sta- dium la vor. Der häufigste Tumor war das seröse Zyst-Adenokarzi- nom (41 Prozent). Die Fünfjah- resüberlebenszeit betrug 15 Pro- zent zwischen 1960 und 1965 und

steigerte sich auf 22 Prozent während 1966 bis 1971. Die Pro- gnose wird beeinflußt vom Alter der Patientin, von vorhandenen klinischen Symptomen, dem kli- nischen Stadium bei der Dia- gnose, der Histologie des Tu- mors, dem Vorhandensein von Aszites und der Art der Behand- lung. (I. G. Schenker und M. Ma- zor, Department of Obstetrics &

Gynaecology, Hadassah Univer- sity Hospital, Jerusalem, Isra-

el). MS

(Internat. Kongreß für Geburtshilfe und Gy- näkologie der Türkei, lszmir 1977)

Hereditäre Synkopen

Krampfanfälle im Kindesalter müssen durchaus nicht immer gleich als Epilepsie rubriziert werden, auch nicht bei familiärer Häufung! Nicht nur EEG schrei- ben lassen, sondern stets auch ein EKG; denn hereditäre Synko- pen treten auch bei angeborener verlängerter QT-Dauer auf (Dr.

Freya Benzing, Universitätskin- derklinik Mainz). Die Mortalität während der Kindheit ist hoch. In Familien mit gehäuften plötzli- chen Kinder-Todesfällen kann man lange QT-Dauer gehäuft nachweisen. Pathogenese unbe- kannt. Rechtzeitige kardiale The- rapie ist oft erfolgreich, antikon- vulsive Behandlung dagegen nie. WP

(74. Deutscher Kinderärztekongreß, Sep- tember 1977, Kiel)

Keine Therapie vor der Diagnose!

Diese Warnung scheint heute notwendiger denn je zu sein, ob- wohl sie dem Arzt unverständlich ist. Sie gilt indes der aktuellen Gefahr einer allzu vordergründi- gen und einseitigen Betrachtung der psychologischen Aspekte ei- nes Menschen in kranken Tagen (Professor Dr. D. Langen, Klinik für Psychotherapie der Universi- tät Mainz). Bevor ein kranker Mensch behandelt wird, muß man wissen, weshalb man das tut, also die Diagnose kennen.

Das gilt vor allem auch für Psy- chotherapie, wo es ohne klare Diagnostik ebensowenig Be- handlungsberechtigung gibt wie in der somatischen Medizin. WP

(29. Deutscher Therapiekongreß, August/

September 1977, in Karlsruhe)

2682 Heft 45 vom 10. November 1977

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

KARZINOMSERIE:

Das TNM-System zur Klassifikation maligner Tumoren

Professor Dr. Otto-Arno Scheibe

Wenn ein Tumor mit 1 Zentimeter Durchmesser in der Mamma erstma- lig tastbar wird, entscheidet nicht seine Größe über die Prognose, son- dern der zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Befall regionaler Lymphknoten der 1. oder 2. Station. Diese Tatsache würdigt Kaiser (5) an 1385 retrospektiv eingeordneten Mammakarzinomen. Er stellt fest, daß gesonderte Befunderhebungen von Primärtumor, Lymphknotenbe- fund und Fernmetastasen eine we- sentlich exaktere Aussage über die Prognose erlauben als Stadienein- teilungen, die diese Befunde vermi- schen.

Das von dem Stuttgarter Chirurgen Steinthai angegebene Einteilungs- schema, das sich ursprünglich nur auf drei Stadien stützt, vermengt im Stadium zwei Größe des Primärtu- mors, Einbruch in die Muskelfaszie und Befall der örtlichen Lymphkno- ten. Daß diese Vermengung falsche Zahlen ergibt, zeigt die Einteilung des gleichen Krankengutes (5) nach TNM: T = Tumor, N

=

Noduli (Lymphknoten), M = Metastasen.

Tumoren bis zu 5 Zentimeter weisen eine 50-60prozentige 1 0-Jahre- Überlebensfrist auf, wenn Lymph- knoten nicht befallen waren. Die gleichen Tumorgrößen zeigen aber eine nur noch 20-30prozentige 10- Jahre-Überlebensfrist, wenn die Lymphknoten befallen waren, und entsprechen der Prognose von Pri- märtumoren über 5 Zentimeter ohne Befall der Lymphknoten.

