• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Rehabilitation" (31.10.1974)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Rehabilitation" (31.10.1974)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen DAS BLAUE PAPIER

Rehabilitation

I. Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation

Ärztliches Handeln bezieht die Wiedereingliederung eines Er-

krankten, Genesenden oder kör- perlich bzw. geistig Behinderten in Beruf und Gesellschaft mit ein. Me- dizinische, aber auch berufliche und soziale Rehabilitation ist also das Ziel jeder ärztlichen Behand- lung.

Die konsequente Verfolgung dieses Zieles ist allerdings für den Arzt häufig erschwert, da für Rehabili- tationsleistungen eine Vielzahl von Leistungsträgern zuständig sind, die je nach Ursache des Leidens oder der Behinderung nach unter- schiedlichen Rechtsvorschriften unterschiedliche Leistungen ge- währen.

Die deutsche Ärzteschaft begrüßt daher die im Entwurf eines „Geset- zes über die Angleichung der Lei- stungen zur Rehabilitation" vorge- sehene Koordinierung der medizi- nischen, berufsfördernden und er- gänzenden Maßnahmen zur Reha- bilitation und die enge Zusam- menarbeit der verschiedenen Re- habilitationsträger, in deren Kreis die gesetzliche Krankenversiche- rung mit einbezogen werden soll.

Für die Ausgestaltung und Durch- führung des Gesetzes hält der Deutsche Ärztetag folgende Bedin- gungen für unumgänglich:

• Durch enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Rehabilita- tionsträgern sowie durch Einrich-

*) Die vorausgehenden Abschnitte des Blauen Papiers wurden in den Heften 25, 28, 31, 32, 33, 36, 37, 38, 40, 41 so- wie in Heft 43/1974 veröffentlicht.

tung zentraler Auskunftsstellen ist sicherzustellen, daß der Behinderte rechtzeitig den notwendigen Be- handlungsmaßnahmen zugeführt wird.

• An der Erarbeitung des im Ge- setzentwurf für geeignete Fälle als notwendig erachteten Gesamtpla- nes zur Rehabilitation müssen die behandelnden Ärzte maßgeblich beteiligt sein, da sie am besten die funktionelle Belastungsgrenze eines Behinderten für Art und Ablauf je- der einzelnen Rehabilitationsmaß- nahme beurteilen können.

Nach wie vor lehnt die deutsche Ärzteschaft jedoch seine namentli- che Meldepflicht für Behinderte ab, wie sie im Zusammenhang mit der Einführung des Gesetzes zur An- gleichung der Leistungen in der Rehabilitation erneut gefordert wird. Diese dient nach Meinung der Ärzteschaft nicht zu einer Ver- besserung der Rehabilitation.

Überdies ist sie angesichts der Tatsache, daß es nach dem Reha- bilitationsangleichungsgesetz der freien Entscheidung des Behinder- ten überlassen bleiben soll, ob er von den Möglichkeiten des Geset- zes Gebrauch machen will, recht- lich nicht zulässig. Soweit der Be- hinderte Rehabilitationsleistungen in Anspruch nehmen will und dies dem Arzt mitteilt, hat der Arzt die Möglichkeit, den Behinderten an Hand eines Formularbriefes an den zuständigen Leistungsträger zu verweisen, wie dies z. B. in der Frankfurter Vereinbarung bei der Einleitung berufsfördernder Maß- nahmen bereits vorgesehen ist. Ein entsprechendes Verfahren wird seitens der Ärzteschaft auch für die Einleitung von Rehabilitations- maßnahmen besonders für Kinder und ältere Menschen befürwortet.

II. Medizinische Rehabilitation Möglichkeiten zur medizinischen Rehabilitation müssen, soweit wie möglich, schon bei Beginn einer Erkrankung im Behandlungsplan berücksichtigt werden. Dafür müs- sen in Krankenhäusern und bei den medizinischen Diensten der Versicherungen Rehabilitations- teams geschaffen werden, in denen Ärzte mit allen Fachkräften für Rehabilitation im medizinischen, aber auch im beruflichen, sozialen und ggf. im pädagogischen Be- reich eng zusammenarbeiten.

In bestimmten Erkrankungsfällen ist eine erfolgreiche medizinische Rehabilitation nur in besonderen Einrichtungen möglich. Die Errich- tung von Modellzentren für be- stimmte Krankheiten und Behinde- rungen muß konsequent weiterver- folgt werden. Dies gilt z. B. für Zen- tren für Querschnittgelähmte, die so weit ausgebaut werden müssen, daß die jährlichen Neuzugänge, deren Zahl bekannt ist, den heuti- gen medizinischen Erkenntnissen entsprechend behandelt werden können.

