Schutzimpfung gegen Influenza
auch weiterhin dringendst anzuraten
Stellungnahme der
Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten zu Veröffentlichungen in der Tagespresse ·
Oie Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankhei- ten e. V. gab zu Veröffentlichun- gen in der Tagespresse über mangelhafte Wirksamkeit des ln- fluenzawirkstoffes folgende Stel- lungnahme heraus:
,.Professor Dr. Sabin (USA). einer der Väter der Poliomyelitis- Schluckimpfung, hat auf einem Vortrag in München vor der Deut- schen Gesellschaft für Sozialpäd- iatrie und in zahlreichen Presse- gesprächen die Wirksamkeit der Influenzaschutzimpfung in Frage gestellt.
Diese Äußerungen sind durch die Presse, nicht immer sinngemäß, weit verbreitet worden. Große Unsicherheit unter unseren Mit- bürgern über die Wirksamkeit und Notwendigkeit der Influenza- schutzimpfung ist die Folge.
Die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankhei- ten (DVV) sieht nach sorgfältiger Prüfung keine Notwendigkeit, ih- re bisherigen Empfehlungen zur Influenzaschutzimpfung zu än- dern.
Die von Professor Sabin für seine von Experten nicht einheitlich geteilte Argumentation herange- zogenen Beobachtungen und Befunde sind seit langem be- kannt und wurden auch von der DVV bei der Erarbeitung ihrer Empfehlungen berücksichtigt.
Die DVV teilt bis zu einem gewis- sen Grade die Meinung von Pro-
fessor Sabin, daß man mit den heute zur Verfügung stehenden Impfstoffen Influenzaepidemien noch nicht absolut verhüten oder kontrollieren kann.
Sie weiß auch, daß die Influenza- schutzimpfung nicht vor grippe- ähnlichen Erkrankungen schützt, die durch andere Erreger als das Influenzavirus verursacht wer- den.
Wichtiger ist aber die unbestritte- ne Tatsache, daß die Impfung mit geprüften Influenzaimpfstoffen zur Bildung von Antikörpern ge- gen das Influenzavirus führt und daß diese Antikörper in der Regel eine Milderung der lnfluenzavi- rus-bedingten Erkrankungen ver- ursachen.
Die DVV fühlt sich deshalb ver- pflichtet. den Mitbürgern. die durch eine Influenzainfektion be- sonders gefährdet sind, die Schutzimpfung gegen Influenza (Virusgrippe) auch weiterhin dringendst anzuraten.
Die zur Zeit für die Bundesrepu- blik Deutschland bestehenden Empfehlungen zur Influenza- schutzimpfung (Bundesgesund- heitsblatt 22 [1979]. 372-373) bleiben deshalb weiterhin unver- ändert bestehen.
Danach sollten auf alle Fälle ge- impft werden:
0
Erwachsene und Kinder, die wegen bestimmter Grundleiden durch eine InfluenzaerkrankungNOTIZEN
gefährdet sind, zum Beispiel Pa- tienten mit
lli>- Herzkrankheiten, besonders
mit Mitralstenose oder kardialer Insuffizienz
lli>- chronischen bronchopulmo-
nären Krankheiten wie Asthma
lli>- chronischer Bronchitis. Bron-
chiektasen und Emphysem
lli>- chronischen
heiten
Nierenkrank-
lli>- Diabetes mellitus und ande-
ren chronischen Stoffwechsel- krankheiten
lli>- chronischen Anämien
lli>- angeborenen oder erworbe-
nen lmmundefekten, einschließ- lich bestimmter maligner Neubil- dungen und immunesuppressi- ver Therapie.
f) Personen über 65 Jahren.
t) Personen, die durch ihren Be- ruf in erhöhtem Maße einer Infek- tion ausgesetzt sind, zum Bei- spiel in der Krankenversorgung tätige Personen, zahnärztliches Personal, Personal der Behörden der öffentlichen Sicherheit. der Feuerwehr, der allgemeinen Ver- waltung mit regem Publikums- verkehr, der Verkehrsbetriebe, der Lebensmittel- und Energie- versorgung und andere für die Gemeinschaft wichtige Berufs- gruppen."
Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V.
Bismarckstraße 87 4000 Düsseldorf 1
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 40 vom 2. Oktober 1980 2355