P O L I T I K
A
A536 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002
KOMMENTAR
D
ie „Zukünftige Rolle des Haus- arztes für die stationäre Rehabi- litation“ war kürzlich Thema von„Strategieseminaren“ des Bundesver- bandes Deutscher Privatkrankenan- stalten e.V. Neben den rechtlichen Grundlagen waren das Schnittstel- lenmanagement zwischen ambulanter, kurativer Versorgung und medizini- scher Rehabilitation sowie das ziel- gruppenorientierte Marketing die Schwerpunkte der Experten-Tagung.
Rehabilitation ist bisher in der Pra- xis eines Hausarztes eher ein Randthe- ma, stellte Harry Fuchs, Klinikent- wicklungs-, -Betriebs- und Beratungs-
GmbH, Düsseldorf, fest. Dies soll sich unbedingt ändern.
§ 72 ff. SGB V regelt die Aufgaben der Vertragsärzte, die diese vielfach auf die Kassenärztlichen Vereinigun- gen (KVen) übertragen haben. Die meisten Strukturprobleme ärztlicher Versorgung seien nicht das Ergebnis der Gesetze, so Fuchs. Wesentliche Ursache sei vielmehr der Umgang der Ärzte miteinander. Es herrsche ein verschärfter Wettbewerb um Patien- ten, wobei die KVen die Verteilungs- ströme gestalten. So legen Ärzte selbst fest, was sie tun, wie sie es tun und wie die Finanzaufteilung erfolgt.
Das deutsche System der Reha- bilitation ist weitgehend frei von staatlicher Regelung: keine Bedarfs- planung; Vertragsrecht mit Verhand- lungsfreiheit, Gestaltungsmacht auf- grund Kompetenz. Rehabilitationskli- niken haben stärkere Gestaltungs- rechte, aber auch umfassendere Ver- antwortung. Für jeden Patienten ist ein Versorgungskonzept vorzulegen.
Stimmen die Leistungsträger diesem zu, wird bezahlt.
Für die vertragsärztliche Versor- gung legt im Unterschied dazu der Bundesausschuss der Ärzte und Kran- kenkassen fest, was gemacht werden kann und was bezahlt wird. Unscharf ist die Abgrenzung. Die §§ 11 und 40 SGB V sowie § 27 SGB IX dekretieren die Rehabilitation zum Bestandteil der Krankenversorgung. Es gibt jedoch bis heute keine Gesamtvereinbarung auf Bundesebene, dass Rehabilitation Be- standteil kassenärztlicher Versorgung ist. Vereinbarungen auf Landesebene sind unzulässig.
Nach Maßgabe von SGB IX ist Rehabilitation nicht Bestandteil der
Krankenbehandlung, sondern zielt vielmehr auf die Bewältigung der Krankheitsfolgen ab. § 27 SGB IX ermöglicht Rehabilitation auch wäh- rend der Therapie. Der Hausarzt kann notwendige Maßnahmen in einer Rehabilitationseinrichtung verordnen, nicht aber selbst erbringen.
Dass Rehabilitation erfolgreich ist, zeigt sich auch daran, dass danach die zahlenmäßige Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung für diese Pati- enten und ihre Medikamentenver- ordnungen rückläufig sind. Jeder Re- habilitand fällt in der Bilanz des Hausarztes – zumindest teilweise – aus.
N
ach SGB IX ist der Hausarzt an der Einleitung einer Rehabilita- tion zu beteiligen. Sie darf also kein Fremdkörper im hausärztlichen Therapiekonzept sein – im Gegenteil.Der Hausarzt kann sich durch Reha- bilitation entlasten: Rehabilitations- kliniken leisten Ursachenforschung, ohne dass das hausärztliche Budget belastet wird.
Jeder Arzt will „das Beste für die Patienten“. Dies ist nicht allein mit kassenärztlicher Versorgung möglich.
Rehabilitation bringt andere Instru- mente zum Einsatz: gebündelt, wirk- sam, finanziell nicht belastend.
A
uch in der Rehabilitation wer- den DRGs gebraucht“, so die These von Professor Dr. med.Werner Müller-Fahrnow, Institut für Qualitätsmanagement im Gesund- heitswesen GmbH an der Humboldt- Universität, Berlin. In der Rehabilita- tion können sie zwar nicht, was sie in der Akutmedizin sollen: die Behand-
lungszeit steuern. Wichtig sind sie aber für Leistungskonfigurationen und Qualitätsmanagement.
Der Bundesverband Deutscher Pri- vatkrankenanstalten will allen Ärzten vermitteln, dass sie kompetenter wir- ken und erfolgreicher werden, wenn sie verstärkt Rehabilitationsmaßnahmen einsetzen. Der Hausarzt soll als Mo- derator für Rehabilitation gewonnen werden. Dazu müssen die Rehabilitati- onseinrichtungen den Dialog suchen, sich präsentieren: auf Hausärzte, Me- dizinische Dienste der Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, Selbst- hilfegruppen sowie Servicestellen der Rehabilitationsträger zugehen.
Rehabilitanden werden auch immer älter. Gab es früher keine Rehabilitati- on für Patienten über 75 Jahre, ist dies heute keine Seltenheit.
Das noch junge SGB IX bringt Be- wegung in den „Markt“ Rehabilitati- on. Er ist ein solcher, zumindest für die Leistungsträger. Mehr Patienten sollen mehr profitieren. Die Ärzte müssen diese Herausforderung an- nehmen. Dr. med. Wolfgang Wagener