M 100/2006 FIN 18. Oktober 2006 FIN C Motion
1794 GFL (Pulver, Bern)
Weitere Unterschriften: 8 Eingereicht am: 20.03.2006
Ökologische Steuerreform im Kanton Bern – für eine nachhaltige Entwicklung
Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Vorlage für eine ökologische Steuerreform vorzulegen. Die Einnahmen von marktwirtschaftlichen Umweltabgaben sollen dabei staatsquotenneutral zur gezielten Senkung der direkten Steuern in denjenigen Bereichen, in denen der Kanton Bern interkantonal einen besonderen Standortnachteil hat, oder zur Senkung der Krankenkassenprämien verwendet werden.
Die Vorlage soll dem Grossen Rat als Alternative oder Ergänzung zur geplanten Steuergesetzrevision vorgelegt werden (ganze oder teilweise einnahmeseitige Kompensation der geplanten Steuersenkungen).
Begründung
Der Kanton Bern muss sich wirtschaftlich weiterentwickeln. Dabei muss das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung im Zentrum stehen: Der Staat soll Massnahmen ergreifen, die ökologisch, ökonomisch und sozial gewinnbringend sind.
In Fachkreisen ist heute weitgehend unbestritten, dass eine ökologische Steuerreform – also die Einführung marktwirtschaftlicher Umweltabgaben bei gleichzeitiger Verwendung ihrer Einnahmen zur Verbilligung des Faktors Arbeit – ökologisch, ökonomisch und sozial positive Auswirkungen hat.
Angesichts der Klimaprobleme und der Notwendigkeit ökologischer und ökonomischer Innovation ist im Kanton Bern dringend eine solche Steuerreform anzupacken.
Verschiedene Studien namentlich die so genannte MUEK-Studie aus den 90er Jahren („Marktwirtschaftliche Instrumente mit einnahmenseitiger Kompensation“) betreffend den Kanton Bern) haben aufgezeigt, dass die rechtliche, technische und administrative Machbarkeit von Umweltsteuern im Kanton Bern gegeben ist. Denkbar wären beispielsweise Abgaben wie eine verstärkte verbrauchsabhängige Besteuerung von Motorfahrzeugen, Abfall-, Kies- oder Abwasserabgaben, eine Bodenversiegelungsabgabe, eine kantonale Parkplatzabgabe oder beispielsweise eine Zweitwohnungssteuer. Dabei wurde in Studien ein Einnahmepotential von über 150 Mio. Franken jährlich gesehen.
Welche ökologischen Abgaben das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, muss durch Fachleute abgeklärt werden.
Die Einnahmen dieser marktwirtschaftlichen Ökosteuern sollen vollumfänglich zur Senkung von Abgaben, welche die menschliche Arbeit belasten, verwendet werden. Im Vordergrund steht die staatsquotenneutrale Verwendung zur gezielten Senkung der Einkommenssteuern in denjenigen Bereichen, in denen der Kanton Bern im interkantonalen Vergleich die grössten Standortnachteile aufweist (namentlich zur Entlastung der Mittelstandsfamilien), oder zur Reduktion der Krankenkassenprämien.
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Mit der vorgeschlagenen ökologischen Steuerreform fördert der Kanton die technische Innovation und damit seine Wirtschaftskraft, verbessert seine Lage im interkantonalen Steuervergleich und leistet – im Rahmen seiner Zuständigkeiten – einen zentralen Beitrag zur marktwirtschaftlichen Lenkung der Wirtschaft in ökologische Richtung. Eine win-win- Situation!
Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 23.03.2006
Antwort des Regierungsrates
1. Ausgangslage
Der Motionär fordert vom Regierungsrat die Erarbeitung einer Vorlage für eine ökologische Steuerreform, wobei die entsprechenden Einnahmen zur gezielten Steuersenkung oder zur Senkung der Krankenkassenprämien verwendet werden sollen (Punkt 1 der Motion). Die verlangte Vorlage soll als Alternative oder Ergänzung zur geplanten Steuergesetzrevision 2008 dienen (Punkt 2 der Motion).
2. Grundsätzliches zur Einführung von Umweltabgaben
Der Regierungsrat unterstützt grundsätzlich die Anliegen des Motionärs. Es erscheint sinnvoll, umweltbelastendes Verhalten mittels Umweltabgaben zu verteuern und im Gegenzug in gleichem Umfang andere Steuern und Abgaben zu senken. Je nach Ausgestaltung einer solchen ökologischen Steuerreform – namentlich wenn die Erträge aus den Umweltabgaben zur Senkung von steuerlichen Belastungen verwendet werden, in denen der Kanton Bern im interkantonalen Vergleich schlecht abschneidet – könnte eine solche Massnahme auch zur Standortattraktivität des Kantons Bern beitragen.
Im Einzelnen ist insbesondere zu beachten, dass ökologische Steuern indirekte Steuern und daher nicht direkt, sondern abgestimmt mit den direkten Steuern zu regeln sind.