Allein die Gegenüberstellung von T 1- und T 2-Befunden ohne und mit

Lymphknotenbefall beweist, wie wichtig die getrennte Erfassung und Beschreibung von T- und N-Befun- den ist. Dies heißt nicht, daß bei klei- nen Zahlen bestimmte Gruppen zu- sammengezogen und aus ihnen Sta- dien gebildet werden können. Das TNM-System berücksichtigt und empfiehlt eine Stadienbildung für verschiedene seiner Lokalisationen.

So ist zum Beispiel im Stadium 3 des Mammakarzinoms die Kombination von T 3 und T 4 mit jedem N zu fin- den, wenn Fernmetastasen noch nicht nachweisbar sind. Umgekehrt kommen ins Stadium 1 nur Patien- ten mit Tumoren bis zu 2 Zentimeter Größe aber ohne positiven Lymph-

..,.. Steinthai I. Das Karzinom ist auf die Brustdrüse be- schränkt, ohne mit der Haut oder dem Pectoralis verwach- sen zu sein. Die Achselhöhle ist frei. Lymphdrüsenbefund histologisch negativ.

..,.. Steinthai II. Das Karzinom ist mit der Haut oder dem Pec- toralis verwachsen. ln der Achselhöhle sind harte Drü- sen fühlbar. Lymphdrüsenbe- fund histologisch positiv.

..,.. Steinthai 111. Das Karzinom ist mit der Brustwand ver- wachsen. Außerdem sind harte, supraklavikuläre Drü- sen nachweisbar.

Darstellung 1: Steinthais Eintei- lung des Brustkrebses 1905

An Beispielen verschiedener Organtumoren wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Ausbreitung einer Krebs- krankheit strikt nach Primär- tumor, Lymphknotenbefall und Fernmetastasen getrennt darzustellen (TNM-System).

Kleine Tumoren mit Lymph- knotenbefall haben oft schlechtere Prognosen als große Tumoren ohne Lymph- knotenbefalL So eignet sich das Steinthai-Schema heute für das Mammakarzinom nicht mehr. da es Ausbreitung und Lymphknotenbefall vermengt;

Steinthai "wertet" statt zu

,.befunden".

knotenbefund und ohne Fernmeta- stasierung; der bis 2 Zentimeter große Primärtumor kann die Pekto- ralisfaszie ergriffen haben (a bzw. b).

Der in der Prognose richtunggeben- de Lymphknotenbefall beschränkt sich nicht nur auf das Mammakarzi- nom. Auch am Kolonkarzinom zeigt sich, daß der Infiltrationsgrad der Darmwand die mittlere 5-Jahre- Überlebensfrist zwar von 45 auf 65 Prozent pendeln läßt, der Mitbefall der Lymphknoten aber bei jeder ln- filtrationstiefe des Primärtumors, die 5-Jahre-Erlebensgrenze auf 20 Pro- zent absenkt. Diese Einteilungen sind von Bokelmann und Seufert (1) am Heidelberger Krankengut erar- beitet und der UICC (Internationale Union gegen den Krebs) zur Aufnah- me vorgelegt worden. Die frühere Einteilung beim Kolon- und Rektum- krebs wurde 1974 von der UICC zu- rückgezogen.

Auch für das Bronchuskarzinom ha- ben Karrer u. M. (6) die TNM-Emp- fehlung zugrunde gelegt und zeigen können, daß der Befall regionaler Lymphknoten die Lebenserwartung von ca. 65 auf etwa 35 Prozent senkt.

Die Fernmetastasierung einschließ- lich des Befalls von Lymphknoten am Scalenus, am Hals oder am ge- genüberliegenden Hilus sowie Hirn-

(3)

+ 23 weitere

Befundkategorien

N +

-- T

3/4 --2a1-

2 N

- -

m+(m I )

T3/4 "+

40 60 80 100 120 20

\01.1 NO 1 'A-

" T2 NO

Ti N,M 0 2 N,M, T T3 N 0 M 0 T,N o M o 100

80-

60-

40-

20-

0 1 i 1 i

Diagn. 1 2 3 4 5 Jahre nach Diagnosestellung

100

Normalbevölkerung

90-

0 53 Jahre

80- 70-

68,5 60-

50- T 1 -4 49,3

40-

30- 34,1

20- T1 -4 N1 -

2 20,8 10 -

TNM-System

Steinthal

Patienten-Zahl

I 409

II 841

III 145

TNM

Patienten-Zahl

0-0 T1 NO MO 409

- T1 N+ MO 283

- T2 NO MO 189

- T2 N + MO 359

- T3 + 4 NO MO 19

0- - -<3 T3 N + MO 36 o- --o T4 N + MO 39

o fl M + 51

Darstellung 2: Retrospektive Auswertung von 1385 Mammakarzinomen nach Steinthal und nach TNM (vergleichen Sie Text, zitiert nach Kaiser und Karrer)

