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Archiv "Nicaragua: Kampf gegen das Dengue-Virus" (22.07.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 29–30

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22. Juli 2013 A 1459

A

m Freitagmorgen herrscht be- drückte Stimmung unter den Ärztinnen und Ärzten im Auditori- um des Hospitals Alemán-Nicara- güense in Managua. Gestern Abend ist in dem öffentlichen Kranken- haus ein zwölfjähriger Junge an den Folgen des hämorrhagischen Den- gue-Fiebers gestorben. Der Junge war mit seinen Eltern erst in einem sehr kritischen Stadium ins Kran- kenhaus gekommen, trotz Intensiv- therapie konnte man nichts mehr für ihn tun. Die Klinikdirektorin ruft dazu auf, alle Vorsichtsmaß- nahmen im Krankenhaus und zu Hause zu beachten. Zuletzt geht ein Appell an die Ärzte der Pädiatrie, in der Notaufnahme besonders groß- zügig Kinder mit Dengue-Verdacht aufzunehmen und zu überwachen.

Am nächsten Tag patrouillieren mehrere Mitarbeiter des Gesund- heitsministeriums (Ministerio de Salud, kurz MINSA) durch das Krankenhaus und inspizieren die Räume sowie das Außengelände nach potenziellen Vermehrungs- quellen für Stechmücken. In der

Kindernotaufnahme finden die Un- tersuchungen heute auf dem Flur statt – der Behandlungsraum ist we- gen des versprühten Insektenmittels nicht zu benutzen.

Der verstorbene Junge kam aus dem „distrito VI“, einem Gebiet im Nordosten Managuas, wo auch ich für die Zeit meines Aufenthalts in ei- ner Familie untergebracht bin. Hier fehlt es an flächendeckender Strom- und Wasserversorgung, aufgrund der Überbevölkerung kämpft man mit massiven Umweltproblemen.

Als ich am Nachmittag von der Kli- nik nach Hause komme, steht vor dem hohen Zaun ein Mitarbeiter des MINSA. Er bittet um Einlass, um das Haus und den Hinterhof nach Gefäßen mit stehendem Wasser zu durchsuchen und klärt mich über die notwendigen Maßnahmen wegen der lokal gehäuften Dengue-Fälle auf. Dann setzt er seinen Rundgang fort, weiter zum nächsten Haus.

Später am Abend fährt ein Jeep über die staubigen Wege zwischen den kleinen Hütten und Häusern, aus großen Düsen wird ein Insektizid

versprüht. Meine Gastmutter reißt alle Fenster weit auf, um möglichst viel davon ins Haus zu lassen.

Das Dengue-Virus ist ein behüll- tes RNA-Virus und damit unter den durch Stechmücken übertragenen Krankheiten das einzige RNA-Vi- rus. In Mittelamerika wird das Virus hauptsächlich durch die Gelbfieber- mücke Aedes aegypti übertragen, indem sie es beim Stich in den Blut- kreislauf des Menschen gelangen lässt. Die Mücken vermehren sich in stehendem, sauberem Wasser. Be- reits ein mit Flüssigkeit gefüllter Flaschendeckel oder der Rest in ei- nem Kaffeebecher können als Re- servoir dienen. Da sie tagesaktiv sind, schützen die Moskitonetze über dem Bett kaum. Man unter- scheidet vier verschiedene Seroty- pen des Virus (DEN 1 bis 4). Nach einer Infektion besteht zwar lebens- lange Immunität gegen den spezifi- schen Serotyp, die erneute Infektion mit einem anderen Serotyp ist je- doch wegen einer Antikörper-Virus- Reaktion in vielen Fällen von noch schwererem Verlauf. Dann kann es zu der gefürchteten Komplikation des hämorrhagischen Schocks kom- men. Ein zugelassener Impfstoff existiert bisher nicht.

Zum ersten Ausbruch des Den- gue-Fiebers kam es in Nicaragua 1985. Die hauptverantwortlichen Se- rotypen waren DEN-1 und DEN-2.

