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Archiv "Studie: Ärzte mögen ihren Beruf – sind aber frustriert" (31.10.2008)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 44⏐⏐31. Oktober 2008 A2311

P O L I T I K

auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt angekündigt war. Die entschuldigte sich unter Hinweis auf ein kurzfristig anberaumtes eu- ropäisches Ministertreffen und teilte lediglich per Videobotschaft mit,

„dass es für Mangelszenarien und neue Rationierungsdebatten keinen Grund gibt“. Vielmehr sei kontinu- ierlich an mehr Effizienz des Ge- sundheitssystems zu arbeiten.

So bekannt diese regierungsamtli- che Sprachregelung nach dem Motto

„Dass nicht sein kann, was nicht sein darf“ auch klingt, so wenig mochten sich die Diskutanten mit ihr anfreun- den. Was die Ministerin unter mehr Effizienz verstehe, sei ja bekannt, er- klärte Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärzte- kammer: „Immer schlechtere Ar- beitsbedingungen für die Gesund- heitsberufe.“ Daran änderten auch die jetzt zugesagten zusätzlichen Mittel nichts. „Die schleichende Ver- schlechterung, die verdeckte Ratio- nierung treibt viele Ärzte aus dem Beruf, weil sie es nicht aushalten, permanent zu lügen.“ Hoppe plädier- te wie Winn dafür, die Rationierung transparent zu machen.

Angesichts begrenzter Ressour- cen sei ein Gesundheitssystem ohne jede Rationierung nicht denkbar, versicherte der Ökonom Prof. Dr.

Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. Man werde auf ökonomische Anzreize für effizien- tes Arbeiten im Gesundheitswesen nicht verzichten können. Unver- meidlich sei zudem, dass die Soli- dargemeinschaft keine Leistungen mehr bezahle, die keinen Nutzen hätten oder deren Nutzen zu teuer sei. Hoppe hatte vorgeschlagen, ei- ne Priorisierung medizinischer Leis- tungen nach dem Vorbild Schwe- dens zu prüfen. Im Ulmer Papier der Ärzteschaft wird angeregt, ein Ge- sundheitsrat mit Patienten, Ärzten, Juristen, Ökonomen und Ethikern solle dem Parlament dazu Emp- fehlungen unterbreiten. Der FDP- Gesundheitspolitiker Heinz Lanfer- mann kann sich gut vorstellen, dass solche Empfehlungen zur Grenzzie- hung zwischen Solidarversicherung und Eigenverantwortung von den Abgeordneten akzeptiert würden.I Samir Rabbata, Heinz Stüwe

A

uf den ersten Blick passen die Zahlen nicht zueinander: 69 Prozent der niedergelassenen Ärzte sind über ihre Arbeitsbedingungen so frustriert, dass sie schon einmal daran gedacht haben auszuwandern.

Doch wenn sie die Wahl hätten, würden ebenfalls 69 Prozent der Ärzte ihren Beruf wieder ergrei- fen. Dies ergab eine Befragung im Auftrag des NAV-Virchow-Bunds und des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Das Meinungsforschungsinstitut TNS- Healthcare befragte hierfür 500 Hausärzte und 300 niedergelassene Fachärzte zu ihrer Einschätzung des deutschen Gesundheitssystems.

Die Therapiefreiheit sei nicht mehr gewährleistet

Was zunächst paradox klingt, spie- gelt die Stimmungslage der Ärztin- nen und Ärzte wider: Sie mögen die Arbeit mit den Patienten. Das entschädigt sie für manchen Frust, den ihnen Budgets und Bürokratie bescheren. Dennoch: Fast ein Drit- tel würde den Arztberuf heute nicht mehr ergreifen. Vor allem wegen des Budgetsdrucks, der Ausga- benbeschränkungen und Regress- androhungen fühlen sich viele Ärzte in ihrer Entscheidungsfreiheit ein- geschränkt. So sind fast drei Viertel (73 Prozent) der Meinung, dass die Therapiefreiheit nicht mehr gewähr- leistet sei. Nach Einschätzung der Befragten wird sich die Situation sogar noch verschärfen. Während immerhin 74 Prozent der Ärzte die gegenwärtige Versorgungslage trotz- dem als gut bewerten, glaubt nur ein Viertel, dass dies auch noch in zehn Jahren der Fall sein werde.

Doch schon jetzt würden Innova- tionen immer seltener bei den Pati-

enten ankommen. Dies betrifft nach Meinung der Befragten vor allem gesetzlich Versicherte mit den Indi- kationen Depression und Demenz.

Die Mediziner wünschen sich mehr- heitlich mehr Einfluss bei Entschei- dungen über die Verordnungsfähig- keit von Medikamenten. Nur 26 Prozent glauben, sie selbst hätten dabei den größten Einfluss. Mehr als zwei Drittel sehen sich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss fremdbestimmt. Fast 80 Prozent meinen, die Krankenkassen hätten bei Entscheidungen über die Ver- ordnungsfähigkeit von neuen Arz- neimitteln das letzte Wort.

„Bürokratie und unausgegorene gesundheitspolitische Vorstellungen der Politik schränken die Thera- piefreiheit immer weiter ein und verschlechtern die Versorgungsqua- lität. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass sich immer weni- ger Kolleginnen und Kollegen für die Niederlassung als Vertragsarzt entscheiden“, kommentierte der Vor- sitzende des NAV-Virchow-Bunds, Dr. med. Klaus Bittmann, die Er- gebnisse derUntersuchung.

Cornelia Yzer, Hauptgeschäfts- führerin des VFA, warnte davor, den Ärzten die Verantwortung für Rationierung aufzudrücken: „Wir können nicht länger am Postulat einer gesetzlichen Versicherung, die allen alles bezahlt, festhalten.“

Dadurch würden Ärzte zu verdeck- ten Sachbearbeitern der Kranken- kasse. „Nach dem Willen der Poli- tik sollen die Ärzte das System möglichst ohne viel Aufhebens le- bensfähig rationieren. Wir können aber nicht länger ordnungspoliti- sche Feigheit zulasten der Ärzte praktizieren“, sagte Yzer. I Samir Rabbata

STUDIE

Ärzte mögen ihren Beruf – sind aber frustriert

Die meisten niedergelassenen Ärzte schätzen die Ver-

sorgung der Patienten gut ein. In den nächsten Jahren

könnte sich die Lage aber dramatisch verschlechtern.

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