1 1 1 1 1

1 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre

Darstellung 3: Einfluß des Infiltrationsgrades von 239 Kolonkarzinomen auf die 5-Jahre-Uber- lebensrate (nach Bokelmann 1975)

Darstellung 4: Uberlebenschance des Kolonkarzinomkranken in Abhängigkeit vom Lymphknotenbefall (nach Bokelmann und Seufert

1976)

2684 Heft 45 vom 10. November 1977

DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT

(4)

35 I V TNM-Stadien

III

24'

111

6 12 18 24 6 12 18 24 6 12 18 24 Monate nach Operation

radikal operierte Patienten mit Polychemotherapie (n = 150)

24.

randomisierte Kontrollen:

radikal operierte Patienten ohne Polychemotherapie (n = 183)

Darstellung 5: Einfluß von Lymphknotenbefall und Fernmetastasierung am Beispiel des Bronchuskarzinoms (TNM-Stadium auf dem UICC-Vorschlag des Jahres 1970) - nach Karrer, Bridun und Denck 1976

31 11

27 100

90 80 70 60 50 40 30 20 10

Übe rle be ns ra te in %

I 1 i 6 12 18 24

und Knochenmetastasen verringern die 2-Jahre-Überlebenschance auf knapp 20 Prozent.

Die besseren Ergebnisse von Lord Brock (2) bei insgesamt 293 Patien- ten lassen sich mit diesen Angaben nicht vergleichen, da diese Patien- ten nicht exakt nach Primärtumor, Lymphknotenbefall und Fernmeta- stasierung unterteilt sind. Es wird hier zum Beispiel davon gespro- chen, daß ein gut lokalisierter Tumor einmal mit einer Lobektomie behan- delt werden kann; andererseits führt der Autor die einfache Pneumonek- tomie oder die radikale Pneumonek- tomie bei Fällen aus, die scheinbar auch im Lymphknotenbefall weiter ausgedehnt sind. Brock (2) bezieht seine Überlebenschance bei Patien-

ten, die teilweise bis zu 20 Jahren nachverfolgt wurden, allein auf den Eingriff. Die Ausweitung des Ein- griffs hängt aber selbstverständlich von der Ausdehnung des Tumors ab; es handelt sich also um eine indirekte und damit nicht reprodu- zierbare Befundbeschreibung. Ein Vergleich der Arbeiten wäre also nur möglich, wenn die beiden Autoren in der Einteilung des Krebsbefalles gleich vorgehen. Dies muß in Zu- kunft garantiert werden, damit nicht Brocksche 5-Jahre-Überlebensfre- quenzen nach der Lobektomie von 41 Prozent, nach der einfachen Pneumonektomie von 30 Prozent und nach der radikalen Pneumonek- tomie von 39 Prozent ohne Bezug zur Krebsausdehnung im Raume stehen.

Eine andere 20-Jahre-Studie aus der Bonner Klinik (4) ist, wenn auch re- trospektiv, nach TNM eingeteilt. Die Autoren bestätigen, daß die Überle- benschancen vom Tumorstadium entscheidend abhängen. 31 Prozent der insgesamt 1929 Patienten aus 20 Jahren konnten reseziert werden.

Von diesen erlebten 27 Prozent 5 und 11,3 Prozent 10 Jahre. Diese Zahlen, im Verhältnis immer noch hoch, liegen aber deutlich unter den Zahlen von Brock; bei Brock ist also eine Selektion, vor allem für die Pneumonektomie und die erweiterte Pneumonektomie anzunehmen.

Was für Mamma-, Kolon- und Bron- chialkarzinom gilt, bestätigt sich auch beim Magenkarzinom. Hier ist die späte Symptomatik mit einem

(5)

radikale Resektion palliative Res.

palliativ o. Res.

