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Archiv "Kritik und Ablehnung" (17.02.1977)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilungen

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Klare Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der

Bundesärztekammer zum Referentenentwurf des Arbeitsministeriums

Kritik und

Ablehnung

War die Anhörung der an der sozialen Krankenversicherung beteilig- ten Organisationen im Bundesministerium für Arbeit und Sozialord- nung zum Referentenentwurf eines Einsparungs- und Strukturver- änderungsgesetzes Ende Januar, Anfang Februar nur eine Farce?

Wenn diese Ausgabe des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES schon ge- druckt und ausgeliefert ist, wird man es möglicherweise wissen: am 16. Februar wollte nämlich Arbeitsminister Dr. Herbert Ehrenberg den entsprechenden Gesetzentwurf seines Hauses vom Bundeskabi- nett verabschieden lassen. Erst aus dem Text, der dann „Regie- rungsentwurf" ist, wird man ablesen können, wo und in wieweit die Verfasser den nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch während der offiziellen Anhörung heftig kritisierten Referentenentwurf umfor- muliert haben.

Während der Anhörung der Vertreter von Kassenärztlicher Bundes- vereinigung und Bundesärztekammer hatte der Leiter der Abteilung

„Sozialversicherung" des Arbeitsministeriums, Albert Holler, jeden- falls „Gesprächsbereitschaft" demonstriert (es könne ja alles noch umformuliert werden. ..). Wenige Tage später strafte er aber im Rundfunk ebenso wie der offizielle Pressesprecher des Bundesar- beitsministeriums einen Zeitungsbericht Lügen, der eine Bereit- schaft des Hauses Ehrenberg zur Überarbeitung des umstrittenen Referentenentwurfs unterstellt hatte. Einen Tag später wurden vom Minister den Repräsentanten der ärztlichen und zahnärztlichen Kör- perschaften Änderungen mündlich mitgeteilt.

Nach einer gemeinsamen gründlichen Analyse des Referentenent- wurfs durch den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Dr. Muschallik, den Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Sewering, die Hauptgeschäftsführer der KBV, Dr. Schlögell, und der BÄK, Prof. Deneke, sowie die Justitiare der beiden Organisa- tionen vertraten die beiden Hauptgeschäftsführer sowie Dr. Hess (Rechtsabteilung) und HannsJ. Wirzbach (KBV) bei der Anhörung zu dem Referentenentwurf am 31. Januar in Bonn gemeinsam Ableh- nung und Kritik im Grundsatz und im Detail.

Heft 7 vom 17. Februar 1977 409

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Die Information:

Bericht und Meinung

Kritik und Ablehnung des Referentenentwurfs

An der Besprechung im Bundesmi- nisterium für Arbeit und Sozialord- nung nahmen gleichzeitig die Bun- desverbände der Ortskrankenkas- sen, Betriebskrankenkassen, ln- nungskrankenkassen, Landwirt- schaftlichen Krankenkassen, die Verbände der Arbeiter-Ersatzkas- sen, der Angestellten-Krankenkas- sen, die Bundesknappschaft, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Kassenzahnärztliche Bundesver- einigung, der Bundesverband der deutschen Zahnärzte e. V. sowie Vertreter des Städte- und Gemein- detags (als Krankenhausträger) teil.

Vorweg berichtet: Während die Re- ferenten des Arbeitsmi nisteriums, die einem solchen ersten Entwurf immerhin den Namen geben, bei der Besprechung fast durchweg schwie- gen, tat sich neben dem Bespre- chungsleiter aus dem Arbeitsmini- sterium, Holler, vor allen der Ge- schäftsführer des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen, Töns, in we- sentlichen Diskussionsphasen als eifrigerBefürworterund Kommenta- tor des Entwurfs hervor - wobei er einzelne entscheidende Passagen so warm begrüßte und so wortver- wandt begründete, daß sich der - gewiß absurde - Verdacht aufdrän- gen mußte, man habe hier einen maßgeblichen, wenn nicht den ei- gentlichen Autor des Entwurfs vor sich.

Namens des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen befürwortete Töns den ganzen Entwurf ein- schließlich der Einbeziehung der Er- satzkassen in das RVO-Recht.

Ebenso begrüßte er die "neuen Indi- katoren" im Vertragsrecht, wobei er zu diesem Teil des Konzeptes seine Genugtuung- fast wörtlich- so for- mulierte: "Die einseitige Weit der Herrschaft der Ärzte" sei endlich zu beseitigen. Alles in allem sei der Ge- setzentwurf, so Töns: "ein Erfolg in Richtung auf mehr Gleichheit". Da- mit ja kein Zweifel aufkommen kann, welche Gleichheit gemeint ist: Für den AOK-Verband wäre Ausgangs- punkt künftiger Einheitszwangs- empfehlungen über die kassenärzt- liche Gesamtvergütung die jetzige Honorarhöhe der Ortskrankenkas-

sen; die (bisher) höheren Honorar- zahlungen der Ersatzkassen sollten nach AOK-Auffassung dabei nicht berücksichtigt werden!. ..

