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Archiv "Präimplantationsdiagnostik: Zulassung der PID in engen Grenzen" (10.06.2011)

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A 1280 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 23

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10. Juni 2011

PRÄIMPLANTATIONSDIAGNOSTIK

Zulassung der PID in engen Grenzen

Sollten die Gentests unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden, will die Ärzteschaft an einer verantwortungsvollen Umsetzung mitarbeiten.

E

s war eine kontroverse, aber gleichwohl auch eine sachli- che, ernsthafte Diskussion, bei der Befürworter und Gegner einer Zu- lassung der Präimplantationsdia - gnostik (PID) ihre Argumente aus- tauschten. Letztendlich entschied sich dann aber eine deutliche Mehrheit der Delegierten des 114.

Deutschen Ärztetages, dem Vor- standsantrag zu folgen und sich für eine Zulassung der PID in engen Grenzen auszusprechen. Im Jahr 2000 hatte noch eine knappe Mehr- heit solche Gentests abgelehnt. Die Delegierten unterstützten damit ein Memorandum zur PID, das eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Vorstandes der Bundesärztekam-

mer (BÄK) und des Wissenschaft- lichen Beirats der BÄK erarbeitet hatte.

Das Papier zeigt medizinische, ethische und rechtliche Argumente für eine begrenzte Zulassung des Verfahrens auf. Demnach sollte es Ziel des Indikationsmodells sein, Paaren mit hohem genetischem Ri- siko zu einer Schwangerschaft mit einem von dieser genetischen Er-

krankung unbelasteten Embryo zu verhelfen. Die Bundesärztekam- mer hält allerdings eine Eingren- zung der Indikationsstellung für er- forderlich. Die PID soll nur Paaren angeboten werden, für deren Nach- kommen ein hohes Risiko einer familiär bekannten und schwer - wiegenden, genetisch bedingten Erkrankung besteht. Keine Indi - kationen für die PID dürfen vor al-

Mit 204 zu 33 Stimmen bei sechs Enthaltun- gen hat der Deut- sche Ärztetag ei- nem Memorandum zur Präimplantati- onsdiagnostik zuge- stimmt.

TOP I: Gesundheits, Sozial- und Berufspolitik (PID) FAZIT

Die Delegierten des 114. Deutschen Ärztetages sprechen sich für eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) in engen Grenzen aus.

Sie halten allerdings eine Eingrenzung der Indikationsstellung für erforderlich.

Nach Auffassung des Deutschen Ärztetages ist eine PID in bestimmten Fällen weniger problematisch als eine Pränatal- diagnostik mit nachfolgendem Schwangerschaftsabbruch.

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10. Juni 2011 lem Geschlechtsbestimmungen ohne

Krankheitsbezug, ein höheres Alter der Eltern sowie „Maßnahmen der assistierten Reproduktion im All- gemeinen sein“. Außerdem wird unter anderem eine „umfassende Information und Aufklärung sowie kompetente Beratung“ gefordert.

Nach Auffassung des Ärztetages ist die PID unter Gesichtspunkten der Zumutbarkeit für die Frau und

des Entwicklungsstands des vorge- burtlichen Lebens in bestimm- ten Fällen ethisch weniger pro - blematisch als eine Pränataldia - gnostik (PND) mit nachfolgendem Schwangerschaftsabbruch. Wenn es nach ihm ginge, gäbe es aller- dings weder die Pränataldiagnostik noch die Präimplantationsdiagnos- tik, sagte der scheidende Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr.

med. Jörg-Dietrich Hoppe, bei der Eröffnungsveranstaltung zum 114.

Deutschen Ärztetag in Kiel. Den- noch ist ihm klar: „Das eine be- dingt das andere.“ Und so habe der Bundesgerichtshof (BGH) folge- richtig die unlogische Diskrepanz zwischen den Möglichkeiten der PND und denen der PID aufge - hoben – auch wenn er die ge- schlechtsspezifische Auswahl wie auch die unbegrenzte Selektion von Embryonen strikt untersagt habe. Der BGH habe damit klar herausgestellt, dass mit Hilfe von PID keine Designerbabys erzeugt werden dürften.

Doch bei allen Restriktionen wird nach Auffassung Hoppes die PID nun rechtlich zulässig in Deutschland. „Der Gesetzgeber ist aufgefordert, das Embryonen- schutzgesetz entsprechend nachzu- bessern, tut sich aber schwer.“

Hoppe berichtete, dass sich auch der Vorstand der Bundesärztekam- mer intensiv mit der bevorstehen- den Gesetzesentscheidung befasst habe.

Dr. med. Christian Albring, Nie- dersachsen, begrüßte den Antrag und das Memorandum der Bundes- ärztekammer. Seiner Ansicht nach kann das Gesetz dazu verhelfen,

„unermessliches Leid zu verhin- dern“. Eine Zulassung der PID un- ter bestimmten Voraussetzungen sei „ein kleiner Schritt für uns und ein großer Schritt für die Mensch- heit“. Auch Prof. Dr. med. habil.

Jan Schulze sprach sich für den BÄK-Antrag aus. Ihm zufolge müssten die betroffenen Paare, es seien etwa 200 im Jahr in Deutsch- land, in Selbstverantwortung ihre Entscheidung treffen können.