Inoperabel

31,6 Überlebens- chancen von Re- zidivpatienten in Abhängigkeit von der operati- ven Behandlung (nach Bokel- mann und Seu-

5 Jahre

fert 1976)

100 90- 80- 70- 60- 50- 40- 30- 20- 10-

57,9

TNM-System

hohen Prozentsatz bereits befalle- ner Lymphknoten bei der Laparoto- mie für die schlechte Prognose ver- antwortlich. So beträgt nach Ehlers (3) die 5-Jahre-Erlebensrate etwa 10 Prozent, wenn Lymphknoten befal- len waren.

Frühe Stadien, das heißt ohne Lymphknotenbefall, zeigen nach dem gleichen Autor 5-Jahre-Überle- benschancen von 70 Prozent. Dies muß aber im Lichte der niedrigen Resektionsfrequenz von 40 bis 60 Prozent und einer verhältnismäßig hohen Resektionsletalität von 20 bis 30 Prozent sowie der Symptom- armut dieser Krebslokalisation gese- hen werden.

Die Krebsausdehnung spielt nicht nur beim Primärbefund, sondern auch beim Rezidiv eine Rolle. So konnte Bokelmann (1) am Kolonkar- zinomrezidiv zeigen, daß kurative Resektionen, das heißt Kranke ohne Ausbreitung des Rezidivs über die regionalen Lymphknoten hinaus noch eine 5-Jahre-Erlebensrate von 31,6 Prozent haben.

Anhand der aufgeführten Beispiele mag klargeworden sein, daß die Prognose primär niemals vom Aus-

maß der operativen oder jeder ande- ren Behandlung abhängt, sondern allein von der Ausbreitung des Tu- mors und von seiner Streuung. Die Ausdehnung der Behandlung richtet sich selbstverständlich nach diesem Primärbefund. So wird niemand bei Vorliegen von Fernmetastasen mehr als die palliative Resektion eines stenosierenden Dickdarmtumors durchführen.

Andererseits entspricht Primärbe- fund nicht gleich Primärbefund: das heißt, dem TNM-System liegt nach Spiessl (7) die Hypothese zugrunde, daß die anatomische Ausdehnung der Krebskrankheit erfaßt werden kann. Diese Stärke, aber auch Schwäche des Systems hat Spiessl neben anderem herausgearbeitet.

Beim Einsatz zahlreicher differenter Untersuchungsverfahren können sich unterschiedlichste Ausbrei- tungsgrade unter ein und derselben TNM-Formel verbergen.

Es ist deshalb wichtig, in der vom deutschsprachigen TNM-Ausschuß vorgeschlagenen und von der UICC angenommenen C (Certainty-)Kate- gorie festzulegen, wie die Aussage zustande kam. Ob unter minimaler oder maximaler Sicherung der Fak-

ten, ob nur mit der tastenden Hand oder unter Heranziehung techni- scher Untersuchungsmöglichkeiten.

Ein röntgenologisch erhobener T- Befund am Magen kann deshalb nicht die gleiche Aussagekraft ha- ben wie der eines T-Befundes nach Laparotomie (aber vor Resektion).

Beide diagnostischen Wege läßt die UICC zur Erfassung des präthera- peutischen Befundes zu. Diese Be- funde sind dann „gleichwertige"

Ausgangsbefunde für therapeuti- sche Vergleiche. Die durch C er- gänzte Tumorformel des TNM-Sy- stems (TC NC MC) sollte nicht nur jedem Therapievergleich zugrunde liegen, sondern als Kurzschrift der Krebsausdehnung, die Basis jeden Gesprächs zwischen Ärzten über ei- nen Krebskranken sein.

Die grundsätzlichen Unterteilungen von T, N und M werden durch ge- naue Unterteilungen bei bis heute 24 Regionen ergänzt (8). Diese Ergän- zungen sind auf die speziellen Ge- gebenheiten der Organtumoren aus- gerichtet; in einführenden Bemer- kungen finden sich Regeln für die Einteilung an jedem Organ. Gele- gentlich werden in Anmerkungen weitere Komplikationsmöglichkei- ten, Fistelbiidungen usw. erwähnt.

Am Ösophagus zum Beispiel bedeu- tet dies, daß regionale Lymphknoten nur für den Tumor im zervikalen An- teil tastbar und beschreibbar sind.

