Arztleistung
Zu der von der AOK bemängelten Leistungsausweitung seit 1990 um 50 Prozent:
Misere
Das ist ja die Misere, denn es wurden keine 50 % zusätzlich vergütet für die geforderten Leistungen. Aber mehr Arzt- leistung ist personal- und raumabhängig, sodass eine Qualität nur bei Anpassung erhalten bleibt. Kann ich kei- ne Überstunden zahlen, kann ich keine machen. Das hat für Patienten Konsequenzen.
Der Arzt erhält kein Einkom- men, sondern Praxisumsatz.
Er hat einen Betrieb zu un- terhalten und ist finanziell auch seinem Personal verant- wortlich – von Familie und Banken abgesehen.
Gestiegene Einwohnerzah- len ohne unbedingt gestiege- ne zahlende Mitgliederzah- len, höhere Ansprüche durch Aufklärung und neue Metho- den, juristische Absicherung wegen erhöhter Klagefreude, neue Krankheitsbilder wie Aids und Hepatitis haben natürlich die Anforderungen von Patienten an das System erhöht, was sich in mehr ärzt- licher Leistung zeigt. Statt es zu begrüßen, wenn Patienten
gesundheitsbewusster sind, und Kranke zu unterstützen, wertet man das als unnötigen Mehraufwand ab. Wer möch- te bei Herzschmerzen keine Koronarangiographie? Wer möchte nicht angesichts der Ängste, die durch Medien noch verstärkt werden, genau wissen, was seine Beschwer- den bedeuten? Wieso haben sich in zehn Jahren die psy- chisch Kranken vervierfacht?
Sollte man nicht einfach über mehr Fürsorge, Glaube und Menschlichkeit nachdenken, als die zu verteufeln, die ver- suchen, die Nöte, auch neue Nöte, der Menschen zu lin- dern?
Nebenbei: Wer hat denn die unkontrollierbare Rundreise Chipkarte erfunden, die auch für unnötige Leistungsforde- rungen eingesetzt werden kann? Gottlob sind die mei-
sten Menschen wohlerzogen und ehrlich, sodass der Miss- brauch gering bleibt.
Ulla Schmidt fordert Qua- litätsnormen, was beweist, dass sie keine Vorstellung ärztlichen Handelns hat, sonst würde sie so nicht reden. Wir produzieren nicht einen Arti- kel, wir beraten. Was der Pati- ent mit diesem Rat macht, liegt in seiner Hand. Nur bei einem handwerklich tätigen Arzt kann man objektiv urtei- len. Wir sind nicht perfekt, aber können Patienten nicht selbst entscheiden, wo es ih- nen besser geht oder nicht?
Hält man die Menschen für so blöd, dass sie einen Katalog benötigen, wo sie hingehen können. Angesichts des be- vorstehenden Ärztemangels ohnehin illusorisch. In Thürin- gen wären die Leute über je- den Arzt froh, der in ihre
Nähe käme. Wir haben eine Ausbildung und Berufsord- nung. Wir haben Politiker.
Hier gibt es noch nicht einmal eine Empfehlung über Um- gangsformen, geschweige denn Wissen oder Bildung!
Dr. med. H. Voigt,Philipp-Fauth- Straße 1 a, 67098 Bad Dürkheim
Arbeitszeit
Zum Urteil des Bundesarbeitsge- richts vom 18. Februar 2003:
Es kommt Wut auf
Die Erfurter Richter, Frau Ulla Schmidt und die ande- ren vermeintlichen Kenner der Arbeitslage in deutschen Kliniken hätten nach nur ei- nem „Bereitschaftsdienst“
(gleich Ruhezeit) mit 24- bis 30-stündigem kontrollierten Schlafentzug anders geur- teilt. Es kommt Wut auf, wenn man als angestellter Arzt die geringe Wertschät- zung der eigenen Arbeit durch Unbeteiligte erfährt.
Ich wünsche den Richtern und den anderen Verantwort- lichen zur Aufklärung der Sachlage und der Gedan- kengänge ebenfalls solche Ruhezeiten wie uns Ärzten.
Dr. med. Stephan Rohs, Viktoriastraße 28, 30451 Hannover
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1221. März 2003 AA767
B R I E F E
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kürzen. DÄ