A 86 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 3|
17. Januar 2014 chend. Die Ärzteschaft würde sich dann ineiner Auseinandersetzung mit den Ökono- men der Kliniken wiederfinden und über die Rechtfertigung und Notwendigkeit medizinischer Maßnahmen sowie deren ökonomische Bedeutung diskutieren an- statt Patienten zu behandeln. Vielmehr ist ein neuer, grundlegender gesellschaftli- cher Konsens darüber notwendig, dass Krankenhäuser und ihr Personal dazu da sind, kranken und hilfebedürftigen Men- schen gute Medizin zukommen zu lassen und nicht um „schwarze Zahlen“, also Ka- pital, zu generieren. Die Vorstellung, wir könnten kranke und schwer kranke Patien- ten nicht nur heilen, sondern auch noch Geld mit ihnen verdienen, kann nur als ab- surd beurteilt werden. Würden wir denn von einem Gericht erwarten, Recht zu sprechen, sich aber gleichzeitig selbst zu finanzieren und darüber hinaus auch noch
„profitabel“ zu sein? Niemand kann dies allen Ernstes erwarten. Die medizinische Behandlung von Patienten in Krankenhäu- sern ist eine gesellschaftliche Errungen- schaft, die ihren Preis hat. Dieser muss kontrolliert werden, und die Effizienz in Krankenhäusern ist ein sehr wichtiges Thema. Die Erwartung aber, dass Kran- kenhäuser wie private Unternehmen voll- ständig nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden müssten, konterkariert die Arbeit guter Ärzte in den Krankenhäusern, zerstört den Nutzen der Weiterentwicklung in der Medizin, und muss daher ein für alle Mal fallen.
Dr. med. Jakob Triebel, 44797 Bochum Dr. med. Dominik Krüger, 12161 Berlin
wurf entbindet regelrecht die Wiederauf- bereiter von Einmalprodukten von der Pflicht, das Konformitätsverfahren zu durchlaufen, wie es für jedes CE-zertifi- zierte Medizinprodukt erforderlich ist. Ge- regelt wird leider nur diese Abkürzung.
Die ganz normalen Herstellerpflichten für Wiederaufbereiter von Einmalprodukten hatte auch die EU-Kommission eingefor- dert, das Parlament hat diese hohe Sicher- heitsanforderung gekippt. Damit entlarvt sich das Parlament, das damit eben nicht die Patientensicherheit an erste Stelle setzt. Ebenso nicht beschlossen wurden Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen
an Reparaturen von Medizinprodukten.
Auch hier konnte sich das Parlament nicht durchringen, die Anforderungen auf das Niveau der Originalhersteller zu setzen.
Dies waren übrigens Forderungen der In- dustrie selbst, die so eine Zweiklassenme- dizin für Patienten ausschließen wollte.
Dass der Wiederaufbereiter haftbar ist, hilft geschädigten Patienten nicht wirk- lich, dann ist das Kind nämlich schon in den Brunnen gefallen. Übrigens haftet je- der Hersteller für sein Produkt, das ist heute schon Standard und keine neue par- lamentarische Errungenschaft.
Dr. rer. nat. Martin Leonhard, 78576 Emmingen
MEDIZINPRODUKTE
Das Europäische Parlament hat strengere Re- geln für die Markteinführung und Kontrolle von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika ver- abschiedet (DÄ 44/2013: „Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika: Schärfere Regeln gegen Betrug“ von Petra Spielberg).
Zweiklassenmedizin
Der geschilderte Eindruck trügt, der ver- abschiedete Entwurf des EU-Medizinpro- dukterechts regelt nicht die Standards für die Wiederaufbereitung von Einmalpro- dukten. Welches Niveau diese Standards haben werden, bleibt im 200-Seiten- Text vage. Offenbar bleibt das Ni- veau aber weit hinter den Vorgaben für Originalhersteller zurück. Der Gesetzent-
Der Satz im Einigungsvertrag 1990 vom
„alleinigen Träger der ambulanten Versor- gung“ war für uns der Befreiungsschlag und Verpflichtung pro futuro schlechthin.
(Was ist aus dem „alleinigen Träger“ ge- worden?)
Es stimmt nicht nur nachdenklich, wenn wir über 20 Jahre später am System der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit herum- spielen und zwangsläufig die Politik auf den Plan rufen, neue Regeln des Sicher- stellungsauftrages zu definieren. Er ist uns verliehen worden, beruht auf Leistung und Gegenleistung und setzt die uneinge- schränkte (zumindest nach außen) Einig- keit von uns allen voraus. „Salus aegroti- suprema lex“ oder „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im gan- zen Land“?
Dr. med. Klaus Penndorf, 39108 Magdeburg
KBV
Soll die KBV ihre Satzung ändern, damit die Vertreter der Hausärzte autonomer als bisher entscheiden können? (DÄ 46/2013: „Kassen- ärztliche Bundesvereinigung: Vertreterver- sammlung eskaliert“ von Sabine Rieser).
