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Archiv "Leitende Ärzte im Krankenhaus: Drei Perspektiven für mehr Gelassenheit" (26.04.2013)

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A 842 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 17

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26. April 2013

S

elbst die ärztlichen Hochleis- tungsträger, die bislang den wachsenden Anforderungen mit im- mer noch mehr Leistung begegnet sind, machen heute ihrem Unmut Luft: über das Diktat der Ökonomie sowie die Diskrepanz zwischen Ver- antwortung und Gestaltungsspiel- räumen. Vom Burn-out der Ärzte sprechen Sachbuch- autoren, und immer mehr Studien widmen sich der bedrohten Gesundheit der- jenigen, die anderen zur Gesundheit verhelfen.

„Stopp“, rufen die Auto- ren des Buchs „Leistungs- balance für Leitende Ärzte“:

„Es gibt Optionen, die ver- antwortliche Position mit Freude an der Aufgabe und kraftvoll auch in den nächs- ten Jahren und Jahrzehnten auszuüben.“ Entscheidend sei, so Autor Jens Hollmann, der seit Jahren Chefärzte coacht, ein Switch der Per- spektive. Sich selbst nur noch als Ge- triebenen zu betrachten, sei ein häufi- ger Fehler, ergänzt Mitautorin Prof.

Dr. med. Angela Geissler, Radiolo- gie-Chefärztin am Robert-Bosch-Kli- nikum Stuttgart.

Drei Aspekte sehen die Autoren als besonders relevant an: Was kann die Klinik für die Leistungskraft und Leistungsfreude ihrer ärztli- chen Leistungsträger tun? In wel- chem Maß verlangt sich der Leiten- de Arzt selbst das Äußerste ab? Und wie sorgsam geht der Arzt mit sei- nen Ressourcen um?

„Die ärztliche Leistung ist einer der wichtigsten Garanten für den Erfolg einer Klinik“, betonen die Autoren und sprechen ihre Leser di- rekt an: „Haben Sie schon einmal daran gedacht, die adäquate Gegen- leistung einzufordern?“ Die besteht in weit mehr als Gehaltszahlung und möglichen Boni. Hier fallen Begriffe wie betriebliches Gesund-

heitsmanagement für die Leistungs- träger der Klinik, psychosoziale Gefährdungsbeurteilung und Ar- beitsplatzzufriedenheit. Eine von der Universität Stanford entwickel- te Formel ermögliche es der Klinik- leitung, die Kosten von geminderter Arbeitsleistung durch Erschöpfung

mit den Kosten für fun- dierte Maßnahmen zur Gesundheit der Mitarbei- ter abzugleichen.

Im nächsten Schritt lenken die Autoren den Fokus der Ärzte auf den Umgang mit sich selbst.

Ärzte gehen oft über die eigenen Grenzen hinaus.

In der Arbeitsforschung spricht man von Präsen- tismus. Der Arzt geht in einem Zustand zur Ar- beit, in dem er seinen Patienten längst krank- geschrieben hätte. Prä- sentismus ist auch ge- kennzeichnet durch ei- nen exzessiven Arbeitsstil, ein ständiges Empfinden inneren Drucks, seine Aufgaben erfüllen zu müssen, obwohl die eigene Grenze erreicht, vielleicht schon über- schritten ist. Eine Form der Selbst- ausbeutung, die in Japan bereits Eingang in eine behördliche Richt- linie gefunden hat: „Karoshi“ (Tod durch Arbeitsüberlastung) lautet die Diagnose, die spezielle Ent- schädigungszahlungen an Angehö- rige legitimiert.

Die Autoren wollen japanischen Verhältnissen vorbeugen und geben Tipps zu mehr Gelassenheit: „Der Schlüssel liegt in der Haltung zur Situation“, betonen sie. Es gibt viele Situationen im Klinikalltag, die auch Leitende Ärzte nicht än- dern können: Grenzverweildauern, MDK-Anfragen, CMI. Zwar seien Coping, Resilienz und die neuro- biologischen Prozesse zur Stress - resilienz vielen Ärzten bekannt, so

Hollmann: „Aber nutzen sie diese Erkenntnisse auch für sich selbst?“

Chronischer Stress, warnt Geissler, verändere auch die Persönlichkeit, neuronale Reparationsvorgänge fänden nicht mehr statt.

Coping (to cope = überwinden) bezeichnet Handlungsstrategien, um stressbelastete Situationen plan- voll zu bewältigen. Die Autoren ha- ben aus wissenschaftlichen Quellen und Beratungsmandaten sechs Vari- anten entwickelt, wie etwa den anti- zipierenden Stil, im Rahmen dessen der Arzt sein Handeln nach der Wir- kung ausrichtet, die er sich als Fol- ge seines Handelns erhofft. Der Re- silienzbegriff ist der Physik ent- lehnt – als Fähigkeit eines Wirk- stoffes, sich verformen zu lassen und danach in die ursprüngliche Form zurückzuspringen. Die innere Grundhaltung, die im Moment der fordernden Situation dem Handeln- den seine Autonomie belässt, lässt sich gezielt trainieren und schützt den Handelnden davor, zum Spiel- ball der Geschehnisse zu werden.

Aus ihren Erfahrungen heraus beschreiben Hollmann und Geissler sechs Säulen der Resilienz. So spielt die Zuversicht, dass die Krise befristeter Natur ist, eine wichtige Rolle, um den Geschehnissen erho- benen Hauptes zu begegnen. Resi- liente Menschen betrachten die Si- tuation als Herausforderung an ihre Gestaltungskraft, den Knoten zu lö- sen. Ein wichtiges Moment ist da- bei die Gefühlsstabilität. „Es gibt Entwicklungen“, präzisiert Holl- mann, „die sich Ihrem Einfluss komplett entziehen.“ Gefühlsstabi- lität bedeutet, den emotionalen Fo- kus verändern zu können und aus der Warte des beobachtenden und regulierenden „Selbst“ heraus den Eigenanteil am Geschehen und den Fremdeinfluss abwägen zu können.

Je nach Gemengelage ist ein ande- res Handeln hilfreich.

Katharina Daniels Jens Hollmann,

Angela Geissler:

Leistungsbalance für Leitende Ärzte.

Springer, Berlin 2013, 103 Seiten, gebunden, 44,95 Euro

LEITENDE ÄRZTE IM KRANKENHAUS

Drei Perspektiven für mehr Gelassenheit

(V)erkennen Klinikärzte ihren Selbst-Wert?

K U L T U R

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