Verwendungszwecke von Kreditkarten bei Personen von 14 bis 64 Jahren
Angaben in Prozent Bezahlung von Flug-
tickets 1,4
Restaurantrechnun-
gen 2,3
Hotelrechnungen 2,6
Reisen 2,9
Kauf von:
Bekleidung, Acces-
soires 3,8
Schmuck 1,6
größere Einrichtungs- gegenstände 2,4 Einlösen von
Bargeld 2,9
Mieten eines Autos 1,6
Tanken 2,4
Sonstiges 0,3
Quelle: MarkenProfile 3 aus: Der Kontakter
LE ERDIENST
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Kreditkarten:
Plastikflut in der Brieftasche
D
er Durchbruch ist ge- schafft: Kredikarten sind bei Bundesbür- gern salonfähig geworden.Rund vier Millionen Karten der vier großen Anbieter Eu- rocard, Visa, American Ex- press und Diners Club, wei- terhin rund 40 Millionen Eu- rocheque-, Kunden- und Ein- kaufskarten schlummern in Geldbörsen und Briefta- schen. Auch wenn ein Ende des Booms noch nicht abseh- bar ist, wächst vielerorts das Unbehagen.
Der Kampf um die Spit- zenposition wird von zwei Anbietern ausgefochten: Die Eurocard wird seit rund ei- nem Jahr von allen bundes- deutschen Banken und Spar- kassen in eigener Regie zum Preis zwischen 40 und 130 DM herausgegeben. Auch die ersten sogenannten „Co- branding"-Partner wie etwa Daimler Benz mischen be- reits mit im Kartengeschäft.
Beim Co-branding sind die Lizenznehmer der Kreditkar- tenorganisation die eigentli- chen Ausgeber. Vertrieb und Kundenakquisition erfolgen über sie. Abrechnung und Kreditrisiko übernehmen die Kartenorganisationen. Visa hat hingegen von Anfang an auf Co-branding gesetzt.
Heute bieten Unternehmen wie Eismann, TUI, Bertels- mann oder der ADAC eigene Kärtchen mit dem Visa-Sym- bol an. Bewußt Distanz hal- ten die Konkurrenten von American Express und Di- ners Club, deren Signet sich vorzugsweise in den Briefta- schen betuchter Bundesbür- ger findet: „Klasse statt Mas- se" heißt hier die Devise. Ne- ben den vieren gibt es noch eine Vielzahl hausinterner Kunden- und Mitgliedskar- ten, die von Unternehmen vorrangig aus Gründen einer besseren Kundenbindung herausgegeben werden: Die
„Goldene Hertie-Kundenkar- te" zählt ebenso dazu wie die
„Ikea-Family-Card" — ge- meinsam ist ihnen, daß sie meist ausschließlich von dem emittierenden Unternehmen akzeptiert werden. Verbun- den mit den Karten sind fast
immer attraktive Zusatzlei- stungen, etwa — um beim Bei- spiel Ikea zu bleiben — eine Transportversicherung für ge- kaufte Möbelstücke. Ameri- can Express geht sogar noch weiter: Alle Waren, die per Karte bezahlt wurden, sind automatisch und ohne Mehr- kosten 90 Tage lang gegen Verlust, Beschädigung und Diebstahl versichert. Geht al- so beispielsweise der per Amexco-Karte erworbene Fernsehapparat zu Bruch, wird der volle Kaufpreis zu- rückgezahlt.
Als „Mogelpackung" wer- den vielfach die in der Wer- bung groß herausgestellten Versicherungsleistungen der Kreditkartenorganisationen beschrieben. Tatsache ist, daß viele Karten-Versiche- rungen erst dann in Kraft tre- ten, wenn — zum Beispiel im Falle der Unfallversicherung
— das benützte Verkehrsmit- tel mit Karte bezahlt wurde oder aber — im Falle der Haft- pflichtversicherung — keine andere Versicherung für den.
Schaden aufkommt. Anderer- seits kann die kostenlose Kar- tenversicherung — die im In- validitätsfall bis zu 750 000 DM leistet — durchaus ei- ne sinnvolle Ergänzung des bestehenden Versicherungs- schutzes darstellen. Allein deswegen sollten potentielle Kunden die Plastikkarte je- doch keineswegs auswählen.