Der Befreiungsschlag von 1990
Schon vergessen? . . . „Alleiniger Träger der ambulanten Versorgung ist der nieder- gelassene Arzt“. Wo das geschrieben steht? Im Einigungsvertrag von 1990. Die- ser Satz im Einigungsvertrag ist nicht vom Himmel gefallen, er war das Ergebnis har- ter Verhandlungen des ehrenamtlichen Vorstandes der KBV nach der Wiederver- einigung. „Der niedergelassene Arzt“ defi- nierte sich als die Gesamtheit aller Haus- und Fachärzte. Die Hausärzte der DDR waren Fachärzte für Allgemeinmedizin und den Fachärzten anderer Fachrichtun- gen gleichrangig. 2013 wird es für not- wendig befunden, Satzungsänderungen zu beschließen, damit die Vertreter der Fach- ärzte für Allgemeinmedizin „autonomer als bisher entscheiden können“ (?).
Die niedergelassenen Ärzte in der DDR haben unter schwierigsten Bedingungen gemeinsam versucht, ihren Status zu ver- teidigen und ihren gewählten Vertretern in den Abrechnungsstellen den Rücken ge- stärkt. Mir sind keine „revolutionären“
Tendenzen auf mehr „Autonomie“ aus den einzelnen Bezirksabrechnungsstellen be- kannt. Trotz der staatlich zementierten Ge- bührenordnung gelang es, durch eine ge- meinsam vertretene Meinung aller nieder- gelassenen Ärzte das Honorarvolumen trotz altersbedingten Ausscheidens von Kollegen zu erhalten . . .
REHABILITATION
Die Deutsche Rentenversicherung will das An- gebot der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation flächendeckend etablieren (DÄ 46/2013: „Medizinische Rehabilitation: Arbeits- welt wird zum Kernthema“ von Leonie von Manteuffel).
Das Erfolgsbeispiel
Der Gesetzgeber gibt seit vielen Jahren die Parole aus: „Ambulante Rehabilitation vor stationärer Rehabilitation.“ Die in Bezug auf den Beruf am besten „pas- send“ einstellbare Rehabilitation insbe- sondere bei psychischen Störungen ist ei- ne ambulante berufsbegleitende Rehabili- tation, koordiniert von einem rehabilitati- onsmedizinisch erfahrenem Arzt, am bes-
B R I E F E
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STETHOSKOP
Wäre der Äskulapstab nicht das sinnvollere Symbol für den Arztberuf? (DÄ 46/2013: „Sta- tussymbol Stethoskop“ von Franz Hermann Franken).
Äskulapstab als Symbol ärztlicher Ratlosigkeit
Dass sich das Stethoskop über viele Medi- zinergenerationen so verdient gemacht hat, wie kaum ein anderes Untersuchungs- gerät, ist vielleicht damit zu erklären, dass es kaum reparaturanfällig oder wartungs- bedürftig ist, und dass die zum Betrieb nötige Energie der behorchte Thorax gra- tis liefert. Das alles macht es tauglich für den Gebrauch im Straßengraben, Feldla- zarett, Urwaldkrankenhaus, ja selbst im Finstern. Dies besonders, weil es gar nicht den Anspruch erhebt, seinen Benutzer ir- gendetwas sehen, erblicken oder betrach- ten zu lassen – und sich insofern von Mi- kro-, Tele-, Kaleido-, Horo-, und den vari- antenreichen Endoskopen unterscheidet,
die alle dem Arztauge etwas anzubieten haben.
Zwar hätten gewiss schon unsere Kolle- gen in der Antike . . . gern gesehen, was ihren Patienten fehlte, und tauften das Horchrohr „Brustbetrachter“, obgleich zu seiner Anwendung schon das Kassendrei- eck zwischen zwei Hemdenknöpfen not- falls reichte, und der Horcher an der Brustwand auch blind sein durfte. Viel- leicht ein Ausdruck ahndungsvoller Er- wartung der Segnungen, die „bildgebende Verfahren“ unseren modernen Kollegen inzwischen bescherten, und die das Ste- thoskop heute zwar alt aussehen lassen, ihm aber dennoch einen unverwelklichen Chic an jugendlichen Hälsen verliehen . . . Während das Stethoskop sich im Praxis- alltag immer noch bewährt, ist doch der Äskulapstab eigentlich ein Symbol ärztli- cher Ratlosigkeit: Ich hatte in meinem ganzen Berufsleben keine Gelegenheit, ei- nen Medinawurm (Dracunculus medinen- sis) daran aufzuwickeln.
Dr. Andreas Poll, 46325 Borken
ten in Zusammenarbeit mit einem Be- triebsarzt. Seit über 20 Jahren gibt es die sehr erfolgreiche ambulante Rehabilitati- on Sucht. Die ambulante Rehabilitation Sucht zeigt: Ambulante Rehabilitati- on kann sehr wirtschaftlich und erfolg- reich sein. Die Rentenversicherungsträger lassen jedoch bei anderen zu Rehabilitie- renden ambulante Rehabilitation nur als Ganztagsrehabilitation zu und diskrimi- nieren alle anderen „Diagnosegrup- pen“ und auch Teilerwerbsgeminderte, die nur an einer Teilzeitrehabilitation teilneh- men können.
Die Umschichtung von Mitteln aus dem Rehabudget in Richtung ambulante Reha- bilitation – natürlich liegt die nicht im Interesse der Lobby der Rehabilitations - konzerne!
Gerhard Leinz, 24103 Kiel