Besonders wirksam wäre eine ökologische Steuerreform bei einer Einführung im nationalen Rahmen. Es ist aber auch denkbar, entsprechende Schritte in kantonaler Kompetenz umzusetzen. Besonders wichtig erschiene es dem Regierungsrat deshalb, dass allfällige Umweltabgaben als Lenkungsabgaben ausgestaltet würden, welche im Gegensatz zu anderen Abgaben staatsquotenneutral sind, da die Erträge an die Abgabepflichtigen zurückerstattet werden. Es sollte auch sichergestellt werden, dass die Entlastungen möglichst in den gleichen Anspruchsgruppen anfallen, wie die Belastungen.
Der Kanton Bern hatte ausgehend von der Machbarkeitsstudie „Marktwirtschaftliche Umweltinstrumente mit einnahmenseitiger Kompensation“ (MUEK-Studie)1 eine interne Arbeitsgruppe gebildet, welche die entsprechenden Entwicklungen verfolgt. Aufgrund der vorliegenden Motion ist der Regierungsrat nun darüber hinaus bereit, abzuklären, welche Möglichkeiten einer ökologischen Steuerreform im Kanton Bern bestehen und dabei insbesondere mögliche Umweltabgaben und entsprechende mögliche Steuersenkungen zu evaluieren. Steuersenkungen aufgrund von neuen Umweltabgaben dürften wohl primär in denjenigen Bereichen sinnvoll sein, wo der Kanton Bern im interkantonalen Vergleich schlecht dasteht. In einem Bericht sind die Vor- und Nachteile verschiedener Varianten objektiv zu beleuchten. Namentlich ist abzuklären, wie sich entsprechende Reformen auf den interkantonalen Steuervergleich und den Wirtschaftsstandort Bern auswirken und
1Schlussbericht: http://www.ecoplan.ch/main/dlcenter.php?link=http://www.ecoplan.ch/download/muek_sb_de.pdf;
Kurzfassung: http://www.ecoplan.ch/main/dlcenter.php?link=http://www.ecoplan.ch/download/muek_kf_de.pdf
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wieweit die Durchführung einer ökologischen Steuerreform allein im Kanton Bern sinnvoll erschiene.
3. Verwendung der Einnahmen zur Senkung der direkten Steuern bzw. zur Senkung der Krankenkassenprämien
a) Gezielte Senkung der direkten Steuern
Wie oben unter Ziff. 2 aufgezeigt, wäre genauer zu prüfen, wie eine Senkung der Gesamtbelastung durch Steuern und Abgaben durch die Einführung entsprechender Lenkungsinstrumente am wirkungsvollsten erreicht werden könnte.
b) Senkung der Krankenkassenprämien
Die Finanzierung der Prämienverbilligung erfolgt über Bundes- und Kantonsbeiträge. Die Höhe der Verbilligungsbeiträge richtet sich nach massgebendem Einkommen und Region.
Im Jahr 2005 betrug der Bundes- und Kantonsbeitrag insgesamt CHF 464 Mio. Von der Prämienverbilligung profitierten dabei im Kanton rund 300'000 Personen bzw. 30 Prozent der Kantonsbevölkerung. Dem Regierungsrat erscheint es damit – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassenprämien für viele Bürger zu einem immer grösser werdenden Kostenfaktor werden – als sinnvoll, genauer zu prüfen, inwiefern momentan ein Bedarf besteht, zusätzliche Mittel für die Prämienverbilligung zur Verfügung zu stellen.
4. Koppelung mit der Steuergesetzrevision 2008
In Anbetracht des geplanten Inkrafttretens der Steuergesetzrevision per 1. Januar 2008 bzw. 1. Januar 2010 lässt sich eine ganze oder teilweise Kompensation durch Einnahmen aus marktwirtschaftlichen Umweltabgaben nicht rechtzeitig verwirklichen.Eine ökologische Steuerreform könnte jedoch allenfalls zur Finanzierung eines weiteren Schrittes zur gezielten Steuersenkung im Kanton Bern beigezogen werden.
5. Fazit
Der Regierungsrat ist gemäss den Ausführungen unter Ziff. 2 bereit zu prüfen, inwiefern eine Einführung von marktwirtschaftlichen Umweltabgaben im Kanton Bern mittelfristig als valable Option erscheint und inwiefern die entsprechenden Einnahmen zur Senkung der direkten Steuern bzw. der Krankenkassenprämien verwendet werden könnten (Punkt 1 der Motion).
Wie unter Ziff. 4 dargelegt, ist eine Koppelung einer allfälligen Einführung von Umweltabgaben mit der aktuellen Steuergesetzrevision 2008 abzulehnen (Punkt 2 der Motion).
Antrag: Punkt 1: Annahme als Postulat Punkt 2: Ablehnung
An den Grossen Rat