Ein bedeutender Vorteil ist sicherlich auch die Zah- lungsfrist, die mit den Kar- tentransaktionen erreicht wird: Zwischen zwei Wochen und zwei Monaten vergehen, bis die ausgegebenen Beträge auf dem Kartenkonto erschei- nen. Danach kann der Kunde nochmals bis zu vier Wochen mit der Zahlung abwarten.
Für schwache Nerven ist die- ses System sicher nicht geeig- net: Erfahrungsgemäß ver- führen Karten — und die da- mit verbundene, weitgehend uneingeschränkte Zahlungs-
fähigkeit — zu höheren Ausga- ben. Das Beispiel USA — wo Kreditkarten schon an Zwölf- jährige ausgegeben werden — zeigt, daß es schnell zur Überschuldung ganzer Fami- lien kommen kann. Karten- zahler sollten mithin den Überblick behalten.
Unter Sicherheitsaspekten stellen Kreditkarten — und nur diese — das risikoloseste Zahlungsmittel dar. Kommt
die Karte abhanden, haftet der Kunde im Mißbrauchsfal- le bis zum Zeitpunkt der Mel- dung mit maximal 100 DM.
Von diesem Zeitpunkt an ist er völlig frei von jeglicher Haftung. Im Gegensatz dazu gelten etwa für Eurocheques kompliziertere Haftungsbe- stimmungen, die Rückforde- rungen im vierstelligen Be- reich möglich machen kön- nen. Auch bei Kundenkarten wird der Kunde im Schadens- fall oftmals kräftig zur Kasse gebeten: Bis zu 2000 DM sind bei den meisten Karten üb- lich. Einige Anbieter sehen sogar — was letztlich gericht-
lich zu überprüfen wäre — ei- ne unbegrenzte Haftung vor.
Noch dazu sind viele ak- zeptierende Geschäfte — und hier in letzter Zeit besonders die Tankstellen — nicht begei- stert, wenn sie statt barer Münze oder eines Euroche- que eine Kreditkarte anneh- men sollen. Der Grund: Die Kartenfirmen berechnen ih- ren Vertragspartnern eine umsatzabhängige Provision von 2,5 bis 6 Prozent. Dieser Betrag schlägt sich bei Unter- nehmen mit geringer Ge- winnspanne in der Kalkulati- on nieder. Momentan ist es den Akezptanzstellen jedoch strikt untersagt, einen Auf- schlag für Kartenzahler zu verlangen. Tun sie es den- noch, müssen sie mit einer Vertragskündigung durch den Kartenemittenten — und mit damit verbundenem Image- und Kundenverlust — rechnen. Andererseits nutzen Kartenbesitzer ihr Plastikgeld immer häufiger zum Han- deln: Bei größeren Einkäufen sind manche Geschäftsinha- ber durchaus bereit, im Fall der Bar- statt der Kartenzah- lung einen Rabatt von bis zu fünf Prozent zu gewähren.
Statthaft ist diese Methode zwar nicht. Praktiziert wird sie entgegen der Dementi der Kartenfirmen dennoch lau- fend.
Im übrigen: Zwei Karten verschiedener Anbieter soll- ten Bundesbürger stets in der Tasche haben. Bisher zumin- dest akzeptieren die meisten Hotels und Restaurants, Ge- schäfte und Tankstellen erst einzelne Karten der vier gro- ßen Anbieter. Mit zwei Kar- ten kommt man schon we- sentlich weiter. Nachbarlän- der — in denen das Euroche- que-System nie so richtig Fuß fassen konnte — zeigen, daß Plastikgeld durchaus prak- tisch ist: So können in vielen Ländern — hierzulande erst an einigen Flughäfen — Tele- fongespräche per Kreditkarte bezahlt werden. In Frank- reich ist den Autobahn-Kas- sierern der Griff nach der Plastikkarte allemal lieber als das lästige Kramen nach Kleingeld. Peter Jobst Dt. Ärztebl. 87, Heft 30, 26. Juli 1990 (65) A-2331