Der Beifall der übrigen RVO-Kassen (Betriebs-, Innungs- und Landwirt- schaftliche Krankenkassen) war eher mäßig, im einzelnen wurde gar Kritik geäußert. Ansonsten war die Ablehnung des Entwurfs einhellig, von den öffentlich-rechtlichen Orga- nisationen der Ärzte und Zahnärzte über die Ersatzkassenverbände bis hin zur Krankenhausgesellschaft

wie zum Städte- und Gemeindetag!

Dr. Rolf Schlögell gab seine grund- sätzliche Stellungnahme für die Kas- senärztliche Bundesvereinigung un- ter zwei Vorbehalten ab:

C> Die Wahlperiode der Organe der

Kassenärztlichen Bundesvereini- gung ist am 31. Dezember 1976 ab- gelaufen, und die Neuwahlen haben noch nicht stattgefunden. (Mittler- weile wurde der ursprünglich für die Neuwahl des KBV-Vorstandes vor- gesehene Termin vom 26. März auf den 2. März vorgezogen!)

C> Der Referentenentwurf wurde

erst knapp eine Woche vor der An- hörung vorgelegt. Eine intensive, detaillierte Durcharbeitung seitens der Organe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung war daher bis zum Anhörungstermin noch gar nicht möglich gewesen.

Unverzichtbar:

Sicherstellungsauftrag, Vertragsfreiheit

und Selbstverwaltung

Wie im Arbeitsministerium seit lan- gem bekannt ist, hat die Kassenärzt- liche Bundesvereinigung jede Ände- rung des Kassenarztrechts an drei

"essentials" zu messen, die für eine

bürgernahe ambulante Versorgung der Bevölkerung durch freipraktizie-

rende Kassenärzte unverzichtbar

sind:

C> die Erhaltung des Sicherstel-

l u ngsauftrags,

C> die Erhaltung der Vertragsfrei-

heit und

410 Heft 7 vom 17. Februar 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

C> die Erhaltung der Selbstverwal-

tung.

Schlögell wies eindringlich darauf hin, daß durch den Gesetzentwurf der Sicherstellungsauftrag der Kas- senärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung auf das schwerste gefährdet

wird, von der Einschaltung der Kran-

kenhäuser bis hin zu stationären Einrichtungen der Bundeswehr. Au- ßerdem würde die Vertragsfreiheit durch eine Verwirklichung des Ent- wurfs erheblich eingeschränkt, bei- spielsweise durch den neuen Ein- heitsbemessungsmaßstab, durch die Einheitszwangsempfehlung, durch das Einheitsleistungsrecht, durch die Beseitigung des Ersatz- kassenrechts, durch gesetzliche Be- grenzung des Belegarzthonorars und anderes mehr. Schließlich würde auch die Selbstverwaltung ausgehöhlt und erheblich einge- schränkt: durch den Finanzaus- gleich zwischen allen Kassen und Kassenarten, durch den einheitli- chen Bemessungsmaßstab (Ein- heitsgebührenordnung für alle Kas- sen), durch Eingriffe in die Berufs- freiheit und sogar in die Berufswahl des Arztes, und nicht zuletzt durch die gesetzlichen Auflagen an den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen z. B. hinsichtlich der Arzneimittel-Richtlinien, durch ein- seitige "Stärkung der Position der Krankenkassen", von der gesetzli- chen Entfremdung der Gesamtver- gütung für ärztliche Leistungen als

"Haftpflichtsumme" für Überschrei-

tungen eines "Bundesregelbetra- ges" für Arzneimittel hier ganz zu schweigen ...

.... Die Leser des DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATTES seien hinsichtlich der Einzelheiten, die des weiteren von Dr. Hess bei der Anhörung detailliert analysiert und kritisiert wurden, auf die Veröffentlichung in der vorigen Ausgabe verwiesen: Heft 6 vom 10.

Februar, Seite 337 f.: ",Atomschlag' gegen das Kassenarztrecht" und Seite 338 ff.: "Paragraphen - und was darinsteckt".

Zusammenfassend erklärte der Hauptgeschäftsführer der Kassen-

(3)

Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

ärztlichen Bundesvereinigung, daß von dieser der vorgelegte Referen- tenentwurf wegen der schwerwie- genden Beeinträchtigung der Es- sentials des Kassenarztrechts abge- lehnt wird: Die Verwirklichung die- ses Entwurfes führe weit in Richtung einer Beseitigung des Systems der gegliederten Krankenversicherung;

er führe nicht zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und nicht zu einer Strukturverbesserung, er bringe vielmehr die Gefahr eines weiteren Kostenanstiegs mit sich; er werde schließlich dazu beitragen, die bewährte Struktur der selbstver- walteten Krankenversicherung zu beseitigen.

