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Archiv "Das Masquerade-Syndrom" (23.02.2007)

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U

nter dem Masquerade-Syndrom versteht man eine Gruppe von malignen Erkrankungen, die das Bild einer okulären Entzündung vortäuschen (1).

Differenzialdiagnostisch kommen infrage

> intraokular: Lymphom, Aderhautmelanom, in- traokuläre Metastasen, Retinoblastom, paraneoplasti- sche Retinopathie

>im Bereich der Bindehaut und der Lider: Binde- hautmelanom, Plattenepithelkarzinom, Lymphom der Bindehaut, Basaliom, Talgdrüsenkarzinom des Lides, Hagelkorn (Chalazion).

Diagnostische Methoden und Befunde Anamnese

Der Patient sieht zunehmend verschwommen, entwe- der aufgrund einer Entzündung im vorderen Augenab- schnitt (Iritis), häufiger aber wegen einer Infiltration im Glaskörperraum (Vitritis/Uveitis), der Netzhaut und der Aderhaut. Die Wahrnehmung von sogenann- ten „fliegenden Mücken“ („mouches volantes“) und eine Visusminderung bis hin zur Amaurose sind mög- lich. In seltenen Fällen ist das Auge gerötet und schmerzhaft.

Die Veränderungen können auf ein Auge be- schränkt sein, das primäre intraokuläre Lymphom (PIOL) dagegen ist in 80 Prozent der Fälle bilateral.

Hier sind bei einer zerebralen Mitbeteiligung zusätz- lich Persönlichkeitsveränderungen und eine kognitive Schwäche die häufigsten Symptome. Eine weitere Verzögerung in der Diagnostik kommt dadurch zu- stande, dass das Masquerade-Syndrom häufig initial auf Corticosteroide anspricht, wodurch die Sympto- matik verschleiert wird.

Intraokuläre Erkrankungen

Bei einer intraokulären Entzündung hat sich das in der Grafik 1 dargestellte Vorgehen bewährt. Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese unter Berücksich- tigung ophthalmologischer, neurologischer und rheu- matologischer Beschwerden, Voroperationen und Er- krankungen, wie zum Beispiel Gelenkbeschwerden, Haut- und Schleimhautveränderungen, mögliche In- fektionswege (zum Beispiel Zeckenbiss), Tumorer- krankungen und Infektionserkrankungen. Nach exak- ter Bestimmung der Sehschärfe und des Augeninnen- drucks wird der vordere Augenabschnitt und der Augenhintergrund nach medikamentöser Mydriasis spaltlampenmikroskopisch untersucht. Bei fehlendem Funduseinblick ist eine Ultraschalluntersuchung des Auges unabdingbar.

ÜBERSICHT

Das Masquerade-Syndrom

Agnieszka Korfel, Eckhard Thiel, Nikolaos E. Bechrakis, Lothar Krause

ZUSAMMENFASSUNG

Einleitung: Unter dem okulären Masquerade-Syndrom wer- den einige maligne Erkrankungen zusammengefasst, die sich als unklare peri- oder intraokuläre Entzündungen (Iritis/Vitritis/Uveitis) manifestieren. Aus der Fehldiagnose kann eine letale Bedrohung für den Patienten resultieren.

Methoden: Diskussion einer selektiven Literaturauswahl.

Ergebnisse: Bei einer unklaren, rezidivierenden oder thera- pierefraktären okulären Entzündung sollte insbesondere bei Patienten im mittleren Lebensalter an ein primäres in- traokuläres Lymphom (PIOL) als häufigste Ursache des Masquerade-Syndroms gedacht werden. Eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung sind notwendig, um adäquate Zusatzuntersuchungen ohne Zeitverzug zu ver- anlassen. Zur Diagnostik gehören MRT und Liquorpunktion.

In den letzten Jahren wurden neue diagnostische Verfah- ren entwickelt. Eine standardisierte Therapie des PIOL konnte bisher aufgrund mangelnder Studien nicht etabliert werden. Es gibt eine hohe Zahl zerebraler Rezidive nach lokaler Therapie. Deshalb sollte nach Möglichkeit syste- misch behandelt werden.

