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Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 37, 13. September 1996 (1)
Krankenhausmanagement
Mehr Kompetenzen für Leitende
ie Umstellung der Kran- kenhäuser auf mehr Marktwirtschaft und Wett- bewerb bedingt auch eine stärkere Einbeziehung der leitenden Kran- kenhausärzte in das Management und die Betriebsführung. Nur die Zusammenarbeit der Verwal- tungsökonomen und der Ärzte kann die Wettbewerbsfähigkeit ei- nes Krankenhauses erhöhen. Er- ste positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Medizin und Betriebswirtschaft haben sich bei der Einführung der Fallpauscha- len und Sonderentgelte für Klini- ken ergeben.
Gelegentlich wird sogar da- von gesprochen, die Rolle des lei- tenden Arztes hin zu einem „Me- dizin-Manager“ zu erweitern. Die- se Diskussion wird nicht nur von Ökonomen in Praxis und Wissen- schaft betrieben, sondern findet durchaus auch im ärztlichen Be- reich selbst statt. Es geht für den leitenden Arzt darum, einen wich- tigen Part im Rahmen der inter- nen Budgetierung sowie der Lei- stungs-, Kosten- und Erlössteue- rung zu übernehmen. Er soll bei der Entwicklung und Umsetzung der internen Budgets mitwirken.
Diese Aufgabenerweiterung des leitenden Arztes ist auf keinen Fall von heute auf morgen umzusetzen, obgleich der zunehmende Wettbe- werb eine rasche Anpassung prä- miert. Einzelne Krankenhäuser haben dabei durchaus schon Be- achtliches geleistet.
Ein Organisationsgrundsatz besagt, daß mit der Übertragung neuer Aufgaben auch eine ent- sprechende Übertragung von neu- en Pflichten und Rechten erfolgen muß. Man bezeichnet dies als Kon- gruenz von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung. Die Erörte- rung von Pflichten für leitende
Ärzte hat neben der Darstellung der neuen Aufgaben heute schon besonderes Gewicht. Man betont, daß neben die medizinische Ver- antwortung des leitenden Arztes eine Budgetverantwortung ein- schließlich einer Leistungs-, Ko- sten- und Erlösverantwortung treten müsse. Der Chefarzt als Budgetverantwortlicher einer bet- tenführenden Abteilung hätte demnach eine umfassende Verant- wortung wahrzunehmen. Dazu gehört auch die ökonomisch vor- teilhafte Realisierung der medizi- nischen Aufgabe, Kranke zu hei- len oder Leiden zu verringern. Die Kostenverantwortung zeigt sich beispielsweise darin, die Frage nach der Vermeidung von Doppel- untersuchungen im Bereich der Diagnostik zu stellen.
Damit der leitende Arzt die neuen Management-Aufgaben er- füllen und seine Verantwortung wahrnehmen kann, müssen ihm auch neue Rechte zugebilligt wer- den. Diese werden als Kompeten- zen bezeichnet. Stehen sie nicht im ausreichenden Maße zur Verfü- gung, so kann man für die Erfül- lung einer Aufgabe nicht verant- wortlich gemacht werden.
In der Konkretisierung des Organisationsgrundsatzes liegt ei- ne große Herausforderung für die Krankenhäuser. Dies bedeutet letztlich eine Veränderung der so- genannten Krankenhausverfas- sung beziehungsweise der Füh- rungsorganisation. Folgende Kom- petenzen sind wichtig:
lVerfügungskompetenz: Der leitende Krankenhausarzt muß das Recht erhalten, Informationen über Leistungsdaten, Kosten und Erlösdaten seiner Abteilung von der Verwaltung zu verlangen. Die- se werden ihm in der Regel im Rahmen des Controlling und der
internen Budgetierung zur Verfü- gung gestellt.
lUnterstützungskompetenz:
Die neue Management-Rolle ist nur dann zu „spielen“, wenn die Verwaltung mitzieht. Diese Unter- stützung stellt gewissermaßen ein Recht dar, damit der Arzt seine Managementaufgaben wahrneh- men kann.
l Entscheidungskompetenz:
Wenn die operative Leistungs-, Kosten- und Erlösverantwortung für den medizinischen Leistungs- prozeß „vor Ort“ dem Arzt zuste- hen soll, so sind ihm unter anderem auch entsprechende Kompetenzen zur Steuerung von Personal- und Sachkosten zur Verfügung zu stel- len. In einer krankenhausindividu- ellen Analyse sind die Kompetenz- geflechte zwischen Verwaltung und leitenden Ärzten auf den Prüfstand zu stellen. Neben einer Allein- entscheidungskompetenz sieht die Organisationslehre dabei auch ei- ne Mitsprachekompetenz vor.
Je mehr Management-Kom- petenzen der leitende Arzt erhält, desto stärker ist seine Autonomie.
Damit diese organisationsverträg- lich und nicht im Sinne eines Ab- teilungsegoismus wahrgenommen wird, hat der Verwaltungsdirektor für entsprechende Rahmenvorga- ben zu sorgen. Er ist für die Koor- dination verantwortlich. Sofern die bettenführenden Abteilungen als sogenanntes Profitcenter zu or- ganisieren sind, ist ein Mehr an Kompetenzen der leitenden Ärzte wünschenswert. Allerdings kön- nen diese nur krankenhausindivi- duell bestimmt werden. Letztlich geht es um eine zufriedenstellende Zusammenarbeit zwischen Ärzten und der Verwaltung zum Wohle des ganzen Hauses.
Prof. Dr. Günther E. Braun, München