Das Auftreten der anderen beiden Se- rotypen DEN-3 und DEN-4 in Mit- telamerika sorgte jeweils 1994 und 1998/99 für weitere schwere Ausbrü- che. 2012 wurden in Nicaragua mehr als 5 000 bestätigte Dengue-Fälle re- gistriert, es gab insgesamt vier To- desfälle. Wie bei dem zwölfjährigen Jungen aus Managua handelte es sich auch bei den anderen drei gestorbe- nen Patienten um Kinder aus größe- ren Städten. Die Mortalität ist unter den Fünf- bis 14-Jährigen am höchs- ten. Trotz der immensen Anstrengun- gen, das Dengue-Virus einzudäm- Große gesundheitspolitische

Herausforderung: Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums versprü- hen ein Nervengift gegen Insekten.

NICARAGUA

Kampf gegen das Dengue-Virus

Die Autorin, eine junge Berliner Ärztin, berichtet von ihrem dreimonatigen Einsatz im Hospital Alemán-Nicaragüense in Managua.

Fotos: picture alliance

S T A T U S

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A 1460 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 29–30

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22. Juli 2013 men, stiegen die Zahlen 2013 weiter.

Am 1. April lagen dem MINSA be- reits 630 bestätigte Dengue-Fälle des laufenden Jahres vor, zum gleichen Zeitpunkt 2012 waren es nur 270 Fälle gewesen. Und die Regenzeit kommt erst noch.

Für Nicaragua ist der Kampf ge- gen das Dengue-Virus eine große gesundheitspolitische Herausforde- rung. 2004 entwickelte die Regierung eine breit angelegte Kontrollstrate- gie. Diese umfasst die Bevölke- rungsaufklärung, die Meldepflicht und epidemiologische Erfassung al- ler Verdachtsfälle, verbindliche Leitlinien zur Patientenversorgung und Diagnostik, verstärkte Vektor- kontrolle und Maßnahmen der Um-

weltsanierung vor allem in den ur- banen Ballungsgebieten. In großflä- chigen Aktionen wird in den großen Städten zur Insektenbekämpfung von mit Düsen ausgestatteten Fahr- zeugen 25-prozentiges Cyperme- thrin, für Insekten ein Nervengift, versprüht. Wegen der nicht kontinu- ierlichen Leitungswasserversor- gung im Land nutzen viele Famili- en Eimer oder andere Gefäße, um Wasser zu sammeln. Diese wieder- um stellen ein optimales Reservoir der Mückenvermehrung dar. Mitar- beiter ziehen von Haus zu Haus, um die Bewohner über notwendige Sa- nierungs- und Hygienemaßnahmen aufzuklären.

Im Krankenhaus muss jeder Ver- dachtsfall auf einem Formular un- verzüglich unter Angabe von Name, Anschrift, Geschlecht, Alter und kli- nischer Daten des Patienten an das MINSA gemeldet werden. Zu unter- scheiden, welche der unzähligen Kinder, die von ihren Müttern mit Fieber in die Notaufnahme gebracht werden, lediglich an einem grippa- len Infekt leiden und welche Zeichen des Dengue-Fiebers bieten, ist die große Herausforderung. Kinder mit Dengue-Verdacht müssen im Kran- kenhaus rund um die Uhr unter ei- nem Moskitonetz liegen, um zu ver-

hindern, dass Mücken das Virus auf andere Kinder oder Mitarbeiter im Saal übertragen. Zwei- bis dreimal täglich werden die klinischen Daten evaluiert sowie die Vitalzeichen kontrolliert. Wenn nötig erfolgt die intravenöse Flüssigkeitssubstitution.

Routinemäßig wird zwischen Tag fünf und sieben nach Erstauftreten der Symptome der IgM-ELISA-Mo- notest durchgeführt. Dieser ist in acht regionalen Zentren im Land verfügbar und kostet circa einen US- Dollar. Weitere Tests, wie der ELI- SA-IgG-Test, sowie PCR und Virus- isolation sind nur in der Hauptstadt im National Diagnostic and Re - ference Center verfügbar und wer- den in besonders schweren Fällen und zur Identifizierung einer Erst- oder Zweitinfektion bei epidemiolo- gischem Interesse durchgeführt.