Dtsch Arztebl 2007; 104(8): A 490–5.

Schlüsselwörter: Masquerade-Syndrom, Diagnosestellung, histologische Untersuchung, ZNS-Lymphom, PIOL, Pharma- kokinetik

SUMMARY

MASQUERADE SYNDROME

Introduction: The term masquerade syndrome is used for malignant diseases manifesting as peri- or intraocular in- flammations of unknown origin (iritis, vitritis, uveitis). A lethal risk may arise from a false diagnosis. Methods: Selec- tive literature review. Results: In persistent or refractory ocular inflammation, especially in middle aged patients, primary intraocular lymphoma (PIOL) which is the common- est manifestation of mascerade syndrome, should be considered. A detailed history, thorough examination, and appropriate investigations are required to make a swift and accurate diagnosis. Novel diagnostic strategies developed in recent years may also be useful. Since only few data are available, a standardized treatment for PIOL has not yet been established. Relapse in the brain is common follow- ing local treatment. Thus, treatment should ideally include systemic chemotherapy.

Dtsch Arztebl 2007; 104(8): A 490–5.

Key words: masquerade syndrome, diagnosis, histological examination, CNS-lymphoma, PIOL, pharmacokinetics Medizinische

Klinik III mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin, Charité-Universitäts- medizin-Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin (Prof. Dr. med. Thiel, PD Dr. med. Korfel), Augenklinik und Poliklinik Charité-Universitäts-

medizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin

(Prof. Dr. med.

Bechrakis, Dr. med.

Krause)

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Einige Befunde sind krankheitsspezifisch und er- lauben eine Diagnose direkt nach der ophthalmologi- schen Untersuchung (zum Beispiel Heterochromiecy- clitis). Ist dies nicht möglich, wird beurteilt, ob die Entzündung eine vordere, intermediäre, hintere Uvei- tis oder Panophthalmie darstellt, woraus sich weitere differenzialdiagnostische Hinweise ergeben. Für die weitergehende Diagnostik können dann laborchemi- sche oder bildgebende Untersuchungen erforderlich sein.

Kann durch diese Maßnahmen keine Diagnose ge- stellt werden, sollte sich eine invasive Untersuchung anschließen, um Material für mikrobiologische, viro- logische und zytologische Untersuchungen zu gewin- nen. Gegenüber der Punktion der Augenvorderkam- mer hat die Vitrektomie den Vorteil einer größeren Materialmenge, der gleichzeitigen Entfernung der visuslimitierenden Glaskörpertrübungen und der gleichzeitigen Keimreduktion bei bakteriellen Infek- tionen. Nachteilig ist der größere operative Aufwand und das erhöhte Risiko der postoperativen Netzhaut- ablösung (2, 3, 4).

Extraokuläre Erkrankungen

Maligne Veränderungen der Lider und der Bindehaut lassen sich in der Regel anhand des klinischen Er- scheinungsbildes und der Anamnese diagnostizieren.

Es gibt aber atypische Fälle, die wie eine chronische Blepharitis oder chronische Konjunktivitis verlaufen.

Hierbei kann es sich um Bindehauttumoren wie das Bindehautmelanom, das Plattenepithelkarzinom, das orbitale Lymphom sowie um maligne Lidtumoren wie das Talgdrüsenkarzinom handeln (5, 6).

Die Biopsie mit einer adäquaten histologischen Un- tersuchung ist das Mittel der Wahl, um ein Malignom auszuschließen. Biopsien oder exzisionale Biopsien der Bindehaut oder der Lider sind relativ einfach und komplikationslos vom Erfahrenen durchzuführen. Bei Verdacht auf eine maligne Erkrankung sollten diese Eingriffe in einer Institution mit der Möglichkeit einer weiterführenden Behandlung (zum Beispiel einer plastischen Rekonstruktion oder Bestrahlung) durch- geführt werden. Es besteht die Gefahr, dass nach einer Biopsie mit einer verfrühten Verschiebeplastik die Tumorgenzen nicht mehr genau erkannt werden können.