Die Träger der Rentenversicherung wenden für Heilverfahren erhebli- che finanzielle Mittel auf. Die Mit- tel, die für Kuren und die dafür not- wendigen Einrichtungen ausgege- ben werden, müssen schwerpunkt- mäßig für gezielte medizinische Rehabilitation verwendet werden.

Dazu zählt vor allem die Anschluß- rehabilitation nach Herzinfarkt, größeren chirurgischen Eingriffen und ähnlichen Leiden.

Für chronisch Kranke müssen be- sondere Formen der Betreuung entwickelt werden. Geeignete Kur- maßnahmen können in vielen Fäl- len auch ohne objektive Besserung des Grundleidens den psychischen und physischen Zustand der Pa- tienten deutlich bessern. Chronisch Kranke bedürfen vor allem einer geeigneten Lebensberatung, damit sie lernen, mit ihrem Leiden zu le- ben und durch vorbeugende Maß- nahmen eine Verschlechterung ih- res Gesundheitszustandes soweit Das Blaue Papier:

Abschnitt D 2 der „Gesundheits- und sozialpolitischen Vorstellungen der deutschen Ärzteschaft"

3192 Heft 44 vom 31. Oktober 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

wie möglich zu verhindern. ln die- sem übertragenen Sinne sollte auch für diesen Personenkreis der Grundsatz "Rehabilitation vor Ren- te" gelten.

Unzureichend organisiert ist bisher die Rehabilitation behinderter Kin- der und Jugendlicher. Es ist des- halb zu begrüßen, daß der Gesetz- entwurf durch die Einbeziehung der gesetzlichen Krankenkassen auch für diesen besonders bedau- ernswerten Personenkreis einheitli- che Möglichkeiten zur medizini- schen Rehabilitation eröffnet.

111. Berufliche

und soziale Rehabilitation

Der Deutsche Ärztetag begrüßt den derzeitigen Ausbau eines bundes- weiten Netzes von Berufsförde- rungswerken für die Umschulung behinderter Erwachsener und die Einrichtung von Plätzen für die Aus- bildung behinderter Jugendlicher in Berufsbildungswerken.

Zugleich muß aber auch die ambu- lante qualifizierte Umschulung in- tensiviert werden, da für zahlreiche Berufe noch erhebliche Wartezei- ten in den Berufsförderungswerken bestehen. Außerdem dürften nicht wenige Behinderte einen Umschu- lungsbetrieb in der Nähe des eige- nen Wohnortes dem Aufenthalt in einem Berufsförderungswerk vor- ziehen. Geeignete Umschulungsbe- triebe könnten im Rahmen einer organisatorischen Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger mit den Industrie- und Handelskammern, Berufsschulen und geeigneten Be- trieben gewonnen werden.

Eine vollständige Wiedereingliede- rung in das Berufsleben ist oft erst nach einer sehr langen Arbeitspau- se wieder möglich, während der der Rekonvaleszent sich zwar zu- nehmend "gesunder" fühlt, eine volle berufliche Belastung ihm aber nicht zugemutet werden kann.

Durch entsprechende versiche- rungsrechtliche Regelung muß es möglich sein, für diese Behinderten

eine ihrer körperlichen Belastbar- keit entsprechende Teilzeitarbeit tunliehst am bisherigen Arbeits- platz zu ermögl.ichen, ohne daß dem Rehabilitanden daraus finan- zielle Nachteile erwachsen. Dabei muß die Arbeitszeit den medizini- schen Erfordernissen angepaßt sein. Eine allmählich sich steigern- de Teilzeitarbeit hat einen positi- ven therapeutischen Effekt und för- dert die Motivation zur beruflichen Rehabilitation.

Psychisch Kranke und Behinderte könnten in vielen Fällen eine beruf- liche Tätigkeit ausüben, wenn be- stimmte beschützende Einrichtun- gen eine begleitende therapeuti- sche Führung ermöglichen. Leider fehlt es bisher weitgehend an Tag-

ZITAT

"Rauchen verbieten"

" ... Obwohl die Kenntnis der

Gefahren des Rauchens of- fenbar weit verbreitet ist, so ist es doch bemerkenswert, daß trotzdem so viele Leute noch so viel rauchen ...

Wenn sich dies nicht ändert, dann können wir nur die wirksamste Methode empfeh- len, um die durch das Rau- chen verursachten Krankhei- ten zu vermeiden, nämlich das gesetzliche Verbot der Zigarette."

