• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Pocken: Einem Terroranschlag schutzlos ausgeliefert?" (29.03.2002)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Pocken: Einem Terroranschlag schutzlos ausgeliefert?" (29.03.2002)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

M E D I Z I N

A

A858 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 13½½½½29. März 2002

lich sein, eine adäquate Betreuung der Patienten mit dem benötigten im- munologischen Monitoring durchzu- führen. Die technischen und methodi- schen Anforderungen sind so hoch und entwickeln sich so rasch weiter, dass einzelne Arbeitsgruppen nicht mehr in der Lage sein werden, eine umfassende Analyse aller immunolo- gisch relevanten Parameter zu erhe- ben.

Diese Aufgabe wird nur durch eng vernetzte Arbeitsgruppenverbände mit standardisierten Testverfahren zu realisieren sein. Eine detaillierte Ana- lyse der individuellen Immunantwort ist aber notwendig, da die bisherigen Studienergebnisse immer nur ein An- sprechen in einer Subgruppe der Pati- enten zeigen. Daher muss es das Ziel sein, diese Patienten immunologisch zu identifizieren und die Therapie- ansätze so zu modifizieren, dass ein möglichst breites Spektrum von Pati- enten profitiert.

Es sollten ähnlich wie in den Verei- nigten Staaten Institutionen als so ge- nannte Clinical Trials Center zertifi- ziert werden, die dann auch eine ver- gleichbare Förderung erhalten. Diese Form der Studienkultur und -akzep- tanz wäre auch für Deutschland wün- schenswert und würde den Patienten nicht nur breiteren Zugang zu neuen Therapieformen erlauben, sondern si- cherstellen, dass das hoffnungsvolle Gebiet der Immuntherapie solider Tu- moren nicht durch schlecht kontrol- lierte Studien, voreilig der Öffent- lichkeit bekannt gegebene Ergebnisse und damit geweckten Erwartungen, die nicht erfüllt werden können, in Verruf gerät.

Manuskript eingereicht: 25. 7. 2001, revidierte Fassung angenommen: 30. 8. 2001

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 850–858 [Heft 13]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Renner Medizinische Klinik I

Universitätskliniken des Saarlandes Kirrbergerstraße

66421 Homburg/Saar

E-Mail: incren@med-rz.uni-sb.de

Ein Terroranschlag mit Pockenviren in einem dicht besiedelten Gebiet hät- te wahrscheinlich katastrophale Fol- gen, da das Virus auf eine vollkom- men ungeschützte Bevölkerung tref- fen würde.

Jeder der zu Beginn der 70er-Jahre geboren wurde, erklärt Jon Cohen in einem Beitrag des Science, verfügt über keinen ausreichenden Impfschutz, denn zu dieser Zeit wurde in den mei- sten Ländern die Pockenschutzimpfung eingestellt. Die nachträgliche Verabrei- chung von Impfstoff heute an ältere Personen würde keinen Schutz mehr gegenüber Pockenvieren ermöglichen.

Dies ist zumindest die konventionelle Auffassung, meint Cohen, einige Ex- perten sehen die Situation weniger kri- tisch.

Unbestritten sind Personen, die keinen Impfschutz besitzen, durch das Pockenvirus besonders gefährdet. Für diese Menschen beträgt die Mor- talitätsrate circa 30 Prozent. Wie viel Schutz jedoch eine bereits vor Jahr- zehnten vorgenommene Impfung noch bietet, darüber besteht Unei- nigkeit. Den US-amerikanischen Cen- ters for Disease Control and Preventi- on (CDC) zufolge besteht ein Impf- schutz schätzungsweise für drei bis fünf Jahre.

Andere Wissenschaftler, die die Da- tenlage zu Pockenepidemien in der Vergangenheit analysierten, glauben an einen länger vorhaltenden Impf- schutz. Sie stützen sich unter anderem auf die Ergebnisse einer Studie über den Ausbruch einer Pockenepidemie in Liverpool, England, in den Jahren 1902 bis 1903. Zu dieser Zeit wurden in Großbritannien nur einmal Pocken- schutzimpfungen im Kindesalter durch- geführt.