Krankheitsbilder

Das primäre intraokuläre Lymphom (PIOL) ist eine Sonderform des primären ZNS-Lymphoms (PZNSL) (7). Es kann zusammen mit dem zerebralen Befall, aber auch davor oder im Verlauf der Erkrankung (cir- ca 15 Prozent der der PZNSL-Fälle) auftreten. Das PIOL manifestiert sich in der Retina und/oder dem Nervus opticus und breitet sich von dort in den Glas- körper aus. Das PZNSL/PIOL macht circa fünf Pro- zent aller primären ZNS-Malignome und ein bis zwei Prozent aller malignen Lymphome aus. Histologisch handelt es sich ganz überwiegend um ein diffus-groß- zelliges B-Zell-Lymphom.

Das intraokuläre Lymphom darf nicht mit dem we- sentlich häufigeren (acht bis zehn Prozent aller extra- nodaler Lymphome) orbitalen Lymphom verwechselt werden, das sich primär nicht intraokular befindet, sondern den okulären Adnexen entstammt. Histolo- gisch handelt es sich beim orbitalen Lymphom in den meisten Fällen um ein Mukosa-assoziiertes Lymphom (MALT). Da dieses Lymphom nicht durch die Blut- Retina-Schranke geschützt wird, kann es nach den allgemein für Lymphome gültigen Regeln behandelt werden.

Das PIOL/PZNSL ist häufig mit einer Immunsup- pression und insbesondere der HIV-Infektion assozi- iert (8). Bei 95 Prozent der PIOL/PZNSL-Patienten mit AIDS kann das Ebstein-Barr-Virus(EBV)-Genom nachgewiesen werden (8), dagegen bei nur bis zu 20 Prozent der immunkompetenten Patienten (9).

Diagnose

Die empfohlene Vorgehensweise zur Diagnosestel- lung wird in Grafik 2 dargestellt. Werden bei der augenärztlichen Untersuchung PIOL-verdächtige Be- funde erhoben (Abbildung 1), sollten zum Ausschluss eines eventuell gleichzeitig vorliegenden zerebralen Lymphoms eine Liquorpunktion und eine Magnet- resonanztomographie-Untersuchung des Schädels er- folgen. Beim zytologischen/immunzytologischen Nach- Diagnostisches Vorgehen beim Nachweis einer Vitritis/Uveitis

GRAFIK 1

(3)

weis von Lymphomzellen im Liquor kann die Diagno- se eines PZNSL/PIOL gestellt werden. Bei PZNSL- verdächtigen Befunden im MRT – typischerweise ventrikelnahe, stark und homogen kontrastmittelauf- nehmende Läsionen – muss entschieden werden, ob eine histologische Diagnosesicherung aus diesen Lä- sionen erfolgen sollte.

Ist die Aderhaut beteiligt, werden in der Fluores- zenzangiographie frühe Hypofluoreszenzen durch ei-

ne Blockade im Niveau des retinalen Pigmentepithels und späte Hyperfluoreszenzen beobachtet. Bei retina- lem Befall entwickeln sich Leckagen aus retinalen Gefäßen im Sinne einer Vaskulitis (10). Bei der Ultra- schalluntersuchung werden am häufigsten Verdich- tungen des Glaskörpers, chorioretinale Infiltrationen bis hin zu prominenten Tumoren, eine Verdickung des Nervus opticus und in fortgeschrittenen Fällen eine Begleitablatio der Retina beobachtet (10, 11).

Zur zytologischen Diagnosesicherung am Auge wird am häufigsten die Vitrektomie eingesetzt (12, 13). Weil das Erkennen von malignen Lymphozyten im Glaskörper durch ihre Fragilität und durch die erhebliche Beimengung reaktiv-entzündlicher Zel- len erschwert sein kann, sollte bei negativem Ergebnis die chorioretinale Biopsie erfolgen. Typischerweise findet man hierbei Lymphominfiltrate zwischen dem retinalen Pigmentepithel und der Bruchschen Mem- bran, in manchen Fällen auch perivaskuläre Tumorin- filtrate in der Retina, eine hämorrhagische Retinane- krose, eine Depigmentation und Atrophie der Retina sowie eine reaktive lymphozytäre Infiltration der Chorioidea (13).