Dr. Carsten Ritter in einem Bericht über Rauchgewohn- heiten in der Bundeswehr.

und Nachtkliniken, therapeutischen Gemeinschaften und beschützen- den Werkstätten. Die Rehabilita- tionsträger sollten geeignete Ein- richtungen schaffen, um diese Kranken und Behinderten in die Gesellschaft zu integrieren, die diesen heute oft ablehnend gegen- übersteht.

Jeder Behinderte hat ein Recht auf einen Arbeitsplatz, der seinen Mög- lichkeiten einer beruflichen Tätig-

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen DAS BLAUE PAPIER

keit entspricht. Das Schwerbehin- dertengesetz verpflichtet die Ar- beitgeber zur Bereitstellung ent- sprechender Arbeitsplätze. Häufig aber fehlt es an geeigneten Wohn- möglichkeiten für Schwerkörperbe- hinderte. Deshalb müssen im Woh- nungsbau durch öffentliche Mittel die notwendigen technischen Vor- richtungen und sonstigen bauli- chen Voraussetzungen geschaffen werden, die Behinderten ein selb- ständiges Leben ermöglichen.

Eine längere Unterbrechung des Schulbesuches infolge eines Kran- kenhausaufenthaltes hat für nicht wenige Kinder und Jugendliche den Verlust eines ganzen Schuljah- res zur Folge. Dies gilt ganz beson- ders für chronisch kranke und kör- perbehinderte Kinder. Leider ist es in den Krankenhäusern und Heil- stätten nur selten möglich, die Kin- der in gewissem Umfang weiter zu unterrichten, obwohl die Erkran- kung selbst dies zul.ieße.

Der Deutsche Ärztetag fordert des- halb die Kultusminister und die Schulbehörden auf, allen Kinderkli- niken und -heilstätten geeignete Lehrkräfte zur Verfügung zu stel- len. Zusammenfassend stellt der Deutsche Ärztetag fest:

..,.. Jedem in seiner Arbeits- bzw.

Erwerbsfähigkeit Behinderten muß ein Anspruch auf schnelle und unbürokratische Hilfe sowie eine angemessene und medizinisch zweckmäßige Versorgung zuste- hen, gleichviel auf welche Ursache die Behinderung oder das Leiden zurückzuführen ist. Der Deutsche Ärztetag begrüßt daher die von der Bundesregierung beabsichtigte Verbesserung und Harmonisierung der Leistungen zur Wiederherstel- lung und Wiedereingliederung Be- hinderter in das Berufsleben. Über die darin vorgesehene Einbezie- hung der gesetzlichen Krankenver- sicherung in den Kreis der Rehabi- litationsträger können erstmals die mitversicherten Familienangehöri- gen (Ehegatten und Kinder) Lei- stungen der medizinischen Rehabi- litation in Anspruch nehmen.

e

Wird fortgesetzt

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft

44 vom 31. Oktober 1974 3193

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

R ehabilitation ist Hilfe zur Selbsthilfe. Sie soll dem Be- hinderten eine selbständige und aktive Lebensführung ermög- lichen. Eine umfassende Einglie- derung muß daher neben

Bei Tracheitis oder Bronchitis kann von einer Hilfsperson oder von Patienten selbst nach Heraus- nahme des Innenteils der Kanüle mittels eines Absaugkatheters von außen nach

Rentenversicherung ergebe, da nach dieser Vorschrift die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur dann als erfüllt gelten, wenn der Betreffende zum Zeitpunkt der Stellung

Denn laut Sozialgesetzbuch IX haben in unse- rem Land gesundheitlich Geschädig- te nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation ein Recht auf eine be-

In einer Gesellschaft, die so wenig soziale Si- cherheit bietet und so großen Wert auf die individuellen Fähigkeiten legt, ist es besonders naheliegend, daß auch und gerade

„Versanden" zeigt. b) Die Führung bleibt für den ganzen Verlauf bei der erstbehan- delnden Rehabilitationsklinik (die erst dadurch zu einer solchen wird). Die Aufgabe wird

Ist der Träger der Eingliederungshilfe oder der sozialen Entschädigung zuständig, können unter gewissen Voraussetzungen bestimmte Leistungen der sozialen Teilhabe auch als

„Die Projektarbeitszeit“ verging schnell (subjektives Empfinden der meisten Teilneh- mer), da es immer wieder zu Diskussionen innerhalb der Gruppe kam (Meinungsunter- schiede