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einen Termin. Dieser Missstand sollte auch den verantwortlichen Politikern klar vor Augen geführt werden, um Abhilfe zu schaffen.
Auf keinen Fall sollte so getan wer- den, als müssten GKV-Patienten nicht länger auf einen Termin war- ten als Privatpatienten. Somit war die leider kontraproduktive Antwort von Dr. Andreas Köhler auf die
„Klage“ der Gesundheitsministerin nicht gut gekontert und sollte nachträglich entsprechend korri- giert werden.
Dr. Michael Bittner,Griedeler Straße 35, 35510 Butzbach
ORGANSPENDEN
Bundesaußenminis- ter Steinmeier hat die Bundesbürger aufgefordert, ande- ren Menschen durch eine Organspende neues Leben zu schenken (DÄ 31–32/2006: „Eindringli- cher Appell“ von Peter Mlodoch).
Finanzielle Zuwendung
Den Aufruf des Bundesaußenminis- ters Frank-Walter Steinmeier zu ei- ner Intensivierung der Organspende kann man nur begrüßen. Seinen Schluss, dass wir die Kluft zwischen Organangebot und -nachfrage bes- sern müssen, ist richtig. Meines Er- achtens ist dies mit besserer Infor- mation und breiterer gesellschaftli- cher Basis für Organspenden allein nicht zu schaffen. Auch die Forde- rung des Implantationschirurgen, Herrn Prof. Broelsch, nach einem anderen Gesetz kann ich nicht nachvollziehen . . . Die Probleme liegen völlig anders. Der Hirntod muss von mehreren fachkundigen
Ärzten festgestellt und dokumentiert werden. Dazu benötigt der Arzt nicht nur Kraft, sondern auch sehr viel Zeit. Er muss den Hinterbliebe- nen nicht nur das furchtbare Ereignis mitteilen, sondern gleichzeitig die meist überraschende Frage nach ei- ner Organentnahme besprechen.
Dieser Vorgang dauert nicht selten etliche Stunden, weil die Hinterblie- benen berechtigt mit anderen Fami- lienangehörigen diese Problematik besprechen wollen. Der Arzt fällt di- verse Stunden für den Routinebe- trieb aus. Es müssen Gespräche mit dem Transplantationszentrum, den Pflegekräften, dem Krankenhaus- pastor und unter Umständen mit der Ethikkommission geführt werden.
Diese Stationen können heute nicht mehr verkürzt werden. Bekommt man von den Hinterbliebenen schließlich eine Explantationszusa- ge, geschieht das nicht selten unter dem Vorbehalt, dass der Verstorbene zur Organentnahme nicht noch ein- mal in ein anderes Krankenhaus ver- legt werden soll. Die Explantations- mediziner müssen zur Organentnah- me anreisen. Die eigenen Ärzte, Schwestern und Pfleger bleiben selbstverständlich über Stunden da- bei. Der OP muss hinterher geputzt und desinfiziert werden. Ist es nicht verständlich, dass eine solche inten- sive Zusatzarbeit von Verwaltung und auch ärztlichen Kollegen abge- lehnt wird, weil das sehr ausgedünn-
te Personal nach dieser Belastung anschließend einem vollen Arbeits- tag nicht mehr gewachsen ist? . . . Ich schlage vor, darüber nachzuden- ken, ob es nicht besser wäre, dem Organ entnehmenden Krankenhaus für jede Organspende eine adäquate finanzielle Zuwendung zukommen zu lassen. Damit könnte eventuell die Stimmung von Verwaltung und leitenden Kollegen verbessert wer- den. So wäre auch letztendlich den Patienten geholfen, die dringend auf ein Organ warten.
Dr. Rainer Wrbitzky,Am Hubertushain 8 A, 57250 Netphen
EMERGENCY ROOM
Szenen der US-TV- Serie werden zur Fortbildung für Ärzte genutzt (DÄ 37/
2006: „Interdiszi- plinäre Fortbildung:
Lernen von ,Emer- gency Room‘“ von Heike E. Krüger- Brand).
Sinnvolles Medium
Im Kommunikationskurs Interaktion am Reformstudiengang Medizin, Charité-Universitätsmedizin Berlin, wird seit dem Sommersemester 2006 im zehnten Semester die Kommuni- kation im Team und der Umgang mit Fehlern im ärztlichen Alltag themati- siert . . . Die Relevanz des Themas ärztliche Fehler im Team wird auch in einer Folge der bekannten Kran- kenhausserie Emergency Room (ER) deutlich: Im Interaktionskurs wurde den Studierenden in Kleingruppen à sieben Studierenden eine ER-Se- quenz gezeigt, in der in einer Not- fallsituation verschiedene Aspekte des Fehlerumgangs wie Team-Kom- munikation in Notfallsituationen, Einhalten und Übertreten von Kom- In einer ganzheitli-
chen Therapieerho- len sich transplan- tierte Kinder und Ju- gendliche auf dem Ederhof in Tirol.
Foto:Ederhof
Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie kön- nen jedoch nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeich- net sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E-Mail- Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu kürzen. DÄ
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petenzbereichen oder Umgang mit schwerwiegenden Fehlern veran- schaulicht werden. Die Studierenden sollen anhand dieses Films im Sinne eines Debriefings eine Ablaufanalyse durchführen lernen und die verschie- denen Bereiche diskutieren. Gleich- zeitig sollen sie Strategien ent- wickeln, die entstandenen Fehler und mögliche Verbesserungsvorschläge adäquat im Team zu kommunizieren.
Sie sollen zudem Strategien erar- beiten, wie sie mit eigenen Fehlern sowie Fehlern anderer umgehen kön- nen. Darüber hinaus lernen die Stu- dierenden technische Aspekte zum Interaktionsverhalten in Teamsitua- tionen kennen. Die erste Evaluation war positiv . . . Die Ergebnisse zei- gen, dass ER auch in diesem The- mengebiet ein sinnvolles Medium in der Unterrichtsgestaltung darstellt.
Dipl.-Psych. Isabel Mühlinghaus, Dipl.-Psych. Simone Scheffer,
Reformstudiengang Medizin, Trainingszentrum für ärztliche Fertigkeiten, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Charitéplatz 1, 10117 Berlin
NATIONALER ETHIKRAT
Ratsmitglieder wol- len ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung be- rufsrechtlich zulas- sen (DÄ 30/2006:
„Expertenstreit um Sterbehilfe“ von Sa- mir Rabbata).
Vorschläge nicht genug praxisbezogen
Der Ethikrat macht Vorschläge, die mir in der Praxis wenig helfen. Hilf- reich wären Entscheidungshilfen für häufige typische Situationen des All- tags der Hausarztpraxis wie folgen- der Fall der letzten Tage: 97-jährige Patientin. Sie ist polimorbid, schon mehrfach kardial dekompensiert, de- ment, bettlägerig, inkontinent. Da sie die Nahrungsaufnahme verweigerte, war sie exsikkiert und wurde deshalb am Wochenende stationär in die Kli- nik eingewiesen. Nun soll eine PEG gelegt werden. Als seit 20 Jahren be- treuender Hausarzt lehne ich dies ab und plädiere für ein Sterben in Wür- de, wie ich es meinen Patienten ver- spreche. Da die Patientin nicht ein- willigungsfähig ist, werden die An-