Die Immunhistologie, Immunphänotypisierung mit- tels Durchflusszytometrie, Zytokinuntersuchung und molekulargenetische Analysen unterstützen die Dia- gnosestellung aus dem Biopsiematerial. Diese Nach- weismethoden basieren darauf, dass das PIOL in den meisten Fällen aus monoklonalen B-Lymphozyten be- steht (14).

Therapie

Die Prognose des PIOL ist ungünstig mit einer 2-Jahres-Überlebensrate von 39 Prozent (15). Die Pa- tienten sterben meistens an einem zerebralen Rezidiv.

Die optimale Therapie konnte bisher nicht etabliert werden. Die bisher publizierten Therapiestudien sind ausschließlich klein, nichtrandomisiert und häufig re- trospektiv.

Eine binokulare Bestrahlung mit 30 Gy führt zu ho- hen Ansprechraten, ermöglicht aber nur eine zeitlich begrenzte Krankheitskontrolle mit einer medianen Überlebenszeit von zwölf bis 20 Monaten und dem Risiko erheblicher Nebenwirkungen, wie Retinopathie, Optikusneuropathie, Katarakt und Benetzungsstörun- gen der Augenoberfläche (10).

Die hohe Rate zerebraler Rezidive nach lokaler Therapie des PIOL (wie Bestrahlung oder intravitrea- le Chemotherapie) unterstreicht, dass es sich um eine generalisierte Erkrankung des ZNS handelt, die nach Möglichkeit systemisch behandelt werden sollte. Die Chemotherapie des PIOL unterscheidet sich von der systemischer Lymphome. Klassische Chemothera- pieschemata, die bei systemischen Lymphomen effek- tiv sind, sind hier längerfristig unwirksam. Dies liegt daran, dass die Blut-Retina-Schranke den Tumor vor zytotoxischen Medikamenten aus dem systemischen Kreislauf schützt. Die Blut-Retina-Schranke besteht aus dem Endothel der Retinakapillaren und dem reti- nalen Pigmentepithel und ist der funktionelle Gegen- Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf PIOL

GRAFIK 2

Abbildung 1:

Augenhintergrund eines Patienten mit PIOL: ausgedehnte weißliche Infiltrate subretinal

(4)

part der Blut-Hirn-Schranke (Grafik 3). Die Penetra- tion eines Medikamentes durch diese Barrieren ist abhängig von seinen physikalischen Eigenschaften, insbesondere seiner Lipidlöslichkeit. Für die systemi- sche Chemotherapie des primären intraokulären Lym- phoms sind daher Kenntnisse der okulären Pharmako- kinetik notwendig, die noch sehr begrenzt sind. Zyto- toxisch wirksame Spiegel von Methotrexat und Cyt- arabin wurden intraokular in Einzellfällen gemessen (16, 17).

Die okulären und zerebralen Manifestationen spre- chen auf isolierte hochdosierte Cytarabingabe oder Kombinationen mit hochdosiertem Methotrexat an (18, 19). Zeitlich begrenzte Nebenwirkungen dieser Therapien sind: periorbitales Ödem, Blepharitis, kon- junktivale Hyperämie und Photophobie bei bis zu 25 Prozent der Patienten. Ifosfamid und Trofosfamid wurden kürzlich aufgrund ihrer Lipidlöslichkeit, klei- ner Molekulargröße und minimaler Plasmaproteinbin- dung in einer prospektiven Studie mit zehn Patienten eingesetzt. Die Ansprechrate betrug 100 Prozent und die progressionsfreie Zeit mindestens sechs bis zu 18 Monate bei relativ guter Toleranz. Bei allen sechs Pa- tienten, bei denen die Messung durchgeführt wurde, wurden wirksame Ifosfamidmetabolite in der vorde- ren Augenkammer nachgewiesen (20).