Prof. J. F. Volrad Deneke wies in der für die Bundesärztekammer abgege- benen Grundsatzerklärung zunächst ebenfalls darauf hin, daß die Termi- nierung der Beratungen des Gesetz- entwurfes eine detaillierte demokra- tische Meinungsbildung in den ge- wählten Gremien der Bundesärzte- kammer vor der Anhörung am 31.

Januar 1977 nicht möglich gemacht hatte und daß dies um so mehr be- dauert werden müsse, als mit dem Gesetzentwurf eine Strukturverän- derung von großer gesellschaftspo- litischer Tragweite nunmehr unter Zeitdruck beraten wird.

Unverzichtbar:

Medizinischer Fortschritt in Krankenhaus und Praxis

Zur Sache schloß sich der Hauptge- schäftsführer der Bundesärztekam- mer den Ausführungen des Spre- chers der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung vollinhaltlich an und unterstrich dabei zusätzlich drei Ge- sichtspunkte, die auch außerhalb der Ärzteschaft stärkste Beachtung verdienen:

„Wir sehen in diesem Entwurf die Gefahr, daß der wissenschaftliche Fortschritt in der Medizin nicht wie bisher so schnell und nicht in dem für die medizinische Versorgung der Versicherten erforderlichen Ausmaß den Versicherten zugute kommen wird."

e „Wir sehen in diesem Entwurf die Gefahr, daß hier eine Reduktion der medizinischen Versorgung der Ver- sicherten vorprogrammiert wird, worauf für die stationäre Versor- gung der Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft ebenfalls bereits hingewiesen hat."

„Wir sehen in diesem Entwurf die Gefahr eines Rückfalls in eine Zwei- Klassen-Medizin zum Nachteil gera- de der minderbemittelten Arbeitneh- mer und Rentner; dies scheint uns insbesondere hinsichtlich der Arz- neimittelversorgung in diesem Ent- wurf ganz klar vorprogrammiert."

Abschließend stellte der Hauptge- schäftsführer der Bundesärztekam- mer fest, daß die Grundsatzausfüh- rungen des Geschäftsführers des Bundesverbandes der Ortskranken- kassen, Töns, als eine Bestätigung

„unserer schlimmsten Befürchtun- gen verstanden werden müssen hin- sichtlich der Einschränkung exi- stentieller Rechte der Selbstverwal- tung, und zwar nicht nur der ärztli- chen, sondern auch der gemeinsa- men Selbstverwaltung".

Auch im Verlauf der Einzelberatun- gen haben die Repräsentanten der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung und der Bundesärztekammer mit Schärfe insbesondere der Taktik einer Verharmlosung der struktur- verändernden Bestimmungen wi- dersprochen. Dabei wurde auch deutlich darauf hingewiesen, daß mit der Verwirklichung dieses Ge- setzentwurfes die Gefahr einer Be- endigung des jahrzehntelangen so- zialen Friedens in der sozialen Kran- kenversicherung besteht und daß der Abbau der versichertennahen Selbstverwaltung die Gefahr einer zentralen Konfrontation mit sich bringt. DÄ/dr

Die in der vorigen Ausgabe be- gonnene auszugsweise Veröffentli- chung von Stellungnahmen aus Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärztekammern sowie die aus- zugsweise Wiedergabe von Veröf- fentlichungen der Fach- und Tages- presse wird auf den folgenden Sei- ten fortgesetzt.

Ressortschnitt

im Gesundheitswesen

In einem „Organisationserlaß" des Bundeskanzleramtes wurden die Zuständigkeiten des Bundesmini- steriums für Arbeit und Sozialord- nung gegenüber dem Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit auf dem Gebiet der Gesundheitspo- litik erweitert: Die bisher beim Bun- desministerium für Jugend, Familie und Gesundheit ressortierenden Re- ferate „Gebührenrecht für Ärzte und übrige Gesundheitsberufe", Kran- kenhauswesen (Pflegesätze); „me- dizinische Rehabilitation" und

„Technik in Medizin und Kranken- haus" wurden dem Bundesarbeits- ministerium zugeschlagen. Außer- dem wurde beim Bundesministe- rium für Arbeit und Sozialordnung ein neues Referat „Gesundheitsöko- nomie und Gesundheitsplanung"

geschaffen, das die Arbeiten einer interdisziplinären Projektgruppe koordinieren und — wie es amtlich heißt — dazu beitragen soll, daß „die Forschungen zur strukturellen Ver- besserung des Gesundheitswesens intensiviert werden können" DÄ

Ärztevision 1978

„Jetzt müssen wir bedauerlicherweise vier Monate mit der Behandlung auf Krankenschein aussetzen, liebe Frau Schmidt: Wir haben leider schon am 31.

August alle für 1978 gesetzten Lei- stungsgrenzen überschritten." (Otto Schwalge im Februar-Heft der Warte- zimmer-Zeitschrift „medizin heute")

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 17. Februar 1977 411

Referenzen

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