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Archiv "Famulatur im Jemen: Reise ins Unbekannte" (10.12.2004)

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M

it Start des klinischen Abschnitts im vierten Studienjahr bewarben wir uns bei der Kinder-Hilfsor- ganisation Hammer Forum e.V. um eine vierwöchige Fa- mulatur in einem medizini- schen Projekt im Ausland. Von Dr. Emmanouilidis erhielten wir das Angebot, im Al-Thawa- ra Hospital in Taiz, Jemen, zu arbeiten. Unsere Bedenken bezüglich der fremden Kultur, Sprache, Religion und vor al- lem der politischen Lage wur- den mit Näherrücken des Ab- flugtages immer größer, verflo- gen jedoch schon am Flugha- fen in Sanaa, wo wir von Dr.Ali herzlich empfangen wurden.

Nach der ebenso freundlichen Aufnahme am nächsten Tag durch Dr. Salah, den Leiter der Verbrennungsstation in Taiz, lösten sie sich gänzlich in Wohl- gefallen auf.

Wir waren schockiert, als wir direkt bei der Ankunft in der Verbrennungsstation mit- bekamen, dass ein schwerst- verbrannter Junge auf seine Versorgung warten musste.

Am ersten Tag in der allge- meinen Notaufnahme wurden wir Zeuge, wie Polizisten eine durch einen Autounfall getö- tete Familie zur Leichenbe- schauung brachten. Wir hat- ten noch nie so schlimme Ver- letzungen gesehen. Diese An- blicke bereiteten uns jedoch gut auf die zukünftige Arbeit vor, und nach kurzer Zeit wa-

ren wir einigermaßen „ab- gehärtet“.

Morgens nahmen wir an der Visite auf der Verbren- nungsstation teil, halfen beim Verbandwechsel und assistier- ten, wenn Operationen an- standen. Die Nachmittage ver- brachten wir in der Notauf- nahme, wo wir wegen fehlen- der Arabischkenntnisse leider keine Anamnesen erheben konnten. Stattdessen machten wir uns im „Raum fürs Gro- be“ nützlich, in dem tagein, tagaus große Platzwunden zu- sammengenäht und Brüche gegipst wurden.

Die Zustände im Kranken- haus waren nicht mit denen in Deutschland vergleichbar.Ab- gesehen von den Menschen- massen, die man keiner Funkti- on zuordnen konnte und die einfach nur zum Palavern da zu

sein schienen, den Katkauen- den Ärzten (eine jemenitische Alltagsdroge), den Zwölf-Bett- Zimmern und dem vielen Sicherheitspersonal, fehlten Hygiene, Medikamente und Verbandmaterial. Sogar Nadel und Faden mussten von den Angehörigen besorgt werden, bevor der Arzt behandeln konnte.

Die Versorgung in der Not- aufnahme war desolat.Ursäch- lich dafür waren nicht nur die schlechte materielle Versor- gung und die mangelhafte me- dizinische Ausbildung. Im Lau- fe der Zeit wurde uns immer bewusster, wie gering das Ver- antwortungsgefühl der Ärzte gegenüber den Patienten war.

So lagen zum Beispiel meh- rere Patienten mit Knochen- brüchen länger als vier Wochen in der Notaufnahme, ohne auch nur geröntgt worden zu sein. Besonders im Gedächtnis geblieben ist uns ein Patient, dessen Hautwunde nach einer Pfählungsverletzung ohne Un- tersuchung auf innere Verlet- zungen zugenäht worden war.

Als wir ihn acht Tage später zu- fällig bei einer Visite auf der Notaufnahme „entdeckten“, operierten wir ihn als akutes Abdomen und fanden drei münzgroße Perforationen im Dünndarm und sechs Liter Ei- ter im Bauch. Kein Arzt fühlte sich dafür verantwortlich.

Mit der Ankunft von Dr.

Emmanouilidis in der dritten Famulaturwoche wurden die Arbeitstage länger und intensi- ver. Nun fanden täglich mehre- re Operationen im modernen OP der Verbrennungsstation

statt, bei denen wir durch Assi- stieren und Zuschauen viel lernten. Spannend waren auch die Sprechstunden am Nach- mittag, die sich oft bis in die Abendstunden zogen, weil sich sehr viele Patienten Hilfe von Dr. Emmanouilidis und dem Hammer Forum erhofften.

Wir sahen ein breites Spek- trum an angeborenen Miss- bildungen, aber auch einige Erkrankungen, die sich erst durch fehlerhafte Diagnose und Therapie verschlechtert hatten. Besonders häufig stell- ten sich Kinder mit deformier- ten Armen und Beinen vor, die oft nach nur kleinen, aber mangelhaft versorgten Ver- letzungen oder unbehandelt durchlaufenen Infektionen an schwerer Osteomyelitis litten.

Uns wurde deutlich, wie stark die ärztliche Ausbildung und die praktizierte Medizin im Je- men dem europäischen Stan- dard hinterherhinken. Die Ärzte in der Notaufnahme hatten uns in den ersten bei- den Wochen selbstbewusst ein allumfassendes medizinisches Wissen suggeriert. Bei den Vi- siten mit Dr. Emmanouilidis stellte sich jedoch manche Diagnose und deren Therapie als falsch heraus.

>Das Hammer Forum en- gagiert sich für die Kinder die- ser Welt und bittet um Spen- den. Konto: 4 070 181 bei der Sparkasse Hamm (BLZ 410 500 95). Kristin Rose, Stefan Kissenkötter E-Mail: skeki@web.de

A

A3448 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 5010. Dezember 2004

S T A T U S

Die Arzneimittel-Festbeträge nach § 35 SGB V sind ein In- strument der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), um die Arzneimittelausgaben zu stabilisieren. Beschlossen werden sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), in dem Ärzte und Krankenkassen zu gleichen Teilen vertre- ten sind, und den Spitzenverbänden

der Krankenkassen. Der G-BA legt dabei zunächst die Festbetragsgrup-

pen fest, in denen Präparate mit denselben Wirkstoffen, mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirk- stoffen oder mit pharmakologisch-therapeutisch ver- gleichbarer Wirkung zusammengefasst werden. Der G-BA muss dabei sicherstellen, dass in den einzelnen Gruppen eine für die Therapie ausreichende Auswahl von Arzneimit-

teln zur Verfügung steht. Für diese Gruppen legen die Spit- zenverbände der Krankenkassen im Anschluss Erstat- tungsobergrenzen fest. Liegt der Apothekenabgabepreis eines Arzneimittels über diesem Höchstbetrag, müssen die Patienten die Differenz aus eigener Tasche zuzahlen. Mit der Gesundheitsreform 2004 sind erstmals auch wieder patentge- schützte Arzneimittel von der Fest- betragsregelung betroffen. Neben Festbeträgen für Medi- kamente beschließen die Gremien der Selbstverwaltung auch Erstattungsobergrenzen für Verband- und Hilfsmittel.

Erstmals in die GKV eingeführt wurde das Instrument der Festbeträge 1989 unter dem damaligen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Norbert Blüm (CDU). HK

Festbeträge

L E X I K O N

Famulatur im Jemen

Reise ins Unbekannte

Fotos:privat

Langfassung im Internet:

www.aerzteblatt.de/plus5004

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