Plädoyer für ein Verbot der PID – Rudolf Henke ver- suchte die Delegier- ten davon zu über- zeugen, dass die PID behindertes Leben diskriminiere.

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10. Juni 2011 A 1283 Aber es gab auch deutliche Ge-

genstimmen. So sprach sich bei- spielsweise Rudolf Henke, BÄK- Vorstand, vehement für ein um - fassendes Verbot der PID aus. Er hält unter anderem den Vorwurf, ohne PID müssten Frauen eine sogenannte Schwangerschaft auf Probe eingehen, um sich dann während der Schwangerschaft ei- ner Pränataldiagnostik zu unterzie- hen, die gegebenenfalls zu einer Spätabtreibung führen würde, für nicht korrekt. Im Jahr 1995 sei die embryopathische Indikation aus- drücklich mit der Begründung ab- geschafft worden, dass sie behin- dertes Leben diskriminiere. Mit ei- ner Zulassung würde diese Diskri- minierung wieder gesetzlich einge- führt. Auch Dr. med. Guido Marx vertrat die Auffassung, dass die PID eine Methode der Selektion sei.

„Ich sehe es nicht als meine Aufga- be an, ein fehlerfreies menschliches Leben zu ermöglichen“, sagte er.

Der Ärztetag betonte letztend- lich, dass nur der Gesetzgeber le - gitimiert sei, das menschliche Le- ben elementar berührende Fragen verbindlich zu regeln. „Gestattet der Gesetzgeber die PID in engen Grenzen, wird die Ärzteschaft an einer verantwortungsbewussten Um - setzung – so wie sie in ihrem Memorandum zur PID skizziert ist – nicht zuletzt im Sinne einer opti- malen Versorgung und Behandlung

der betroffenen Paare umsichtig mitwirken“, heißt es in dem Be- schluss. Bei den Bedingungen für die PID wollen die Mediziner mit- entscheiden. Für das Verfahren sol- le die Bundesärztekammer eine Richtlinie erarbeiten, „insbesonde- re zum Indikationsspektrum, zur personellen und apparativen Aus- stattung, zur medizinischen und psychosozialen Beratung sowie zur Festlegung der erforderlichen Zahl danach qualifizierter durch- führender Zentren“. Bei den Lan- desärztekammern sollen PID-Kom- missionen eingerichtet werden, die

die Qualitätssicherung der Präim- plantationsdiagnostik gewährleis- ten sollen.

Der Bundestag steht zurzeit vor einem ähnlichen Gewissenskon- flikt wie die Ärzteschaft. Dort wer- den derzeit drei verschiedene Ge- setzentwürfe zur PID beraten.

Zwei Entwürfe plädieren für eine begrenzte Zulassung, einer, der auch von Henke unterstützt wird, für ein komplettes Verbot. ■

Gisela Klinkhammer

In Deutschland warten 12 000 Men- schen auf ein Spenderorgan, jeden Tag sterben drei Patienten, weil nicht rechtzeitig ein passendes Organ zur Verfügung steht. Um die Zahl der Spenderorgane zu erhöhen, hat sich der 114. Deutsche Ärztetag in Kiel dafür ausgesprochen, die Information der Bevölkerung über die Möglichkei- ten der Organspende und der Trans- plantationsmedizin zu intensivieren.

Ziel müsse es sein, dass möglichst viele Bürger ihre Bereitschaft für eine Organ- und Gewebespende erklärten.

Dabei müsse das Selbstbestim- mungsrecht gewahrt bleiben. „Wird

dieses Recht nicht zu Lebzeiten wahrgenommen und liegt somit keine Erklärung vor, können dem Verstor- benen unter Ermittlung des mutmaß- lichen Willens durch Einbeziehung der Angehörigen, Organe und/oder Gewebe entnommen werden“, heißt es in dem Ärztetags-Beschluss.

Die Delegierten folgten damit dem Vorschlag der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärz- tekammer, die das „Modell einer In- formations- und Selbstbestimmungs- lösung mit Erklärungspflicht“ ent - wickelt hat. Der Ärztetag betonte, dass diese Regelung die positiven

Aspekte sowohl der derzeit gelten- den Zustimmungslösung wie auch der sogenannten Widerspruchslö- sung konstruktiv aufgreife und zu- sammenführe.

Im vergangenen Jahr hatte sich der Ärztetag für eine Widerspruchslö- sung ausgesprochen. Doch Martina Wenker vom Bundesärztekammer- Vorstand konnte die Antragsteller des damaligen Beschlusses davon über- zeugen, dass diese Lösung schwer umzusetzen sei. „Selbst Patienten- vertreter wollen keine Widerspruchs-, sondern eine Selbstbestimmungslö-

sung.“ Kli

INFORMATIONS- UND SELBSTBESTIMMUNGS LÖSUNG

Plädoyer für eine Zulassung der PID – Jan Schulze spricht sich für die Eigenver- antwortung der betrof- fenen Paare aus.

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Das Memorandum im Internet:

www.aerzteblatt.de/111280

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Referenzen

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