A 152 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 4|
25. Januar 2013 im Bereich der KassenärztlichenVereinigung Westfalen-Lippe. Sie beantwortet alle Fragen rund um das Thema Hygiene- und Medizin- produktevorschriften telefonisch oder vor Ort in den jeweiligen Pra- xisräumen. Nicht nur Fachärzte, auch Allgemeinmediziner fordern ihre Hilfe immer wieder an: „Häu- fig haben Hausärzte Fragen zur allgemeinen Standardhygiene oder dazu, ob sie beispielsweise noch ei- nen älteren Sterilisatortyp betreiben dürfen“, erklärt Westerberg.
Der Service ist kostenfrei Eine Beratung in den Praxisräumen dauert in der Regel drei bis fünf Stunden. Am besten sei es, sagt die Hygieneberaterin, wenn das gesam- te Praxisteam, einschließlich der Reinigungskräfte zusammenkom- me. Anhand einer Checkliste könne man dann eine Bestandsaufnahme durchführen und Mängel protokol- lieren. Der Praxisinhaber erhält danach Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und entsprechende Empfehlungen, die auf den gelten- den Gesetzesgrundlagen basieren.
„Einige Ärzte wissen bereits um die Knackpunkte in ihrer eigenen Pra- xis und fragen direkt nach den
Möglichkeiten einer Verbesserung.
Dabei geht es zum Beispiel auch um so etwas wie die Optimierung eines Personalschleusenbereichs oder ungeeignete Fußbodenbeläge in den Behandlungsräumen“, berichtet Westerberg.
Die Überwachung der Arztpra- xen übernehmen unterschiedliche Vollzugsbehörden:
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Die Gesundheitsämter sind dafür zuständig, die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes nach § 23 zu überwachen.●
Die Aufsicht über die Einhal- tung der berufsgenossenschaftli- chen Regeln obliegt der Berufsge- nossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege.●
Schließlich ist die Kontrolle über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten Ländersache. In einzelnen Bundes- ländern übernehmen die Überwa- chung in diesem Bereich deshalb die Bezirksregierungen oder die Regierungspräsidien.Eine Beratung, bevor das Ge- sundheitsamt oder ein Vertreter der jeweiligen Bezirksregierung zur Praxisbegehung vorbeischaut, lohnt sich also, zumal dieses Angebot in der Regel eine kostenfreie Service-
leistung der Kassenärztlichen Ver- einigung ist.
Das Kompetenzzentrum Hygie- ne und Medizinprodukte ist bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg angesiedelt, hat seinen Sitz in Reutlingen und versteht sich selbst als eine Institu- tion, die die Interessen der nieder- gelassenen Ärzte vertritt. Zudem dient es den Beratern als „Back - office“. Ziel der Arbeit ist es, eine einheitliche fachliche Beratungs- grundlage in den Kassenärztlichen Vereinigungen zu schaffen. Das CoC hält auf seiner Internetseite die Kontaktdaten der Hygienebera- ter bereit, die für die jeweiligen Bundesländer zuständig sind. Ba- bett Hartung, Mitarbeiterin im CoC, sieht ihre Aufgabe deshalb auch darin, den Austausch vor al- lem mit den Verbänden und Fach- gesellschaften im Bereich Hygiene voranzutreiben: „Sich als kompeten- ter Gesprächspartner zu etablieren, ist ein Prozess, an dem wir ständig weiter arbeiten werden.“
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Johanna Protschka
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Termine des CoC Hygiene und Medizin- produkte sowie weitere Informationen können abgerufen werden unter:www.hygiene-medizinprodukte.de
Ein Arzt, der rückwirkend eine Arbeitsunfähig- keitsbescheinigung ausstellt, verstößt gegen die Berufsordnung. Dies hat das Bezirksbe- rufsgericht für Ärzte in Freiburg entschieden.
Der Arzt hatte bei seinem Patienten, der in einem völlig aufgelösten Zustand in der Praxis erschienen war, weil sein Arbeitgeber ihn frist- los kündigen wollte, rückwirkend eine psycho- vegetative Dekompensation diagnostiziert und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für ei- nen zwei Wochen zurückliegenden Zeitpunkt ausgestellt. Der Arzt wollte damit – wie er selbst einräumt – verhindern, dass seinem Patienten aufgrund der aus seiner Sicht unbegründeten fristlosen Kündigung Lohnausfälle entstünden.
Den gesundheitlichen Zustand des Patienten konnte der Arzt nach Auffassung des Gerichts nicht beurteilen. Auch wenn es durchaus hätte zutreffen können, dass der Patient bereits mit
Erhalt der Kündigung in eine psychovegetative Dekompensation geraten war, konnte eine zeit- nahe Diagnose nicht gestellt werden, weil der Patient zwei Wochen wartete, bis er sich in ärzt- liche Behandlung begab.
Nach der Berufsordnung haben Ärzte bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztli- che Bezeugung auszusprechen. Eine Krank- schreibung kann danach und aufgrund der hierzu ergangenen Arbeitsunfähigkeitsrichtlini- en rückwirkend grundsätzlich nur über einen Zeitraum von allenfalls zwei Tagen erfolgen.
Gerade bei Diagnosen, die wie vorliegend größtenteils auf Angaben des Betroffenen be- ruhen, ist dem Arzt eine weitergehende rück- wirkende Bestätigung einer Arbeitsunfähigkeit regelmäßig versagt. Eine ausnahmsweise Fall-
gestaltung, die eine Rückwirkung rechtfertigen würde, liegt auch nicht vor. Gerade die Tatsa- che, dass der Patient nach der fristlosen Kün- digung nicht sogleich ärztliche Hilfe in An- spruch nahm, sondern sich erst zum Arbeits- amt begab, um die rechtliche Situation abzu- klären und er von dort die Empfehlung erhielt, sich krankschreiben zu lassen, macht deutlich, dass nicht von einer akuten Notfallsituation ge- sprochen werden kann. Da der Arzt seit vielen Jahrzehnten berufstätig ist, ohne dass es je- mals zu berufsrechtlich relevanten Beanstan- dungen gekommen ist, und er sich auch ein- sichtig zeigte, ist davon auszugehen, dass er in berufsrechtlicher Hinsicht künftig nicht mehr in Erscheinung treten wird. Einer Verhängung ei- ner Geldbuße bedurfte es daher nicht, ein Ver- weis wird als ausreichend angesehen (Bezirks- berufsgericht für Ärzte in Freiburg, Urteil vom 26. September 2012, Az.: BG 5/12)
RAin Barbara Berner
RECHTSREPORT
Rückwirkende Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung