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Archiv "Pocken: Wie man sie erkennt und wie man sich schützen kann" (28.03.2003)

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achdem die Pocken 1979 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell für ausgerottet erklärt wurden, verzichtet man weltweit darauf, die Bevölkerung präexpositio- nell gegen Pocken zu impfen. Junge Menschen unter 25 Jahren sind deshalb ohne jeden Schutz, ältere Menschen verfügen nur über einen Teil-

schutz, da der Impfschutz drei Jahre nach Vakzination deutlich zurückgeht. Die Me- dizin der Pocken und der Pockenschutzimpfung ist ein außerordentlich umfangrei- ches Wissensgebiet, das für al- le jüngeren Ärzte Neuland ist.

Die nachfolgende Dokumen- tation möchte diese Wissens- lücke füllen.

Erreger: Der Erreger der echten Pocken ist Orthopoxvi- rus variola aus der Familie der Poxviridae. Die Pockenviren sind die größten Viren, die beim Menschen Erkrankun- gen auslösen können. Sie ha-

ben eine ziegel- beziehungsweise back- steinartige Form mit einer Kantenlänge von bis zu 400 nm und liegen damit unter der Auflösungsgrenze eines Lichtmikro- skops. Pockenviren sind hoch komplexe Viren, die DNA enthalten und von einer verhältnismäßig resistenten Eiweißhülle umgeben sind.

Pathogenese: Eintritt des Virus in die Schleimhäute des oberen und unteren Respirationstraktes. Keine Symptome.

Keine Virusausscheidung.Befall von Ma- krophagen, die in die regionalen Lymph- knoten wandern. Primäre Virämie. Die sekundäre Virämie zum Zeitpunkt der klinischen Manifestation scheint von den primär infizierten lymphatischen

Organen auszugehen: Milz, Knochen- mark, Lymphknoten. Im Blut kreist das Virus meist zellassoziiert und befällt Haut und Schleimhäute, in der Haut zu- erst die basalen Zellen der Epidermis (Nekrose, Ödem). Zytotoxische T-Zel- len scheinen zunächst viele infizierte, an ihrer Oberfläche durch virale T-Zell-

Epitope auf HLA-Klasse-I-Rezeptoren veränderte Zellen zu zerstören, bevor sie ein infektiöses Virus produzieren. Ein- wanderung polymorphkerniger Leukoz- ten in die Effloreszenzen. Die Variola confluens und die hämorrhagischen Pocken (Megakaryoztendestruktion im Knochenmark) sind Ausdruck einer de- fekten T-Zell-Immunantwort. Das Virus produziert eine Reihe von Gewebshor- monen: unter anderem den „vaccinia growth factor“ (VGF), der für die lokale Zellhyperplasie in den Pocken verant- wortlich zu sein scheint. Andere reagie- ren mit Immunfaktoren des Organismus wie Zytokinen und Lymphokinen, mit dem Komplementsystem und dem Tu-

mornekrosefaktor. Bemerkenswerter- weise findet man nämlich bei Autopsien außer den Effloreszenzen infolge der se- kundären Virämie an Haut und Schleim- häuten des Mundes, Rachens, des oberen Oesophagus und des oberen Respirati- onstraktes kaum Veränderungen in an- deren Organen. Eine Ausnahme machen die hämorrhagischen Pocken.

Übertragungsmodus: Die An- steckung erfolgt stets von Mensch zu Mensch, in direk- tem Kontakt mit den Efflo- reszenzen, aber besonders in den Frühstadien der Pockener- krankung wegen des Befalls der oralen, pharyngealen und nasalen Schleimhaut, manch- mal auch der Lungenalveolen (Atemaerosole). Indirekt ist eine Verbreitung der Pocken über kontaminierte Wäsche und Kleidung verbreitet. Be- sonders gefährlich als An- steckungsquelle sind die leich- ten Verlaufsformen mit viru- lenten Erregern, bei denen man nicht an Pocken denkt. Weiterhin ist die Gefahr der Ansteckung über Belüftungssysteme leicht möglich.

Der Patient ist erst nach Abheilung aller Effloreszenzen, also drei bis vier Wochen nach Krankheitsbeginn, nicht mehr ansteckend.

Nach Angaben der Gesellschaft für Virologie können Primärinfektionen im Rahmen bioterroristischer Angriffe kaum durch eine Expositionsprophyla- xe verhindert werden können, Sekun- därinfektionen jedoch sehr wohl. Die Möglichkeit, Sekundärinfektionen ein- zuschränken oder zu verhindern, hängt damit zusammen, dass das Virus in der Inkubationszeit nicht ausgeschieden P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1328. März 2003 AA821

Pocken

Wie man sie erkennt und wie man sich schützen kann

Der Hautausschlag durchläuft als Flecken, Knoten, Blasen, Pusteln und Krusten verschiedene Formen,

die sich jeweils in demselben Entwicklungsstand befinden.

Medizinreport

Mit einer Kantenlänge von bis zu 400 nm liegen die Pockenviren unter der Auflösungsgrenze eines Lichtmikroskops. Foto: argus/Kage

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wird, der Infizierte also in dieser Zeit nicht ansteckungsfähig ist. Berücksich- tigt man alle Varianten der Inkubati- onszeit, dann ist der Infizierte minde- stens eine Woche lang nach der Infekti- on nicht ansteckungsfähig. Bringt man die Kontaktpersonen der primär Infi- zierten in Quarantäne, so wird zwar ein Teil von ihnen erkranken, aber sie kön- nen die Infektion nicht an weitere Per- sonen übertragen. Es kommt also dar- auf an, die Diagnose rasch zu stellen, die Kontaktpersonen zu erfassen und Ein- richtungen für die Quarantäne im Rah- men eines Pockenalarmplanes vorzu- halten.

Inkubationszeit: Die Inkubationszeit dauert sieben bis 19 Tage (im Mittel zwölf bis 14 Tage). In dieser Zeit ver- mehrt sich das Virus in Schleimhäuten, Lymphknoten, Milz und Knochenmark.

Die Betroffenen sind noch nicht infek- tiös. Ansteckungsverdächtige Kontakt- personen müssen theoretisch erst sie- ben Tage nach dem ersten Kontakt mit Pockenkranken in Quarantäne (gilt nur, wenn dieser Zeitpunkt genau be- kannt ist und nicht bereits vorher weite- re Kontakte stattfanden; letzteres ist aber in Familien regelmäßig der Fall – hier stellt man auf den Erkrankungsbe- ginn der Indexperson ab). Entspre- chend der längstmöglichen Inkubati- onszeit ist eine Quarantäne bis 19 Tage nach dem letzten Kontakt erforderlich.

Initialstadium: Die Krankheit be- ginnt mit hohem Fieber bis 41 °Celsius (wegen sekundärer Virämie) sowie zu- nehmenden Kopf- und Kreuzschmer- zen (Dauer zwei bis vier Tage). Die Mund- und Rachenschleimhaut rötet sich und schwillt an. Dann tritt dort der erste Ausschlag auf. Da das Virus aus diesen „Wunden“ in den Speichel ge- langt, ist der Patient nunmehr infektiös.

Eruptionsstadium: Bei treppenför- migem Fieberabfall entwickelt sich langsam (über ein bis drei Wochen) und schubweise ein typischer Haut- ausschlag, der – als Flecken, Knoten, Blase, Pustel und Kruste – verschiede- ne Stadien durchläuft und generalisiert am ganzen Körper auftritt. Lediglich die Achselhöhlen sowie die Innenseite der Oberschenkel bleiben frei. Beson- ders stark sind Gesicht, behaarter Kopf, Unterarme und Handflächen betrof- fen.

Die Affektionen imponieren zu- nächst als insektenstichartige rote Fleckchen (Macula), die Ähnlichkeit mit Masern oder Scharlach haben kön- nen. Es entwickeln sich Knötchen (Pa- peln), die sich mit Flüssigkeit füllen.

Diese Bläschen (Pusteln) sind mehr- kammerig und werden wegen der Einwanderung von Leukozyten trüb.

Da anfangs Gewebsbrücken bestehen, weisen die Blasen zunächst eine zentra- le Delle (Pockennabel) auf. Im Gegen- satz zu den Windpocken befinden sich alle Pusteln in derselben Entwicklungs- stufe.

Nach Überstehen der Gipfelphase der Erkrankung beginnen die Pocken- blasen einzutrocknen, sich in virushal- tigen Borken abzustoßen und unter Narbenbildung abzuheilen. Die Ab- stoßung dieser Krusten ist mit einem starken Juckreiz verbunden. Besonders im Gesicht bleiben daher häufig Nar- ben zurück. Die Infektiosität endet mit Abfall der letzten Borken. Bei Geimpften mit Restschutz kommt es zu einem milderen Krankheitsbild (Vario- lois). Wer die Pocken überlebt, ist le- benslang vor einer erneuten Erkran- kung geschützt.

Variola haemorrhogica: Als Variola haemorrhogica bezeichnet man eine besondere Verlaufsform der Pocken.

Bei dieser Erkrankung ist die Inkubati- onszeit verkürzt. Innerhalb weniger Ta- ge kommt es zu ausgedehnten, schwe- ren Blutungen der Haut, der Schleim- häute sowie innerer Organe. Die Pa- tienten sterben bereits in der ersten Er- krankungswoche, häufig schon wäh- rend der ersten 48 Stunden.

Differenzialdiagnose: Anfangs sind andere Ausschlagskrankheiten auszu- schließen wie Masern und Scharlach, später Windpocken, Erythema exsuda- tivum multiforme und das Stevens- Johnson-Syndrom.

Die Windpocken unterscheiden sich von den Pocken in mehreren Punkten;

es ist eine Infektionskrankheit, die in der Regel Kinder befällt und die zu- meist ohne große Komplikationen ver- läuft. Auch bei dieser Erkrankung kommt es zu Hauterscheinungen, die Pusteln sehen jedoch anders aus und befinden sich auch in unterschiedlichen Stadien. Der Hautausschlag beginnt im Bereich des Kopfes und wird erst an-

schließend an Bauch, Armen und Bei- nen sichtbar. Handflächen und Fußsoh- len sind nur wenig betroffen. Die fast immer harmlos verlaufende Krankheit dauert etwa acht Tage. Der Hautaus- schlag heilt im Gegensatz zu den Pocken ohne Narbenbildung nach Wo- chen ab.

Serologische Diagnose: Nur in initia- len Stadien der Erkrankung kann das Virus aus Blut oder Serum nachgewie- sen werden, da die Virämie nur in den ersten drei bis vier Tagen der Erkran- kung stattfindet. Später lassen sich aus den Blutproben Antikörper gegen Va- riola-Viren bestimmen.

Virologische Diagnose: Die virologi- sche Diagnose ist aussichtsreich, wenn Mundschleimhauteffloreszenzen und Hautvesikel vorliegen. Man entnimmt mit einem scharfen Löffel Vesikel- oder Pustelmaterial, lässt es zwischen zwei Objektträgern eintrocknen oder gibt es in kleine sterile Röhrchen, die sich gut verschließen lassen. Rascher direkter Transport in ein im Pockenalarmplan aufgeführtes zuständiges Labor unter Beachtung hygienischer Sicherheits- maßnahmen. Die Lichtmikroskopie von gefärbten Abstrichen der Efflores- zenzen liefert rasch erste Hinweise: Bei Pocken kann man intrazytoplasmati- sche Einschlüsse erkennen (Guarnieri- sche Körperchen), bei Windpocken in- tranukleäre.

Einen raschen Beweis für das Vorlie- gen einer Poxvirusinfektion liefert die Elektronenmikroskopie. Sie kann je- doch nicht zwischen dem Variolavi- rus und anderen Viren der Orthopox- virusgruppe unterscheiden. Empfindli- P O L I T I K

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A822 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1328. März 2003

Weitere Informationen:

Centers for Disease Control and Prevention (USA): www.bt.cdc.gov/agent/smallpox/index.asp Weltgesundheitsorganisation: www.who.int/emc/

diseases/smallpox

Robert Koch-Institut (RKI): www.rki.de FAQ zum Thema Pocken beim RKI Download als PDF: www.rki.de/INFEKT/BIOTERROR/POCKEN_

FAQ.PDF

Gesellschaft für Virologie: www.g-f-v.org Verschiedene Artikel in The New England Journal of Medicine 348, Heft 5 (30. 1. 2003)

www.laekh.de; Rubrik: Aktuelles; Pocken – 20 wichtige Fragen und Antworten

www.gapinfo.de/gesundheitsamt/alle/seuche/

infekt/viru/pocken/sb.htm

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cher ist die Polymerasekettenreaktion (PCR), die klar zwischen Herpesviren (zum Beispiel dem Varizellenvirus) und einem Poxvirus der Orthopoxvirus- gruppe zu unterscheiden vermag. Die Anzüchtung des Poxvirus variolae er- folgt auf der Chorioallantoismembran bebrüteter Hühnereier, wo sich dieses Virus aufgrund der Morphologie der Plaques vom Vacciniavirus und von Herpesviren abgrenzen lässt, oder auch mithilfe von Zellkulturen.

Therapie: Eine ursächliche Behand- lung der Pocken ist nicht möglich. Die Therapie beschränkt sich daher auf symptomatische Maßnahmen wie Bett- ruhe, Gabe fiebersenkender Medika- mente, Flüssigkeitszufuhr, kalorienrei- che, aber leicht verdauliche Nahrung.

Der Wert von Virustatika ist bisher nicht geklärt.

Schutzmaßnahmen: Die Virusüber- tragung durch die Luft erfolgt meist nur über kurze Wege, doch sind Hospitalin- fektionen durch Wäsche und raumluft- technische Anlagen über große Distan- zen dokumentiert. Die Effizienz der Vi- rusübertragung wird von äußeren Fak- toren wie Jahreszeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit erheblich beeinflusst.

Pockenausbrüche traten bevorzugt im Winter und Frühjahr auf.

Um eine weitere Ausbreitung der Er- krankung zu verhindern, müssen die Patienten, das betreuende medizinische Personal sowie Kontaktpersonen in Quarantäne. Spätestens mit Auftreten erster Krankheitszeichen (Halsschmer- zen, Angina, Fieber) und Beginn der In- fektiosität ist eine strikte Absonderung des Patienten in geeigneten Einrichtun- gen erforderlich (idealerweise mit Un- terdruck, zumindest mit abgestellter Klimaanlage und bei geschlossenen Fenstern, Türen und Schleuse!).

Das geimpfte ärztliche und Pflege- personal muss virussichere Schutz- kleidung mit partikelfiltrierender Halb- maske (FFP 3-EN 149) sowie Schutz- brille, Schutzhandschuhe und Schutz- schuhe tragen. Zur Haut- und Flächen- desinfektion werden virusgeeignete Desinfektionsmittel der Wirkstufe B empfohlen.

Wohnräume, Kleidungsstücke und Gebrauchsgegenstände der Patienten müssen außerdem desinfiziert werden, um eine weitere Ausbreitung der Er-

krankung zu verhindern (Raumbega- sung mit Formaldehyd).

Mortalität: Die Letalität an Pocken beträgt nach Schätzungen bei Unge- impften rund 30 Prozent oder mehr aller Erkrankten. Bei Überlebenden muss mit bleibenden Schäden gerech- net werden (Blindheit, Hirnschäden).

Der Schweregrad und der Ausgang der Pockeninfektion wird durch verschie- dene bekannte Risikofaktoren mitbe- stimmt. Hierzu gehören neben der Beeinträchtigung des Abwehrsystems (immunsupprimierende Therapien, an- geborene oder erworbene Immunde- fekte) Schwangerschaft sowie niedriges und hohes Lebensalter.

Kleine Kinder und alte Menschen tragen das höchste Risiko: Die Morta- lität bei Kleinkindern beträgt etwa 45 Prozent, fünf bis zehn Prozent bei den Zehn- bis 20-Jährigen und mehr als 60 Prozent bei Personen über 50 Jahre.

Schutzimpfung: Ein erfolgreicher Schutz vor einer Ansteckung mit Pocken kann nur durch eine Schutzimp- fung erreicht werden. Die Pockenimp- fung wurde in Deutschland 1975 und weltweit 1980 ausgesetzt. Ein Impf- schutz durch Impfungen vor diesem Datum ist wahrscheinlich nicht mehr vorhanden, da die Impfungen alle fünf

bis zehn Jahre aufgefrischt werden müs- sen. Es ist jedoch möglich, dass der Ver- lauf einer Pockenerkrankung dieses Personenkreises ohne Impfung einen milderen Verlauf nimmt als für un- geimpfte Menschen.

Für die Impfung wird das Vaccinavi- rus als Lebendimpfstoff verwendet.

Nach drei bis vier Tagen kommt es an der Impfstelle zu einer Hautreaktion mit einer juckenden roten beziehungs- weise rötlichen Beulenbildung, die in eine eitrige Pustel oder Blase übergeht und nach zwei bis drei Wochen einen Schorf bildet, der dann unter Bildung einer kleinen bleibenden Narbe abheilt.

Während der Dauer der Beule und Pu- stel ist die geimpfte Person bei einem direkten Kontakt an der Impfstelle für andere Personen infektiös.

