A 590 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 13|
29. März 2013 Grundlage einer strafrechtlichen Bewertung ei-ner HIV-Infektion im Zusammenhang mit ein- vernehmlichem Sexualverkehr sei eine ange- messene Würdigung der medizinischen Fak- ten, urteilt der Nationale Aids-Beirat in einer aktuellen Stellungnahme: Die HIV-Infektion sei heute eine gut behandelbare chronische Er- krankung. Menschen mit HIV würden jedoch nicht selten sowohl in der Arbeitswelt als auch im privaten Umfeld stigmatisiert und diskrimi- niert. Auch strafgerichtliche Urteile und deren öffentliche Wahrnehmung spielten eine we- sentliche Rolle.
Für die strafrechtliche Bewertung weist der Nationale Aids-Beirat auf folgende medizini- sche Gesichtspunkte hin: „HIV ist im Vergleich zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten eine schwer übertragbare Infektion. Die Über- tragbarkeit von HIV hängt in erster Linie von
der Viruslast ab. Sie ist in den ersten Wochen nach der Infektion besonders hoch und kann bei mehreren Millionen Viruskopien pro Millili- ter Blut liegen. Das Immunsystem schafft es jedoch in der Regel nach einigen Wochen bis Monaten, die Infektion zu kontrollieren. Wird im weiteren Verlauf eine Therapie erforderlich, fällt die Viruslast bis unter die Nachweisgren- ze ab (unter 50 Viruskopien/ml Blut). Dann kann HIV nach derzeitigem medizinischem Er- kenntnisstand nicht mehr sexuell übertragen werden. Die Risikoreduktion einer erfolgrei- chen antiretroviralen Therapie entspricht min- destens der sachgerechten Anwendung eines Kondoms.“
Es sei davon auszugehen, dass ein großer Teil der HIV-Übertragungen in der frühen Pha- se einer HIV-Infektion erfolgt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Betroffenen in der Regel
nicht von ihrer Infektion wissen und auch gar nicht wissen können, da ein HIV-Antikörper-Test erst nach einigen Wochen eine erfolgte Infekti- on nachweisen kann. Vor diesem Hintergrund betont der Nationale Aids-Beirat: „Es kann nicht schematisch beurteilt werden, ob einem/
einer HIV-Infizierten strafrechtlich die Verant- wortung für die erfolgte Weitergabe der Infekti- on zugewiesen werden kann. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des jeweiligen Einzelfalls und dabei insbesondere die berech- tigten Erwartungen beider Sexualpartner.“
In einer flüchtigen, einvernehmlichen sexu- ellen Begegnung sei jede Person verantwort- lich für die Anwendung von Schutzmaßnahmen – unabhängig von der Kenntnis oder der An- nahme des eigenen Status und des Status der anderen Person. „Eine Zuschreibung als Täter oder Opfer ist dabei nicht angemessen.“ EB
HIV-ÜBERTRAGUNG BEI EINVERNEHMLICHEM SEXUALVERKEHR
In Nordrhein-Westfalen will man das Krankenhaus-Einweisungs- und -Entlassmanagement optimieren und künftig auch als einheitliches elek- tronisches Verfahren landesweit auf den Weg bringen. „Das unko- ordinierte Nebenein ander der Sek- toren kann nicht im Interesse der Patienten und Akteure im Ge sund - heitswesen sein“, erklärte die nord - rhein-westfälische Gesundheitsmi- nisterin, Barbara Steffens (Bünd- nis 90/Die Grünen), bei einer In- formationsveranstaltung im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf.
„Was wir brauchen, ist eine sekto- renübergreifende Versorgung, die vom Menschen her denkt.“
NORDRHEIN-WESTFALEN
Einweisung und Entlassung künftig elektronisch
„Der Patient ist derzeit bei sei- nem Weg durch das Gesundheits- system völlig allein und unbeglei- tet“, kritisierte auch Dr. med. Peter Potthoff, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nord- rhein. Ein elektronisch unterstütz- tes Überleitungsverfahren soll da- her den Informationsfluss zwischen ambulantem und stationärem Sek- tor verbessern.
Das elektronisch gestützte Über- leitungsverfahren wird zunächst im Raum Düren getestet – anschlie- ßend in zwei größeren Modellregio- nen. Technische Basis ist der elek- tronische Arztbrief über die Kom- munikationsplattform D2D. KBr Notfallsanitäter
haben mehr Kom- petenzen als die
bisherigen Ret- tungsassistenten.
Foto: Fotolia/thomasp24
Der Bundesrat hat am 22. März dem umstrittenen Notfallsanitäter- gesetz zugestimmt. Damit kann es zum 1. Januar 2014 in Kraft treten.
Mit dem Gesetz wird der bisherige Beruf des Rettungsassistenten in die neue Berufsbezeichnung „Not- fallsanitäter“ überführt. Die Ausbil- dung wurde von zwei auf drei Jahre verlängert. Zudem erhält der Not- fallsanitäter weitere Aufgaben.
Die Bundesärztekammer (BÄK) und Ärzteverbände hatten kriti- siert, dass Notfallsanitäter in der Erstversorgung nun auch invasive Maßnahmen durchführen dürfen.
„Durch die beabsichtigte unbe- RETTUNGSDIENST
Bundesrat stimmt Notfallsanitätergesetz zu
grenzte Übergabe der ärztlichen Maßnahmen an Notfallsanitäterin- nen und -sanitäter, die durch eine dreijährige Ausbildung nicht annä- herungsweise auf die Folgenab- schätzung ihres Handelns, insbe- sondere auf die Beherrschung der
möglichen Komplikationen, vorbe- reitet werden, ist eine Verschlechte- rung der notfallmedizinischen Ver- sorgung und eine Verminderung der Patientensicherheit zu befürchten“, erklärte die BÄK in einer Stellung-
nahme. fos