In einem deutschen Buch der Kinderheilkunde wird man höchs- tens einen kleinen Absatz über das Dengue-Fieber finden. Dass ich in Deutschland noch nie ein Kind mit Dengue-Fieber gesehen hatte, konnten meine nicaraguanischen Kollegen nicht glauben.

Lioba Glas

@

Informationen und Spendenkonto:

www.sodi.de/projekte/nicaragua Das Hospital Ale-

mán-Nicaragüen- se (HAN) in Mana- gua wurde 1985 als Solidaritätsprojekt der DDR gegründet.

Der Förderkreis

„Freunde des HAN / Solidaritätsdienst International e.V.“

unterstützt das Krankenhaus bis heute und vermittelt auch Ärzte, Medi-

zinstudenten und Pflegepersonal für freiwillige Einsätze.

Die Teilnahme an einem Kolloquium nach der Ultraschallvereinbarung ist nicht verbindlich vor- geschrieben. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden.

Streitig ist die Erteilung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Leistun- gen der Ultraschalldiagnostik gemäß der Ver- einbarung von Qualitätssicherungssicherungs- voraussetzungen nach § 135 Abs. 2 SGB V (Ul- traschallvereinbarung). Der Kläger, der die Qua- lifikation zum Facharzt für Frauenheilkunde/Ge- burtshilfe erworben hatte, war lange Zeit in un- terschiedlichen gynäkologischen Kliniken tätig.

Nach seiner Niederlassung beantragte er bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Ge- nehmigung zur Abrechnung von sonographi- schen Leistungen der weiblichen Genitalorga- ne, der Brustdrüsen und des feto-maternalen Gefäßsystems gemäß der Ultraschallvereinba-

rung. Die KV teilte dem Arzt mit, dass die Ertei- lung einer Genehmigung von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig ge- macht wird, da der Arzt eine zur Ultraschallver- einbarung abweichende, aber gleichwertige Befähigung geltend gemacht habe. Der Kläger lehnt die Teilnahme an einem Kolloquium ab.

Das Sozialgericht und das LSG haben die KV dazu verurteilt, dem Kläger die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von Leistun- gen der Ultraschalldiagnostik zu erteilen. Die Ul- traschallvereinbarung dient dem Ziel, die Quali- tät ärztlicher Leistungen durch den Nachweis von Fachkundeanforderungen zu sichern. Die KV kann die Erteilung der Genehmigung von der erfolgreichen Teilnahme an einem Kolloquium abhängig machen, wenn trotz der vorgelegten Bescheinigungen und Dokumentationen be- gründete Zweifel an der fachlichen Befähigung

bestehen. Das Gleiche gilt, wenn der Arzt im Vergleich zur Vereinbarung eine abweichende, aber gleichwertige Befähigung nachweist. Aller- dings ist die Teilnahme an einem Kolloquium nach Auffassung des Gerichts nicht verbindlich vorgeschrieben. Geht eine KV selbst davon aus, dass der Arzt seine Qualifikation nachweist, die der in der Ultraschallvereinbarung vorausge- setzten im Wesentlichen entspricht, besteht nur dann Anlass für weitergehende Ermittlungen in Gestalt eines Kolloquiums, wenn dies erforder- lich ist, um bestehende Rechtszweifel auszu- räumen. Die in der Verpflichtung zur Durchfüh- rung eines Kolloquiums liegende Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist nur sachlich gerechtfertigt, soweit dies erforderlich ist, um die in der vertragsärztlichen als notwendig angesehene Versorgungsqualität der Versicherten zu sichern (LSG Niedersach- sen-Bremen, Urteil vom 17. Oktober 2012, Az.:

L 3 KA 70/11) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Kolloquium nach der Ultraschallvereinbarung

S T A T U S

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