Auch wenn der Geimpfte mit den Händen die Impfstelle berührt, kann es zu einer folgenschweren Infektion an an- deren Körperstellen kommen; beispiels- weise eine Infektion der Augen und nachfolgende Erblindung. Im Fall eines derartigen Kontakts müssen die Hände – sofern kein geeignetes Desinfektions- mittel zur Verfügung steht – gründlich mit Wasser und Seife gewaschen werden.

Die Gefahr eines tödlichen Impf- zwischenfalls liegt bei den derzeit verfüg- P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1328. März 2003 AA823

Pocken: Zertifizierte Fortbildung per Video

Wie kann man eine Pocken-Infektion möglichst früh und sicher diagnostizieren? Wie gehen eine sachgerechte Probenentnahme und die Diagnostik vonstatten? Welche Impfstoffe gibt es, und wie sieht die heute empfohlene Impftechnik aus? Mit vier Fachvorträgen von Experten und einer Impfde-

monstration können sich Ärzte jetzt per Video-Fort- bildung, die aus einer Ko- operation der Landesärzte- kammer Hessen und des hessischen Sozialministeri- ums entstanden ist, über den Status quo zum Thema Pocken informieren.

Das neue Fortbildungs- medium ist von der Akade- mie für ärztliche Fortbil- dung und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen zertifiziert. Die Teilnahme an der Video-Fortbildung und die erfolgreiche Beant-

wortung des beiliegenden Fragebogens wird mit fünf Fortbildungspunkten bewertet. Die Broschüre kann angefordert werden für eine Gebühr von 29,90 Bzuzüglich 2,90 BVer- sandkosten bei medi cine medienproduktions gmbh, Video-Fortbildung „Pocken wieder ein aktuelles Thema“, Lise-Meitner-Straße 9, 55129 Mainz, Telefon: 0 61 31/9 52 96-0, Fax:

0 61 31/9 52 96-65, E-Mail: info@medi-cine.de. Abbildung: Broschüre

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baren Impfstoffen etwa bei ein bis zwei pro 1 000 000 geimpfter Menschen. Das würde bedeuten, dass bei einer Impfung aller Bundesbürger (rund 80 Millionen Menschen) mit circa 80 bis 160 tödlichen Zwischenfällen zu rechnen wäre. Schwe- rere Impfschäden, wie zum Beispiel Hirn- hautentzündungen, sind etwas häufiger, es müsste bei 80 Millionen geimpften Menschen mit einigen Hundert schweren Impfschäden gerechnet werden.

Postexpositionelle Impfung: Kommt man mit einer pockeninfizierten Per- son in Kontakt, kann der Betreffende noch innerhalb der nächsten vier Tage wirksam geimpft werden. Eine post- expositionelle Impfung erlaubt, die Krankheit zu verhindern oder die Sym-

ptome zu mildern, und kann somit ge- zielt exponierten Personen verabreicht werden.

Die Impfung ist kontraindiziert bei:

> Patienten mit abgeschwächter oder unterdrückter Immunreaktion (Krebs, HIV-Infektion, Aids, Strahlentherapie, Chemotherapie, Kortisontherapie, an- dere immunsuppressiveTherapien),

> Patienten mit juckenden Haut- entzündungen und/oder Schäden der Hautintegrität,

> Schwangeren,

> Säuglingen unter einem Jahr,

> Kindern bis zum 12. Lebensjahr,

> Patienten mit Diabetes mellitus, Asthma bronchiale, schweren Herz- Kreislauf-Erkrankungen, schweren Nie-

renerkrankungen, Autoimmunerkran- kungen,

> Patienten mit Allergien gegen Be- standteile des Impfstoffes,

>Patienten mit akuten behandlungs- bedürftigen Erkrankungen,

>Patienten mit akuten entzündli- chen Erkrankungen des ZNS sowie mit chronischen ZNS-Erkrankungen (Epi- lepsie, Lähmungen).

Größte Vorsicht ist geboten, wenn ei- ne Person geimpft werden soll, die mit einer der genannten Risikopersonen im gleichen Haushalt lebt.

Ablauf einer Massenimpfung: Wird eine Massenimpfung angeordnet, sollten innerhalb von vier bis fünf Tagen alle Menschen in Deutschland geimpft sein.

Die erforderliche Logistik wird gerade vorbereitet. Es werden je nach den örtli- chen Gegebenheiten so viele Impfstellen ausgewiesen, wie erforderlich sind, um alle Personen innerhalb einer Woche zu impfen. In den dicht besiedelten Räu- men wird man größere Impfstätten vor- bereiten können, in den ländlichen Gemeinden braucht man kleinere Impf- stätten und wird unter Umständen die niedergelassenen Ärzte einbeziehen.