Von 1 163 an Pocken erkrankten entgingen 93 Prozent der geimpften Personen, die älter als 50 Jahre waren, einem schweren Verlauf der Pocken- erkrankung oder gar dem Tod, wäh- rend sechs von zwölf ungeimpften Patienten der gleichen Altersstufe schwere Symptome entwickelten und verstarben.

Zwei Studien zum Immunsystem unterstützen die These des längeran- haltenden Impfschutzes. Einer 1990 publizierten Untersuchung israeli- scher Forscher zufolge sinkt die Kon- zentration der Antikörper gegen das Pockenvirus in den ersten drei Jahren nach Impfung zunächst, dieser Typ der Immunisierung bleibt aber dann für mindestens 30 Jahre nach der letz- ten Wiederholungsimpfung erhalten.

Auch die T-Zell-vermittelte Immu- nität hat nach den Ergebnissen einer US-amerikanischen Studie über Jahr- zehnte Bestand.

Die gemessenen Werte, warnt der Schweizer Immunologe Rolf Zinker- nagel, korrelieren nicht notwendiger- weise mit dem vorhandenen Schutz vor einer Pockenerkrankung. Den- noch glaubt der Nobelpreisträger, dass in der US-amerikanischen Bevölke- rung eine beträchtliche Immunität ge- genüber Pockenviren gegeben ist. Die Auswirkungen einer Pockenepidemie nach einem Anschlag hält er für weni- ger gravierend als die Pockenepidemi- en im Mittelalter.

Da die Wissenschaftler allerdings bereits über die Mechanismen, die das immunologische Gedächtnis auslösen und aufrechterhalten, verschiedene Auffassungen vertreten, bleiben nach Ansicht von Cohen die Antworten auf die Frage, wie viel Impfschutz in der Bevölkerung tatsächlich besteht, nur Vermutungen.

Bei den Pocken, so James Leduc vom CDC, handelt es sich um eine Er- krankung, zu der sich die wissen- schaftliche Datenlage auf einem Stand von vor 20 Jahren befindet. se Cohen, J: Smallpox Vaccinations: How much protection remains? Science 2001; 294: 985. www.science.org

Pocken: Einem Terroranschlag schutzlos ausgeliefert?

Referiert

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Diese Form der Studienkultur und -akzep- tanz wäre auch für Deutschland wün- schenswert und würde den Patienten nicht nur breiteren Zugang zu neuen Therapieformen

Diese Form der Studienkultur und -akzep- tanz wäre auch für Deutschland wün- schenswert und würde den Patienten nicht nur breiteren Zugang zu neuen Therapieformen

Es gibt sie aber auch in anderen eu- ropäischen Ländern, zum Beispiel in Frankreich, wo der Schriftsteller Jean Ra- spail in seinem Roman „Le camp des Saints“

Die Bezeichnung Agoraphobie wird häufig mit Platzangst gleichge- setzt, doch sie ist nicht als Angst vor engen Räumen definiert, sondern als Angst vor bestimmten Situationen,

Werden diese Ergebnisse aber mathe- matisch für den Einfluß der Abiturnoten bei der Zulas- sung korrigiert, dreht sich das Bild um: In Berlin und Essen werden dann 522 beziehungs-

Spätestens Mitte 1992 er- warten die Krankenhäuser, daß die „Personalverordnung Pflege" in Kraft treten wird.. Die Krankenhausträger be- dauern, daß die zu erwarten-

In einer englischen Studie wurde untersucht, wieviele onkologische Pa- tienten neben einer konventionellen Tumortherapie zusätzlich alternative Therapien anwandten, welche

Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Krank- heitsverständnis, die (Vor-)Urteile über Therapie und die Verände- rungsziele des Patienten stark be- einflußt werden von den für den