DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Ersatzkassen
Ferner werden den Ersatzkassen nochmals nicht beanspruchte Mit- tel aus dem Pauschale für 65 b zu- rückgegeben.
Demgegenüber sieht die KBV in der Festschreibung der Position 65 b in der E-GO und in ihrer hö- heren Bewertung (von bisher höchstens 5 auf nunmehr 6 DM) einen Erfolg bei ihren langfristi- gen Bemühungen zur besseren Bewertung spezifisch ärztlicher Leistungen. Daß auch die Ersatz- kassen mit diesem Prinzip ·über- einstimmen, zeigt sich daran, daß sie, dem Vorschlag der KBV fol- gend, den Modellversuch nun- mehr schon nach 18 Monaten in
die endgültige Regelung umzu-
wandeln bereit waren.
Eingehende Untersuchungen höher bewerten
ln einer ausführlichen Diskussion im KBV-Länderausschuß Mitte Ju- ni hat sich aber auch gezeigt, daß die Bedeutung dieser neuen Posi- tion vielleicht noch nicht überall erkannt worden ist. Offenbar gibt es erhebliche regionale Unter- schiede in der Abrechnungsfre- quenz der Nummer 65 b. Die Ten- denz ist jedoch steigend.
~ Wenn sich diese neue Gebüh- renordnungsposition bewährt, wird man eines Tages auch die RVO-Kassen besser von der Not- wendigkeit überzeugen können, daß eingehende ärztliche Unter- suchungen höher bewertet wer- den müssen. Dies entspricht ja auch der Strategie des "Soviel ambulant wie möglich".
Der Laborbereich macht aber im Verhältnis zu den Ersatzkassen weiterhin Sorgen. Schon vor ei- nem Jahr hatten die Ersatzkassen die Pauschalierung a//erHonorare für Laborleistungen verlangt. Dies hatte die KBV damals zurückwei- sen können mit dem Hinweis, daß eine überproportionale Mengen- entwicklung nur in der klinischen Chemie gegeben sei.
Tatsächlich gibt es aber auch in anderen Bereichen so ausgepräg- te Mengenausweitungen, daß die Ersatzkassen auch in diesem Jahr ihre Forderung nach einer Pau- schalierung aller Laborleistungen wiederholt haben; sie haben die- se grundsätzliche Forderung auch nach dem 20. Juni unübersehbar auf dem Verhandlungstisch liegen gelassen. Dabei war vor einem Jahr die Pauschalierung für den Abschnitt M II als befristete Rege- lung eingeführt worden: ab Mitte 1985 sollte es im Labor wieder
"eine sachgerechte Einzellei-
stungsvergütung" geben. Es ist aber auch vertraglich vereinbart, daß die Mengenentwicklung in den nicht pauschalierten Labor- bereichen sorgfältig analysiert
werden soll.
Die Vertragsärzte sind also aufge- rufen zu einer -wie es der Erste KBV-Vorsitzende Dr. Hans Wolf Muschallik auf der Vertreterver- sammlung Ende 1983 einmal aus- drückte -"medizinisch sinnvollen und wirtschaftlich vertretbaren Labordiagnostik".
Dr. Muschallik und KBV-Hauptge- schäftsführer Dr. Eckart Fiedler warnten auch jetzt im Länderaus- schuß, dem die Vorsitzenden aller KVen angehören: Sollten die Krankenkassen in der nächsten
Zeit wieder zu Beitragssatzerhö-
hungen gezwungen sein, so wür- den auch die Politiker wieder in kostendämpfarische Aktionen tre- ten wollen -auf jeden Fall drohe dann die weitere Pauschalierung im Labor, und damit gerate der einzelne Kassenarzt in die Gefahr, sein Labor nicht mehr wirtschaft- lich betreiben zu können. Dabei muß auch das Einzellabor als un- erläßliche Grundlage für eine sinnvolle ambulante ärztliche Therapie erhalten bleiben. Die KBV wird das Ihrige dafür zu tun versuchen, indem sie noch mehr als bisher darauf drängt, daß die Laborrichtlinien eingehalten wer- den, und indem sie auch das Kon- zept der fachgebietliehen Zuord- nung von Laborleistungen weiter-
verfolgt. gb
2080 (22) Heft 27 vom 4. Juli 1984 81. Jahrgang Ausgabe A
DER KOMMENTAR
SPD-Kontrolle
Wenn es nach dem Willen der SPD ginge, dann würde von allen Absichten, größere Leistungs- und Kostentransparenz in der ge- setzlichen Krankenversicherung zu fördern, nur eine einzige rea- lisiert: die "Kontrolle" des Kas- senarztes durch seinen Patienten.
Ein Diskussionsentwurf aus der SPD-Bu ndestagsfraktion sieht vor, daß der Krankenversicherte am Tage der Leistungserbringung die ärztliche Leistung auf dem Ab- rechnungsbeleg (Krankenschein/
Überweisungsschein) durch Un- terschrift "bestätigen" soll. Nicht quittierte Leistungen gelten dann als nicht erbracht und bleiben un- honoriert. Schließlich soll der Arzt dem Versicherten die einzelnen Leistungspositionen honorarfrei erläutern ...
Dem Kassenarzt braucht man nicht zu erklären, welche Er- schwernisse ein solches Verfah- ren in jede Praxis tragen würde, ganz davon abgesehen, welch un- zumutbare Belastung das Vertrau- ensverhältnis Patient/Arzt da- durch erfahren würde. Bezeich- nend ist, daß dieselben Leute, die ein Kostenerstattungssystem und damit eine finanzielle Direktbezie- hung Arzt/Sozialpatient ablehnen, sich stattdessen eine bloße "Kon- troii"-Beziehung sehr wohl vor- stellen können. Nicht einmal ab- warten wollen sie Modellversu- che, die weniger weit gehen.
Die Ideologie, die dahinter steckt, entlarvt sich selbst. Mit den Wor- ten Dr. Muschalliks: "Dieser Vor- stoß der SPD zeigt wieder einmal, daß in der Aushöhlung des vertrauensvollen Patient/Arzt-Ver- hältnisses ein entscheidender Schritt zur ,Überwindung' des Sy- stems gesehen wird. Dem werden wir uns mit aller Entschiedenheit entgegenstellen. Dieser Gesetz- entwurf zeigt aber auch, daß im politischen Raum - bei allen Schwierigkeiten mit der regieren- den Koalition - bessere Freunde nicht zu gewinnen sind." DÄ