A 426 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 10|
8. März 2013INITIATIVE PRÄVENTION
Weil ich es mir wert bin . . .
In der Metropolregion Rhein-Neckar haben sich viele Akteure vernetzt, um gemeinsam die Vorsorge bei Volkskrankheiten zu verbessern.
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ie eine Region sich erfolg- reich als Gesundheitsregion positionieren kann, lässt sich am Beispiel der Metropolregion Rhein- Neckar studieren. In dem Ballungs- raum, Heimat für circa 2,3 Millio- nen Menschen an den Schnittstellen der Bundesländer Baden-Württem- berg, Hessen und Rheinland-Pfalz, steht das Thema Gesundheit seit Jah-ren im Mittelpunkt einer Vielzahl gut miteinander vernetzter Projekte:
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So arbeitet der Verein Ge- sundheitsnetz Rhein-Neckar-Drei- eck (RND) bereits seit seiner Grün- dung im Jahr 1998 daran, über poli- tische und geografische Grenzen hinweg alle Akteure im Gesund- heitswesen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikations- technologien zu vernetzen und die Kooperation zu verbessern. Zu den Leitprojekten des Vereins zählt zu- dem das Engagement in der medizi- nischen Prävention (www.gn-rnd.de).●
Im Jahr 2010 wurde die Me- tropolregion für das Projekt INFO- PAT vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als „Ge- sundheitsregion der Zukunft“ aus- gezeichnet (www.infopat.eu). Bei dem mit mehr als sieben Millionen Euro geförderten Projekt geht es um die integrierte sektorenübergrei- fende Versorgung von chronisch kranken Menschen. Zentrale Kom- ponente ist eine persönliche ein- richtungsübergreifende elektroni- sche Patientenakte, die unter Feder- führung des Universitätsklinikums Heidelberg entwickelt und erprobt wird und die vor allem zur Patienten- mündigkeit beitragen soll.●
Jüngstes Projekt ist eine Ini- tiative für mehr Gesundheitsvorsor- ge: „Wir wollen die Präventionsra- ten bei den Volkskrankheiten Dia- betes mellitus, Darmkrebs und Zer- vixkarzinom in der Region inner- halb von zehn Jahren verdoppeln“, erklärte Wolf-Rainer Lowrack, Ge- schäftsführer der regionalen Ent- wicklungsgesellschaft Metropolre-gion Rhein-Neckar. Weitere Mit- glieder der „Initiative Prävention in der Metropolregion Rhein-Neckar“
sind das Gesundheitsnetz RND und die Stiftung LebensBlicke e.V. Zu- sätzlich hat die Initiative promi - nente Fürsprecher wie den Medi- zin-Nobelpreisträger Prof. Dr. med.
Harald zur Hausen und den ehe - maligen baden-württembergischen Wissenschaftsminister Prof. Dr. Pe- ter Frankenberg mit im Boot.
„Vorsorgefahrplan“ zu allen Präventionsleistungen
„Nur zwei Prozent der Gesundheits- ausgaben der gesetzlichen Kranken- versicherung betreffen den präventi- ven Bereich“, betonte Dr. med. Claus Köster, Präsident des Gesundheits- netzes RND e.V., bei der Vorstellung der Initiative. Daher müsse der Bür- ger dazu motiviert werden, selbst ak- tiv zu werden und Eigenverantwor- tung für seine Gesundheit zu über- nehmen. Die Strategie: Einerseits sollen die Bürger von den Vorteilen einer gesunden Lebensweise über- zeugt und über die große Bedeutung der Prävention aufgeklärt werden.
Ein Beispiel hierfür ist der vor zwei Jahren konzipierte „Vorsorgefahr- plan“, der über sämtliche Präventi-
onsleistungen der gesetzlichen Kran- kenkassen informiert (www.vorsor gefahrplan.de). Andererseits sollen vorhandene Projekte und Akteure in der Region besser vernetzt werden.
Ansatzpunkte hierfür bieten die Erfahrungen, die das Gesundheits- netz, die Stiftung LebensBlicke und der Verein „1 000 Leben retten“ in den letzten Jahren bei der Darm- krebs-Prävention sammeln konnten (www.1000-leben-retten.de). Kom- munikation und Information stan- den dabei ganz oben auf der Agen- da. Das gilt auch für das erste gemeinsame Projekt der Initiative zur Bekämpfung des durch humane Papillomviren (HPV) ausgelösten Zervixkarzinoms. Etwa 5 000 Neu- erkrankungen werden jährlich dia - gnostiziert, für jede dritte Patientin verläuft die Krankheit tödlich. 2006 wurde die HPV-Impfung zur Ver- hinderung einer chronischen Infek- tion mit dem Virus eingeführt, doch die Impfrate liegt in Deutschland derzeit nur bei circa 30 bis 40 Pro- zent. „Ein Großteil der Neuinfek- tionen könnte vermieden werden, wenn alle Mädchen – und auch Jungen – eine HPV-Impfung er - hielten“, betonte zur Hausen. Denn letztlich könnten die Viren nur durch eine Impfung beider Ge- schlechter wirkungsvoll bekämpft werden. Daher setzt sich die Initia- tive dafür ein, möglichst frühzeitig – etwa ab dem neunten Lebensjahr – mit der Impfung zu beginnen und die Impfempfehlung auch auf Jun- gen auszuweiten.
Um Ärzte, Gesundheitsbehörden, Lehrer, Eltern und Jugendliche für das Thema zu sensibilisieren, sollen Fortbildungen für Ärzte und Kom- munikationskonzepte für Multiplika- toren entwickelt werden. Wichtig sei es, positive Assoziationen wie „Le- ben retten“ oder „Ich bin es mir wert“ zu wecken, um zur Prävention zu motivieren, betonte Köster. Dabei spiele die Integration von Social Me- dia, etwa per Facebook oder Apps, eine wichtige Rolle, um beispiels- weise junge Mütter und Jugendliche zu erreichen. Noch in diesem Jahr soll zur Impfmotivation eine Social- Media-Website mit dem Slogan
„1 000 coole Mädchen“ starten.
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Heike E. Krüger-Brand Zur Eigenverant-
wortung motivie- ren und die Akteu- re vernetzen – so lautet die Strategie der Präventionsini- tiative (Bildschirm - ausschnitt aus der Website 1 000- leben-retten.de).