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Quintessenz Zahnmedizin, 06/2006

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Liebe Leserin, lieber Leser,

sicherlich gibt es härtere Schicksale auf dieser Welt als die von Ärzten und Zahnärzten, insbesondere in Deutschland.

Aber empfinden Sie es auch wie ich, dass nämlich im Grunde Personen mit einem abgeschlossenen Studium und einem vorwiegend eigenverantwortlichen und erfolgreichen Berufsleben in dieser Gesellschaft diskriminiert werden?

Denn sie sind Besserverdiener. Stimmt. Wenn man bis zum Abitur zur Schule geht, danach 5 Jahre studiert, 15 Staats- examensprüfungen überstanden, mindestens 2 Jahre Assis- tenzzeit durchlaufen hat und sich dann entscheidet, in ein Praxisteam einzusteigen oder sich allein selbstständig zu machen, die ersten 6 Monate lediglich Gehälter zahlt und anschließend nach ca. 8 Jahren Ausbildung das erste Mal das Honorar für die Monate zuvor geleistete Krankenver- sorgung kassiert, dann ist es soweit: Spätestens jetzt wird man als Besserverdiener beschimpft. Ungefähr der Hälfte der Mediziner geht es noch schlimmer. Die angestellten Ärzte im Krankenhaus mit einem schmalen Grundgehalt haben sich daran gewöhnt, nur durch Überstunden auf ein ordentliches Gesamtgehalt zu kommen. Nun muss anstelle von Überstunden Schichtbetrieb eingeführt werden, so dass unter dem Strich ein unangemessen niedriges Grundgehalt durch unattraktivere Arbeitszeiten ergänzt werden soll. Vor allem deshalb wird gestreikt.

Aber warum bläst uns der politische Gegenwind seit Jahren ins Gesicht? Das alles ergibt auf den ersten Blick doch keinen Sinn. Lediglich wenn man den hinter vorge- haltener Hand kommunizierten Masterplan kennt, versteht man alles. Streikforderungen von Klinikärzten muss man ja nicht ernst nehmen. Zunächst fallen wegen der Streiks so viele Behandlungen aus, dass enorme Kosten gespart wer- den. Außerdem warten die Finanzminister nur, bis das eine oder andere Universitätsklinikum an den mangelnden Ein- nahmen Pleite geht und abgewickelt werden kann. Dies wäre ohne Streik ungleich schwerer durchzusetzen.

Ähnliches gilt auch für niedergelassene Kollegen. Durch Honorarkürzungen, Budgetierung und Schaffung bürokrati- scher Schikanen, die für einen Kleinbetrieb eigentlich unzu- mutbar sind, soll die Geschäftsform des einzelnen niederge- lassenen Arztes oder Zahnarztes als Standardformat eliminiert werden. Aber warum das Ganze? Schließlich steigt doch der Bedarf an Krankenversorgung in einer alternden Gesellschaft.

Genau darum. Ohne massive Senkung der Honorare und Kosten ist das Gesundheitssystem aus Sicht der Politiker nicht mehr finanzierbar, da ihnen der Mut fehlt, den Wählern die Abkoppelung von den Lohnnebenkosten zu vermitteln.

Also diskreditiert man öffentlich das Arzt-Patienten-Verhält- nis, bläst einzelne Missstände medial auf und schafft so die politische Zustimmung für den angestellten Arzt, der den vom jeweiligen kaufmännischen Vorgesetzten verordneten Mangel nicht einmal öffentlich kommentieren darf. Stimmt nicht? Horrordarstellung? Schauen Sie sich doch mal die neuen Chefarztmusterverträge für Lehrstuhlinhaber (W3) an.

Im krassen Gegensatz zur Verfassung ist hier ein entspre- chender „Maulkorbparagraph“ eingearbeitet.

Wie geht man mit diesem Plan um? Auf jeden Fall rate ich davon ab, in Presseerklärungen immer wieder vom Ende des freien niedergelassenen Zahnarztes zu sprechen. Schließ- lich ist dies keine Drohung, sondern eine Bestätigung für die entsprechenden Politiker, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Aus persönlichen Äußerungen weiß ich, dass manche diese Reaktion sogar als Kompliment für ihre Arbeit auffas- sen. Man sollte lieber die Patienten fragen, ob sie eine so schlechte Servicequalität wie im öffentlichen Dienst üblich, kombiniert mit massiver Unterversorgung und Wartelisten- medizin, wünschen und akzeptieren.

Ich habe mir schlicht angewöhnt, mit Politikern und Jour- nalisten nicht mehr über Honorare zu diskutieren. Stattdessen empfehle ich, sich bei jedem Arztbesuch einzelne Dienst- leistungen herauszusuchen und zu raten, wie hoch wohl das Honorar dafür ist. Nach Rückfrage sollte man dann den Preis mit den Taxikosten vergleichen – das Ergebnis wird für sich sprechen. Während Oscar Wildenoch beklagte, dass man von allem den Preis und von nichts den Wert kenne, ist es im Gesundheitswesen genau umgekehrt.

595

Quintessenz 2006;57(6):595

EDITORIAL

Der Wert ist meistens bekannt, nicht aber der Preis

Prof. Dr. Michael J. Noack Chefredakteur

Ihr

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