Ebenfalls müssen die Betriebsärzte großer Betriebe mit einbezogen werden.

Bioterroristisches Potenzial: Da die Pockenviren relativ stabil sind, bleiben sie bei einer Lagerung bei –20 °C über Jahrzehnte hin infektiös, bei Raumtem- peratur immerhin noch über Wochen, eventuell sogar Monate. Ein Versprühen – aus einem Sportflugzeug oder mithilfe von normalen Sprühdosen – läge daher durchaus im Bereich des Möglichen. Al- lerdings ist die Gefahr durch bewusst in- fizierte Selbstmordattentäter, die sich da- zu an zahlreichen belebten Orten aufhal- ten würden, vernachlässigbar gering.

Der Grund ist, dass eine infizierte Per- son erst nach der Bildung der ersten Pockenbläschen auf der Haut an- steckend wird. Dann aber ist ein Betrof- fener bereits so krank, dass er kaum noch in der Lage wäre, umherzulaufen, um an- dere Menschen zu infizieren. Außerdem würde eine derartig erkrankte Person so- fort auffällig werden. Sollte es dennoch zu Pockeninfektionen kommen, könnte die Entstehung einer Pockenepidemie durch sofortige Massenimpfungen stark begrenzt beziehungsweise ganz verhin- dert werden. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn P O L I T I K

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A824 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1328. März 2003

Suche nach dem Virus des schweren

akuten respiratorischen Syndroms (SARS)

Nach Angaben des Robert Koch-Institutes (RKI) sind in Deutschland derzeit

„wahrscheinlich“ vier Personen am schweren akuten respiratorischen Syn- drom (SARS) erkrankt (Stand: 24. März). Der Erreger der Infektionskrankheit konnte bisher noch nicht eindeutig definiert werden. Vor einigen Tagen waren bei SARS-Patienten in Deutschland und Hongkong Partikel eines nicht weiter bestimmten Virus aus der Familie der Paramyxoviren gefunden worden. Es sei aber noch nicht gesichert, dass dieses Virus die tatsächliche Ursache für SARS sei. Auch das RKI weist darauf hin, dass Hinweise auf Paramyxoviren bei Pati- enten mit SARS hinsichtlich einer krankheitsverursachenden Bedeutung einer weiteren Abklärung bedürfen. „Vor allem die Kausalität muss geprüft werden“, so eine Sprecherin des RKI (siehe auch „Medizin“ in diesem Heft).

Zur Familie der Paramyxoviren gehört eine Reihe menschen- und tierpa- thogener Viren, die gemeinsame Struktur- und Genmerkmale aufweisen. So fal- len die Erreger von Masern und Mumps in diese Virusgruppe, aber auch weite- re Viren, die als Ursache von Atemwegsinfektionen lange bekannt sind. Auf- grund der gemeinsamen Strukturmerkmale der Viruspartikel können die ein- zelnen Vertreter der Paramyxoviren elektronenmikroskopisch nicht eindeutig differenziert werden. Eine Virusanzucht ist daher erforderlich.

Zu den Erregern von Atemwegsinfektionen gehören die Parainfluenzaviren und das respiratorische Syncytial-Virus (RSV). Diese Erreger lösen bei Säug- lingen und Kindern häufig schwere Infektionen der Atemwege und der Lunge aus, während Infektionen bei Erwachsenen nur sehr selten schwerwiegend sind.

In den Neunzigerjahren wurden zwei neuartige Paramyxoviren tierischer Herkunft identifiziert, die beim Menschen lebensgefährliche Erkrankungen auslösen können. Dabei handelt es sich um das in Australien entdeckte Hendra- virus und das in Malaysia aufgetretene Nipahvirus. Das Hendravirus ist bei australischen Flughunden verbreitet. Es löst nach Übertragung auf Pferde und Menschen eine schwere Infektionen der Atemwege und Nierenversagen aus.

Vor zwei Jahren wurde ein weiteres Paramyxovirus entdeckt, das humane Metapneumovirus. Auch dieser Erreger führt bei Kindern zu Atemwegsinfek- tionen verschiedener Schweregrade. Bei gesunden Erwachsenen verursacht es – ähnlich dem RSV – in der Regel keine schweren Verläufe. zyl

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