Die intravitreale Chemotherapie ermöglicht hydro- philen Medikamenten wie Methotrexat eine Umge- hung der okulären Schranken. In der bisher größten Studie mit 16 Patienten betrug die Ansprechrate 100 Prozent, allerdings verstarben sechs Patienten nach einer medianen Beobachtungszeit von 18,5 Monaten an einem zerebralen Rezidiv. Die Therapie war häu- fig mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden wie Katarakt, Epitheliopathie der Kornea und Makulo- pathie (21).

Okuläre Beteiligung eines systemischen Lymphoms

Das sekundäre intraokuläre Lymphom ist üblicher- weise in der Chorioidea entsprechend dem hämato- genen Metastasierungsweg über die chorioidalen Gefäße lokalisiert. Das Lymphom tritt meistens bei älteren Patienten mit einer bereits bekannten syste- mischen Lymphomerkrankung auf und ist häufig bila- teral. Oft handelt es sich um B-Zell-Lymphome.Von einem intraokulären Befall wird bei bis zu einem Drittel der Patienten mit einer akuten Leukämie berichtet (22). Die Therapie ist hier nicht etabliert.

Aderhautmelanom

Circa fünf Prozent der uvealen Melanome können sich mit einer okulären Entzündungsreaktion manifestie- ren. Uveale Melanome bieten ein typisches ophthal- moskopisches Bild mit einer meist heterogenen Pig- mentierung, Ansammlung von Lipofuszin an ihrer Oberfläche und häufig mit einer Begleitablatio (Ab- bildung 2) Sie können somit in circa 98 Prozent aller Fälle rein klinisch ohne invasive Methoden diagnosti- ziert werden. Weiterführend ist dabei die Ultraschall- diagnostik. Dennoch bereiten einzelne Fälle diagnos-

tische Schwierigkeiten im Sinne eines Masquerade- Syndroms. Die intraokulare Biopsie kann hier zur dia- gnostischen Sicherung herangezogen werden.

Die Therapie des uvealen Melanoms erfolgt in der Regel durch eine Bestrahlung als Brachytherapie (Ruthenium-, Jod-Applikatoren) oder Teletherapie (Protonen, Gamma-Knife). Auch kombinierte chirur- gische und strahlentherapeutische Verfahren werden in letzter Zeit zunehmend angewendet (23, 24).

Metastasen

Metastasen sind die häufigsten intraokularen Malig- nome. Bei uvealen Metastasen ist meistens das poster- iore Segment der Uvea betroffen. Die Läsionen sind häufig bilateral und multifokal. Metastasen der Netz- haut und des Glaskörpers sind extrem selten. Bei der ophthalmologischen Untersuchung zeigt sich typi- scherweise ein leopardenfellähnliches Aussehen ohne Lipofuszin (Abbildung 3). Ist diese nicht richtungwei- send, können bildgebende Verfahren wie Ultraschall

Abbildung 2:

Aderhautmelanom mit Begleitablatio Blut-Retina-Schranke: Das ungefensterte Endothel der retinalen Gefäße und die Zonulae occludentes des retinalen Pigmentepithels (RPE) bilden die Blut-Retina-Schranke (modifiziert nach GOH Naumann)

GRAFIK 3

(5)

(typisch sind unterschiedliche Reflektivitätsmuster), CT oder NMR herangezogen werden. Meist ist die zu- grunde liegende maligne Erkrankung (am häufigsten Mamma- und Bronchialkarzinom) bekannt. In weni- gen Fällen kann eine Aderhautmetastase die erste Ma- nifestation eines entfernten Primarius sein. Falls kli- nisch nicht zwischen Aderhautmelanom und Ader- hautmetastase unterschieden werden kann, sollte eine Primärtumorsuche erfolgen. Bleibt die Diagnose wei- ter unklar, sollte eine Biopsie durchgeführt werden.

Bei Kindern ist diese allerdings bei dem Verdacht auf ein Retinoblastom kontraindiziert.

Die Therapie von intraokulären Metastasen erfolgt meist nach Behandlung des Primarius durch eine per- kutane fraktionierte Bestrahlung der Aderhaut mithil- fe eines Linearbeschleunigers.

