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Archiv "Pertussis-Schutzimpfung: Schlußwort" (20.06.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUSSPRACHE

Stellungnahme

Die Publikation von Stehr über die Pertussis-Schutzimpfung doku- mentiert einmal mehr, daß unsere Pädiater die während des letzten Jahrzehntes erarbeiteten Ergeb- nisse mikrobiologischer For- schung, die für das Verständnis von Klinik und Pathogenese von grundsätzlicher Bedeutung sind, nur zögerlich zur Kenntnis neh- men. Es ist bezeichnend, daß von den zahlreichen toxischen Sub- stanzen der Keuchhustenbakte- rien lediglich ein „Hämolysin" und das schon 1909 von Bordet und Gengou beschriebene „dermato- nekrotisierende Toxin" Erwäh- nung finden. Kein Wort über die anderen Toxine, wie zum Beispiel die als Virulenzfaktoren bedeutsa- men Adenylatzyclasen und vor al- lem das Pertussistoxin, über das eine umfangreiche Literatur vor- liegt. Diesem Pertussistoxin, das mit dem Histamin sensibilisieren- den Faktor, dem „pertussigen", dem „lymphocytosis-promoting factor", dem „islet-activating fac- tor" und dem „late-appearing to- xic factor" identisch ist, dürfte ei- ne entscheidende pathogeneti- sche Bedeutung zukommen.

Der Keuchhusten ist durch einen zweiphasigen Krankheitsverlauf charakterisiert: die Infektion mit Kolonisierung und die eigentliche Krankheit. Die Kolonisierung und Keimvermehrung vollziehen sich ausschließlich an den Zilien der respiratorischen Epithelzellen. Als erwiesen kann inzwischen ange- sehen werden, daß die eigentliche Erkrankung durch das von den Bakterien sezernierte Pertussisto- xin, ein echtes Ektotoxin, das ent- sprechend dem A-B-Modell von Toxinen aus zwei miteinander kooperierenden, funktionell unter- schiedlichen Komponenten be-

steht, bewirkt wird. Dieses Pertus- sistoxin unterhält nach Bindung an Zellrezeptoren unabhängig von den Bakterien den Krankheitspro- zeß. Damit wird plausibel, warum das charakteristische Krankheits- bild erst zur vollen Ausbildung ge- langt, wenn der Organismus weit- gehend frei von Bakterien ist. Wei- terhin ist damit erklärt, warum ei- ne antibiotische Therapie nach Beginn des konvulsiven Stadiums, wo das Pertussistoxin bereits an den Zellrezeptoren gebunden ist, genau so unwirksam bleibt wie die Applikation spezifischer Antikör- per. Insofern unterscheidet sich das Pertussistoxin nicht grund- sätzlich von anderen bakteriellen Ektotoxinen, wie zum Beispiel dem Diphtherie-, Tetanus- und Choleratoxin. Daß diese Erkennt- nisse Konsequenzen für die Ent- wicklung neuer Impfstoffe haben müssen, liegt auf der Hand. So wird denn auch intensiv an der Entwicklung effektiver azellulärer Impfstoffe gearbeitet, wobei der- zeit als Antigene vor allem Pertus- sistoxin und Filament-Haemagglu- tinin erprobt werden. Hier spielt Japan eine Vorreiterrolle. Ich teile daher nicht die Auffassung von Stehr, daß „die Zulassung eines anderen, weniger reaktogenen Impfstoffes nicht in Sicht ist".

Professor Dr. med. H. Finger Institut für Hygiene

und Laboratoriumsmedizin der Städtischen

Krankenanstalten Krefeld Lutherplatz 40, 4150 Krefeld

Schlußwort

Mein Auftrag lautete, den augen- blicklichen Stand der Pertussis- Schutzimpfung in der Bundesre- publik darzustellen mit einer mir gegebenen Begrenzung des Ma-

nuskriptumfanges. Auf die Patho- genese des Keuchhustens konnte ich daher nur in einem Nebensatz eingehen, zumal die vielseitige Rolle des Pertussistoxins bis heu- te nicht hinreichend abgeklärt ist, wie die Ergebnisse der Pertussis- Toxin-Konferenz des National In- stitutes of Health, Bethesda, Mary- land, 1984 deutlich machen (1).

Die Leserzuschrift von Herrn Fin- ger stellt insofern eine richtige Er- gänzung meines Artikels dar. Den Ausführungen von Finger wäre al-

lenfalls noch hinzuzufügen, daß Pertussistoxin oder diesem zuge- ordnete extrazelluläre Faktoren auch die Neutrophilen inhibieren, so daß Bordetella gegen Phagozy- tose in hohem Grade geschützt ist.

Nicht richtig und unbegründet fin- de ich aus dieser Sicht seine Ein- lassung, daß Pädiater die Ergeb- nisse mikrobiologischer For- schung nicht zur Kenntnis neh- men würden. So ist uns selbstver- ständlich seit langem bekannt — und in jedem einschlägigen Lehr- buch auch nachzulesen —, daß ei- ne antibiotische Therapie nach Eintritt des konvulsiven Stadiums den Verlauf nur unwesentlich ab- schwächt. Auch ist uns Kinderärz- ten geläufig, daß an der Entwick- lung effektiver azellulärer Pertus- sisimpfstoffe gearbeitet wurde und noch wird. Es ist jedoch fest- zustellen, daß bisher eine Überle- genheit dieser Vakzinen gegen- über dem in der BRD zugelasse- nen Impfstoff nicht bewiesen wur- de. Bis zur Zulassung eines besse- ren Impfstoffes liegt noch ein wei- ter Weg vor uns; abgesehen da- von, daß dann erst seine Bewäh- rung erfolgen muß. Ich sehe daher keinen Grund, meine Aussage ab- zuändern, daß „die Zulassung ei- nes anderen, weniger reaktoge- nen Impfstoffes nicht in Sicht ist".

Literatur

(1) Sekura, R. D.; Moss, J. u. Martha Vaughan:

Pertussis Toxin. Academic Press, Inc., Orlan- do, San Diego, New York, London, Toronto, Montreal, Sydney, Tokyo, (1985)

Professor Dr. med. Klemens Stehr Kinderklinik mit Poliklinik

der Universität Erlangen

-

Nürnberg

Loschgestraße 15, 8520 Erlangen

Pertussis-Schutzimpfung

Zu der Übersichtsarbeit von Professor Dr. med. Klemens Stehr in Heft 37/1985, Seiten 2620 bis 2624

Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 25/26 vom 20. Juni 1986 (85) 1875

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