Beim intrathorakalen Ösophagus muß das Symbol N X verwendet wer- den, da eine präoperative Beurtei- lung der Lymphknoten nicht mög- lich ist. Durch die postoperative An- hängung von + und — kann aber der präoperative N X-Befund auch beim intrathorakalen Ösophagus- karzinom nach der Operation ent- sprechend dem Befall der Lymph- knoten ergänzt werden. Diesen zu- sätzlichen Hinweis zum präthera- peutischen Befund gestattet die UICC ausdrücklich. Auch beim Öso- phaguskarzinom empfiehlt die UICC wie bei 8 der 28 Lokalisationen eine Stadieneinteilung; das heißt, sind die einzelnen Kategorien mit zu we- nig Fällen belegt, können diese beim Ösophaguskarzinom zu insgesamt 3 Stadien zusammengezogen werden.

2686 Heft 45 vom 10. November 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(6)

Auflösung der Komponenten:

T N M

in Kategorien:

T 0 = Primärtumor nicht auffindbar TIS = Carcinoma in situ

T1 T2 T3 T4

N 0 = klinisch kein regionärer M 0 = keine nachweisbaren

Lymphknotenbefall Fernmetastasen

N 1 = beweglich homolateral M 1 = Fernmetastasen vorhanden N 2 = kontralateral oder bilateral

N 3 = fixiert homo- oder kontralateral

Darstellung 7: Allgemeine Unterteilung von T, N und M (Spiess')

C 1 — ohne spezielle diagnostische Mittel C 2 — mit

speziellen diagnostischen Mitteln

Ergänzung der Tumorformel durch den Faktor

C (=

certainty) TNM 1.11W>" TC

MC NC

C 3 — größere chirurgische Exploration mit oder ohne Biopsie

— entweder als eigener Eingriff

— oder unmittelbar vor dem therapeutischen Eingriff C 4 — komplette (makroskopische und mikroskopi-

sche) Untersuchung des therapeutisch ge- wonnenen Operationspräparates

C 5 — Autopsie

Darstellung 8: Ergänzung der Tumor- formel durch den Faktor C

Darstellung 9: Die Unterteilung des Faktors C

Bei verschiedenen Lokalisationen (zum Beispiel der Prostata) kann durch eine Hinzufügung der histo- pathologischen Klassifizierung oder des histopathologischen „grading"

der Operationsbefund und anderer- seits die „Malignität" des Tumors dokumentiert und zu Vergleichen herangezogen werden.

Mit der TNM-Klassifikation maligner Tumoren wird somit eine genaue kli- nische Beschreibung der Erkran- kungsausdehnung mit jeder Körper- region mit dem Ziel erreicht**),

**) (Zitiert aus TNM, Klassifizierung der mali- gnen Tumoren 1976)

dem Kliniker bei der Behand- lungstaktik zu helfen,

Hinweise auf die Prognose zu geben,

(;) zur Auswertung der Behand- lungsergebnisse beizutragen,

den Informationsaustausch zwi- schen Behandlungszentren zu er- leichtern und

fp

zur kontinuierlichen Erforschung der menschlichen Krebserkrankung beizutragen.

Literatur

(1) Bokelmann, D., und Seufert, R. M.: Krebs- geschehen 8 (1976) 142 — (2) Lord Brock: Brit.

J. Surg. 62 (1975) 1 — (3) Ehlers, C. Th.: Bruns' Beitr. klin. Chir. 219 (1972) 199 — (4) Gütge-

mann, A., Kreuzberg, B., Lichtenthäler, J., Sa- vic, B.: Med. Welt 27 (1976) 835 — (5) Kaiser, P.

und Karrer, K.: Acta chir. Austr. 5 (1973) 49 — (6) Karrer, K., Pridun, N., und Denck, H.: Fortschr.

Med. 94 (1976) 379 — (7) Spiessl, B.: Zeitschr.

Allgemeinmed. 52 (1976) 1133 — (8) Steinthal, A.: Bruns` Beitr. klin. Chir. 47 (1905) 226 — (9) TNM, Klassifizierung der malignen Tumoren:

Springer, Berlin — Heidelberg — New York, 1976, 2. Auflage.

Anschrift des Verfassers:

Professor

Dr. med. Otto-Arno Scheibe Ärztlicher Direktor

der Chirurgischen KN, lik des Bürgerhospitals Krankenhaus Feuerbach Stuttgarter Straße 51 7000 Stuttgart 30

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