Retinoblastom

Bei Kindern besteht die Gefahr des maskierten Vorlie- gens eines Retinoblastoms. Da dieser Tumor durch ei- ne Biopsie leicht verschleppt werden kann und somit die Prognose drastisch verschlechtert wird, ist eine in- traokulare Biopsie bei unklaren pädiatrischen Befun- den in aller Regel kontraindiziert und nur in Ausnah- mesituationen äußerst zurückhaltend zu erwägen.

Die Diagnostik und Behandlung pädiatrischer oph- thalmologischer Fälle sollte in den dafür spezialisier- ten Zentren durchgeführt werden (25).

Paraneoplastische Syndrome

Eine bilaterale Retinopathie mit Visusverlust kann bei Patienten mit nichtokulären malignen Erkrankungen vorkommen; häufig handelt es sich um ein kutanes Melanom, es kann aber die Primärmanifestation eines Bronchialkarzinoms sein (Melanom- oder Karzinom- assoziierte Retinopathie [MAR/CAR]). Als Ursache konnten Antikörper gegen ein retinales Protein, das Recoverin, beschrieben werden.

Die Behandlung der tumorassoziierten Retinopa- thie ist leider sehr unbefriedigend.

Fazit für die Praxis

Bei einer unklaren, rezidivierenden oder therapiere- fraktären okulären Entzündung sollte immer an ein Masquerade-Syndrom gedacht werden. Weil es sich hierbei meistens um maligne Erkrankungen handelt, hat dies eine vitale Bedeutung für den Patienten. Ins- besondere sollte bei Patienten im mittleren Lebensal- ter das primäre intraokuläre Lymphom als häufigste Ursache des Masquerade-Syndroms differenzialdia- gnostisch bedacht werden.

Zur Abgrenzung gegen andere Ursachen des Mas- querade-Syndroms sind eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung und gegebenenfalls Ul- traschalluntersuchung, Fluoreszenzangiographie, ze- rebrale Bildgebung, Liquorzytologie und schließlich eine Vitrektomie beziehungsweise chorioretinale Biop- sie mit immunzytologischer/immunhistologischer Un- tersuchung notwendig. Zur Therapie des PIOL wird im Allgemeinen eine systemische auf Hochdosis Me- thotrexat (>1,5 g/m2) basierende Chemotherapie emp- fohlen. Alternativ kann, insbesondere bei älteren und multimorbiden Patienten, mit Ifosfamid oder mit Tro- fosfamid oral therapiert werden. In Anbetracht der lo- kalen Nebenwirkungen und der Rezidivraten sollten die intravitreale Therapie mit Methotrexat und die perkutane Bestrahlung als Reserveoptionen angese- hen werden.

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien der International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 5. 1. 2006, revidierte Fassung angenommen: 15. 5. 2006

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Abbildung 3:

Aderhautmetastase eines Bronchialkar- zinoms

(6)

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Anschrift für die Verfasser PD Dr. med. Agnieszka Korfel Medizinische Klinik III

Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30

12200 Berlin

E-Mail: agnieszka.korfel@charite.de

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt.de/english

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REFERIERT

Hormone verzögern Alterungsprozesse nicht

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Sreekumaran Nair K, Rizza RA, O`Brien P et al.: DHEA in elderly women and DHEA or testosterone in elderly men. N Engl J Med 2006; 355: 1647–9.

E-Mail: nair.scrll@mayo.edu

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i. v. für sieben Tage gegeben wurde. Dabei erwies sich Ceftriaxon dem Gyrasehemmer als signifikant überlegen. Unter Norfloxacin entwickelten 26 Prozent der Patienten, unter Ceftriaxon nur 11 Prozent eine bakterielle Infektion innerhalb von zehn Tagen nach dem Blutungsereignis. Eine spontane bakterielle Peritonitis entwickelten nach der Gabe von Norfloxacin 12 Prozent der Patienten mit einer Leberzirrhose, nach der Behandlung mit Ceftriaxon war dies lediglich bei 2 Prozent der Fall. w Fernandez J et al.: Norfloxacin vs ceftriaxone in the prophylaxis of infections in patients with advanced cirrhosis and hemorrhage. Gastroenterology 2006: 131: 1049–56.

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